Napoleon als Urvater der EU?

Napoleon, die Alldeutschen, Hitler und natürlich Karl der Große sind die Urväter der EU.

Denn morgen ist Weihnachten.
 
Schade, dass Du auf meine anderen Beispiele nicht eingehst, die auch zeigen, dass etliche Kriege Napoleon keineswegs aufgezwungen wurden.

@Ravenik
Wahrscheinlich glaubst Du, dass Deine Mitschreiber alles gut heißen, wenn sie nicht alles was Napoleon während seiner Herrschaft tat, in Bausch und Bogen verurteilen.
Das ist ein Irrtum. Manche haben nur eine differenzierte Sicht auf die Dinge.

Natürlich hast Du recht, General Bonaparte landete 1799 in Frejus und wurde im gleichen Jahr Erster Konsul, auch wenn er erst 1800 durch eine Volksabstimmung darüber bestätigt wurde.
Ich war da wohl etwas unaufmerksam in der Argumentation, was man wohl auch an den Tippfehlern erkennt, die mir sonst nicht passieren.
Sieh es mir bitte nicht nach,
es war halt zu Weihnachten zwischen Tür und Angel geschrieben!

Ich habe den Eingangsbeitrag jedoch so verstanden, dass er auf die staatsgestalterischen Fähigkeiten und Handlungen Napoleons abzielte.
Und da wäre zudem noch zu erwähnen, dass er um Frankreich wieder zu befrieden und mit den anderen Staaten im Einflussgebiet Frankreichs „kompatibel“ zu sein, den Exilanten die Rückkehr nach Frankreich gewährte, den Gottesdienst und die Ausübung der Religion wieder erlaubte und im gleichen Zuge, für die Gleichstellung der Juden im Rheinbund sorgte.
Zudem sorgte Napoleon durch die Installation des Code d'instruction criminelle (Strafprozessordnung) für das Ende der Inquisition in den Staaten des Rheinbundes und Spanien.
(In Spanien wird diese nach dem Rückzug der französischen Truppen umgehend wieder eingeführt)
Durch die vorherige Einführung des code civil im Rheinbund, sieht sich schließlich sogar Österreich 1812 inspiriert, das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch (AGBG) als erste „von vernunftrechtlichen Gedanken geprägte Zivilrechtsordnung“ einzuführen.

Alles in allem waren es Handlungen und Bestrebungen von europäischem Ausmaß und Bedeutung. Kein anderer Herrscher dieser Zeit, dachte und handelte in gleichen Dimensionen und mit vergleichbarer Wirkung für ganz Europa.
Aus diesem Grunde habe ich den ganzen zänkischen Kram (Führung von Angriffskriegen, Hegemonie) hinten angestellt, den man gleichfalls allen übrigen Herrschern Europas (z.B. die Vernichtung der dänischen Flotte vor Kopenhagen und der Beginn des dritten, vierten und fünften Koalitionskrieges) ins Revers stecken könnte und der zum bigotten Endlosschleifen – Repertoire der nationalistischen Kräften, gerade im deutschsprachigen Raum gehört.
Krieg war damals die "Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln" für jede Kontinentalmacht in Europa und der ganzen Welt, von Clausewitz schrieb es in seinem Buch, "Vom Kriege".

Selbst hinsichtlich der Kontinentalsperre gegen England, lässt sich in treffliche Aufrechnerei verfallen, wenn man die Frage stellt, weshalb die Engländer dann sogar amerikanische Häfen blockierten, amerikanische Schiffe requirierten und deren Matrosen für die Royal Navy zwangsrekrutierten, was schließlich zum 2. amerikanischen Unabhängigkeitskrieg von 1812 führte.
Und wollte nicht Ferdinand der VII von Spanien selbst, die älteste Tochter von Lucien Bonaparte heiraten, weshalb er in Geheimverhandlungen mit den Franzosen stand und deshalb abgesetzt wurde, als dies aufflog?
Herrschte dieser nach 1814 mit Inquisition und Folter nicht blutiger und brutaler, dass er in Folge dessen, sogar die Unterstützung der übrigen europäischen Monarchien verlor?
Aber wer will schon aufrechnen!

Und so sehe ich auch eher seine staatsgestalterische Leistung für ganz Europa, im Kontext der Zeit und im Vergleich zu den anderen Potentaten in Europa, die später auch nur der Gedanke der Vernichtung Napoleons einte und wieder in Kleinstaaterei und Restauration verfielen, als das erreicht war.

Italiener, mit denen ich in Austerlitz, Boulogne und Waterloo ins Gespräch komme, sind zudem der Ansicht, dass er den Italienern durch die Befreiung großer Gebiete ihres Landes, erstmals seit langer Zeit wieder ein nationales Selbstbewusstsein zum Widerstand gegen Österreich gab.

Der entscheidende Fehler Napoleons war meiner Auffassung, dass er das eigentliche strategische Ziel, die konstruktive Sicherung seines eigenen Macht - und Wirtschaftsraumes aus den Augen verlor und die Aufrechterhaltung der Kontinentalsperre als taktische Mittel dazu, immer mehr dieses strategische Ziel ersetzte und der Kaiser der Franzosen begann, jedem verlorenen Fetzelchen Einflussgebiet hinterherzukämpfen, dass ihm ohnehin mit etwas Geduld wieder zugefallen wäre (z.B. Spanien). Die mangelnde Berücksichtigung des Freiheitswillens der Polen und das Unterlassen der Gründung eines unabhängigen Königreiches Polen, anstatt der politisch nicht tragfähigen "Verehelichung" mit dem Hause Habsburg, war ein weiterer Folgefehler daraus.

Schöne Weihnachten noch. :winke:
 
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Wahrscheinlich glaubst Du, dass Deine Mitschreiber alles gut heißen, wenn sie nicht alles was Napoleon während seiner Herrschaft tat, in Bausch und Bogen verurteilen.
Das habe ich auch nicht getan.

Durch die vorherige Einführung des code civil im Rheinbund, sieht sich schließlich sogar Österreich 1812 inspiriert, das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch (AGBG) als erste „von vernunftrechtlichen Gedanken geprägte Zivilrechtsordnung“ einzuführen.
Du glaubst doch wohl nicht, dass sich eine Kodifikation des bürgerlichen Rechts so auf die Schnelle aus dem Ärmel schütteln lässt? Die Arbeiten an einer Kodifikation, die letztlich zum ABGB führten, begannen bereits unter Maria Theresia. Das "Westgalizische Gesetzbuch", das dem ABGB bereits weitgehend entsprach, war 1797 fertig.

Italiener, mit denen ich in Austerlitz, Boulogne und Waterloo ins Gespräch komme, sind zudem der Ansicht, dass er den Italienern durch die Befreiung großer Gebiete ihres Landes
Was für eine Befreiung? Einige Gebiete fasste er zu einem Königreich Italien zusammen, zu dessen Herrscher er sich selbst machte, andere Gebiete, z. B. das Königreich Etrurien, erhielten französische Herrscher von Napoleons Gnaden. Von einem italienischen Nationalstaat war Italien unter Napoleon genauso weit entfernt wie davor und in den Jahrzehnten danach.
 
Und so sehe ich auch eher seine staatsgestalterische Leistung für ganz Europa, im Kontext der Zeit und im Vergleich zu den anderen Potentaten in Europa, die später auch nur der Gedanke der Vernichtung Napoleons einte und wieder in Kleinstaaterei und Restauration verfielen, als das erreicht war.

Das historische Urteil über Napoleon schwankte stets zwischen Monstrum und Befreier und auch heute ist eine Heroisierung ebenso fehl am Platze wie eine Verdammung. Sicher ist die europäische Dimension seiner Herrschaft, sicher ist aber auch das ungeheure Leid, das seine endlosen Kriegszüge anrichteten.

Drei Millionen Soldaten, so wird geschätzt, kamen ums Leben; Hunderttausende wurden zu Krüppeln. Mit dieser traumatischen Erfahrung einer ganzen Generation junger Männer in Europa hat sich die Geschichtsschreibung kaum beschäftigt und man sollte sie bei allen Analysen napoleonischer Herrschaft stets im Auge behalten.

Zu den leicht vergessenen Schattenseiten von Napoleons imperialen Träumen gehört ein ebenfalls wenig bekanntes Kapitel: der Raub von Kunstsammlungen und Archiven aus den Städten Europas und ihre Überführung nach Paris, das zur Kapitale der Künste und Wissenschaften ausgebaut werden sollte. Die Übergabeprotokolle und umfangreichen Verzeichnisse sind bekannt, und zeugen davon, wie systematisch hier zu Werke gegangen wurde. Das Verlangen nach Restituierung der geraubten Schätze wurde zu einem weiteren Stimulans antifranzösischer Gefühle. Die Gemäldegalerie meiner Heimatstadt, die exzellente Gemälde der Niederländischen Malerei sowie der Barockmalerei ihr eigen nannte, wurde rücksichtslos geplündert, und die Werke konnten leider nur zum Teil zurückgeführt werden.

Die Kehrseite von Napoleons imperialen Projekt war nicht nur der Krieg, sondern eine forcierte Modernisierung, die mit politischer Repression eiherging und überall in Europa den Widerstand anfachte. Faszination verwandelte sich in Abscheu und nach Waterloo waren die Völker Europas froh, den Korsen endlich losgeworden zu sein.

Und was lässt sich an Positivem sagen?

Zur Beurteilung einer Lebensleistung ist auch ihre Wirkmächtigkeit ins Kalkül zu ziehen, die Entwicklungen, die angestoßen wurden. Für Deutschland wurde der Leichnam des Heiligen Römischen Reichs mit über 300 souveränen Territorien (die Reichsritterschaften aisgenommen) beseitigt, sodass auf seinem Boden vitale staatliche Organismen entstanden, die der aufkommenden Industriellen Revolution eine wirkungsvollere Grundlage bieten konnten.

Unaufhaltsam waren auch die Ideen von Demokratie, Menschenrechten und Liberalität, die die Restauration nur zeitweilig und unvollkommen zurückdrängen konnte. Man kann also sagen, dass die Französische Revolution und die napoleonische Epoche . beides lässt sich nicht trennen - ein neues und liberaleres Zeitalter beschworen hatten, dass die Ancien Regimes des Absolutismus endgültig hinwegfegten, und Platz für den Beginn der Moderne schufen.

Die Memoiren Napoleons zeigen deutlich, dass seine Visionen in diese Richtung gingen, und ihm die Zäsur klar war, die er bewirkt hatte. Ob das allerdings die unzähligen Toten rechtfertigt, ist eine andere und eher philosophische Drage.
 
Memoiren sind als Quelle zur Beurteilung des Verfassers aber immer mit Vorsicht zu genießen, da sie meist auch der Selbstrechtfertigung und -verherrlichung dienen. Als er noch an der Macht war, war er jedenfalls darauf bedacht, in Frankreich und den Vasallenstaaten dauerhafte Bonaparte-Dynastien zu errichten, nicht viel anders als die Monarchen vor ihm.
 
Was für eine Befreiung?

Von den Zuständen des tiefsten Mittelalters, in dem sich Norditalien durch die Herrschaft der Habsburger noch befand, bis die Italienische Armee unter General Bonaparte, diese hinaus warf und die Gründung der Cisalpinischen Republik ermöglichte.

Österreich anerkannte den neuen Staat im Frieden von Campo Formio vom Oktober 1797, drang aber bei Beginn des Zweiten Koalitionskrieges im Mai 1799 in das Land ein und hob die Republik auf. Bonapartes Sieg bei Marengo im folgenden Jahr stellte die ursprünglichen Verhältnisse wieder her. Der Frieden von Lunéville 1801 bestätigte die Existenz der Cisalpinischen Republik, die eine zweite, neue Verfassung mit einer einkammerigen Legislative (Consulta) und einer neunköpfigen Exekutive (Governo) erhalten hatte. Am 26. Januar 1802 änderte sie ihren Namen in Italienische Republik, nahm die französische Konsulatsverfassung an und wählte Napoléon Bonaparte zum Präsidenten. Am 17. März 1805 nahm Napoléon, bereits französischer Kaiser, die Krone des Königreichs Italien an und löste die Italienische Republik auf.

Quelle Wikipedia

Das klingt alles nicht danach, als ob man ausgerechnet Napoleon Ier die Verhinderung eines italienischen Nationalstaates in die Schuhe schieben könnte. Ein italienisches Nationalgefühl erweckte er jedoch allemal.

Von einem italienischen Nationalstaat war Italien unter Napoleon genauso weit entfernt wie davor und in den Jahrzehnten danach. ...........

..........Als er noch an der Macht war, war er jedenfalls darauf bedacht, in Frankreich und den Vasallenstaaten dauerhafte Bonaparte-Dynastien zu errichten, nicht viel anders als die Monarchen vor ihm.

Und danach erst recht. Z.B. durch die Errichtung des Vasallen - Königreiches Lombardo - Venetien.
Die gegenseitige Verpflichtung in der "Heiligen Allianz" zur Intervention gegen alle nationalen und liberalen Bestrebungen in Preußen, Russland und Österreich, war neben der erneuten Teilung Polens, eines der rückschrittlichsten Ergebnisse des Wiener Kongresses.

Memoiren sind als Quelle zur Beurteilung des Verfassers aber immer mit Vorsicht zu genießen, da sie meist auch der Selbstrechtfertigung und -verherrlichung dienen.

Ja selbstverständlich, z.B. die Metternichs.
Daher gleicht man Memoiren immer mit Sekundärquellen von anderen Zeitzeugen ab.
 
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Von den Zuständen des tiefsten Mittelalters, in dem sich Norditalien durch die Herrschaft der Habsburger noch befand, bis die Italienische Armee unter General Bonaparte, diese hinaus warf und die Gründung der Cisalpinischen Republik ermöglichte.
Hast du schon mal was von der (italienischen!) Renaissance gehört?

Das klingt alles nicht danach, als ob man ausgerechnet Napoleon Ier die Verhinderung eines italienischen Nationalstaates in die Schuhe schieben könnte. Ein italienisches Nationalgefühl erweckte er jedoch allemal.
Womit? Mit einer anderen Zerstückelung Italiens? Oder zählst du in dem Zusammenhang den Untergang des HRRDN und den Wiener Kongress und die daraus entstandene Neuordnung Italiens als Verdienst Napoleons? Dann mag er wohl das Nationalgefühl erweckt haben. Mit Unterdrückung, Vasallentum und großflächigem Kunstraub hat er es auf jeden Fall nicht getan.

Und danach erst recht. Z.B. durch die Errichtung des Vasallen - Königreiches Lombardo - Venetien.
Was ist an einem Königreich Lombardo-Venetien besser oder schlechter als an einem Königreich Etrurien oder einem Königreich Italien?
 
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Von den Zuständen des tiefsten Mittelalters, in dem sich Norditalien durch die Herrschaft der Habsburger noch befand,

Das halte ich für eine übertriebene und polemische Sichtweise.

Das klingt alles nicht danach, als ob man ausgerechnet Napoleon Ier die Verhinderung eines italienischen Nationalstaates in die Schuhe schieben könnte. Ein italienisches Nationalgefühl erweckte er jedoch allemal.

Napoleon als Vater ders italienischen Risorgimento hinzustellen, halte ich für problematisch. Die Einigungsbestrebungen entwickelten sich vor allem als Reaktion auf die repressive Restaurationspolitik der Staaten der Heiligen Allianz. Dass Napoleon das italienische Staatensystem zertrümmert hatte, macht ihn noch nicht zum Schöpfer des italienischen Einheitsstaates, wie er auch nicht der Schöpfer eines national geeintes Deutschland ist. Man kann höchstens sagen, dass er bestimmte Voraussetzungen dafür schuf.
 
Das halte ich für eine übertriebene und polemische Sichtweise.
Das ist noch harmlos ausgedrückt.

Ich erinnere gern an die Tätigkeit von Erzherzog Leopold (dem späteren kurzzeitigen Kaiser Leopold II.) in der Toskana.:)
Natürlich waren ähnliche Reformen im Reich oder auch nur in den übrigen österreichischen Besitzungen schwer durchzusetzen.
 
Dass Napoleon das italienische Staatensystem zertrümmert hatte, macht ihn noch nicht zum Schöpfer des italienischen Einheitsstaates, wie er auch nicht der Schöpfer eines national geeintes Deutschland ist. Man kann höchstens sagen, dass er bestimmte Voraussetzungen dafür schuf.
Das hat dann aber auch die Französische Revolution und die damit verbunden Kriege, zumindest im Bezug auf Dtl., schon getan. Man denke an die Flurbereinigung am Rhein, welche 1797/98 ausgehandelt wurde. Natürlich spielte dabei auch Bonaparte in Leoben und Campo Formio eine Rolle, aber eben auch die anderen Degen der Republik, die in Dtl. "wirkten".
 
Das hat dann aber auch die Französische Revolution und die damit verbunden Kriege, zumindest im Bezug auf Dtl., schon getan. Man denke an die Flurbereinigung am Rhein, welche 1797/98 ausgehandelt wurde. Natürlich spielte dabei auch Bonaparte in Leoben und Campo Formio eine Rolle, aber eben auch die anderen Degen der Republik, die in Dtl. "wirkten".

Natürlich muss man die Französische Revolution stets in diese Entwicklungen einbeziehen. Sie lässt sich nicht von der napoleonischen Epoche trennen.
 
Was ist an einem Königreich Lombardo-Venetien besser oder schlechter als an einem Königreich Etrurien oder einem Königreich Italien?

Mein Beitrag sprach sich diesbezüglich gar nicht für ein besser oder schlechter aus. Inhaltlich war er nur die Bestätigung, dass auch die Gegner Napoleons (Österreich) nicht auf die Gründung von Vasallenstaaten verzichteten, was jedoch so doppelzüngig wie gebetsmühlenartig dem Kaiser der Franzosen stets zum Vorwurf gemacht wird und den Kampf gegen das kaiserliche Frankreich rechtfertigen sollte.
Allein das kann man aus meinem Beitrag lesen.

Napoleon als Vater ders italienischen Risorgimento hinzustellen, halte ich für problematisch. Die Einigungsbestrebungen entwickelten sich vor allem als Reaktion auf die repressive Restaurationspolitik der Staaten der Heiligen Allianz. Dass Napoleon das italienische Staatensystem zertrümmert hatte, macht ihn noch nicht zum Schöpfer des italienischen Einheitsstaates, wie er auch nicht der Schöpfer eines national geeintes Deutschland ist. Man kann höchstens sagen, dass er bestimmte Voraussetzungen dafür schuf.

Das halte ich für eine übertriebene und polemische Sichtweise.

Ich bin mir jetzt nicht ganz sicher, ob ich wirklich übertrieben habe!:grübel:

In der Forschung wird die Epoche des Risorgimento von einigen Historikern wie zum Beispiel Werner Daum auch weiter gefasst. Diese setzen den Beginn der italienischen Einigungsbewegung bereits bei den von der Französischen Revolution von 1789 inspirierten republikanisch-jakobinischen Aufständen und kurzzeitigen Republik-Gründungen nach den ersten militärischen Erfolgen Napoléon Bonapartes in einigen italienischen Regionen ab 1796 an (vgl. Tochterrepublik).

Denn ich frag mich, warum man Dr. phil. Werner Daum Homepage von Werner Daum dieses Ergebnis seiner Forschungen öffentlich zubilligt, ich dies aber hier im Forum nicht äußern oder wiederholen dürfte?
Auch wenn ich das Stichwort Risorgimento niemals selbst verwendet habe!
Ich hab ihn auch nicht als Schöpfer eines einheitlichen Italiens benannt, wie dies hier interpretiert wird und schon gar nicht, hatte ich dies in Bezug auf Deutschland getan.
Also lass mal bitte die Kirche im Dorf!

Meine Aussage zielte lediglich darauf ab (zugegeben) in Kurzfassung wieder zu geben, was ich in den Berichten Napoleons und dessen Soldaten, über die Zustände in Norditalien während des Feldzuges 1796/97 las, die diese Zeitzeugen dort antrafen.
Und die Zustände in den Bergdörfern Norditaliens waren nun mal anders, als in den Städten Mailand, Genua oder Venedig.

Die von mir hier vertretene Auffassung, habe ich im Übrigen durch das Lesen der vollständigen Memoiren Napoleons I. in der Überarbeitung von Friedrich Max Kircheisen (Herausgegeben von Friedrich Wencker - Wildberg) und den Werken der Historiker, Kircheisen, dessen Frau Gertrude Aretz und deren späterem Mann Paul Aretz, sowie verschiedener anderer Herausgeber von Memoiren von Zeitzeugen Napoleons erlangt.
Diese sind in Bezug auf die Napoleonische Epoche anerkannnte Historiker, die dies vor allem wegen deren neutral - kommentierender Geschichtsdarstellung sind, die ich sehr schätze und um die ich mich ebenfalls bemühe.
So sind meine Beiträge zu verstehen.
Den Vorwurf der Polemik und Übertreibung und die Interpretierung meiner Aussagen, darf ich daher zurückweisen.
 
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Mein Beitrag sprach sich diesbezüglich gar nicht für ein besser oder schlechter aus. Inhaltlich war er nur die Bestätigung, dass auch die Gegner Napoleons (Österreich) nicht auf die Gründung von Vasallenstaaten verzichteten, was jedoch so doppelzüngig wie gebetsmühlenartig dem Kaiser der Franzosen stets zum Vorwurf gemacht wird und den Kampf gegen das kaiserliche Frankreich rechtfertigen sollte.
Dass die Gegner Napoleons auch Machtpolitik betrieben, wird hier keiner abstreiten. Allerdings stellst Du Napoleon immer als den großen Heilsbringer hin, der zum Wohle der Menschheit gehandelt hat und dessen Maßnahmen immer nur das allgemeine Beste im Auge hatten, während vergleichbare Maßnahmen seiner Gegner deren Bösartigkeit und Machtgier entsprangen.

Und danach erst recht. Z.B. durch die Errichtung des Vasallen - Königreiches Lombardo - Venetien.
Die gegenseitige Verpflichtung in der "Heiligen Allianz" zur Intervention gegen alle nationalen und liberalen Bestrebungen in Preußen, Russland und Österreich, war neben der erneuten Teilung Polens, eines der rückschrittlichsten Ergebnisse des Wiener Kongresses.
Auch Napoleon war im Wesentlichen restaurativ unterwegs, indem er sich nicht nur zum Kaiser der Franzosen machte, sondern auch die meisten anderen im Zuge der Revolutionskriege in Europa entstandenen Republiken wieder in Monarchien umwandelte und mit Monarchen bevorzugt aus seiner Familie bestückte.

Von den Zuständen des tiefsten Mittelalters, in dem sich Norditalien durch die Herrschaft der Habsburger noch befand, bis die Italienische Armee unter General Bonaparte, diese hinaus warf und die Gründung der Cisalpinischen Republik ermöglichte.
Da hat Brissotin schon auf Großherzog Peter Leopold von der Toskana hingewiesen. Er war ein glühender Anhänger der Aufklärung und führte dementsprechend zahlreiche Reformen durch. In den Kodifikationen des Straf- und Strafprozessrechts wurden die Forderungen der Aufklärer weitgehend umgesetzt. Die Todesstrafe wurde abgeschafft, stattdessen wurde die öffentliche Zwangsarbeit verhängt. Auch wurde die Folter verboten. Die Verhaftung eines Verdächtigen wurde an enge Voraussetzungen gebunden, Verhafteten, deren Unschuld sich herausstellte, wurde Schadenersatz gewährt. Angehörigen wurde das Zeugnisentschlagungsrecht zugestanden. Durch all diese Regelungen hielten rechtsstaatliche Prinzipien Einzug ins Strafprozessrecht.
 
Inhaltlich war er nur die Bestätigung, dass auch die Gegner Napoleons (Österreich) nicht auf die Gründung von Vasallenstaaten verzichteten,

Napoleon hat ganz Europa mit seinen Vasallenstaaten überzogen. Das ist ein großer quantitaver Unterschied.

Und die Zustände in den Bergdörfern Norditaliens waren nun mal anders, als in den Städten Mailand, Genua oder Venedig.

Napoleon ist nicht als sozialer Heilsbringer in Italien erschienen, um die Lage der norditalienischen Bergdörfer zu ändern. Er erschien als Eroberer und Usurpator und hat ganz nebenbei massenhaft Gemälde und Kunstgegenstände nach Paris verschleppt, also einen Kunstraub höchsten Maßes begangen. - Die soziale Lage der zitierten "Bergdörfer" blieb übrigens unverändert. :D

Den Vorwurf der Polemik und Übertreibung und die Interpretierung meiner Aussagen, darf ich daher zurückweisen.

In Norditalien herrschten keine "mittelalterlichen Verhältnisse". Das ist Unsinn! Städte wie Mailand, Venedig, Florenz oder Bologna hatten höchste kulturelle Ausstrahlung und waren Anziehungspunkt für reiche Touristen und den Adel aus ganz Europa. Die französische Provinz war dagegen finsterster Hinterwald!
 
Mein Beitrag sprach sich diesbezüglich gar nicht für ein besser oder schlechter aus. Inhaltlich war er nur die Bestätigung, dass auch die Gegner Napoleons (Österreich) nicht auf die Gründung von Vasallenstaaten verzichteten, was jedoch so doppelzüngig wie gebetsmühlenartig dem Kaiser der Franzosen stets zum Vorwurf gemacht wird und den Kampf gegen das kaiserliche Frankreich rechtfertigen sollte.
Allein das kann man aus meinem Beitrag lesen
Sorry, "aber die anderen haben auch..." ist jetzt nicht gerade das stichhaltigste Argument. =)

Ich bin mir jetzt nicht ganz sicher, ob ich wirklich übertrieben habe!:grübel:
Setz dich doch mal mit dem Bildungs- und Kulturraub der napoleonischen Truppen in Italien auseinander und dann überdenke mal deine These zum "tiefsten Mittelalter".

Denn ich frag mich, warum man Dr. phil. Werner Daum Homepage von Werner Daum dieses Ergebnis seiner Forschungen öffentlich zubilligt, ich dies aber hier im Forum nicht äußern oder wiederholen dürfte?
Weil seine Forschungen fundiert sind? Er setzt übrigens bei der französischen Revolution und den italienischen Jakobinern an. Vielleicht solltest du auch mal lesen worauf du dich berufst.

Meine Aussage zielte lediglich darauf ab (zugegeben) in Kurzfassung wieder zu geben, was ich in den Berichten Napoleons und dessen Soldaten, über die Zustände in Norditalien während des Feldzuges 1796/97 las, die diese Zeitzeugen dort antrafen.
Und die Zustände in den Bergdörfern Norditaliens waren nun mal anders, als in den Städten Mailand, Genua oder Venedig.
Denkst du ernsthaft die Zustände in den italienischen Bergdörfern waren anders als in den französischen dieser Zeit?
 
Allerdings stellst Du Napoleon immer als den großen Heilsbringer hin, der zum Wohle der Menschheit gehandelt hat und dessen Maßnahmen immer nur das allgemeine Beste im Auge hatten, während vergleichbare Maßnahmen seiner Gegner deren Bösartigkeit und Machtgier entsprangen.

Ich empfinde es als sehr wohltuend, wenn endlich jemand den Spiess umdreht, und das noch argumentativ stimmig - ansonsten ist man es eher umgekehrt gewohnt: Napoleon, der Dæmon...

Ich hoffe auf eine weiter fruchtbare Diskussion.

Gruss, muheijo
 
Ich empfinde es als sehr wohltuend, wenn endlich jemand den Spiess umdreht, und das noch argumentativ stimmig - ansonsten ist man es eher umgekehrt gewohnt: Napoleon, der Dæmon...

Das historische Urteil über Napoleon schwankte stets zwischen Monstrum und Befreier und auch heute ist eine Heroisierung ebenso fehl am Platze wie eine Verdammung. Sicher ist die europäische Dimension seiner Herrschaft, sicher ist aber auch das ungeheure Leid, das seine endlosen Kriegszüge anrichteten.
 
Allerdings stellst Du Napoleon immer als den großen Heilsbringer hin, der zum Wohle der Menschheit gehandelt hat und dessen Maßnahmen immer nur das allgemeine Beste im Auge hatten, während vergleichbare Maßnahmen seiner Gegner deren Bösartigkeit und Machtgier entsprangen.

Nein, keineswegs! Ich werfe Napoleon nur nicht vor, was andere Herrscher und die sogenannte "Heilige Allianz" später ebenfalls taten, obwohl sie dies Napoleon ein paar Jahre vorher vorwarfen und zum Grund ihrers Kampfes gegen ihn machten.
Das führt zu einer neutralen Geschichtsbetrachtung.

Die Begriffe Bösartigkeit und Machtgier kann ich in meinen Beiträgen so gar nicht lesen.

Setz dich doch mal mit dem Bildungs- und Kulturraub der napoleonischen Truppen in Italien auseinander und dann überdenke mal deine These zum "tiefsten Mittelalter".

Das habe ich. Ich muss aber einen Bezug dazu gar nicht herstellen, weil mein Beitrag sich gar nicht darauf bezog.
Eine zutreffende Meinung, wie die Aussage @Dieters zum Kunstraub (weiter Oben), muss ich gar nicht kommentieren.
Manchmal reicht es, eine zutreffende Auffassung einfach so stehen zu lassen und nur auf die Teile zu reagieren, wo man unterschiedlicher Meinung ist.

Ich bin erstaunt, dass man so grundsätzliche Dinge erläutern muss!

Weil seine Forschungen fundiert sind? Er setzt übrigens bei der französischen Revolution und den italienischen Jakobinern an. Vielleicht solltest du auch mal lesen worauf du dich berufst.

Das hab ich. Und das Zitieren der zusammengefassten Grundessenz seiner Forschung ist dann auch nicht weniger fundiert.

Napoleon ist nicht als sozialer Heilsbringer in Italien erschienen, um die Lage der norditalienischen Bergdörfer zu ändern. Er erschien als Eroberer und Usurpator und hat ganz nebenbei massenhaft Gemälde und Kunstgegenstände nach Paris verschleppt, also einen Kunstraub höchsten Maßes begangen.

Ersteres habe ich in keinem meiner Beiträge behauptet.
Als Eroberer unterschied er sich nicht von anderen Eroberern dieser Zeit. Die Engländer eroberten z.B. ganze Kontinente und raubten deren Kunstschätze. Wer wirft ihnen das vor?
Ist ein Kunstraub in Europa erwähnenswerter, als etwa in Indien?
Napoleon ein "Usurpator"? Weshalb?

Napoleon hat ganz Europa mit seinen Vasallenstaaten überzogen. Das ist ein großer quantitaver Unterschied.

Da stimme ich Dir zu. Die gleiche Quantität hat ja auch selbst die "Heilige Allianz" nicht geschafft. =)
Aber um jemanden glaubhaft etwas vorwerfen zu können und dessen Mißverhalten anzuprangern ohne bigott zu erscheinen, reicht es nicht, etwas einmal weniger zu tun, sondern Gleiches nicht zu tun.

Städte wie Mailand, Venedig, Florenz oder Bologna hatten höchste kulturelle Ausstrahlung und waren Anziehungspunkt für reiche Touristen und den Adel aus ganz Europa. Die französische Provinz war dagegen finsterster Hinterwald!

Genau das wollte ich in meinem Vorbeitrag ausdrücken. Nur eben im Vergleich zum finsteren Hinterwald Italiens.
 
Ich empfinde es als sehr wohltuend, wenn endlich jemand den Spiess umdreht, und das noch argumentativ stimmig - ansonsten ist man es eher umgekehrt gewohnt: Napoleon, der Dæmon...
Das wäre ja nur dann sinnvoll, wenn es im Forum allgemein das Gegenteil gäbe, also welche die Napoleon dämonisieren. Gibt es solche Leute, dann wird auch darauf in der Regel hingewiesen, dass die Darstellungsart zu einseitig ist.

Bei der Bewertung der historischen Taten (oder positivistisch bezeichnet: Verdienste) kann natürlich eine Kettenraktion auftreten.
Z.B.: Man bewertet das Ende des HRR mit seinen Folgen als ganz großartig. Dann wird man Napoleons Anteil daran, auch eher ins positive Licht rücken.
Sieht man im Gegensatz dazu dieses Ende ausschließlich als einen großen Verlust für die Kultur und den Reichtum Deutschlands (auch an Staatsformen nebeneinander wie die vielen Stadt"republiken"), so wird man zu einer gegenteiligen Einschätzung finden.

Meines Erachtens bringt es auch nicht viel, wenn man immer alle Talente von Bonaparte totredet.
Mal ein Beispiel:
Beitrag Forianer A: Napoléon war ein großer Feldherr.
Beitrag Forianer B: Die Kriege waren schrecklich, denkt doch an den Blutzoll!
So kann man einen Thread dann auch tot aneinander vorbei reden. Soll ein Thread um die militärische Fähigkeit gehen, sollte man sich da auch am Riemen reißen und nicht mit Totschlageargumenten kommen, die obendrein noch OT sind.

Ich sehe Napoleon nicht als Urvater der EU. Ob er es hätte sein können, steht auf einem anderen Blatt.
Wie er es hätte sein können, wäre diskutierbar. Ein Faktor wäre sicherlich gewesen, wenn es gelungen wäre, dass man Partner auf Augenhöhe gewonnen hätte. Dazu hätte es natürlich auch gebraucht, dass man die Partner eben nicht nur als bloße Marionetten für die eigenen Ziele ansieht. Auch wenn dieses System der Vasallenstaaten oder minderberechtigter Verbündeter vielleicht mittelfristig dazu durchaus taugte, dass französische Kräfte geschont werden konnten, wo eben der württembergische oder badische Soldat statt eines französischen in die Bresche sprang. Aus Sicht Frankreichs war das vielleicht erstmal sinnvoll (abgesehen von der moralischen Komponente bitteschön betrachtet!).

Wenn es um die Einmischung der Franzosen in Italien, Deutschland oder der Schweiz geht, muss man aber auch sagen, dass damit Bonaparte keine so neuen Wege einschlug. Das hatte Frankreich auch schon getan, als das Direktorium noch verantwortlich am Ruder saß. Die Frage wäre da, ob ein anderes Verhalten denn überhaupt machbar gewesen wäre oder den Verbündeten (oder "Freunden") innerhalb der Staaten, welche man selber installiert hatte, nicht hätte als Fallenlassen erscheinen müssen(?).
 
Nein, keineswegs! Ich werfe Napoleon nur nicht vor, was andere Herrscher und die sogenannte "Heilige Allianz" später ebenfalls taten, obwohl sie dies Napoleon ein paar Jahre vorher vorwarfen und zum Grund ihrers Kampfes gegen ihn machten.
Das führt zu einer neutralen Geschichtsbetrachtung.

Zunächst lässt sich deine Geschichtsbetrachtung Napoleons nicht als "neutral" bezeichnen. Heroisierende und kritiklose Anklänge sind ganz unverkennbar. Ferner ist es unfruchtbar, bei Kritikpunkten zu sagen: "Die anderen haben es ja auch so gemacht." Das ist eine kindische Beweisführung und wenn es andere ebenfalls "so machten", dann war das ebenfalls falsch.

Die Begriffe Bösartigkeit und Machtgier kann ich in meinen Beiträgen so gar nicht lesen.

Das sind menschliche Eigenschäften und wenn ein Herrscher alle Entschlüsse aus eigener Machtvollkommenheit fasst, so lassen sich ihm solche Attribute auch zuschreiben.

Eine zutreffende Meinung, wie die Aussage @Dieters zum Kunstraub (weiter Oben), muss ich gar nicht kommentieren.

Im Rahmen einer ausgewogenen Betrachtung muss man darauf hinweisen.

Als Eroberer unterschied er sich nicht von anderen Eroberern dieser Zeit. Die Engländer eroberten z.B. ...

Schon wieder diese unfruchtbaren Vergleiche. Das führt doch zu nichts!
 
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