Bei der Fragestellung sind grundsätzlich zwei Aspekte zu unterscheiden.
Zum einen die Aspekte innerhalb der NS-Ideologie, die anti-modernistisch interpretiert werden können.
Ein wichtiger Vertreter, der die These formuliert, die NS-Bewegung sei auch durch antimodernistische Tendenzen geprägt worden, ist Turner.
Faschismus und Kapitalismus in Deutschland - Henry Ashby Turner, Adolf Hitler - Google Books
Er differenziert die anti-modernistischen Inhalte des "linken" Flügels innerhalb der NSDAP, die sich an einer ständischen Gesellschaft des Mittelalter orientiert. Diese Position war noch durch konkretere Aussagen geprägt als eine Art von "NS-Utopie".
Und des "rechten" Flügel, zu dem auch Hitler gehörte, der eher einen mysthischen Bezug aufwies und teilweise auf die Zeit vor dem Christentum verwies (Germanentum und nordische Götterwelt).
Dieser Formulierung der politischen Ideologie durch die NSDAP standen Wähler gegenüber, die eine Reihe prägender und auch traumatisierender Erfahrungen erlebt haben.
- Den Weltkrieg und den Zusammrenbruch des sozialen und politischen Gefüges des wilhelminischen Deutschlands
- Die oktroyierte Verfassung durch die Alliierten und die politischen Kämpfe zwischen links und rechts während der WR
- Die Hyperinflation bzw. Deflation und die anschließende Weltwirtschaftkrise von 1929/30
Alle diese Aspekte haben das soziale Gefüge der WR zu einer "Fahrstuhlgesellschaft" gemacht, bei der die Gefahr vor allem der Mittelschichten in die - so verstandene - gesellschaftliche Marginalisierung in der Unterschicht (Pauperisierung) besonders stark ausgeprägt war.
Ob das nun eine Form der "Angst vor der Moderne" ist, ist schwer zu beurteilen, weil man definieren müßte, was "Moderne" in diesem Fall bedeutet.
Es war sicherlich die Angst vor der sozialen Verelendung, dass Teile des deutschen Volks, teils aus der Mittelschicht (kleinen Selbständigen etc.) ihre Wünsche nach wirtschaftlicher Stabilität auf einen, vermeintlichen, starken Mann projiziert haben. Diese Projektion zielte vor allem auf die als bedrohlich angesehene "Zangenbewegung" zum einen einer "Sowjetisierung" der Gesellschaft und zum anderen der destruierenden Elemente einer liberalistischen kapitalistischen Wirtschaftsordnung.
Beide bedrohten die Existenz und die damit zusammenhängenden Weltbilder der Mittelschicht in der WR.
Und wählten ausgerechnet mit Hitler jemand zur Lösung ihrer wirtschaftlichen Probleme, der im klassischen Sinne mit Politik zu Friedenszeiten wenig am Hut hatte. Wie sich in den folgenden Jahren zeigen sollte. Und der an der Vermehrung des Wohlstands des ihm anvertrauten Deutschen Volkes absolut kein Interesse gezeigt hatte.
Ironischerweise befreite er den Mittelstand von ihren Ängsten, allerdings anders und wesentlich radikaler als die es sich bei der Wahl 1933 von Hitler erhofft haben. Nach Moskau wollte wohl keiner seiner Wähler marschieren.