Wiedervereinigung- DDR und BRD

Nicht zu vergessen die Lehrlingsproblematik:
In der DDR hatte jeder der die POS (heute Realschule) am Ende der 8. Klasse, Anfang der 9. Klasse seine Lehrstelle schon in der Tasche. War zwar nicht immer der Traumjob, aber heute dürften den die wenigsten auch am Anfang ihrer "Karriere" haben.
Auch die Berufsausbildung mit Abitur ist aus der DDR und sehr praxisnah gegenüber dem reinem Gymnasium.

Ansonsten hatte mich 1990 niemand gefragt, ob ich eine Wiedervereinigung haben wollte. Das war mir dann auch ziemlich egal. Rückblickend würde ich sagen, daß sowohl die DDR wie auch die BRD ihre Schwachpunkte haben. In der DDR hatten die Leute das Geld und es gab nichts zu kaufen und heute gibts eben alles zu kaufen und die Leute haben kein Geld.
 
Cassiodor schrieb:
Rückblickend würde ich sagen, daß sowohl die DDR wie auch die BRD ihre Schwachpunkte haben. In der DDR hatten die Leute das Geld und es gab nichts zu kaufen und heute gibts eben alles zu kaufen und die Leute haben kein Geld.
Und wegen des Geldes, für das es nichts zu kaufen gab, haben soviele Menschen versucht, dieses "Paradies" zu verlassen, als es noch das Leben kosten konnte? :rolleyes:
 
Ost-West-Konflikt

Ich komme ja erst recht spät in diese laufende Diskussion und ich finde, man liest sehr deutlich heraus, dass die Wiedervereinigung immer noch nicht abgeschlossen ist, längst nicht. Es scheint noch immer ein sehr empfindliches Thema zu sein.
Ich denke, es ging damals alles zu schnell, doch den Regierenden der DDR und BRD kann man hieraus auch keinen Vorwurf machen, denn der Zustand in der DDR, an den Grenzen, politisch, ideologisch und wirtschaftlich war so einfach nicht länger haltbar. Ich denke, Kohl hat das sehr gut erkannt und man kann ja sagen über ihn, was man möchte, aber historisch war seine Weitsicht enorm. Doch ich kann mir nur schwerlich vorstellen, dass alle Westdeutschen keine Wiedervereinigung wollten (zumindest wirtschaftlich nicht) und alle DDR-Bürger ganz wild darauf waren. Das ist Unsinn. Viele Menschen in der DDR hatten sich erhofft, mit der Wiedervereinigung bekämen sie die Möglichkeit, als Ganz-Deutschland neu zu beginnen, was ja nicht der Fall war. Es wurde radikal alles aus dem Osten verteufelt und der goldene Westen hochgehalten. Dass nicht alles Gold ist, was glänzt, erkennen einige mit Schrecken und es werden sogar Stimmen laut, dass man die Mauer doch wieder aufbauen sollte. Damit komme ich auf das eingangs gesagte zurück - die Wiedervereinigung ist längst nicht abgeschlossen. Schon rein gefühlsmäßig gibt es noch Unterschiede. Von der wirtschaftlichen Position einmal ganz abgesehen. Hier ergeben sich Fragen der Gleichberechtigung. Ganz aktuell kommt doch diese Frage wieder auf. Stichwort: Zusammenlegung von Arbeitslosengeld und Sozialhilfe. Man hatte Schröder die Frage angetragen, ob man den ehemaligen DDR-Bundesländern nicht Sonderregelungen eingestehen müsse. Also besteht offenbar noch immer keine Einheit, oder?
 
Seraphine schrieb:
Man hatte Schröder die Frage angetragen, ob man den ehemaligen DDR-Bundesländern nicht Sonderregelungen eingestehen müsse. Also besteht offenbar noch immer keine Einheit, oder?


Ich würde meinen, daß überspitzt gesagt, die Einheit erst vollzogen ist, wenn auch die heutige Geneneration der 40jährigen das Zeitliche gesegnet hat und die Erfahrungen seit 1990 dann die gemeinsamen sind. Wie gesagt, ist etwas überspitzt.
 
Seraphine schrieb:
Ich denke, es ging damals alles zu schnell, doch den Regierenden der DDR und BRD kann man hieraus auch keinen Vorwurf machen.
Der Kanzler aus der Pfalz war zu unterschriftsfreudig. Es ging zu schnell.
Ein Land wieder aufzubauen, das über 40 Jahre runtergewirtschaftet wurde, auch mental gesehen, das ist nunmal keine Sache von 4-5 Jahren.
Vielleicht hätte man der DDR auch noch etwas Zeit geben müssen, sie war ja auf dem besten Weg in eine Demokratie, aber vielleicht dachte man auch, besser jetzt als nie, und hat einfach ungeachtet allen Risiken und allen anderen Möglichkeiten, die sich vielleicht ergeben hätten, alles auf eine Karte gesetzt.
 
Eins muss man dem Herrn Kohl ja lassen. Ohne die Wiedervereinigung wäre die CDU bei den Wahlen gnadenlos abgestraft worden, da die BRD im Prinzip 1990 ebenfalls pleite war. (Auch wenn das vielen gar nicht so bewusst ist/war. ;) )
Aber diese eine Chance hat er dann konsequent für sich genutzt und ist in die Geschichtsbücher eingegangen. Ohne die Wiedervereinigung wäre sein Titel wohl Schuldenkanzler geworden.
Faszinierdend fand ich schon damals, wie der Kanzler Kohl eine erste "spontane" Rede in Dresden hielt und innerhalb von einer Viertelstunde der Platz vor Deutschlandfahnen überquoll, wo es in der DDR eine Deutschlandfahne überhaupt nicht zu kaufen gab und ich auch persönlich keinen kenne, der sich von seinem Begrüßungsgeld eine zugelegt hätte. Das ist bundesrepublikanische "Spontanität" und muss gewürdigt werden. ;)
 
@Mercy, die russiche Ostpreussenfrage

Die Textstellen konnte ich jetzt doch nicht ermitteln, aber Titel und Autor habe ich:

Barbara Dietz, Peter Hilkes in Strukturwandel bei den Aussiedlern aus der UdssR

und

Boris Meissner, Helmut Neugebauer, Alfred Eisfeld in Die Russlanddeutschen- Gestern und Heute, von 1992

Ich kann mich noch an eine weitere Quelle erinnern, aber ich habe sie noch nicht wiedergefunden.
 
Cassiodor schrieb:
Faszinierdend fand ich schon damals, wie der Kanzler Kohl eine erste "spontane" Rede in Dresden hielt und innerhalb von einer Viertelstunde der Platz vor Deutschlandfahnen überquoll, wo es in der DDR eine Deutschlandfahne überhaupt nicht zu kaufen gab und ich auch persönlich keinen kenne, der sich von seinem Begrüßungsgeld eine zugelegt hätte. Das ist bundesrepublikanische "Spontanität" und muss gewürdigt werden. ;)

Dazu gehören immer zwei... und zumindest einer davon ist der, der die Fahne am Ende in der Hand hält... Oder war die Spontanität so groß, dass der Platz in Dresden nicht nur vor Westfahnen sondern auch vor Westbürgern, die diese schwenkten, überquoll?
 
rolo schrieb:
Vielleicht hätte man der DDR auch noch etwas Zeit geben müssen, sie war ja auf dem besten Weg in eine Demokratie, aber vielleicht dachte man auch, besser jetzt als nie, und hat einfach ungeachtet allen Risiken und allen anderen Möglichkeiten, die sich vielleicht ergeben hätten, alles auf eine Karte gesetzt.
Eine interessante Möglichkeit, nicht wahr? Letztlich gab es ja vor der Wiedervereinigung viele, auch öffentliche Diskussionen, wie man weitermachen sollte und ob. Was hältst Du von der Stalin-Note von 1953?:kratz: Ist zwar schon etwas länger her als die Wiedervereinigung, aber Stalin hatte damals Adenauer angeboten, die DDR "freizugeben" , damit sich Deutschland als ein Land zusammenfinden könne. Eine der Bedingungen war wohl, dass alle Allierten abziehen, nicht nur die Russen. Adenauer kam daraufhin mit seinem berühmtem Spruch: "Lieber ein halbes Deutschland ganz, als ein ganzes Deutschland halb."
 
Seraphine schrieb:
Eine interessante Möglichkeit, nicht wahr? Letztlich gab es ja vor der Wiedervereinigung viele, auch öffentliche Diskussionen, wie man weitermachen sollte und ob.
Eine wahrlich interessante Möglichkeit. Einafch noch die DDR ein paar Jahre weiterwurschteln lassen. Vielleicht ne kleine Wärungsunion, damit die Kohle fließt, aber ansonsten nicht einmischen und den Bankkrotkurs weiterfahren lassen.

Nein, irgendwann wäre die Vereinigung sowieso gekommen und je später, desto teurer.
 
manganite schrieb:
Eine wahrlich interessante Möglichkeit. Einafch noch die DDR ein paar Jahre weiterwurschteln lassen. Vielleicht ne kleine Wärungsunion, damit die Kohle fließt, aber ansonsten nicht einmischen und den Bankkrotkurs weiterfahren lassen.

Nein, irgendwann wäre die Vereinigung sowieso gekommen und je später, desto teurer.



Ich denke an Berlin und denke mir das mit dem Wort "Bankrott" hätten die Westberliner auch ohne DDR hinbekommen!

Wieviel sind es jetzt? 43,5 Mrd?
Wieviel Schulden hatten denn eigentlich die DDR damals?
Mal so ganz unschuldig gefragt.
 
Die Stalinnote wurde meiner Ansicht nach zurecht von Adenauer nicht ernst genommen. Wenn man Stalin und seine Handlungen anschaut, glaube ich nicht, dass es lange ein neutrales, freies unabhängiges Deutschland gegeben hätte, ohne den "Schutz" der Amerikaner, Engländer, Franzosen usw.
Auch komisch, dass dieses Angebot gerade zu einer Zeit kommt, als Westdeutschland durch Bündnisse in den Westen eingebunden werden und einen Teil seiner Souveränität wiedererhalten soll.
 
askan schrieb:
Ich denke an Berlin und denke mir das mit dem Wort "Bankrott" hätten die Westberliner auch ohne DDR hinbekommen!

Wieviel sind es jetzt? 43,5 Mrd?
Wieviel Schulden hatten denn eigentlich die DDR damals?
Mal so ganz unschuldig gefragt.

Es ist ja nicht nur der Betrag der Schulden. Schau dich mal z.B. in Berlin um. Es wurde unendlich viel Investiert z.B. in die Verfallenen Gebäude. Schau Dir aber z.B. die noch nicht renovierten Museen in Mitte an, wie verrottet die sind. Letztens war ich in der Humbold Uni in Mitte. Das soll eine Elite Uni sein? Schau Dich mal etwas am östlichen Stadtrand um, schau dir die Ruinen an, die dort immer noch zwischen den renovierten Häusern stehen, da bekommt man einen guten Eindruck, wie das hier mal ausgesehen hat. Schau Dir die immer noch kaputten Straßen an.

In unserem Institut hier musste die Forscher in den Jahren nach stärkeren Regenfällen Wasser aus den Laboren im Keller pumpen, weil die Bausubstanz völlig marode war.

Es ist nicht nur das Geld allein, das darüber Auskunft gibt, ob etwas marode ist oder nicht...
 
Zitat:" In unserem Institut hier musste die Forscher in den Jahren nach stärkeren Regenfällen Wasser aus den Laboren im Keller pumpen, weil die Bausubstanz völlig marode war."

Ich wohne tief im Westen und das ist hier nicht unbekannt, Turnhallen, Fabrikhallen in die es reinregnet usw.

Zitat: "die dort immer noch zwischen den renovierten Häusern stehen, da bekommt man einen guten Eindruck,"

Ich habe von Gastwirten im PrenzlBerg erfahren, das in den Strassenzügen die renoviert wurden der Umsatz dramatisch in den Keller ging. Weil der Charakter, der besondere Charme plötzlich fehlte. Etwa so als ob man in Vendig die Kanäle zuschütten würde, damit die Touris besser laufen können.
In Weissen See, wird diese marode Eindruck extra nach der Renovierung beibehalten, es gab neulich eine Sendung darüber.
 
Der Kapitalismus als solches ist viel stärker ein schuldenbasierendes System als der Sozialismus. Das sagt schon der Name.

Deshalb die Marodität an Bausubstanzen etc. festzumachen ist viel zu kurz gegriffen. Bausubstanz ist zwar sichtbar, aber über die Kapitalstärke und Verschuldung sagt das überhaupt nichts aus. Das ist dann subjetives Empfinden.

Die pro Kopf Verschuldung der Westdeutschen war lt. Bundesbank 1989 höher als das der Ostdeutschen.

Mal eben schnell zusammengesucht:

http://www.memo.uni-bremen.de/docs/m9921.pdf

http://fit.euv-frankfurt-o.de/Veranstaltungen/Seminare und Vorlesungen/SS00/ostdeutschland.PDF
(hier bitte besonderes Augenmerk auf die Entwicklung des BIP 1990 und 1991)
 
askan schrieb:
Ich habe von Gastwirten im PrenzlBerg erfahren, das in den Strassenzügen die renoviert wurden der Umsatz dramatisch in den Keller ging. Weil der Charakter, der besondere Charme plötzlich fehlte. Etwa so als ob man in Vendig die Kanäle zuschütten würde, damit die Touris besser laufen können.
In Weissen See, wird diese marode Eindruck extra nach der Renovierung beibehalten, es gab neulich eine Sendung darüber.

Ich rede nicht von den Szenegegenden für hippe Studenten wo man einen gewissen Ostcharme schick findet... Ich rede von Straßenzüge, mit Ruinen dazwischen aus denen schon die Bäume rauswachsen, von Plattenbauten, bei denen schonmal eine ganze Seitenwand auf die Straße fällt, wenn man nicht aufpasst. Du solltest mal etwas tiefer nach Ostberlin vordringen...

Das es schlechte Bausubstanz überall gibt, ist mir klar, es kommt aber auf das Verhältnis an, zwischen Bauten die in Ordnung sind und denjenigen, die vergammelt sind.
 
Also meistens war Berlin hinter Marzahn vorbei! :D Ich kenne Leute aus dem Westen die extra nach Marzahn pilgern um dort ins Kino Sputnik zu gehen.

Ich war mal in einem Ort in McPomm, Penzlin, da ist es richtig schauerlich, wie in einer Geisterbahn wenn einen schlechten Tag hat.
Ohne , die evtl, anwesende Penzliner jetzt beleidigen zu wollen.
 
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