Beides ist falsch.
Wir kennen alle den Spruch "Der Mensch stammt vom Affen ab" und wir haben alle (hoffentlich) in der Schule gelernt, dass dieser Spruch nicht stimmt. Und der Westerhöfers gegenteiliger Spruch "Der Affe stammt vom Menschen ab" ist halt genauso falsch, zumal er die Entwicklung der menschenähnlichen Affen sogar noch als abwegig oder gar degenerativ bezeichnet.
Du hast ja Recht. Jede grobe Vereinfachung ist ungenau, um nicht zu sagen falsch. Durch das Wörtchen "sozusagen" und die Anführungszeichen um "uns" hatte ich versucht, das kenntlich zu machen.
Wenn Westenhöfer Vokabeln wie "abwegig" und "degenerativ" benutzt, ist er zweifellos Kind seiner Zeit. Jedoch ganz Unrecht hatte er damit nicht. Eine Spezialisierung ist immer ein Abweg, der schnell zur Sackgasse werden kann. So leben etwa auf Sumatra heute über 50.000.000 Orang (Menschen), Tendenz stark steigend, und gerade noch 7500 Orang Utan (Waldmenschen), Tendenz stark fallend.
Wenn wir den hominoiden Fossilienbefund anschauen, so finden wir haufenweise Kandidaten, die es mutmaßlich nicht geschafft haben — das offensichtlichste Beispiel ist Oreopithecus, der sich offenbar gemütlich aufrecht herumstehend auf von großen Raubtieren freien Inseln eingerichtet hatte, bis das Mittelmeer trocken fiel und das Unheil seinen Lauf nahm. Auch ein guter Teil der vielen Australopithecinen-Linien haben offenbar in Sackgassen geendet.
Aber, eigentlich läuft es ja wieder auf die alte, weiter oben schon aufgeworfene Frage hinaus: Was macht den Menschen aus? Nachdem alle anderen Kriterien wie opponierbarer Daumen, Werkzeuggebrauch, flache Schnauze etc. auch bei anderen, teils weit entfernt verwandten Primaten beobachtet werden, bleibt am Ende nur noch der aufrechte Gang als exklusives Merkmal (zumal wenn man die Gehirngröße von
Homo floresiensis berücksichtigt, die sich im Bereich von Schimpansen und Australopithecinen befindet).