Wieso sollte die Kirche die Inquisition abgelehnt haben? Sie wurde von Dominikanern und Franziskanern auf päpstliche Weisung durchgeführt.
Die spanische Inquisition hebt sich von der des Mittelalters zunächst durch die Menge der Opfer ab und dann auch durch ihre Stoßrichtung. Zwar waren es weiterhin die Dominikaner, die mit ihr betraut waren, aber ihre Stoßrichtung war ein mehr auf die nationale Vereinigung der spanischen Königreiche ausgerichtet. Und es ging weniger um Häretiker die aufgrund "falscher" Lehren verfolgt wurden. Tatsächlich waren sehr viele Neuchristen, die man verdächtigte, dem jüdischen Glauben ihrer Vorväter anzuhängen, Opfer der Spanischen Inquisition. Später auch einfach politisch missliebige Personen (die Spanische Inquisition wurde erst im 19. Jhdt. abgeschafft).
Wir sollten hier aber wieder zur Hexenthematik zurückkehren.
Stimmt, das sollten wir. Ich nehme an, Brissotin meint die Prozessform eines Inquisititionsprozesses wie er bis zu Beginn des 19. Jhds üblich war, und der hatte tatsächlich nichts- oder nur wenig mit der Spanischen oder Römischen Inquisition als Institution zur Verfolgung der Häretikerbewegungen des Mittelalters zu tun. Bis ins frühe 19. Jhd war in den deutschen Ländern ja immer noch die Constitutio Criminalis Carolina als Strafrechtsordnung gültig, die immer wieder reformierte und ergänzte Halsgerichtsordnung Karls V. Diese ging allerdings auf frühere Strafgerichtsordnungen wie die Constitutio Bambergensis zurück, die wiederum aus der Rezeption des Römischen Rechtes im Spätmittelalter zurückging. Diese Prozessform hatte allerdings ihren Ursprung in der Verfolgung der Häretikerbewegungen ihren Ursprung. So sehr sich einem auch die Haare dabei sträuben mögen, stellte diese Prozessform einen Fortschritt dar, insofern, weil Verfahren gegen Häretiker und Kriminelle eine Rationalisierung und große Kompetenz in Fragen des Römischen und Kanonischen Rechtes erforderten. Die auf altgermanischen Rechtstraditionen basierenden Instrumentarien der Rechtsfindung wie Gottesurteil, Wergeldzahlung, Reinigungseid und Leumundszeugnissen waren mit den Anforderungen an die Wahrheitsfindung nicht mehr kompatibel.
Die mittelalterliche Strafjustiz war zweifellos grausam, und sie sollte grausam sein, musste grausam sein, denn sonst hätten sie keinen Sinn gehabt. Es galt, den durch die Tat verletzten Rechtsfrieden wieder herzustellen. Weder gab es den Anspruch, den Delinquenten zu bessern, noch gab es so etwas wie eine qualifizierte Polizei, noch gab es Gefängnisse für Freiheitsstrafen. Die alteuropäische Justiz brauchte das "Fest der Martern", das "Theater des Schreckens" wie es Richard van Dülmen nannte.
Das einzige Rehabilitierungsangebot bestand darin, dass der "arme Sünder" die Tat bereute und sich hinrichten ließ. Erst die "Geburt des Gefängnisses" ersetzte das "Fest der Martern" durch die Freiheitsstrafe der longe dureé wie es Michel Foucault nannte. Das wirkt irritierend auf uns, die wir mit den Idealen der Aufklärung aufgewachsen sind. Die Justiz war brutal, aber es war keine "sinnlose Brutalität".
Die alteuropäische Justiz kannte aber auch Barmherzigkeit mit dem armen Sünder. Man brandmarkte ihn, man folterte ihn, aber man hätte ihn nicht jahrelang in der Todeszelle schmoren lassen. Statt Waterboarding gab es Daumenschrauben. Manche Urteile wurden gar nicht vollstreckt oder in Pilgerreisen umgewandelt in der Hoffnung den Delinquenten nicht wiederzusehen. Und seien wir doch mal ehrlich, der Grundsatz der Resozialisierung ist ein Stück Papier und der der Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz eine Utopie. Wer vorbestraft ist, wird aus der Gesellschaft ausgestoßen, wird in einem Überwachungsstaat nicht mehr seines Lebens froh. Folter erlebt wieder eine Renaissance, die Sicherungsverwahrung wird extrem ausgeweitet, auch wenn uns Law and Order-Vertreter glauben machen wollen, es träfe nur Kinderschänder und Vergewaltiger und es geschehe zu unserer aller Sicherheit. Dort wo es die Todesstrafe gibt, sind Angehörige ethnischer und sozialer Minderheiten überproportional häufig vertreten. Gefängnisse werden privatisiert, die Schutzhaft kehrt zurück als "Unterbindungsgewahrsam". Das Wegsperren und die Psychiatrisierung von Gefangenen, auch von Jugendlichen nimmt in erschreckender Weise zu. Für jedes soziale Millieu die passende Unterdrückung. Oft nicht nur für eine lange Dauer, sondern so lange wie es dem Gefälligkeitsgutachten gefällt. Das trifft längst nicht nur für Typen zu, die man einfach nicht auf die Menschheit loslassen kann, deren Taten einem den Magen umdrehen.
Nietzsche hat einmal geschrieben: "Unsere größte Schuld gegenüber den Verbrechern besteht darin, dass wir sie als Schufte behandeln". Vielleicht werden spätere Generationen dabei genauso Abscheu empfinden, wie man es gegen Galgen und Rad haben und haben sollten. Aber genug schwadroniert, zurück zu den Hexen und zur Inquisition!
Wieviele fielen der Folter zum Opfer? Tausende und ein paar Zerquetschte.