Stalingrad

In der unmittelbare Folge der Katastrophe von Stalingrad, haben die Rumänen immerhin zwei Armeen, die 3. und 4., die Italiener ihre 8.Armee und die Ungarn ihre 2. Armee verloren, begann es zwischen den Verbündeten im Gebälk zu knirschen. Denn so war diese verheerende Niederlage beispielsweise für Antonescu besonders bitter, denn er hat die Masse seines Heeres verloren und damit sind die Pfeiler seiner Machtbass ins Wanken gekommen. Künftige Pläne, eines eventuellen militärischen Vorgehens gegn Ungarn, um die in der Folge des Wiener Schiedspruchs verlorenen Gebiete zurückzuerobern, konnte er nun endgültig zu den Akten legen.

Die Deutschen gaben praktisch ausschließlich den Verbündeten die Alleinschuld an der Katastrophe und dadurch wurde die künftige vertrauensvolle Zusammenarbeit auf militärische Ebene für die Zukunft doch sehr erschwert, wenn nicht sogar unmöglich gemacht.

Als dann im Februar / März 1943 die Lage am südlichen Flügel der Ostfront durch Manstein seine Gegenoffensive die Lage stabilisiert worden war, zeitweise bestand ja durchaus die reale Gefahr des Zusammenbruchs, bestellte Hitler die Verbündeten um Rapport auf dem Berghof bzw. Schloss Klessheim bei Salzburg. Den Verbündeten sollten „Zementspritzen“ verabreicht und entsprechende Verfehlungen vorgehalten werden. In kurzer Abfolge wurden so König Boris von Bulgarien, Marschall Antonescu, Admiral Horthy, Mussolini, General Oshima und die Regierungschefs Norwegens und Vichy-Frankreichs auf Kurs gebracht, was wohl nicht immer ganz leicht war. So verlangte Hitler von Antonescu und Horthy indirekt die Entlassung der jeweiligen Ausßenminister, weil diese sich entsprechende Friedensbestrebungen oder mit deren Wissen solche Schritte unternommen worden waren. Dafür wurden auch entsprechende Belege wie abgefangene Telegramme präsentiert. Aber weder Antonescu noch Horthy haben ihre Minister gefeuert.

Auf ziviler diplomatische Ebene kamen nun doch, schon vor der Stabilisierung der südlichen Ostfront, Absetzbewegungen in Gang, da die Ungarn und Rumänen nicht mehr an einem Sieg der Wehrmacht gegen die Rote Armee glaubten. Insbesondere die Ungarn haben immer wieder versucht mit Großbritannien ins Gespräch zu kommen, um Bedingungen für einen Kriegsaustritt auszuhandeln. Mussolini wollte, dass der Krieg gegen die Sowjetunion beendet wird, damit Kräfte für den Mittelmeerraum frei werden, denn dieser Kriegsschauplatz war Italien lebenswichtig. Hitler aber wollte starr seinen Vernichtungsfeldzug gegen die Sowjetunion fortsetzten und auf deutscher Seite machte man sich auch schon Gedanken zu „Zitadelle“. Für Hitler galt das Prinzip, Siegen oder untergehen. Das hat die Verbündeten sicher irritiert.

Die Bemühungen liefen aber ins Leere, weil Großbritannien nach vorheriger Konsultation mit den USA und der UDSSR auf die Bedingungslose Kapitulation bestand.
 
Eine nicht ganz unwichtige Frage betrift doch auch die Verantwortung von Paulus für den Untergang der deutschen 6.Armee?

Paulus selber hat später freimütig eingeräumt. "Vor den Truppen und den Truppenführern der 6.Armee sowie vor dem deutschen Volke trage ich die Verantwortung, dass ich die von der obersten Führung gegebenen Durchhaltebefehle bis zum Zusammenbruch durchgeführt habe."(1)


Nach Mansteins nicht zutreffender Einschätzung der Lage vom 24.November 1942, hätte Paulus dann nicht, wie es ihm doch der General von Seydlitz so drängend nahelegte, den Ausbruchsbefehl geben müssen?

Anders gewendet:: Verfügte Paulus denn überhaupt noch zu jenen Zeitpunkt über den notwendigen Überblick über die vollständige Lage an der südlichen Ostfront?, um einen Ausbruch zu wagen? Das OKH hat die 6.Armee doch jedenfalls nur sehr unzureichend über das Geschehen außerhalb des Kessels informiert.

Die Ressourcen wie der überaus wichtige Treibstoff waren jedenfalls doch äußerst knapp bemessen.



(1)BA-MA, N 372/ 10 Bl.69, Paulus, Rückblickende zusammenfassende Betrachtungen
 
Verantwortung trägt General Paulus vor allem dafür, dass er meistens durchaus die Lage überschaute, doch die sich daraus ergebenden folgerichtigen Entscheidungen nicht traf.
Als Grund dafür ist vor allem sein überzogener Respekt vor dem offiziellen Dienstweg anzusehen.

Er war unbestritten ein kompetenter Stabsoffizier, welcher mit Vorliebe Napoleons Feldzüge auf selbst gezeichneten Karten nachvollzog. Seine taktische Fähigkeit und seine Gewissenhaftigkeit bewegten Generaloberst Halder im Herbst 1940, Paulus zum Planungschef des Generalstabes zu machen. Ein erheblicher Teil des Angriffsplans für Barbarossa ist dem Kopf von Paulus entsprungen.

Was Paulus nicht war, ist eine entscheidungsfreudige, inspirierte Führungspersönlichkeit mit Improvisationstalent. Den Kameraden seines Sohnes in der 3. PD schien er angeblich „mehr als ein Wissenschaftler denn als ein General im Vergleich zu Rommel oder Model“. Sein Wesen machte es ihm unmöglich, entgegen Befehlen von oben zu handeln. Man darf auch mit Fug davon ausgehen, dass er ein Bewunderer Hitlers war, der dazu neigte dessen Entscheidungen als unfehlbar richtig anzusehen. Hatten Hitler und das OKW aus Paulus` Sicht im Mai 1942 etwa nicht Recht behalten, als sie sich für den riskanten Gegenangriff gegen Timoschenkos Offensive bei Charkow entschieden? War es für Paulus nicht wahrscheinlich, dass die Versorgung aus der Luft gelingen konnte, wo es doch im Kessel von Demjansk im vorigen Winter auch erfolgreich war?
Hinzu kommt seine mangelnde Erfahrung als Truppenführer. Paulus hatte niemals zuvor ein Korps oder wenigstens eine Division befehligt, als er aufgrund einer ungewöhnlichen Folge von Ereignissen am 1.1.1942 zum General der Panzertruppen befördert wurde und dann fünf Tage später das Kommando über die mehr als 300.000 Mann starke 6. Armee bekam.

Man wusste im OKW über seine Schwächen und Stärken und wusste auch sehr wahrscheinlich, dass er als Armeebefehlshaber überfordert war. Doch als er ernannt wurde, hoffte man, dass er weiterhin seine vormals höchst erfolgreiche Zusammenarbeit mit Walther von Reichenau würde fortsetzen können, dessen Stabschef Paulus im Westfeldzug gewesen war. Zusammen ergänzten sie sich perfekt – eine große Führungspersönlichkeit und ein penibler Planer.
Von Reichenau hatte kurz zuvor das Kommando über die HGr Süd zusätzlich zu seinem Kommando über die 6. Armee bekommen. Er konnte jedoch nicht beide Hauptquartiere gleichzeitig führen und schlug daher Paulus für die 6. Armee vor. Unglücklicherweise erlitt von Reichenau bereits am 12. Januar in Poltawa einen Herzinfarkt, dem er während des Fluges zum Lazarett in Leipzig erlag.
Bei der Ernennung Paulus zum OB der 6. Armee hatte auch seine Ehe mit der rumänischen Adligen Elena Constance Rosetti-Solescu eine gewisse Rolle gespielt. Es wurde angenommen, dass die verbündeten Rumänen, deren Einheiten alle im Bereich der HGr Süd eingesetzt und zum Teil der 6. Armee unterstellt waren, ihn wegen seiner familiären Bindungen eher akzeptieren würden.

Randbemerkung: die 6. Armee mit 22 Divisonen im Nahbereich von Stalingrad hatte im Zuge des Haltebefehls bereits vor wenigen Wochen Tausende von Pferden in den Don-Donez-Bereich zur Überwinterung zurückführen lassen.

Das ist richtig. Doch es ist wichtiger als eine Randbemerkung. Es ist vielmehr eines der größten Dilemmas bei der Frage gewesen, ob man ausbrechen sollte oder nicht. Ohne die Pferde konnte man die meisten schweren Waffen nicht mitführen, sondern hätte sie zurücklassen müssen.
 
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Verantwortung trägt General Paulus vor allem dafür, dass er meistens durchaus die Lage überschaute, doch die sich daraus ergebenden folgerichtigen Entscheidungen nicht traf.
Als Grund dafür ist vor allem sein überzogener Respekt vor dem offiziellen Dienstweg anzusehen.

Ähem, hüstel, Paulus war Feldmarschall.

Paulus hat nicht die Kraft aufgebracht, gegen den verbrecherischen Befehl des "Führers" zu verstoßen. Paulus hat sich der Roten Armee auch nicht als Oberbefehlshaber der 6.Armee ergeben, sondern als Privatperson. Paulus trägt ganz sicher dafür Verantwortung, das noch zigtausende Soldaten einen elendigen und sinnnlosen Tod starben.

Paulus Durchhalten um so der Heeresgruppe A den Rückzug aus dem Kaukasus zu ermöglichen ist sicher nicht ganz unzutreffend, nur steht die Frage in Raum, wenn Hitler, als schon die drohende Katastrophe erkennbar wurde, rechtzeitig den Rückzug befohlen, wäre der Untergang der 6.Armee möglicherweise zu verhindern gewesen. Aber das ist natürlich rein spekulativ. Was aber kaum zu fassen ist, ist der "Kadavergehorsam" von Paulus. Hitler hat ja nichts anderes erwartet, das die 6.Armee sich bis zum letzten Mann abschlachten läßt. Ab dem 24.Januar hat das AOK 6 auch kein Interesse an der laentwicklung außerhalb des Kessels gezeigt. Manstein verlangte von seinen Männern absolutes Schweigen.

Paulus wurde auch deshalb OB der 6.Armee, weil er Jodls Nachfolger werden sollte und dazu war nun einmal vorher unabdingbar ein Truppenkommando erforderlich. Und Reichenau hat sich stark für Paulus verwendet. Die beiden kannten sich gut, denn Paulus war unter Reichnau sein Chef bei der 6.Armee, vorher 10.Armee, gewesen.
 
Paulus hat nicht die Kraft aufgebracht, gegen den verbrecherischen Befehl des "Führers" zu verstoßen.

Na ja, da war er ja nun nicht der Einzige. Die Frage ist, wann fængt man damit an...Mag man als General den Ueberfall auf die SU anfangs vielleicht noch fuer gewinnbar gehalten haben, muss doch irgendwann die Einsicht gekommen sein, dass eine Verlængerung des Krieges eben verbrecherisch ist...Ich sehe zwar schon den Unterschied, ob man sich in einer ausweglosen Situation ohne Rueckzugsmøglichkeit befand, oder sich eben notfalls absetzen konnte.
Dennoch, ein schwieriges, ethisch-moralisches Problem, dass jeder einzelne mit seinem Gewissen abmachen musste.

Kann man wenigstens Paulus zu Gute halten, dass er annehmen musste, dass das Halten des Kessels noch einen militærischen Nutzen fuer die Gesamtlage hatte?

Paulus hat sich der Roten Armee auch nicht als Oberbefehlshaber der 6.Armee ergeben, sondern als Privatperson.

nachgefragt:
Wie ist das eigentlich zu verstehen? Wo gibt's denn eigentlich sowas?
Es wird doch auch eine formelle Kapitulation der 6.Armee gegeben haben, hat die nicht Paulus unterzeichnet?

Gruss, muheijo
 
Dennoch, ein schwieriges, ethisch-moralisches Problem, dass jeder einzelne mit seinem Gewissen abmachen musste.

Wenn die Herren man auch solche Probleme damit gehabt hätten, ihren Eid auf die Verfassung der Weimarer Republik zu brechen, aber darüber wird seltsamerweise kaum ein Wort verloren.

Kann man wenigstens Paulus zu Gute halten, dass er annehmen musste, dass das Halten des Kessels noch einen militærischen Nutzen fuer die Gesamtlage hatte?

Ja!

nachgefragt:
Wie ist das eigentlich zu verstehen? Wo gibt's denn eigentlich sowas?
Es wird doch auch eine formelle Kapitulation der 6.Armee gegeben haben, hat die nicht Paulus unterzeichnet?

Am Morgen des 31.Januar 43 hat Oberst Adam um Verhandlungen gebeten. Der Befehlshaber der sowjetischen 64.Armee Schumilow ließ daraufhin das Feuer einstellen. Es kam dann zu Verhandlungen, an denen Paulus zunächst nicht teilnahm. Sein Chef des Stabes Schmidt erklärte er sei krank und die Befehlsführung sei angesichts des gespaltenen Kessels aufgeteilt worden. Der nördliche Kessel, in dem sich auch Paulus befand, stand unter dem Befehl von General der Infanterie Strecker. Paulus habe sich selbst zur Privatperson deklariert. Paulus kam auch der sowjetischen Aufforderung nach Kapitulation des Nordkessels mit dem Hinweis nicht nach, er sei nicht mehr dessen Befehlshaber. Die sowjetischen Vertreter verstanden nur Bahnhof.(1)

(1) Diedrich, Paulus. Das Trauma von Stalingrad, S.293, Paderborn 2008
 
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Paulus habe sich selbst zur Privatperson deklariert. Paulus kam auch der sowjetischen Aufforderung nach Kapitulation des Nordkessels mit dem Hinweis nicht nach, er sei nicht mehr dessen Befehlshaber. Die sowjtischen Vertreter verstanden nur Bahnhof.

Klingt ziemlich erbærmlich vom Herrn Feldmarschall. Wenigstens die Konsequenz hætte er doch ziehen muessen, und fuer alle kapitulieren.

Gruss, muheijo
 
Den Sinn vermag ich nicht erkennen, das mochte er mit sich selbst abmachen.
Aber zunæchst einmal hatte er Verantwortung fuer seine Leute!

Gruss, muheijo

Der "Sinn" war, das sich ein deutscher Feldmarschall bis zum 31.Januar 1943 im Zweiten Weltkrieg noch nicht ergeben hat. Und Hitler erwartete von Paulus, das er nicht mit dieser "Tradition" nicht bricht und sich deshalb selbst erschießt. Hitler war unglaublich erbost, als er Kenntis davon bekam, das Paulus sich nciht erschossen, sondern in sowjetische Gefangenschaft begeben hat.
 
Der "Sinn" war, das sich ein deutscher Feldmarschall bis zum 31.Januar 1943 im Zweiten Weltkrieg noch nicht ergeben hat.

Ja, ich weiss. (mag aber hauptsæchlich daran gelegen haben, dass noch nie ein Oberkommandierender seine Marschælle in so eine missliche Lage gebracht hat ;))

Mir ging es einfach darum, dass Paulus seine Leute letztendlich einfach ihrem Schicksal ueberliess - das ist allerdings neu gewesen, bei einem Feldmarschall ("Privatmann", dass ist doch eine Frechheit gegenueber seinen Leuten)

Ich bitte um Nachsicht fuer meine Aufgeregtheit. :still:

Gruss, muheijo
 
Wenn schon, denn schon. Er wurde am 31.1.1943 ernannt. Als solcher war es seine einzige Amtshandlung, sich zu ergeben.
So ist es! GFM war er jedenfalls nicht zu der Zeit, als es noch Sinn machte, über einen Ausbruch nachzudenken und eine Entsprechende Entscheidung zu fällen. Die gerade noch rechtzeitige Beförderung zum Feldmarschall war tatsächlich als Aufforderung zum Freitod zu verstehen, da sich vorher noch nie ein deutscher Feldmarschall ergeben hatte.
Sie erfolgte erst nach einem Funkspruch den die 6. Armee zur Beglückwünschung Hitlers am Vorabend des 10. Jahrestages der „Machtübernahme“ ins Führerhauptquartier gesendet hatte. Verfasser dieser grotesken Nachricht war allerdings wahrscheinlich Gen.Maj. Schmidt, Stabschef der 6. Armee, da die Wortwahl eher an dessen Sprache erinnerte. Am 30. Januar 1943 ernannte Hitler vier neue Feldmarschälle, unter anderen auch Paulus.
Paulus war übrigens erst kurz zuvor am 30.11.1942 zum Gen.Oberst befordert worden. Diese Beförderung sollte wahrscheinlich ihn dazu bewegen, dem Führerbefehl zum Halten von Stalingrad Folge zu leisten.


Paulus hat sich der Roten Armee auch nicht als Oberbefehlshaber der 6.Armee ergeben, sondern als Privatperson.
Wie ist das eigentlich zu verstehen? Wo gibt's denn eigentlich sowas?
Es wird doch auch eine formelle Kapitulation der 6.Armee gegeben haben, hat die nicht Paulus unterzeichnet?
Paulus sich genau genommen gar nicht ergeben. Weder mit seiner Armee noch als Privatperson. Es war General der Artillerie von Seydlitz-Kurzbach als erster der den Kommandeuren seines LI. A.K. am 25.1.1943 die freie Entscheidung zu diesem Schritt überließ. Dafür wurde er von Paulus entlassen und durch General der Artillerie Heitz ersetzt. Heitz verfügte sofort, dass jeder der kapitulieren wollte sofort erschossen werden sollte. Dennoch ergaben sich u.a. Genlnt. Pfeiffer (94. ID), Genlnt. Dr. Korfes (295. ID), Genlnt. Sanne (100. JD) Generalarzt Renoldi (oberster Sanitätsoffizier) und von Seydlitz-Kurzbach mit ihren Truppen. Sie wurden von den deutschen Linien aus mit MGs beschossen, als die Russen sie wegführten.
Am Morgen des 31.1.1943 hatte die 64. Armee unter General Schumilow praktisch den ganzen Südkessel im Kampf gegen die verbliebenen deutschen Einheiten erobert. Es war Gen.Maj. Roske (71. ID) der hier die Entscheidung zum Niederlegen der Waffen fällte. Als Rotarmisten sich dem Univermag näherten, sendete das Hauptquartier der 6. Armee einen Funkspruch mit dem Inhalt „Russe steht vor der Tür. Wir bereiten Zerstörung vor.“ Zehn Minuten später stieg Oblnt. Jeltschenko in den Keller hinab. Da wurde noch ein letzter Funkspruch mit der Aussage „Wir zerstören“ abgesandt.
Es ist nicht mehr restlos zu klären, ob Paulus wegen seines Gesundheitszustands und psychischen Zusammenbruchs, oder um sich später von der Übergabe distanzieren zu können, alle Verhandlungen seinem Stabschef Gen.Maj. Schmidt überließ. Fakt ist, dass er sich nicht ergeben hat, sondern während der Gespräche mit Schumilows Stabsoffizieren passiv im Nebenraum weilte. Er wurde lediglich von Oberst Adam (IIa der 6. Armee) über den Verlauf der Verhandlungen informiert, welche in Wirklichkeit von Schmidt geführt wurden.
Auch nach seiner Gefangennahme weigerte er sich, die Kapitulation des Nordkessels zu befehlen. Er redete sich bei den Russen damit raus, dass er keine Befehlsgewalt mehr hätte, weil er nicht bei der Truppe war.

Paulus Durchhalten um so der Heeresgruppe A den Rückzug aus dem Kaukasus zu ermöglichen ist sicher nicht ganz unzutreffend,
Doch, das ist unzutreffend und eine weit verbreitete Fehleinschätzung der Lage. Die 6. Armee wäre in der ersten Zeit nach der Einkesselung ohne weiteres in der Lage gewesen, aus eigener Kraft auszubrechen und danach höchstwahrscheinlich auch stark genug gewesen, um die Frontlücke zu schließen und so den Rückzug aus dem Kaukasus zu ermöglichen.
Anders ausgedrückt, sie hätte die russischen Armeen, welche sie in Stalingrad gebunden hat, nach einem Ausbruch aufhalten können.

Paulus wurde auch deshalb OB der 6.Armee, weil er Jodls Nachfolger werden sollte und dazu war nun einmal vorher unabdingbar ein Truppenkommando erforderlich.
Wo stammt diese Information her? Ich halte sie für falsch. Selbst wenn sie wahr ist, warum sollte man von Jodls potentiellem Nachfolger verlangen, was er selber nicht zu bieten hatte? Jodl hat ebenfalls niemals auch nur eine Division befehligt.

denn Paulus war unter Reichnau sein Chef bei der 6.Armee, vorher 10.Armee, gewesen.
Das ist so recht missverständlich ausgedrückt. Paulus war von Reichenaus Stabschef, also sein Untergebener.
 
Der "Sinn" war, das sich ein deutscher Feldmarschall bis zum 31.Januar 1943 im Zweiten Weltkrieg noch nicht ergeben hat. Und Hitler erwartete von Paulus, das er nicht mit dieser "Tradition" nicht bricht und sich deshalb selbst erschießt.

Paulus Kommentar auf die in der Beförderung versteckte Aufforderung war: "Wegen dieses böhmischen Gefreiten schieße ich mir keine Kugel durch den Kopf!"
 
Klingt ziemlich erbærmlich vom Herrn Feldmarschall. Wenigstens die Konsequenz hætte er doch ziehen muessen, und fuer alle kapitulieren.
Er wollte partout nicht gegen Befehl von oben handeln, wie es z.B. Gruppenführer Paul Hausser wenige Monate später in ähnlicher Situation bei Charkow tat. Man nimmt an, dass er zu seinem ohnehin übertriebenen generellen Festhalten am offiziellen Dienstweg, gehofft hatte, irgendwann gegen einen gefangenen russischen General ausgetauscht zu werden und danach nicht in Deutschland als Befehlsverweigerer dastehen wollte.
 
Am Morgen des 31.Januar 43 hat Oberst Adam um Verhandlungen gebeten. Der Befehlshaber der sowjetischen 64.Armee Schumilow ließ daraufhin das Feuer einstellen. Es kam dann zu Verhandlungen, an denen Paulus zunächst nicht teilnahm. Sein Chef des Stabes Schmidt erklärte er sei krank und die Befehlsführung sei angesichts des gespaltenen Kessels aufgeteilt worden. Der nördliche Kessel, in dem sich auch Paulus befand, stand unter dem Befehl von General der Infanterie Strecker. Paulus habe sich selbst zur Privatperson deklariert. Paulus kam auch der sowjetischen Aufforderung nach Kapitulation des Nordkessels mit dem Hinweis nicht nach, er sei nicht mehr dessen Befehlshaber. Die sowjetischen Vertreter verstanden nur Bahnhof.(1)

(1) Diedrich, Paulus. Das Trauma von Stalingrad, S.293, Paderborn 2008

Ich habe diesen Absatz erst jetzt richtig gelesen. Wenn das in dem Buch wirklich so geschrieben steht, gehört es zusammen mit den Werken von Franz Kurowski in die Ecke der Märchenbücher.
 
Doch, das ist unzutreffend und eine weit verbreitete Fehleinschätzung der Lage. Die 6. Armee wäre in der ersten Zeit nach der Einkesselung ohne weiteres in der Lage gewesen, aus eigener Kraft auszubrechen und danach höchstwahrscheinlich auch stark genug gewesen, um die Frontlücke zu schließen und so den Rückzug aus dem Kaukasus zu ermöglichen.

Der überaus kanppe Vorrat an Benzin spricht hier eine ganz andere Sprache.

Ich habe diesen Absatz erst jetzt richtig gelesen. Wenn das in dem Buch wirklich so geschrieben steht, gehört es zusammen mit den Werken von Franz Kurowski in die Ecke der Märchenbücher.

Diedrich ist Militärhistoriker beim MFGA und mir wäre neu, das dort neuerdings eine Abteilung für das Verfassen von Märchenbüchern unterhalten wird.

Wo stammt diese Information her? Ich halte sie für falsch. Selbst wenn sie wahr ist, warum sollte man von Jodls potentiellem Nachfolger verlangen, was er selber nicht zu bieten hatte? Jodl hat ebenfalls niemals auch nur eine Division befehligt.

Diese Information stamm aus der jüngst erschienen Biographie über Paulus von Torsten Diedrich. Paulus war als Nachfolger eingeplant, weil man davon ausging, das Paulus noch unkritischer die Befehle von Hitler ausführen würde.
 
Ich habe diesen Absatz erst jetzt richtig gelesen. Wenn das in dem Buch wirklich so geschrieben steht, gehört es zusammen mit den Werken von Franz Kurowski in die Ecke der Märchenbücher.

Du kannst ja das Bundesarchiv oder das Institut für Zeitgeschichte aufsuchen und dort nach der Abteillung für Märchenbücher fragen und dann entsprechend nachlesen:

Darstellung von Arthur Schmidt (Paulus sein Chef des Stabes) BA-MA, N 601/v.44, Bl.1-7 oder auch IfZ Archiv, ZS /A 31 / Bd.9, Bl.1-6
 
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Die 6. Armee wäre in der ersten Zeit nach der Einkesselung ohne weiteres in der Lage gewesen, aus eigener Kraft auszubrechen und danach höchstwahrscheinlich auch stark genug gewesen, um die Frontlücke zu schließen und so den Rückzug aus dem Kaukasus zu ermöglichen.

Anfang Dezember sah die entwicklung auf dem Betriebsstoffsektor alles andere als rosig aus. Vom 03.12 bis 11.12.42 wurden 206cbm Betriebsstoff zugeflogen, das waren 25 cbm täglich oder anders ausgedrückt 7% des am 24.11. geforderten Bedarfs. Am 09.Dezember war die Betriebsstofflage dramatisch, die 6.Armee verfügte nur noch über ein Restbestand von 25cbm. (1)

Ebenfall erheblichen Anlaß zur Sorge lieferte die Versorgung mit Munition und vor allem von Verpflegung. Der Armeearzt Dr. Renoldi meinte, die 6.Armee "macht seit Anfang Dezember ein Hungerexperiments großen Stils durch."


(1) AOK 6 /OQu, Tagesmeldung für 09.12.1942 an OKH/GenQu, HGr Don/OQu, VO/OKH (AOK6/OQu, 26 307/19) Eintrag 09.12.1942 (AOK 6/OQu, 26 307/18)
 
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