trotzdem ist der aufrechte Gang auf zwei Beinen gegenüber allen fakultativen Alternativen einschließlich Hüpfen, Robben und Purzelbaumschlagen die optimale Fortbewegungsmöglichkeit.
Das allerdings nur, solange wir uns auf relativ sicherem und ebenen Boden fortbewegen. Etwa auf vereisten geländerlosen Brücken oder wenn das Gelände steiler wird oder es gilt einen Baum zu besteigen, werden wir gern wieder zum urtümlichen Vierfüßler.
Aber Du hast natürlich Recht, ganz offensichtlich ist der aufrechte Gang zumindest in den letzten Millionen Jahren die optimale Fortbewegung gewesen — die heutige Dominanz des
H. sapiens spricht dafür Bände. Zum Vergleich: rezente Menschaffen-Populationen gehen aufgrund ihrer Standorttreue oft mit ihrem von Menschen zerstörten Lebensraum unter, während andererseits unsere vergleichsweise unspezialisierten bipeden Vorfahren lebensraumbedrohenden Ereignissen wie etwa der Messinischen Salinitätskrise und ihren Folgen viel leichter durch Abwanderung in günstigere Habitate hätten begegnen können.
Ich schreibe doch nichts anderes als "relativ lange nach der Trennung vom Schimpansen". Wenn die Trennung noch ein paar Millionen Jahre weiter zurückliegt, dann ist das halt erst recht "relativ lange nach der Trennung vom Schimpansen"...
Die große Frage ist halt, ob sich
Ardipithecus tatsächlich nahe einer Linie in Richtung
Homo befindet, oder sich eher schon in Richtung eines schimpansenähnlichen Wesens entwickelt hat. Die im Vergleich zu
A. ramidus älteren Fußspuren aus Kreta (ohne Abwinklung der Großzehe) unterstützen jedenfalls die zweite Variante.
Bisher hast Du nur seine Behauptungen zitiert, aber noch kein einziges beweiskräftiges Argument genannt.
Mit beweiskräftigen Argumenten ist es in der Paläoanthropologie so eine Sache. Das beginnt schon mit der Unzugänglichkeit vieler Daten. Erst in neuester Zeit beginnen manche lobenswerten Autoren von Fossilfunden etwa CT-Scans zur Verfügung zu stellen, anstatt Fachwelt und interessiertes Publikum mit ein paar Fotos und vagen Beschreibungen abzuspeisen. Besonders ärgerlich sind Fälle wie der
Sahelanthropus tchadensis, dessen Beschreiber ihn anhand kranialer Merkmale zum bipeden Menschenvorfahren erklärten, sich aber offenbar bis heute hartnäckig weigern, Informationen über ein ebenfalls gefundenes Femurfragment verlauten zu lassen.
Aber schauen wir uns doch einmal die bipeden Kandidaten aus dem Miozän an. Da haben wir, zurückblickend, zunächst
Ardipithecus, der gegen Ende des Miozäns erscheint, sowie die jeweils etwas älteren
Orrorin und
Sahelanthropus. Von
Ardipithecus wissen wir, dass er über eine abgespreizte Großzehe verfügte — von den beiden anderen fehlen Fußknochen jedoch bislang, und ein Femur harrt wie schon erwähnt der Beschreibung.
Etwa gleichzeitig mit
Ardipithecus kadabba liegt das Spurenfossil aus Kreta vor, das einen Fuß nahelegt, der sich auf den ersten Blick zwischen jenem des Menschen und dem des Berggorillas befindet — zwar mit sehr prominenter Großzehe, jedoch ohne Abspreizung beim Aufsetzen.
Dann haben wir einen wiederum etwas älteren Exoten,
Oreopithecus, um dessen Zuordnung sich die Gelehrten seit 70 Jahren streiten. Zu unseren direkten Vorfahren zählt er sicher nicht, dafür war er auch trotz aufrechter Statur mit seiner extrem abgespreizten Großzehe wohl zu hochspezialisiert um die grundlegende Veränderungen seines Habitats überleben zu können, als seine Inseln Festland wurden.
Und jetzt, ganz neu und doch am weitaus ältesten, haben wir
Danuvius guggenmosi, der bei aufrechter Statur ebenfalls über eine abgespreizte Großzehe verfügte — wobei aber keineswegs gesagt ist, dass hier nun die ursprüngliche Form eines bipeden Primaten vorliegt, denn auch
Danuvius könnte ein arborealer Seitenzweig sein, wie die heutigen nicht-menschlichen Menschenaffen.
Über einen Zeitraum von 6 Millionen Jahren ist das aber schlussendlich so dürftig, dass anhand von Fossilfunden derzeit kaum ein Beweis für die eine oder andere Theorie erbracht werden kann. Die Paläoanthropologen können sich übrigens bis zum heutigen Tage noch nicht einmal darüber einigen, ob
Pan in die
Hominini zu stellen sei; man muss bei der Lektüre also immer die Präferenz des jeweiligen Autors kennen, um nicht vollends verwirrt dazustehen.