Mit militärischer Überlegenheit allein verbreitet man keine Sprache. Eroberer, die außer militärischer Überlegenheit nichts zu bieten hatten, haben zu allen Zeiten nach wenigen Generationen die Sprache der Bevölkerungsmehrheit angenommen.
Schon hier beginnen die Probleme mit der Logik.
Dass eine autochthone Bevölkerung die Sprache ihrer Eroberer annimmt, hat sich weltweit häufig abgespielt. So setzten die halbnomadischen Akkader ihre semitische Sprache gegenüber den Sumerern durch, die altkleinasiatische Bevölkerung übernahm indoeuropäische Idiome der Hethiter und Luwier, die Etrusker übernahmen das Lateinische, die griechischsprachige Bevölkerung Kleinasiens ging zum Türkischen der erobernden Oghusen über, Thraker und Illyrer gaben ihr Balkanromanisch auf und gingen zum Slawischen über. Das ließe sich noch fortsetzen.
Es scheint, dass du von solchen Prozessen keine Ahnung hast.
Wer eine unlogische Hypothese verteidigen will, muss schon beweiskräftige Argumente mitbringen. Davon ist aber in Dieters Beitrag nach wie vor nichts zu finden. Statt dessen spekulative Behauptungen, die entweder durch gar keine Fakten gestützt werden oder bei näherem Hinsehen mit den Fakten nicht wirklich zusammenpassen.
Ich verteidige hier keine Hypothesen, sondern versuche lediglich, mögliche Szenarien zu entwerfen. Gegenwärtig gibt es davon drei, die die Proto-Indoeuropäer in Europa, Südrussland und Anatolien suchen. Alle drei Hypothesen finden Verfechter in verschiedenen Indogermanisten und Sprachwissenschaftlern. Wenn dir also eine dieser Hypothesen nicht gefällt, musst du nicht mich beschimpfen, sondern die Urheber.
Im übrigen vermisse ich von dir ein Statement, welche der bekannten Hypothesen dir am einleuchtendsten erscheint.
Alle Ergüsse über "Vaterrecht" und "streng gegliedertes Gesellschaftssystem" sind Luftblasen und keinesfalls "nachgewiesen", wie von Dieter behauptet.
Dass die Indoeuropäer patriarchalisch strukturiert waren, ist eine seit langem bekannte und unbestrittene Tatsache.
"Gehen davon aus" heißt hier wohl: Beweiskräftige Argumente gibt es nicht, also wird es einfach mal behauptet.
Gäbe es solche "beweiuskräftigen Argumente", hätten wir das Geheimnis der Verbreitung indoeuropäischer Sprachen geklärt.
Du hast anscheinend noch immer nicht kapiert, dass es hier darum geht, mögliche Szenarien zu entwerfen. Deine rüden Attacken sind daher völlig fehl am Platz.
Die frühesten Zugtiere waren übrigens nachweislich Rinder. Das kann man in jeder einschlägigen Untersuchung nachweisen, die diese Bezeichnung auch verdient.
Nachweislich sind die ab 2000 v. Chr nach NW-Indien expandierten Indo-Arier mit Pferd und Streitwagen unterwegs gewesen, wie auch die indo-arische Elite des Mitanni-Staats 1500 v. Chr. Pferd und Streitwagen kannte. Und da das Pferd bereits ab dem 3. Jahrtausend v. Chr. als Reittier für Krieger bekannt war, ist es ziemlich sicher, dass die übrigen indoeuropäischen Gruppen allesamt das Pferd als Reittier kannten.
Zur Zeit der ersten angeblichen Kurganwelle sind überhaupt keine Wagen nachweisbar. Zur Zeit der zweiten angeblichen Kurganwelle (um 3500 v. Chr.) tauchen die ersten Ochsenkarren auf. Übrigens fast zeitgleich in Mitteleuropa (z. B. Trichterbecherkultur), dem Kaukasus, Anatolien, Mesopotamien und in Indien (Harappa-Kultur). Also in Gebiete, in die die Indoeuropäer laut der Kurganhypothese erst viel später oder gar nie eingedrungen sind.
Die weltweit ältesten Hinweise auf die Verwendung von Wagen mit vier Rädern stammen aus der Tripolje-Region, aus der Kontaktzone von Indoeuropäern und Alteuropäern. Das in der ersten Hälfte des 4. Jahrtausend v. Chr. entwickelte Wagenmodell war später u.a. bei den nomadischen Skythen sehr verbreitet.
Wer mit Wagenkolonnen ins steinzeitliche Europa einwandern wollte, um die altansässige Bevölkerung zu beeindrucken, hätte erst einmal die logistischen Voraussetzungen schaffen müssen. (Ganz abgesehen davon, dass die altansässige Bevölkerung die Wagen sowieso schon kannte.)
Um "beeindrucken" geht es hier kaum. Die berittenen Steppennomaden waren - nach dieser Hypothese - den kleinen dörflichen Gemeinschaften überlegen. Sie verfügten über Dolche, Speere und Lanzen und besaßen als Nomaden eine sehr effektive hierarchische Befehlsstruktur, wie wir das später auch von Skythen, Sarmaten, Mongolen oder Alanen kennen.
Die alten neolithischen Donaukulturen verschwanden und wurden imdoeuropäisiert. Aus den Proto-Indoeuropäern der Balkanregion gingen Illyrer, Thraker und Griechen hervor. Es verschwanden die langen megalithischen Gräber in Nordeuropa und wurden ersetzt durch rechtwinklige Hausgräber unter niedrigen Hügeln.
Ich kenne mich in den Veden nicht aus, um zu beurteilen, ob da tatsächlich eine Einwanderung beschrieben wird.
Das ist der Gipfel der Ignoranz. Die Einwanderung der Indo-Arier nach NW-Indien in der ersten Hälfte des 2. Jahrtausends ist völlig unbestritten. Neben tausen Publikationen empfehle ich dir z.B.:
Hermann Kulke, Dietmar Rothermund, Geschichte Indiens, München 1998
Nur so viel: 1700 v. Chr.? Das ist Jahrtausende NACH den angeblichen Kurganwellen, die Europa heimgesucht haben sollen. Im 4. Jahrtausend v. Chr. gab es weder Streitwagen noch "Speicherräder" noch Bronze. Den Entwicklungsstand von Jahrtausenden durcheinanderzuwürfeln, ist argumentativ ziemlich daneben. Oder würde jemand den Ausgang der Punischen Kriege mit der Überlegenheit der römischen Luftwaffe begründen?
Von "Kurgnwellen", wie das Marija Gimbutas tat - habe ich bislang nie gesprochen. Verfechter dieser Hypothese gehen in der Regel von mehreren Wellen einer indoeuropäischen Migration aus, wobei die Zeitangaben lediglich hypothetischer Natur sein müssen. Die Einwanderung der indoeuropäischen Hethiter nach Kleinasien wird im allgemeinen auf etwa 2200-2000 v. Chr. datiert, die der Indo-Arier und Iraner auf die Zeit zwischen 2000-1500 v. Chr. Es hat also in dieser Zeit vermutlich einen gewaltigen Schub indoeuropäisch sprechender Bevölkerungselemente gegeben. Die Einwanderung nach Griechenland wird unterschiedlich gesehen, soll aber im 3. Jahrtausend v. Chr. erfolgt seion.
Dass es sich hier lediglich um
EIN mögliches Szenario handelt, habe ich mehrfach betont. Es gibt also keinen Grund zur Aufregung. Vielmehr sollte man einmal die anderen denkbaren Szenarien durchspielen, die von anderen Sprachwissenschaftlern und Archäologen verfochten werden.
So. z.B. die Hypothese, dass die Indoeuropäer eine bruchlose Fortsetzung der mesolithischen Bevölkerung
Mitteleuropas sind (vgl. Alexander Häusler), oder aber ihren Ursprung in
Anatolien haben und identisch sind mit den frühen Ackerbauern, die von Anatolien über den Balkan bis Nordeuropa vordrangen (vgl. Colin Renfrew).