Für diese temporäre Überbürdung habe ich natürlich Verständnis. Was die militärischen Ereignisse 1918/20 betrifft, so sind sie sicher wichtig; ich habe auch den von Dir genannten Band von Parker (Fischer Weltgeschichte, Bd. 34, 1967) zur Hand.
Mich interessiert indessen vor allem die Faschismus-These und der "natürliche Zusammenhang" zwischen "Ostritt ab 1920" und "faschistisch anzusehende(r) Regierungsform". (Zu beidem schreibt Parker nichts.) Soll ich daraus entnehmen, dass der polnische Faschismus bereits unmittelbar nach dem Krieg etabliert wurde?
In Bezug auf Dmowski verstehe ich nicht, was mit dem "Ostritt Polens unter Pilsudski dann später unter Dmowski" gemeint ist. Dmowski sah seinen Hauptfeind in Deutschland, nicht in Russland - warum wollte/sollte er gen Osten reiten? Weil er Antisemit war?
Ich fürchte: ja, weil Du, soweit ersichtlich, der einzige bist, der Polen einen faschistischen Staat nennt; dass dieses "Standardwissen" sei, halte ich für ein Gerücht. Die Literatur, die ich kenne - Rhode habe ich als Beispiel genannt -, gibt dazu nichts her, also ist es an Dir, Belege beizubringen.
Nein.
Kein Problem, das ist mir auch schon passiert - nenn mir doch einfach die richtigen Bücher!
Dass der bekannte Westforscher in Wirklichkeit
Zygmunt Wojciechowski ? Wikipedia heisst und einen "autoritär regierten, homogenen polnischen Nationalstaat(es)" anstrebte (Betonung auf "anstrebte"), habe schon selbst herausgefunden. Was schreibt er denn über den polnischen Faschismus?
Nun ja, da ist nun mal meine Hauptaufgabe in diesem Forum, und ich bin froh, dass Du Verständnis dafür zeigst.
Mir liegt lediglich das Origianal Parkers sowie die deutsche Übersetzung vor, kann also nicht auf Fischer Weltgeschichte zurückgreifen.
Parker gebraucht in den infrage kommenden Seiten zwischen Pilsudskis Ostritt nirgends den Begriff Faschismus sowie Antisemitismus.
Daß Polen der II. Republick ein faschistischer Staat gewesen ist, mache ich nicht in erster Linie am Antisemitismus dieser Zeit dort fest. Der polnische Antisemitismus dieser Zeit ist nur das „i“-Tüpfelchen
Ich kann auch Ihre Argumentation nicht teilen, wonach Parker und andere nichts von Faschismus schreiben, auch nichts von Antisemitismus, es damit, nach Ihrer Logik, diese Dinge n Polen zur fraglichen Zeit nicht gegebeben haben soll.
Auch würfeln Sie etwas durcheinander oder wollen es missverstehen.
Ich schrieb NICHT im Sinn, daß sich sowohl Pilsduski als auch Dmoswki gen Osten aufmachten, ich schrieb sinngemäß, daß der Ostritt Pilsudskis und dann später unter Dmowski es zu der von mir als faschistisch anzusehenden Regierungsform kam.
Oder noch einmal: Pilsudskis Revisionismus (als Führer der Nation) gegenüber Litauen, Weißrussland und der Ukraine und der Imperialismus gegenüber der Tschechoslowakei (es war ja nicht nur das Olsa-Gebiet) tragen für mich bereits faschistische Grundzüge. Wie Sie fragen, ob sich der Faschismus in Polen bereits nach dem Krieg etabliert hat. Etabliert nicht, aber in den Ansätzen schon in den Startlöchern, um es salopp auszudrücken
Diese Grundzüge wurden dann durch seinen späteren Putsch und der Duldung des Antisemiten Dmowski unterstrichen.
Ich sehe in der Tat eine logische Entwicklung von Pilsudski zu Dmowski ( sogar bis Oberst Beck), nicht, was den Antisemitismus betrifft, der war bei Pilsuskis nicht vorhanden, den setzte Dmowski als „Krönung“ noch drauf.
Und was die Duldung des Antisemiten Dmowski bedeutet ? Pilsudski kannte doch seinen Pappenheimer, dieser doch bereits VOR dem Krieg seinen Antisemitismus plakativ zur Schau stellte. Und solche Leute schickt man nach Versailles und düpiert damit 2-3 Mio eigene Bürger. .
Und wo Sie meine Aussage erkannt haben mögen, daß Pilsudskis Ostritt antisemitisch motiviert war, erschließt sich nur Ihnen. .
Ich werde gelegentlich zu ursi s Einzelpunkten in Bezug auf Polen der II. Republik eingehen.
Ob ich der einzige bin, der das Land in dieser Zeit als faschistischen Staat ansieht, kann ich nicht beurteilen, vielleicht trauen sich da einige nicht,
Daß aber durch die Einstellung des Themas wohl offensichtlich ein Diskussionsbedarf besteht, steht außer Frage. Oder soll die Einstellung mit dem Terminus Faschismus eine Provokation gewesen sein, um die Resonanz aus dem Forum zu testen ?
Ich verweise auf meinen ersten Satz aus Beitrag No. 21
Wenn Sie meinen, Deutschland sei mit Hitler ein faschistischer Staat gewesen, dann schreiben Sie das auch und bilden kein Konstrukt für und über ein anderes Land mit Deutungsmöglichkeit auf Deutschland , daß sich die Majorisierung eines Volkes durch Wenige nicht automatisch auf die Meinung des Volkes auswirkt.
Genau DAS wäre nämlich das Argumentationschema, mit dem Deutschland für die Zeit nach 1933 von bestimmten Kreisen freigesprochen werden soll, wonach die Nazis Deutschland überfallen hätten.
Daß Zygmunt Wojciuechowski als Pole nichts über den polnischen Faschismus schreibt, war für mich ausgesprochen überraschend, Danke für den Hinweis.