Ein Gesetzgeber in der Planwirtschaft aber ist nicht fertig wenn er den Rahmen per Gesetz verändert, sondern muss dann auch noch die technische und wirtschaftliche Durchführung selber mühsam organisieren.
Das macht nicht nur die Entscheidungshürde erheblich höher, sondern vermindert auch die Fähigkeit der Umsetzung.
Das sind die zentralen Punkte - und noch einige andere -, warum die Planwirtschaft in den Ostblockstaaten nicht funktionierte.
In der Tat wies die stalinistisch geprägte Planwirtschaft im Ostblock vielfältige Defizite auf. Dennoch ist auch deutlich zu machen, dass sie 50 Jahre funktioniert hat. Mit vielen Problemen, teils externe Herausforderungen, teils immanente Probleme. So schreibt beispielsweise Gregory in der wohl aktuell wichtigsten historischen Studie über die Planwirtschaft in der UdSSR:
"Although the administrative-command system was assembled in great haste and by trial and error, it was remarkable durable and immutable". (S. 270)
Die obige Bennung der zentralen "internen immanenten" Defizite durch "hatl" und "Dieter" ist dabei vermutlich nicht ganz korrekt. Sofern man die "zentralen Probleme" einer Planwirtschaft benennen will, sind es die 1. Informationsbasis der Planungen und 2. die politische Intervention in die Planungen (sieht man mal von Fragen der Beschaffung von Kapital ab)
zu 1. Die stalinistische Planwirtschaft litt über ihre unterschiedlichen Epochen (Stalin, Chruschtschow und Breschnew) in unterschiedlichem Ausmass unter der mangelhaften Qualität der Information bezogen auf die Nachfrage, die Beschaffungsmärkte und die Anbieterseite. (Ein Problem das genauso zentral in einer kapitalistischen Wirtschaft ist.)
Diese Informationen lagen, so Nove S. 424, über lange Perioden der Planwirtschaft in der UdSSR (bzw. im Bereich des RGW) nicht ausreichend valide vor. Zusätzlich während des Stalinismus noch dadurch verschärft, dass die Erstellung von "richtigen" Statistiken für die betroffenen Volkswirte in der Regel lebensgefährlich war. Man wollte einerseits nicht die "Wahrheit" der statistischen Fakten und andererseits war die bewußte "Schönung" von Statistiken ebenfalls lebensgefährlich.
An Economic History of the USSR: 1917-1991 - Alec Nove - Google Books
Vor diesem Hintergrund war die Information über das was geplant werden sollte in der Regel nicht korrekt. Und aus diesem Grund waren die "strategischen Steuerungsinstrumente" in der stalinistischen Planwirtschaft durch politische Repression korrumpiert.
Nove weist zusätzlich auf die bemerkenswerte, fast zynische, Sichtweise der stalinistischen Planer hin, deren Prioriät der Planung sich fast auschließlich an den Zielen der Industrialisierung orientierte und die Bedürfnisse der Bevölkerung weitgehend ausgeblendet hat (S. 424).
In diesem Sinne war die stalinistische Planwirtschaft eine Kriegs-Wirtschaft im Frieden, die jedoch auf die Optimierung der Schwerindustrie und der Rüstung hin optimiert war, auch unter dem massiven Einfluss des MIK in der UdSSR. Eine Größe, die auch in der Breschnew-Ära sich sehr deutlich bemerkbar machte und das wirtschaftliche Wachstum zunehmend, mit dem Fall von Chrusschtschow, für sich beanspruchte.
Zu 2. Vor diesem Hintergrund markiert Gregory ein weiteres prinzipielles Problem der stalinistischen Planwirtschaft. Das Verhältnis der "dictators" (Planungsbürokratie) und der Produzenten in den Unternehmen (S. 270).
Und in diesem Verhältnis kommt ein Aspekt besonders zum tragen, die situative politisch motivierte Intervention durch das hierarchisch aufgebaute System der "dictators", die zum einen das Planungssystem flexibel gehalten hat, zum anderen aber die Planungsunsicherheit für die Unternehmen massiv verschärft haben. Und für die Unternehmensleitung ebenfalls zu einem gefährlichen Job werden ließ.
In der Konsequenz führte das Verhältnis zwischen den "dictators" und den Unternehmen zu einem wenig dynamischen "Gleichgewicht" im Rahmen des Planungsprozesse und hat u.a. dazu beigetragen, Innovationen zu behindern.
The Political Economy of Stalinism: Evidence from the Soviet Secret Archives - Paul R. Gregory - Google Books
Für die DDR hat Steiner die Probleme der Anpassung bzw. die Reformversuche der Planwirtschaft in der poststalinistischen Ära m.E. sehr plastisch beschrieben (S. 125).
Sozialistische Wirtschaftsreformen: Tschechoslowakei und DDR im Vergleich - Google Books
Abschließend ist aber auch dem Eindruck zu widersprechen, die UdSSR sei aufgrund der systemimmanenten Defizite der Planwirtschaft zusammen gebrochen. Dieser Kollaps folgte wesentlich komplexeren Mechanismen und die abnehmende Leistungsfähigkeit der Ostblock-Volkswirtschaften war nur ein Aspekt.