Es scheint mir von der Logik her, als sei sie aufgrund der von euch genannten Umstände und trotz der fortschrittlichen Verfassung durchaus zum Scheitern verurteilt gewesen.
Gut, dann lassen wir uns mal kurz auf diese Logik ein und unterstellen einen Determinismus hinter der geschichtlichen Entwicklung. Wie kommt denn dieser Determinismus zustande?
http://www.geschichtsforum.de/f72/das-handelnde-individuum-der-geschichte-43556/
Sind es die "zwanghaften Charaktäre" der Akteure, die sie zu bestimmten Handlungen "zwanghaft" treiben und sie können nicht anders und müssen die Weimarer Republik vernichten? Nehmen wir Freud, Adler oder Reich als zentralen Bezugspunkt? Vermutlich weder den einen noch den anderen.
Sicherlich, bei einzelnen trifft vermutlich sogar die Zwanghaftigkeit der Handlungen zu, aber wir reden hier über ein kollektives Phänomen. Auch wenn der "autoritäre Charakter" den Adorno und andere so prägnant als Phänomen für faschistische Bewegungen herausgearbeitet haben. Aber auch diese Erklärung hat eine ausreichende Kritik erfahren.
Und dann sind wir bei der Frage der "Struktur". Waren die historischen Strukturen so deterministisch, dass das Erbe der Kaiserreichs, der verlorene Krieg, der VV keine andere Lösung wie Putsch von Rechts und eine Militärdiktatur nach 1933 zuließ?
Ist das ein Bezug auf eine historisch materialistische Sicht, wie beispielweise im Behemoth von Neumann ausformuliert? Oder auf wen bezieht sich der "strukturelle Determinismus"? Welches historische Gesetz hat Hitler an die Macht geführt?
Nein sicherlich nicht, weil diese Vorstellungen nicht erklären können, warum andere Rahmenbedungen in den zwanziger Jahren die Bedeutung und Ausweitung rechtsextremer Milieus nicht begünstigt haben.
Jablonski für die frühen 20er Jahre
https://books.google.de/books?id=RVSOAQAAQBAJ&pg=PR4&dq=david+jablonsky&hl=de&sa=X&redir_esc=y#v=onepage&q=david%20jablonsky&f=false
Es gibt aber noch eine andere Perspektive, über die "Matze007" vermutlich noch nicht ausreichend nachgedacht hat. Unterstellen wir, er würde Recht haben mit seiner Einschätzung.
Das bedeutet, die damaligen historischen Akteure vor allem in der SPD/USPD haben sich geirrt. Die Vorstellung der SPD, des Zentrums und der DDP durch die Vermeidung eines Bürgerkriegs die innerpolitischen Gräben zuzuschütten war eine falsche Strategie, weil die reaktionären Revanchisten, die ultramilitanten Monarchisten und die "konservativen Revolutionäre", und die Nationalsozialisten auf eine Revolution abzielten und die Demokratie von Weimar beseitigen wollten.
Wodrin bestand dann die Fehleinschätzung. Folgt man "Matze007" dann hätten die demokratischen Kräfte in Weimar den Weg der Bolschewicki beschreiten sollen und die innenpolitischen Gegner radikal bekämpfen und entmachten müssen.
Dann wäre es den reaktionären Kräften nicht mehr möglich gewesen, den Putsch von 1933 zu inszenieren.
Damit schlägt "Matze007" implizit einen "Polizei-Staat" nach stalinistischem Vorbild vor, bei dem der Zweck, die Demokratie von Weimar zu retten, die Mittel, also einen Polizeistaat, rechtfertigt.
Man hätte vielleicht einen Putsch von Rechts damit verhindern können, aber das Ziel der Demokratisierung der Gesellschaft wäre man nicht näher gekommen.
In diesem Sinne war der Weg der Integration durch die "Parteien von Weimar" der richtige Weg und es waren viele ehemalige Monarchisten, wie ein Stresemann oder ein Rathenau, die erkannten, dass der Weg der Republik der richtige war in einer neuen Welt nach dem WW1.
Und es bleibt das Makel der Monarchisten und Konservativen in der Weimarer Republik, dass sie sich als Steigbügelhalter für einen Hitler haben funktionalisieren lassen. Und erst durch ihre Passivität oder auch durch ihre aktive Unterstützung, Hitler ermöglicht haben. In einer tragischen Rolle findet sich da ein Brüning wieder.
Aber unausweichlich war dieser Aufstieg sicherlich nicht und 1932 !!!! durchlief die NSDAP eine tiefe Krise, da ihr Momentum gebrochen schien.
Grant zur Krise in den dreißiger Jahren
https://books.google.de/books?id=y_wbMDDajRQC&printsec=frontcover&dq=Thomas+d+grant&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwiv4ZvB-7DTAhWkF8AKHav0CmwQ6AEILDAB#v=onepage&q=Thomas%20d%20grant&f=false
Was war also die Initialzündung für den - angeblichen - "deterministischen" Aufstieg von Hitler? Und letztlich führt der Weg einer Beantwortung immer wieder zur Weltwirtschaftkrise, vor dem Hintergrund der Hyperinflation bis 1923. Und das sind Einflußgröße, die definitiv außerhalb der Möglichkeiten eines Hindenburg oder Hitler lagen!!!
Ergänzt durch die politische Brutalität der NSDAP, der politischen Dummheit der konservativen und monarchistischen Eliten und einer weltfremden SPD, die verlernt hatte, dass politische Kämpfe "Kämpfe um die Macht" sind. Mit der Betonung auf "Kämpfen", auch in einem verfassungsmäßigen Rahmen.