Westalliierte Politik zum Ende des europäischen Kriegs

Solwac

Aktives Mitglied
In einer Diskussion am Wochenende kam die Frage auf, warum die Westalliierten ab 1944/45 einerseits in zunehmenden Konflikt mit Stalin gerieten, andererseits aber nichts gegen das Vordringen der Roten Armee nach Westen unternommen haben.

Militärisch wurde die Wehrmacht nach der Landung in der Normandie im Westen immer weiter zurück gedrängt, es gab ein kurzes Aufflackern mit der Ardennen-Offensive, ansonsten nur ein Abwehrkampf (z.B. in Film und Buch dokumentiert). Gleichzeitig wurde an der bedingungslosen Kapitulation als einzigem Ziel festgehalten.

Das führte dazu, dass sich Ost und West am 25.4.45 erstmals erreichten und zwei Wochen später der Krieg vorbei war. In Deutschland wurde dann die vorher abgesprochenen Besatzungszonen bezogen. Soweit der Kurzabriss.

Die Diskussion drehte sich dann vor allem darum, ob die Westalliierten nicht stärker auf die zu erwartende strategische Lage nach Ende der Kampfhandlungen hätten Einfluss nehmen können. Folgende Gegenargumente sind uns eingefallen:
  • Politisch waren die USA durch ihren kranken Präsidenten behindert und Churchill war zu schwach um Stalin allein entgegen zu treten
  • Militärisch war zwar nach der geglückten Landung in der Normandie noch eine Menge zu tun, der Fokus verschob sich aber zunehmend in den Pazifik
  • Die Entwicklungen in den zukünftigen Ostblockstaaten waren nicht absehbar
  • Die Niederwerfung des Deutschen Reichs war als Ziel so vorrangig, dass über die Zeit danach noch nicht so stark nachgedacht wurde (wann war die Kapitulation absehbar? Japan wurde ein Widerstand für ein weiteres Jahr prognostiziert, als die Atombomben es abkürzten)
  • Sämtliche Vorschläge aus Deutschland wurden als Täuschungsmanöver wahrgenommen bzw. als nicht umsetzbar eingeschätzt.

Meine Frage dazu: Gab es unter der Hand dennoch Versuche, die Wehrmacht verstärkt nach Osten zu leiten? Oder gab es keine realistische Möglichkeit (die Stärke der Roten Armee ist unbestreitbar)?

Solwac
 
Mit der Zerschlagung der Wehrmacht war zwar ein wichtiger Schritt zur Beendigung des Krieges getan, doch im Pazifik wurde ja noch heftig weiter gekämpft!
Es wurde alles vermieden, um Stalin nicht zu verärgern, da die UdSSR noch auf dem pazifischen Kriegsschauplatz eingreifen und eine zweite Front eröffnen sollte. Dies geschah denn auch am 08.08.1945 mit der Kriegserklärung der UdSSR an Japan (Besetzung der Mandschurei, Nordkoreas, der Kurilen und Sachalins durch sowjetische Truppen).


 
@Solwac, auch wenn es dazu in den letzten Kriegswochen eine Menge Latrinenparolen in Deutschland gab: Ein Vorgehen gegen Stalin wäre, selbst wenn die Miltärs dies gewollt hätten, daheim in den USA oder GB politisch nicht durchsetzbar gewesen.
Wo die Entwicklung Osteuropas hingehen würde, war schon 1945 abzusehen: Das hatte selbst Goebbels in seinen letzten Tagebucheinträgen erkannt. Der Begriff vom "Eisernen Vorhang" ist keine Wortschöpfung Churchills, sondern findet sich dort schon.

Dass Stalin in den Pazifikkrieg eingriff, passte Truman bestimmt nicht - auch wenn das in Jalta so beschlossen war. Man hatte die Bombe und brauchte die Rote Armee nicht mehr und wollte ihr nicht noch die Mandschurei, Korea und Hokkaido überlassen.
 
...Man hatte die Bombe und brauchte die Rote Armee nicht mehr und wollte ihr nicht noch die Mandschurei, Korea und Hokkaido überlassen.

Zum Zeitpunkt des Kriegsendes in Europa im Mai 1945 besaßen die USA die Atombombe noch nicht!
Der erste A-Bomben Test erfolgte im Rahmen des Manhattan-Projects erst am 16. Juli 1945 (Trinity-Test). Zudem war es lange Zeit nicht klar, ob man die Bombe überhaupt einsetzten sollte!

Nach den heftigen und verlustreichen Kämpfen um Iwo Jima (Februar-März 45) und Okinawa (April-Juni 45) war ein schnelles Kriegsende im Pazifik nicht in Sicht. Daher war eine zweite (russische) Front sicher wünschenswert gewesen.
 
Daher war eine zweite (russische) Front sicher wünschenswert gewesen.

Sehe ich nicht so. Der sowjetische Angriff begann am 8.8.45. Hiroshima war am 6.8., Nagasaki am 9.8.
Für die USA-Kriegführung war Stalin dann noch so nützlich wie ein Pickel am Hintern. Der Koreakrieg war eine spätere Folge dieser "Waffenhilfe".
 
Das ist aus heutiger Sicht wohl richtig, doch Ausgangslage in der Fragestellung ist doch der Mai 1945.
Ein früheres Eingreifen der Roten Armee hätte man sich bestimmt früher gewünscht. Das Stalin erst nach Abwurf der ersten Bombe aktiv wurde, war im Mai ja noch nicht bekannt.
 
Das Stalin erst nach Abwurf der ersten Bombe aktiv wurde, war im Mai ja noch nicht bekannt.

Doch. Mandschukuo ? Wikipedia
Auf der Konferenz von Jalta verpflichtete sich Stalin, auf Drängen Roosevelts, 90 Tage nach dem Kriegsende in Europa in Fernost den Krieg zu beginnen und Japan und seine Verbündeten anzugreifen. Der Termin wurde von der Roten Armee auf den Tag genau eingehalten. Ab dem 8. August 1945 wurde Mandschukuo von sowjetischen Truppen in der Operation Auguststurm besetzt und 1946 gemäß den alliierten Kriegszielen (Kairoer Erklärung) an die Republik China zurückgegeben.
 
Danke für den Link! War mir nicht bekannt.
Das ändert ja alles, beinahe, ein bisschen! :grübel:
 
@Solwac, auch wenn es dazu in den letzten Kriegswochen eine Menge Latrinenparolen in Deutschland gab: Ein Vorgehen gegen Stalin wäre, selbst wenn die Miltärs dies gewollt hätten, daheim in den USA oder GB politisch nicht durchsetzbar gewesen.
Ich will nicht die deutsche Seite als die aktive hinstellen, es geht mir um die Position der West-Alliierten.

Wo die Entwicklung Osteuropas hingehen würde, war schon 1945 abzusehen: Das hatte selbst Goebbels in seinen letzten Tagebucheinträgen erkannt. Der Begriff vom "Eisernen Vorhang" ist keine Wortschöpfung Churchills, sondern findet sich dort schon.
Im April dürfte es eh zu spät gewesen sein. Es hätte ja auch noch Verhandlungen bedurft, das kostet Zeit.
Interessant wäre ein Umschwenken als Alternative zu den Beschlüssen von Jalta gewesen. Sei es als Druckmittel gegenüber Stalin, sei es als Schaffung von Tatsachen.

Dass Stalin in den Pazifikkrieg eingriff, passte Truman bestimmt nicht - auch wenn das in Jalta so beschlossen war. Man hatte die Bombe und brauchte die Rote Armee nicht mehr und wollte ihr nicht noch die Mandschurei, Korea und Hokkaido überlassen.
Da sind wir aber schon längst nach dem 8.5. ... ;)

Solwac
 
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