Zeitzeugeninterview

Littlelilalea

Neues Mitglied
Halli Hallo!

Ich habe mal eine "blöde" Frage.
Mein Opa ist vor ein paar Tagen 92 Jahre alt geworden - er hat also schon einges geschichtliches miterlebt und ist wahrscheinlich (?!) auch einer der letzten Zeitzeugen in seinem Alter.
Meint ihr ein Interview mit ihm wäre sinnvoll?
Bzw. wäre es nicht sogar sinnvoll das relativ professionell aufzuziehen mit Mikrofon / Kamera etc.? Denn ich kann mir eigentlich gut vorstellen, dass seine Erlebnisse nicht nur für mich und meine Familie sondern auch für "die Nachwelt" interessant sind.

Meint ihr ich soll mich mal an meinen Geschichtsprofessor wenden und ihn mal nach seiner Meinung befragen oder soll ich mir eher selber ein paar Fragen ausdenken, Mikrofone etc. besorgen und das Interview dann einfach ohne ein bestimmtes Ziel (wie z.B. eine Veröffentlichung) durchführen?

Lg
 
Halli Hallo!

Ich habe mal eine "blöde" Frage.
Mein Opa ist vor ein paar Tagen 92 Jahre alt geworden - er hat also schon einges geschichtliches miterlebt und ist wahrscheinlich (?!) auch einer der letzten Zeitzeugen in seinem Alter.
Meint ihr ein Interview mit ihm wäre sinnvoll?
Bzw. wäre es nicht sogar sinnvoll das relativ professionell aufzuziehen mit Mikrofon / Kamera etc.? Denn ich kann mir eigentlich gut vorstellen, dass seine Erlebnisse nicht nur für mich und meine Familie sondern auch für "die Nachwelt" interessant sind.

Meint ihr ich soll mich mal an meinen Geschichtsprofessor wenden und ihn mal nach seiner Meinung befragen oder soll ich mir eher selber ein paar Fragen ausdenken, Mikrofone etc. besorgen und das Interview dann einfach ohne ein bestimmtes Ziel (wie z.B. eine Veröffentlichung) durchführen?

Lg

Hallo,

also ich finde, dass das eine tolle Idee ist, und du solltest das wirklich machen, so lange dein Opa noch da ist und auch dazu fähig ist, so ein Interview durchzuführen.

Als erstes solltest du mal ihn selber fragen, ob er damit einverstanden wäre. Denn es könnten auch durchaus Dinge zur Sprache kommen, die für ihn unangenehm werden könnten.

Wenn du eine Kamera zur Verfügung hast, und dein Großvater damit einverstanden ist -> unbedingt verwenden! Wenn du schon selber geschichtsinteressiert bist, wird das für dich selber ein riesiger Schatz sein, aber sicher auch für deine Familie!

Ich selber wünsche mir, ich hätte meinen Großvater, der dieses Jahr auch 92 geworden wäre, mal genauer befragt... da ist ein großer Schatz verloren gegangen :(

Und wenn du das Interview durchgeführt hast, berichte uns doch bitte davon, das ist sehr interessant!

Vielleicht ist auch ein Archiv in deiner Nähe daran interessiert und jemand kann dir helfen, einen Fragenkatalog zu erstellen. Meinen Erfahrungen nach sind die Mitarbeiter dort sehr nett... du kannst es ja versuchen. Fragen kostet nichts.
 
Das ist eine heikle Sache. Du könntest Dinge über deinen Großvater erfahren, die du nicht erfahren möchtest. In der Regel sind Menschen, die eine enge Bindung zum Interviewten haben auch nicht besonders kritisch. Das gilt selbst für professionelle Interviewer, die ja so nach und nach auch eine Beziehung zum Interviewten aufbauen. Aber natürlich kannst du deinen Großvater befragen, du solltest ihn nur rechtzeitig in dein Vorhaben einweihen und sein Einverständnis einholen.

Und du solltest eines wissen: Zeitzeugen sind nur sehr begrenzt als historische Quellen tauglich. Bei der Auswertung sind die Stellen, wo es zu einer deutlichen emotionalen Veränderung kommt (Freude, Trauer, Wut) die, wo du an eine echte Erfahrung rührst.

Ich nehme in Anbetracht des Alters deines Großvaters nicht an, dass du noch Schülerin bist?
Wenn doch, wende dich doch an deinen Geschichtslehrer. Und wenn du keine Schülerin mehr bist, empfehle ich dir das Buch von Lothar Dittmer und Detlef Siegfried, Spurensucher. Darin wirst du einiges zur Durchführung eines Zeitzeugeninterviews finden.
Kamera oder Diktiergerät dürften reichen.
 
Danke erstmal für deine Antwort rinoabutzile!

Mir würden auch alleine Unmengen von Fragen einfallen, aber das sind aber eben nur die Fragen, die schon tausendmal beantwortet wurden.

Mich würde es halt eher interessieren, welche Themen aus der Lebszeit meines Opas immoment im Forschungsmittelpunkt stehen und vielleicht auch noch (teilweise) unbeantwortet sind. Dafür wäre mein Opa ja eigentlich ideal - da es sicher nicht mehr viele Menschen gibt die sich noch an den Anfang des 2. Weltkrieg bewusst erinnern können.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass mein Opa da gar kein Problem mit hätte! Er erzählt auch von sich aus gerne mal was über vergangene Zeit und ist eine regelrechte "Labertasche" ;) (natürlich im positiven Sinne).

Wobei ich mir jedoch unsicher bin, ist ob ich ihm Fragen bzgl. seiner Involviertheit während des Holocaust stellen darf/kann. Ich weiß bisher nicht, "auf welcher Seite er zu dieser Zeit stand" und weiß eben auch nicht ob das nicht ein sehr senibles Thema ist, was man lieber nicht ansprechen sollte. Stellt euch mal vor es kommt raus das man Opa an den Massenmorden beteiligt war. Was meint ihr??
 
Stellt euch mal vor es kommt raus das man Opa an den Massenmorden beteiligt war. Was meint ihr??

Willst Du es nun wissen oder nicht? Das liegt ganz bei Dir.

Du hast ja anfangs schon geschrieben, dass Dein Großvater einer der letzten Zeitzeugen ist. Was immer er auch sagen wird, wirst Du jedenfalls in ein paar Jahren nicht mehr erfahren können.

Ich habe die Kriegserlebnisse meines Vaters und Großvaters aufgeschrieben. Kamera oder Tonband schienen mir dafür ungeeignet. Es war zum Teil ganz schön heftig, was die damals im 1. und 2. WK mitmachen mussten! Und irgendwelche Untaten, Massenmorde usw. kamen nicht vor, im Gegenteil: Mein Großvater hat sich 45 erfolgreich gegen die Zerstörung eines Dorfes gewandt (man wollte dadurch den Vormarsch der Amerikaner aufhalten) und wäre dafür fast als Defaitist aufgehängt worden. Die Dörfler sind ihm heute noch dankbar.

Also frag, aber nimm das Ergebnis hin, egal wie sie ausfallen.

Wichtig: Sowohl Schuld als auch Verdienst sind individuelle Dinge, für die die Nachkommen nichts können.
 
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