...
Sehr richtig. Aber wenn der Langbogen so toll war, warum sollten sie ihn nicht übernehmen?
Der Grund ist recht einfach: Um mit einem einfachen Bogen (Langbogen ist ein Begriff, der nicht mittelalterlich ist) hohe Leistungen zu erzielen, muß er sehr stark sein. Um solche starken Bögen dann längere Zeit zielsicher einsetzen zu können, braucht man große Kraft und langes Training. Das hatten in genügender Zahl nur die Engländer zu bieten, für eine gewisse Zeitspanne.
Und warum sollten sie umsteigen, wenn sie mit den Kompositbögen vergleichbare Leistung erzielten?
...
@Luziv: Nur 190Meter? Kommt mir sehr wenig vor. Gibt es irgendwo die Möglichkeit, das genauer durchzulesen?
Der Bogen wird in "Die Reiter Roms Teil III, Zubehör, Reitweise, Bewaffnung" von Marcus Junkelmann (ohne ck, sorry) geschildert, in meiner Ausgabe von 1992 auf den S. 149 ff, insb. 162 ff.. Der Bogen wurde von Edward McEwen rekonstruiert, genauere Details zur Bauweise gibt es nicht, aber Abmessungen und die verwendeten Materialien etc. werden berichtet.
...
Wie stark die waren, konnte ich nicht recherchieren. Üblich waren aber bei Kompositbögen etwa die gleichen Stärken wie bei den Langbögen.
Das wäre noch zu verifizieren. Hast Du da mal Daten und Quellen? Nachgewiesene Zuggewichte asiatischer Bögen sind mir nicht bekannt. Genaue Messungen an Funden sind schwierig wegen der Materialänderungen über die Zeit. Ein Bogenbauer, der mir einen Kompositbogen gebaut hat, schätzte z.B. die Zugstärke eines neuerdings gefundenen skythischen Bogen nur auf 45-50 lbs, was ich für sehr wenig empfinde, aber na ja...
Ist denn ein Mary-Rose-Bogen (1545) wirklich soviel besser, als die Oberflacht-Bögen (völkerwanderunsgzeitlich)? Ich dachte, die wesentliche Verbesserung wären die Horn-Enden, welche ein mögliches Reißen/Splittern des Holzes verhinderten.
...
"Besser" ist schwierig zu beantworten, aber höchstwahrscheinlich erheblich stärker.
Das Problem bei den Mary Rose Bögen, wie eigentlich bei allen Funden, ist, daß man die ehemalige Zugstärke nicht einfach messen kann. Man muß daher aufgrund gewisser Annahmen die Stärke berechnen. Es gibt Autoren, die für die Mary Rose Bögen nur auf Stärken von 100 lbs oder sogar noch weniger kommen. Ich glaube eher denen, die auf Stärken von 110 bis 170 lbs kommen, mit üblichen Gewichten um 150 lbs.
Ein wichtiges Argument dafür ist das Pfeilgewicht. Anhand von Funden kann man das Gewicht von englischen Kriegspfeilen auf ca. 100 g berechnen. Die geschilderten Leistungen der Bögen, z.B. das Übungsschießen auf 220 Yards, was aus den Quellen bekannt ist, kann man bei solchen Pfeilgewichten nur mit Bögen der 150 lbs-Klasse erreichen.
Das bisher beste Buch zu Bögen, insbesondere zum englischen Bogen, ist für mich "The Great Warbow, From Hastings to the Mary Rose" von Matthew Strickland und Robert Hardy. Das Buch ist von der Systematik etwas wirr, aber die Infos sind dicht gepackt, wertvoll und überzeugend. Besonders die Teile von M. Strickland gefallen mir, während R. Hardy sich manchmal etwas von seiner Begeisterung für den Bogen mitreißen läßt. Das Buch hat mich von meiner langjährigen Skepsis gegen den englischen Bogen (ich bin eher auf Seiten des Panzers
) kuriert.