Wie weit sind die Kelten nach Norden vorgestossen?

Nee,die Ecke ist relativ gut ergraben; im eigentlichen Stadtgebiet und auch auf dem Gebiet des 13 v.Chr. errichteten Legionslagers finden sich definitiv kaum keltische Siedlugsspuren, die nächstgelegenen dorfähnlichen Siedlungsstrukturen sind etwa 20 km südlich zu finden.
Möglich wäre natürlich,daß Mogon eine Regionalgottheit war und mn durch die Benennung der Stadt nach ihm auch die keltischen umlandbewohner an den Ort ninden wollte.
 
Ogrim, wenn es tatsächlich so sein sollte,daß der keltische Siedlungshorizont bis zu Beginn der der römischen Okkupation bis nach Niedersachsen reichte , müßzen dann nicht die ganzen in dem Bereich lokalisierten "Germanenstämme" völlig anders beurteilt werden , nämlich entweder als von Rom aus politischen Gründen "germanisierte " Kelten o der als kelto-germanische Mischkultur?

Wie ich bereits mehrfach angedeutet habe, sehe ich die "Germanen" IN DER FRÜHZEIT hauptsächlich als römisches Konstrukt. Aber damit stehe ich - wohl - weitestgehend alleine.

Das wichtigste Indiz für germanische Kultur stellt die Kermaik dar, in den meisten anderen Sachäusserungen ist diese Kultur keltisch.

Wir sollten zumindest so fair sein, zuzugeben, dass die wichtigsten Äusserungen der Sachkultur weiter keltisch bleiben. Es muss tatsächlich eine Vermischung statt gefunden haben, aber wie schnell diese vonstatten ging, dazu traue ich mich keine Aussage zu machen.

Sicherer Hinweis sind für mich erst wieder die Alamannen, die in verschiedenen Quellen auftauchen.

Dazwischen wird es eine Kultur gegeben haben, die in weiten Teilen eben auch auf der keltischen Kultur aufgebaut hat. Das bezeugen auch die Funde aus den römischen Teilen z.B. Südwestdeutschlands.

Wir müssen einfach weg von der Vorstellung, dass es in der Antike Menschen gegeben hat, die sich als "Kelten" oder "Germanen" VERSTANDEN haben. Vermutlich haben sich diese Menschen tot gelacht, wenn die Römer sie so benannten. Nur eine Annahmen, aber das könnte ich mir durchaus vorstellen.

Anders ist das Forum von Waldgirmes auch nicht verständlich.

Mir ist vor einigen Tagen aufgefallen, dass diese Siedlung kein Bad hatte. Für römische Verhältnisse war ein Bad aber schon für ein einfaches Militärlager nötig. Es war der Kernpunkt des gesellschaftlichen Austausches. Hat man nur aus dem Grund keines gebaut, weil die Siedlung auf den Kontakt mit Einheimischen ausgelegt war, die diesen Luxus garnicht kannten? Und aus welchem Stamm/Kultur kamen denn nun diese Einheimischen? Darauf habe ich leider immer noch keine Antwort finden können.

Und wir reden hier auch nicht von "2-3 keltischen Bauernhäuser"n, sondern von den Resten einer genuin keltischen Besiedlung. Die verschwindet nämlich nicht innerhalb weniger Jahre.
 
Wie ich bereits mehrfach angedeutet habe, sehe ich die "Germanen" IN DER FRÜHZEIT hauptsächlich als römisches Konstrukt. Aber damit stehe ich - wohl - weitestgehend alleine.

So alleine stehst damit nicht, ich verweise mal auf Sebastian Brather:
Ethnische Interpretationen in der frühgeschichtlichen Archäologie. Geschichte, Grundlagen und Alternativen, de Gruyter, Berlin-New York 2004

Ethnische Identitäten als Konstrukte der frühgeschichtlichen Archäologie. Germania 78, 2000, 139–177.

Das ich das sehr ähnlich sehe, weißt du ja hoffentlich.

 
Dann sind wir schon zu dritt hier im Forum. :friends:

Dein Hinweis auf die keltische Sachkultur jenseits der Rheinlinie ist richtig, hinzu kommt als Anhaltspunkt die teilweise keltisch-germanische Doppelbenennung von Ortschaften und Gebieten durch die Römer, Das alles deutet m.E. auf eine keltogermanische Mischkultur entlang des Rheines hin
 
Wir müssen einfach weg von der Vorstellung, dass es in der Antike Menschen gegeben hat, die sich als "Kelten" oder "Germanen" VERSTANDEN haben. Vermutlich haben sich diese Menschen tot gelacht, wenn die Römer sie so benannten. Nur eine Annahmen, aber das könnte ich mir durchaus vorstellen.

Und wir müssen ebenso weg von der Vorstellung, dass es in der damaligen Zeit permanent Ein- und Auswanderungen von ethnischen Großgruppen gegeben habe. Es fand eine fast permanente Ethnogenese statt.
Ohne die Klammer eines übergeordneten Staates sind die meisten "Völker" kurzlebig, da sie sich nur an die führende Sippe anlehnen können.
Wechselt diese, wechselt auch oft die ethnische Zugehörigkeit.
Um W.Pohl anzuführen, fanden Ethnogenesen häufig um eine ganz kleine Zahl von Traitionsträgern statt.
Viel zu oft wird aus dem Wechsel der materiellen Hinterlassenschaft auf einen Wechsel der Bevölkerung geschlossen. Wenn man sich nach dieser Logik unsere eigenen Gebrauchs- und Kultgegenstände der letzen 200 Jahre anschaut, müsste man hierzulande so einige komplette Zu- und Abwanderungen der Bevölkerung postulieren.
Die krampfhafte, künstliche Einteilung der damaligen Menschen in "Völker" hilft uns wirklich nicht weiter. Sehr schön beschreibt Pohl das in seinem Standardwerk über die Awaren beim Versuch, sich den Awaro-Gepido-Bulgaro-Slawen bzw. den Slawo-Bulgaro-Gepido-Awaren anzunähern.
Ein im Boden gefundenes Schwert sagt eben nur bedingt etwas über das ethnische Selbstverständnis oder die Sprache seines Besitzers aus.
Die Anfang des vorigen Jahrhunderts gezogene scharfe Trennlinie zwischen Kelten und Germanen dürfte in der Realität niemals existiert haben, bei immer mehr der überlieferten Bevölkerungsgruppen fällt uns diese Zuordnung schwer, da sie auch eigentlich keinen Sinn macht. Es wurde versucht, ein politisches Konstrukt Caesars den historischen Funden quasi überzustülpen.
Letzlich spielt es keine Rolle, ob man die Menschen, die um Christi Geburt auf dem Gebiet des heutigen Deutschland als "Nordwest-Block", "Kelten" oder "Germanen" bezeichnet - keiner von Ihnen hat sich als solcher gesehen. Es dürfte sich auch keiner als irgendeiner Großgruppe zugehörig empfunden habe. Man orientierte sich nach seinem Clan, nach seiner eigenen Führungsschicht. Einen Hinweis darauf, dass sich z.B. ein Gote einem Franken verbundener gefühlt habe als einem Römer, weil eben Goten und Franken als "Germanen" gelten, haben wir nirgends. Die Annahme ist eben auch widersinnig.
Man dachte damals nicht an "Blut" und "Abstammung", sondern an Tradition und Prestige. Schloss man sich dieser Tradition an, gehörte man dazu. Sprachen lassen sich lernen, Kulturgewohnheiten auch.
Ein Wechsel der Ethnie war also kein Problem, im Gegensatz zu den leider immer noch im Denken vieler Historiker verhafteten Rassetheorien, die von einer festen, von "Blut" und Abstammung getragenen Zugehörigkeit der Menschen zu bestimmten Volksgruppen ausgehen.
 
Na, das ist doch mal interessant. Wir sind also bislang alle einer Meinung. Und wer erzählt jetzt den Bild-gebildeten, dass sie garnicht von den Germanen abstammen, sondern dass die Sachlage viel komplexer ist? Also ich sicher nicht.
Aber Scherz beiseite, die ethnische Interpretation verstellt den Blick auf das Material und ist nicht mehr zeitgemäss. Das ist doch schon mal was.
Vor allem vor der Hintergrund der vielen Threads auf dieser Seite, welche Völker zu wem gehörten und woran man das fest machen kann.
Bitte denkt komplexer!
 
Das politische Konstrukt Caesars erweist sich da als sehr zählebig, fand es doch nicht nur Eingang in die römische Politik und Literatur incl.Tacitus sonder hielt sich bis heute
 
Das politische Konstrukt Caesars erweist sich da als sehr zählebig, fand es doch nicht nur Eingang in die römische Politik und Literatur incl.Tacitus sonder hielt sich bis heute

War das sooo zählebig oder paßte es zu gut zur Nationenbildungsphase und wurde erst dann wiederentdeckt?

Na, das ist doch mal interessant. Wir sind also bislang alle einer Meinung. Und wer erzählt jetzt den Bild-gebildeten, dass sie garnicht von den Germanen abstammen, sondern dass die Sachlage viel komplexer ist? Also ich sicher nicht.
Aber Scherz beiseite, die ethnische Interpretation verstellt den Blick auf das Material und ist nicht mehr zeitgemäss. Das ist doch schon mal was.
Vor allem vor der Hintergrund der vielen Threads auf dieser Seite, welche Völker zu wem gehörten und woran man das fest machen kann.
Bitte denkt komplexer!

Spinnt doch den Faden mal weiter, wie muß ich mir das vorstellen? Zu La Téne gehören typische Funde in einem bestimmten Zeithorizont und befestigte Plätze auf Anhöhen. Waren diese Ausdruck einer hierarchischen Gliederung oder nur Handels- Kult- und Handwerkszentren?
 
Das politische Konstrukt Caesars erweist sich da als sehr zählebig, fand es doch nicht nur Eingang in die römische Politik und Literatur incl.Tacitus sonder hielt sich bis heute

Ich wusste gar nicht, dass Caesar Frankreich erobert hat und Deutschland hinterm Rhein liegen ließ.

Zudem muss man sich nicht unbedingt das römische Weltbild zu eigen machen, die hatten etwas seltsame Vorstellungen von Völkerkunde.
 
Und wir müssen ebenso weg von der Vorstellung, dass es in der damaligen Zeit permanent Ein- und Auswanderungen von ethnischen Großgruppen gegeben habe. Es fand eine fast permanente Ethnogenese statt.

(...)

Man dachte damals nicht an "Blut" und "Abstammung", sondern an Tradition und Prestige. Schloss man sich dieser Tradition an, gehörte man dazu. Sprachen lassen sich lernen, Kulturgewohnheiten auch.
Ein Wechsel der Ethnie war also kein Problem, im Gegensatz zu den leider immer noch im Denken vieler Historiker verhafteten Rassetheorien, die von einer festen, von "Blut" und Abstammung getragenen Zugehörigkeit der Menschen zu bestimmten Volksgruppen ausgehen.

Vielen Dank für diesen bedenkenswerten Beitrag!! Pohls Standardbuch über die Awaren kann ich auch wärmstens empfehlen, des weiteren bzgl. Ethnogenese ebenso eines von Geary (europäische Völker im frühen Mittelalter) und natürlich Wolframs Goten.

Sprache allein als Signum einer Ethnie zu nehmen, kann nicht richtig sein - allerdings lässt sich aber (unabhängig von Wanderungen etc.) die Ausbreitung von Sprachen bzw. lassen sich Sprachräume nachweisen. Hier bietet die sprachhistorische Namensforschung auch Einblicke in jene Zeiten und Gegenden, die erst spät zur Schrift fanden. Unzweifelhaft finden sich keltische, alteuropäische, germanische, dakisch-illyrische Namen; ebenso unzweifelhaft lassen sich Sprachräume ungefähr eingrenzen.

Ein Großteil des keltischen Sprachraums ist durch die Integration ins römische Imperium (die teils friedlich, teils nicht friedlich verlief) sprachlich romanisiert worden - ein weitaus kleinerer Teil ist sprachlich germanisiert worden. Andere Teile behielten die keltische Spache bei (z.B. Irland).

Denkbar ist, dass Sprache teilweise auch zur Tradition, zum Prestige zählte (die Ostgoten hielten an ihrem gotisch fest) - irgendeinen Grund muss es ja geben, eine andere Sprache zu lernen. Und irgendeinen Grund dafür, dass sich Sprachräume entwickelten, muss es auch geben.

Das Connubiumverbot im westgotischen Reich war wohl weniger "ethnisch" orientiert, als dass es um Landbesitz ging (vermutlich um fränkischen Einfluß zu verhindern).

Die Frage ist, wann der keltische Sprachraum entstand und wann der germanische - denn verschieden sind beide Sprachen, auch wenn sie zur indoeuropäischen Sprachgruppe zählen. Vermutlich entstand das Proto-Germanische (eine erschlossene Sprache) später als das Keltische.

So lange man nicht weiß, ab wann man von der germanischen Spache überhaupt reden kann, ist es schwer einzuschätzen, wo nach Nordosten hin "die Kelten" aufhörten. Unterschiedliche materielle Hinterlassenschaften lassen sich leider kaum einer Sprache zuordnen.

In diesem Zusammenhang ist auch interessant, dass die These besteht, die Cherusker seien eigentlich ursprünglich Kelten, die dann peu a peu von germanischen Clans dominiert wurden - die Götter mögen wissen, ob das stimmt. Allerdings geht das in die Richtung einer keltisch-germanischen Mischkultur. Herwig Wolfram deutet in seiner Goterngeschichte den mythischen Königsnamen Hisarna (der eiserne) als einen Reflex auf eine keltische Dominierung der frühen Ostseegoten (vermutlich weil das Eisen im Nordosten später als im Westen/Südwesten verwendet wurde)

Erschwert wird das Phänomen "Kelten" natürlich auch dadurch, dass diese keine Staatsbildungen wie die Griechen oder Römer betrieben - das macht sie schwerer fassbar. In diesem Sinne ist völig richtig, dass man weder von einer keltischen noch von einer germanischen Identität sprechen kann.
 
Sprache allein als Signum einer Ethnie zu nehmen, kann nicht richtig sein - allerdings lässt sich aber (unabhängig von Wanderungen etc.) die Ausbreitung von Sprachen bzw. lassen sich Sprachräume nachweisen. Hier bietet die sprachhistorische Namensforschung auch Einblicke in jene Zeiten und Gegenden, die erst spät zur Schrift fanden. Unzweifelhaft finden sich keltische, alteuropäische, germanische, dakisch-illyrische Namen; ebenso unzweifelhaft lassen sich Sprachräume ungefähr eingrenzen.

Ein Großteil des keltischen Sprachraums ist durch die Integration ins römische Imperium (die teils friedlich, teils nicht friedlich verlief) sprachlich romanisiert worden - ein weitaus kleinerer Teil ist sprachlich germanisiert worden. Andere Teile behielten die keltische Spache bei (z.B. Irland).

Und genau an dieser Stelle würden unsere UFGler eingreifen. Für die gehören die Iren nämlich, obwohl sie eine keltische Sprache sprechen, nicht zum keltischen Kulturkreis, den sie mit Hallstatt und La Téne verbinden.


Das Connubiumverbot im westgotischen Reich war wohl weniger "ethnisch" orientiert, als dass es um Landbesitz ging (vermutlich um fränkischen Einfluß zu verhindern).
Ich weiß jetzt nicht, wie du von den Kelten auf die Goten kommst, aber diese Hypothese kannst du ja mal in einem eigenen Thread diskutieren. Eines verrate ich dir schon vorher: Bisher halte ich sie nicht für tragfähig.


So lange man nicht weiß, ab wann man von der germanischen Spache überhaupt reden kann, ist es schwer einzuschätzen, wo nach Nordosten hin "die Kelten" aufhörten. Unterschiedliche materielle Hinterlassenschaften lassen sich leider kaum einer Sprache zuordnen.
:confused:
 
Und genau an dieser Stelle würden unsere UFGler eingreifen. Für die gehören die Iren nämlich, obwohl sie eine keltische Sprache sprechen, nicht zum keltischen Kulturkreis, den sie mit Hallstatt und La Téne verbinden.
Woran man sehen kann, dass eine Sprache einem Volk nicht zugeordnet werden kann (wie es im 19. Jh. teilweise üblich war) - was man prinzipiell schon bei Procopius finden kann. Insofern bestätigt das den schönen Beitrag von Stilicho, der ja ganz ähnliches geschrieben hatte und auf den ich mich bezog.

Ich weiß jetzt nicht, wie du von den Kelten auf die Goten kommst, aber diese Hypothese kannst du ja mal in einem eigenen Thread diskutieren. Eines verrate ich dir schon vorher: Bisher halte ich sie nicht für tragfähig.
Ich bezog mich auf Stilichos Beitrag, dem ich ja zustimme:
Stilicho schrieb:
Man dachte damals nicht an "Blut" und "Abstammung", sondern an Tradition und Prestige. Schloss man sich dieser Tradition an, gehörte man dazu. Sprachen lassen sich lernen, Kulturgewohnheiten auch. Ein Wechsel der Ethnie war also kein Problem, im Gegensatz zu den leider immer noch im Denken vieler Historiker verhafteten Rassetheorien, die von einer festen, von "Blut" und Abstammung getragenen Zugehörigkeit der Menschen zu bestimmten Volksgruppen ausgehen.
(die Hervorhebung ist von mir) Das Connubiumverbot bei den Westgoten wurde als Nachweis volksmäßigen Denkens im 19. Jh. gedeutet, eine Deutung, die heute angezweifelt wird. Den Hinweis auf die Möglichkeit, dass dieses gegen fränkische Interessen gerichtet war, verdanke ich H. Wolframs Geschichte der Goten (nebenbei wurden sowohl bei den West- wie bei den Ostgoten Heiratsverbote mit der romanischen Bevölkerung aufgehoben). Ich hoffe damit ist der Bezug deutlich, die Notwendigkeit eines eigenen Fadens sehe ich noch nicht.

Oft zu lesen ist, dass "die Germanen" bzw. die germanische(n) Ethnogenese(n) nicht ohne den Kontext mit dem röm. Imperium gesehen werden können, überspitzt gesagt dass sich die Germanen erst als Anrainer des Imperiums zu "den Germanen" entwickelten (vgl. u.a. H. Wolfram, das Reich und die Germanen; P. Geary, europäische Völker im frühen Mittelalter). Lästigerweise sind sprachhistorisch Nachweise für germanische Sprache für die vorchristlichen Jahrhunderte sehr spärlich - möglicherweise war bei Kimbern & Teutonen die erste Lautverschiebung noch nicht eingetreten (cimbri statt *chimber i.d. Überlieferung). Bzgl. Sprache (keltisch, germanisch) interessant:
Wikipedia schrieb:
Heute geht man davon aus, dass die Vorläufer des Germanischen und der keltischen Sprachen eine Dialektgruppe innerhalb der indogermanischen Sprachen bildete, es jedoch im 2. Jahrtausend v. Chr. zu einer räumlichen wie sprachlichen und kulturellen Trennung kam. Gemeinsamkeiten blieben im Phonetischen System. Keltische Entlehnungen in der Lexik des Germanischen beruhen auf dem wieder eintretenden kulturellen Kontakt der Eisenzeit um und vor 500 v. Chr. Insbesondere betrifft das Wortmaterial aus den Sphären Herrschaft, Handel und Produktion von Waren.
angesichts dieses angenommenen gemeinsamen sprachlichen Ursprungs ist für die Vorzeit schwer auszumachen, wann die sprachliche Trennung stattfand und warum - es bleibt mithin schwierig, einen fixen Zeitpunkt der Entstehung der proto- oder gemeingermanischen Sprache zu nennen.
 
Also, noch einmal von der Ebene der Sachkultur: Besonders bezeichnend und auch relativ gut erforscht ist das Ende der Höhensiedlungen. Es geht dabei ja nicht nur um den Prozess des Siedelns auf günstigen Höhen, sondern wir sprechen auch über damit verbundene soziale und infrastrukturelle Vorgänge, die mit einem solchen Zentralort zusammen hängen.

Es handelt sich um einen Prozess, der sich über mehrere Jahrzehnte hin zieht und an dessen Ende keine der Höhensiedlungen mehr benutzt wird.

Die Gründe müssen allerdings wohl vielschichtig sein. Die oft angenommene Zuwanderung der Germanen lässt sich nur schwer ablesen, es gibt zum Beispiel keine grossflächigen Brandschichten, die sich mit einem kriegerischen Ereignis verbinden lassen würden. Sie hätten demnach relativ friedlich einwandern müssen und noch dazu, ohne in gewissen Regionen Niederschlag in der Sachkultur zu finden. Der Prozess beginnt so in den 50 er Jahren des letzten Jahrhunderts vor der Zeitenwende und reicht - nach den neuesten Forschungen - an einigen (immer mehr der neu untersuchten) Stellen bis zur römischen Okkupation. Das gilt allerdings hauptsächlich für Anlagen rechts des Rheins und nördlich des Mains, die Höhensiedlungen in Süddeutschland scheinen eine frühere Phase darzustellen. Also geht die Besiedlung von Zentralorten und damit auch die Kultur zurück auf diese Linie. Wenige Jahre nach der römischen Okkupation sind diese Höhensiedlungen dann wohl alle verlassen, nur in wenigen Fällen können wir bislang eine Besiedlung für spätere Zeiten überhaupt wahrscheinlich machen.
Soweit die Fakten der Sachkultur.

Bringt man nun wieder die schriftliche Überlieferung hinzu, dann kann es sich natürlich um einen ähnlichen Prozess wie den bei den Helvetiern beschriebenen, also eine gemeinsame, geplante und gezielte Abwanderung, gehandelt haben. Die Frage wäre dann, wohin.

Für die Ubier wird mit guten Gründen eine Umsiedlung nach Köln durch die Römer angenommen, auch das ein denkbarer Prozess, dem Rom aber wohl kaum so weiträumig durchsetzen konnte. Es sei denn, das Siedlungsgebiet der Ubier war erheblich grösser, als wir annehmen.
 
Zuletzt bearbeitet:
ElQuijote: Und genau an dieser Stelle würden unsere UFGler eingreifen. Für die gehören die Iren nämlich, obwohl sie eine keltische Sprache sprechen, nicht zum keltischen Kulturkreis, den sie mit Hallstatt und La Téne verbinden.

Tja, das kann man glaube ich durchaus verschieden sehen. Nicht von der Hand zu weisen sind Übereinstimmungen im künstlerischen/kulturellen Bereich, auch schon von frühen Zeiten an. Diese laufen aber nach der römischen Okkupation weiter und setzen sich mit einer irgendwie immer noch "keltischen" Kunst bis in das frühe Mittelalter fort. Sie brechen also nicht ab, wie auf dem Festland. Allerdings handelt es sich um einen Bereich mit ganz eigenen Entwicklungen, nicht nur in der Kunst, sondern auch im Festungsbau, in der Technik und in anderen Bereichen. Also: Weder wirklich Hallstatt noch LaTene, aber in enger Verbindung. Das gilt im Übrigen auch für die iberische Halbinsel in anderer Form.
Ich habe eigentlich nicht wirklich was gegen die Iren als "Kelten", wenn wir schon wieder welche suchen.
 
Der Prozess beginnt so in den 50 er Jahren des letzten Jahrhunderts vor der Zeitenwende und reicht - nach den neuesten Forschungen - an einigen (immer mehr der neu untersuchten) Stellen bis zur römischen Okkupation. Das gilt allerdings hauptsächlich für Anlagen rechts des Rheins und nördlich des Mains, die Höhensiedlungen in Süddeutschland scheinen eine frühere Phase darzustellen.

Ich habe mir unlängst des Museum vom "Hochdorfer Keltenfürsten" (Süddeutschland, bei Ludwigsburg) angeschaut und war doch erstaunt über die materielle Kultur (dass das lange vor der röm. Okkupation war, weiß ich).

Wenn ich Dich richtig verstehe, dann muss man von einem Rückgang oder Rückzug der keltischen Besiedlung in den genannten Gegenden ausgehen. Kann man von einer keltisch-germanischen (keltisch dominierten?) Mischkultur im besagten Raum ausgehen? Dann ist zu fragen, wie weit eindeutig der keltische Einfluß reichte - ob sich daraus auf eine ethnische Grenze schließen lässt, bezweifle ich.
 
Lieber Dekumatland,

das letzte, was ich nach der ausserordentlich guten obigen Diskussion wollte, wäre neue ethnische Grenzen zu ziehen. Ich sehe sie auch viel zu fliessend, um wirkliche Grenzen darzustellen. Ja, wir müssen sogar von einer Mischbevölkerung ausgehen, wobei das eben mit dem römischen Begriff für Kelten und Germanen steht und fällt. Ob diese noch keltisch dominiert wurden, weiss ich nicht. Nach dem beschriebenen Zusammenbruch im Siedlungswesen kann ich mir kaum vorstellen, dass die gleiche Zentralgewalt sich irgendwie in Siedlungen halten konnte, die nicht auf Höhen lagen. Dafür fehlen auch die Funde. Also: Eine einschneidende Entwicklung, die die tradierten Strukturen nachhaltig verändert hat.

Und ja, ich weiss, das es erstaunlich sein kann, wenn man erstmals mit den Überresten keltischer Kultur konfrontiert wird, besonders einem so schönen Beispiel wie Hochdorf.
Aber es macht mich auch wütend, weil es zeigt, wie weit eigentlich der römische Topos von den "felltragenden Barbaren" die in "dichten Wäldern" wohnten in unser Geschichtsbild reicht. Es ist ja nicht so, als hätte Rom allein alle Segnungen der Zivilisation gebracht, sondern es bestanden schon durchaus differenzierte Strukturen vor dem Einmarsch Roms.

Wenn man die Oppida, wie ich es tun möchte, als vollwertige Städte begreift, dann reden wir schon von einer Hochkultur. Der einzige Unterschied ist das fehlen von Schrift, und dafür hatten die Kelten - nach Caesar, wenn ich nicht irre - wohl ihre inneren Gründe.
Schliesslich beherrschten sie in der Frühzeit bereits griechisch für den Handelsverkehr und durch ihre Söldnerdienste wohl auch schon früh Latein.

Aber wenn man lieber alles auswendig lernt, als es niederzuschreiben - dann wird man halt ein paar Jahrhunderte später kulturell abgewertet. So ist das scheinbar.

P.S.: Für die Frage nach anderen Überlieferungssträngen keltischer Kultur verweise ich mal auf die Habilitation von Prof. Raimund Karl, Wales, der gerade zur Rechtsgeschichte vieles zusammen getragen hat.

 
Lieber Dekumatland,

das letzte, was ich nach der ausserordentlich guten obigen Diskussion wollte, wäre neue ethnische Grenzen zu ziehen. Ich sehe sie auch viel zu fliessend, um wirkliche Grenzen darzustellen. Ja, wir müssen sogar von einer Mischbevölkerung ausgehen, wobei das eben mit dem römischen Begriff für Kelten und Germanen steht und fällt.
Lieber Ogrim,

da sind wir uns völlig einig!

Und bzgl. der vor schon recht langer Zeit gestellten Ausgangsfrage "bis wohin in nordöstlicher Richtung sich Kelten ausgebreitet haben" wird man wohl nur konstatieren können, dass auch eine in Anlehnung an Orts- und Gewässernamen erarbeitete ungefähre Einordnung von Sprachräumen uns eben keine eindeutige Grenze aufzeigen kann. Dasselbe gilt ähnlich auch für Vergleiche der materiellen Hinterlassenschaften in kulturellen Übergangszonen: sie sagen uns nicht, welche Sprache ihre Besitzer gesprochen haben.

Bzgl. der schriftlichen Quellen, welche überwiegend die röm. und griech. Darstellung (ich verzichte bewußt auf den Begriff Wahrnehmung) bieten, ist der Schematismus "linksrheinisch - rechtsrheinisch" zu einfach. Freilich muss man den Römern verzeihen, dass sie ihre Anrainer, Nachbarn, potenziellen Feinde und potenzielle Eroberungsgebiete nicht mit der Perspektive der modernen Sprachgeschichtler betrachtet hatten (so war es den Römern egal, dass die fränkische, alemannische und gotische Sprache verwandt waren: was über den Rhein drängte, galt als "germanisch", was weiter im Süden über die Donau drängte, wurde als "skythisch" oder gotisch betrachtet - - und beide zusammen als Barbaren)

Wenn ich nun diese Frage - keltisch-germanisch - ganz allgemein auffasse, so fällt mir zudem noch auf, dass der zeitliche Horizont verschieden ist: die keltische Hochkultur ist wohl älter als eine germanische (oder zumindest stand sie deutlich höher: einen so prunkvollen Hochdorfer Fürsten aus dieser Zeit, um 500 v. Chr., kenne ich aus der Elbegegend nicht). Ganz vorsichtig gesagt: der keltische Zenit scheint schon überschritten gewesen zu sein, ehe der germanische auftauchte.

Ich erninnere mich übrigens noch an einen grausigen Fund, von dem ich gelesen habe: ein Massengrab in Böhmen, welches makabrerweise als böhmisch-keltische Opferstätte bezeichnet wird (war in einem Buch einer brit. Archäologin, welche das Thema Menschenopfer darstellte)

Und ja, ich weiss, das es erstaunlich sein kann, wenn man erstmals mit den Überresten keltischer Kultur konfrontiert wird, besonders einem so schönen Beispiel wie Hochdorf.
Aber es macht mich auch wütend, weil es zeigt, wie weit eigentlich der römische Topos von den "felltragenden Barbaren" die in "dichten Wäldern" wohnten in unser Geschichtsbild reicht. Es ist ja nicht so, als hätte Rom allein alle Segnungen der Zivilisation gebracht, sondern es bestanden schon durchaus differenzierte Strukturen vor dem Einmarsch Roms.
Gestaunt habe ich schon öfter beim Besuchen von Ausstellungen und Museen, ob nun keltisch (Alesia, Hochdorf), german./wikingisch (Haithabu), skythisch (das Gold der Skythen), ottonisch (Otto der Große) usw usw. Allerdings macht mich das nicht zornig auf die Römer - denn über die habe ich oft genug nicht weniger gestaunt.
Ein paar Zweifel bzgl. der Vergleichbarkeit keltischer Oppida mit römischen Großstädten habe ich - allerdings schmälert das die andere (keltische) Kultur in meinen Augen nicht.

Wenn man die Oppida, wie ich es tun möchte, als vollwertige Städte begreift, dann reden wir schon von einer Hochkultur.
Natürlich reden wir von einer Hochkultur, ganz ohne jeden Zweifel. Nur bzgl. der Städte habe ich Bedenken: wären diese dem röm. Standard entsprechend gewesen, so wären sie eher übernommen als überbaut oder neu gebaut worden - da sind Unterschiede meiner Ansicht nach sichtbar.

Der einzige Unterschied ist das fehlen von Schrift, und dafür hatten die Kelten - nach Caesar, wenn ich nicht irre - wohl ihre inneren Gründe.
Schliesslich beherrschten sie in der Frühzeit bereits griechisch für den Handelsverkehr und durch ihre Söldnerdienste wohl auch schon früh Latein.
Die irische Ogham-Schrift stammt aus Spätantike / frühem Mittelalter, allerdings hat es doch laut Wikipedia keltische Schriftlichkeit gegeben, wenn auch nicht allzu umfangreich:
Wikipedia - Kelten schrieb:
Die Kelten in Noricum verfügten über eine eigenständige, dem etruskischen nahestehende von rechts nach links geschriebene Schrift, von der insbesondere in der Ausgrabungsstätte Magdalensberg[1] Funde gemacht wurden. Aber schon vor der römischen Besetzung (15 v. Chr.) war in Sprache und Schrift dort Latein vorherrschend im Gebrauch.
wie auch immer: auf stammelnde Wilde ist Caesar nicht getroffen :) schließlich konnten die (im Noricum, und woanders sicher auch) mit der lateinischen Schrift umgehen.

Altkeltische Sozialstrukturen, Budapest, Archaeolingua 2006, ISBN 963-8046-69-4
Das werde ich mir anschauen, vielen Dank für den Hinweis!

Der Besiedlungsrückgang um 300 v. Chr.: kannst Du darüber noch weiteres berichten?
 
Wenn ich nun diese Frage - keltisch-germanisch - ganz allgemein auffasse, so fällt mir zudem noch auf, dass der zeitliche Horizont verschieden ist: die keltische Hochkultur ist wohl älter als eine germanische (oder zumindest stand sie deutlich höher: einen so prunkvollen Hochdorfer Fürsten aus dieser Zeit, um 500 v. Chr., kenne ich aus der Elbegegend nicht). Ganz vorsichtig gesagt: der keltische Zenit scheint schon überschritten gewesen zu sein, ehe der germanische auftauchte.

Liegt das nicht viel mehr daran, dass die Kelten viel früher mit den Produzenten unserer Schriftquellen - eben Griechen und Römern - in Berührung kamen, als die Germanen? Und dass die Römer ein wenig brauchten, um zu begreifen, dass nicht alle Kelten wirklich Kelten waren (ich glaube es waren kimbrische Sklaven beim Spartacus-Aufstand, die schon in zweiter Generation in Italien lebten, an denen den Römern der Unterschied erstmals auffiel).
 
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