Was kennzeichnete die wandernden Foederatenvölker im Reich?
Nachdrücklich anschließen möchte ich mich dieser Klarstellung von El Quijote:
Nein, ich denke Vandale war, wer im vandalischen Reich d.h. unter der Herrschaft des Königs lebte, ja und das galt auch für die Nachfolger der Numider bzw. die Berber, die dort lebten, die wurden von den Oströmern als Vandalen gezählt unf nachdem das herrschende Geschlecht weg war, gab es eben keine Vandalen mehr.
Eben das stimmt nicht… Z.B. war den Westgoten, selbst, als sie schon zum Katholizimus konvertiert waren, verboten, Romanen zu heiraten, aus dem einfachen Grunde, weil der Herrschaftsanspruch nur aufrecht erhalten werden konnte, wenn man eine eigene Kriegerkaste bildete, welche über die bäuerliche Landbevölkerung herrschte.
…was übrigens auch die Westgoten nicht daran hinderte in die regionale, hispanische Oberschicht einzuheiraten. Das steht auch nicht im Widerspruch zu dem Zitat! Der Westgotenkönig Theudis verdankte seine Krone vermutlich auch seiner Heirat mit einer sehr reichen „Spanierin“, was ihm eine entsprechende Hausmacht erlaubte. Es ist deshalb kein Widerspruch, weil die genannte Frau einer Schicht entstammte, die ebenfalls über die bäuerliche Landbevölkerung herrschte. Das Heiratsverbot zwischen Foederierten und Romanen hatte für die jeweilige Oberschicht daher ohnehin wenig Bedeutung. Die arianische Konfession erleichterte allerdings auch das Durchsetzen des Heiratsverbotes, da für (normal gestellte) römische Katholiken eine Heirat mit Ketzern ein gesellschaftliches Tabu blieb!
Der Sonderstatus der von uns betrachteten „Barbarenvölker“ beruhte von Beginn an auf ihrer Funktion für die römischen Kaiser als römisches Heer, also auf ihren Status als Kriegerkaste. Viele „Sonderrechte“ der foederierten Völker folgen dabei auch traditionell römischen Sonderrechten für ihr eigenes Militär, wie etwa ein eigenes Rechtswesen, welches die Könige für ihre Völker dann mit Teilen ihrer eigenen, außerrömischen Rechtstradition anreichern konnten. Das Bewusstsein als Kriegerkaste blieb auch bestehen, als die Kaiser selbst allen Einfluss auf die Vorgänge im Machtbereich der Könige verloren hatten. Als einzige, ernst zu nehmende „römische Autorität“ blieb nur die katholisch/orthodoxe Kirche (damals noch synonym zu verwenden)!
Eben dieses Kriegerkastenbewusstsein stand sowohl einer Ethnogese der Völker IN die umliegenden Romanen im Wege, als auch einer durchaus möglichen gemeinsamen Ethnogese in Anlehnung an die neuen Machthaber! (Wie es später vor allem bei den Franken ab Chlodwig geschah). Es zeigt auch, dass der Zusammenhalt der Wandervölker im Reich stark vom Erfolg abhängig bleiben musste und wie wichtig die Weiterexistenz ihrer „Traditionskerne“ nach Niederlagen blieb. So lange dies der Fall war, konnte man weiterziehen und woanders einen neuen Versuch starten. Im Kriege nutzten die Könige alle Möglichkeiten siegreich zu sein, dann öffneten sich auch wieder die gesellschaftlichen Schranken für Aufsteiger und Quereinsteiger. Denn wer ein guter Krieger war, der konnte auch gerne zum Vandalen/Goten e.t.c. werden. Es war ein ähnliches Kosten/Nutzendenken, wie zur Zeit der römischen Bürgerrechtsverleihung etwa in der frühen Kaiserzeit, wobei dabei militärische Aspekte kaum eine Rolle spielten, sondern mehr Gesellschaftliche.
Als die Kaiser noch über genügend Macht verfügten, hätten sie eine beliebige „Barbarisierungspolitik“ der durchziehenden, germanischen Foederatenkönige und ein Aufblähen ihrer Völker auch niemals hingenommen. Denn dann hätten die Foederierten das Land dem Reich auch entfremdet, zu dem sie ja rechtlich als „römisches Heer“ selbst gehörten. Auch legten die Kaiser verständlicherweise mehr Wert auf die Qualität ihrer Heere denn auf große Kopfzahlen. Die Könige selbst hätten sich Versorgungsprobleme ohne Ende eingehandelt, wenn sie alle „Interessenten“ in ihren Schutz und ihr Volk aufgenommen hätten. Der Tross wäre unglaublich angeschwollen, die Effizienz des Heeres hätte dramatisch nachgelassen. Der kaiserliche Auftraggeber wäre auch nie bereit gewesen, die dadurch entstandenen zusätzlichen Belastungen zu Tragen, der „Profit“ der Könige wäre gleich Null gewesen.
Die damaligen Qualitätskrieger waren eben vor allem Reiterkrieger und das erklärt auch warum gerade die Ostgermanen dort ihr besonderes Gewicht hatten. Ihre Fußtruppen waren von geringerer Qualität, je länger sie auf Reichsboden operierten. Der erfolgreiche Krieger stieg auf das Pferd um, sobald er es sich leisten konnte. Das kam wieder der Mobilität der Völker und Heere entgegen. Völker, die nahe ihrer Ausgangsheimat siedeln bleiben, machten diesen Prozess nur Ansatzweise mit. Bei Goten und Wandalen war dieses Charakteristikum, das bereits an mittelalterliche Ritter erinnert, dagegen besonders stark ausgeprägt. Sie waren im Kriegsfall auch oft darauf angewiesen, sich mit „leichteren Truppen“ zu verstärken. Hier kommen bei den Vandalen wohl auch die bereits angesprochenen Mauren und Berber ins Spiel und nicht Anders verhielt es sich wohl mit ihrer Flotte. Doch weder „Flottenpersonal“ (welche Seeschlacht haben die Vandalen denn geschlagen? Sie nutzten doch letztlich die Schiffe nur für militärische Raids und Transportaufgaben!), noch die nordafrikanischen „Hilfstruppen“ wurden deshalb in aus Sicht ihrer Könige zu Vandalen. Auf dem Schlachtfeld dagegen sprachen ihre Gegner sie sehr wohl als Vandalen an.
Nachtrag:
@“Volkskirche“:
Um auch gleich eine Unklarheit zu beseitigen, die mir folgenden Roten eingebracht hat:
„es gab keine "Volkskirche" bei den grmanischen Stämmen der Völkerwanderung! Das Königshaus konvertierte, der Rest folgte!“
Die Aussage ist natürlich richtig, weshalb ich die Meinigen auch präzisiere:
Unter „Volkskirche“ (habe ich auch normalerweise in „“ gesetzt…) verstehe ich eine vom König abhängige, für sein „Volk“ zuständige kirchliche Organisation, mittels derer er sein Königtum zusätzlich abzusichern suchte. Echte Volkskirchen in anderem Sinne entstanden daraus nicht. Viele völkerwanderungszeitliche Königreiche versuchten solche Kirchen zu errichten und eng an das königliche Amt zu binden. Vollständigen Erfolg hatten sie nie! Ich sehe die Entwicklung in einer Reihe mit frühmittelalterlichen Bestrebungen:
Etwa slawischer Könige, von außerhalb ihres Herrschaftsgebietes liegenden höheren Kirchenorganisationen (Erzbistümer) unabhängige Strukturen zu schaffen (etwa das Erzbistum Posen für Polen, das Bistum Gran für Ungarn e.t.c.). In der Völkerwanderungszeit teils zusätzlich angereichert mit anderen, christlichen Bekenntnissen (Arianismus) und einer eigenen, eben „nationalen“ Kirchensprache.