Wilhelm der Zweite+Flottenprogramm

F

Feuerschnurpsel

Gast
Hallöchen :rofl:

Also erstmal ich bin neu hier.Ich muss Freitag in Geschichte einen Vortrag halten über Kaiser Wilhelm den 2. Ich soll auch was über das Flottenprogramm erzählen,doch leider finde ich darüber nichts.Kann mir jemand helfen?

Grüße :)
 
Hallo :winke:

Zwischen 1898 und 1890 wurden die sogenannten Flottengesetzte von Reichstag erlassen. Man erhoffte sich dadurch eine starke Flotte. Großadmiral von Tirpitz entwickelte die Grundlagen für das "Wttrüsten". Das Ziel war der bau einer Risikoflotte, die jeden Angriff von England stand halten sollte. Dagegen verfolgte England die "Two-Powers"-Strategie, das bedeutet England wollte immer doppelt so stark auf dem Wasser vertretten sein als die Feinde. Somit war das Wettrüsten um umgänglich.
Das erste Flottengesetz wurde 1898 verabschiedet. Diese Gesetz beinhaltete einen sechsjährigen Bauplan. Laut dem Bauplan soltlen 2 Geschwader Linienschiffe, 12 Große und 30 Kleine Kreuzer gebaut werden, dazu kamen noch 8 Küstenpanzerschiffe.
Das zweite Flottengesetz , welches im Jahre 1900 erlassen wurde, besagte, das die Stärke der deutschen Schlachtflotte verdoppelt werden sollte und dafür wurden 300 Millionen Mark jährlich zu Verfügung gestellt.

Im folgenden Link findest du noch einige andere Informationen:
Flottengesetze - Wikipedia

Grüße
 
Hallo,

als Wilhelm II 1888 den Thron bestieg, war die deutsche Flotte noch eine zweitklassige Marine und rangierte hinsichtlich auf die Flottenstärke an sechster Stelle der Seemächte.
Den Grundstein für eine neue deutsche Flotte legte der Admiral Stosch mit einem ersten Entwurfs eines Flottenplans 1873. Tirpitz sagte: „Er hat Deutschland wieder auf die hohe See geführt und den Faden zur Hanse wieder angeknüpft.“
Doch Gesetzesgrundlagen gab es keine für einen Ausbau der deutschen Flotte, zumal bis 1888 der Grundgedanke für die Flotte bei einer Kreuzerflotte und dem Küstenschutz lag.
Kaiser Wilhelm II spielt eine wichtige Rolle beim Ausbau einer großen starken deutschen Flotte, begeisterte er sich doch schon immer für die Marine.

Doch für den Aufbau der deutschen Flotte ist Alfred von Tirpitz der Hauptagitator.
Schon bevor Tirpitz am 15.06.1897 zum Staatssekretär des Reichsmarineamtes berufen worden war, hatte er in der Denkschrift IX von 1895 den Grundgedanken für den Einsatz und die Taktik einer deutschen Flotte gelegt. Es müsse eine offensive Flotte sein, die nur den Zweck einer großen Seeschlacht dient. Es kam Ihm auf die Zahl, die Qualität und die Einheitlichkeit der Flotte an. Bestehen sollte sie aus:
17 „ Linienschiffen“ damals wurden sie noch offiziell als Panzerschiffe bezeichnet
6 Torpedobootsflottillen
6 Kreuzer I Klasse
12 Kreuzer III Klasse
Der Vorgänger von Tirpitz, Staatssekretär Hollmann hatte mit Kaiser Wilhelm II zusammen schon 1888 einen Flottenplan entwickelt und legten ihn den Reichstag vor. Da es aber keine genaue Vorstellung über den strategischen-technischen-taktischen Einsatz der Flotte gab, wurde er von Marineexperten des Reichstages mit dem Wort „ Uferlos“ abgelehnt.
Man wollte eine „Schlachtenmarine“ und eine „Küstenschutzmarine“, darüber hinaus eine „bündnisfähige“ und eine „Kreuzerflotte“. Der Plan wurde noch mehrere Male überarbeitet und endete mit dem „Büchsel“-Flottenplan von 24.05.1897, der folgendes vorsah:
25 Linienschiffe
8 Kreuzer I Klasse
30 Kreuzer II Klasse – der verunglückt geratenen Hertha-Klasse! –
16 Kreuzer IV Klasse
5 Kanonenboote
14 Torpedo-Divisionsboote
96 Torpedoboote
Dieser Plan wurde wiederum beim Reichstag abgelehnt, wegen seiner überzogenen Forderungen. Hollmann wurde abgesetzt und Tirpitz übernahm seine Position.

Tirpitz verstand es , nicht wie Hollmann alles auf einmal zu fordern, sondern behutsam stufenweise vorzugehen.
Zusätzlich hatte Tirpitz genaue Vorstellungen der neuen deutschen Flotte und deren Einsatz.
Er übernahm den Flottenplan von 1873 und änderte ihn auf die neue Konzeption der Flotte das ein Geschwader aus 8 Linienschiffen besteht.
Am 28.03.1898 wurde der Flottenplan als Flottengesetzt vom Reichstag angenommen.
Als Gesetzt war der Flottenplan fest verankert und es mussten keine Einzelschiffe mehr bewilligt werden.
Er sah vor:
1 Flottenflaggschiff
18 Linienschiffe (davon 2 Reserve)
8 Küstenpanzerschiffe
12 Große Kreuzer (davon 3 Ausland, 3 Reserve)
30 Kleine Kreuzer (davon 10 Ausland, 4 Reserve)

Dem Kaiser schwebte zu dieser Zeit immer noch eine Kreuzerflotte vor Augen, doch Tirpitz machte mit diesen Gesetzt klar, das er eine Schlachtflotte bauen lies, deren Kern die Linienschiffe bildeten.
Bisher bildeten 2 Geschwader den Kern der Schlachtflotte, doch Tirpitz wollte mehr und begründete dies damit, eine Flotte zu bauen, die so stark sei, dass es für einen Gegner ein Risiko darstellte, sich mit ihr in einer Seeschlacht auseinander zusetzen ( Riskogedanke ).

Somit folgte das zweite Flottengesetzt vom 12.06.1900
Er sah vor:
2 Flottenflaggschiffe
36 Linienschiffe (davon 4 Reserve)
14 Große Kreuzer (davon 3 Ausland, 3 Reserve)
38 Kleine Kreuzer (davon 10 Ausland, 4 Reserve)

Diese 2. Flottengesetzt bestand bis zum Zusammenbruch des Kaiserreiches und wurde durch drei Novellen ergänzt.
  • 1906- ergänzt werden sollten die Torpedoboote sowie 6 große Kreuzer, deren Bewilligung 1900 zurückgestellt wurde.
  • 1908 Lebensdauer der Linienschiffe wurde von 25 auf 20 Jahre zurückgesetzt
  • 1912 Erweiterung um 3 Linienschiffe
Zusätzlich wurden im Laufe des Wettrüstens ab 1908 das bisherige 3er Bautempo durch ein 4er Bautempo angehoben um den Bau von Dreadnoughts mit England aufnehmen zu können. Dies führte allerdings fast zum finanziellen Bankrott des Kaiserreichs.

Aufstellung des Bautempos:

1901 Gesetz 1900 Novelle1906 Novelle1908 Novelle1912
1901 2 L / 1grK
1902 2 L / 1grK
1903 2 L / 1grK
1904 2 L / 1grK
1905 2 L / 1grK
1906 ---------------------2 L / 1grK
1907 ---------------------2 L / 1grK
1908 ------------------------------------------3 L / 1grK
1909 ------------------------------------------3 L / 1grK
1910 ------------------------------------------3 L / 1grK
1911 ------------------------------------------3 L / 1grK
1912 -------------------------------------------------------------1 L / 1grK
1913 -------------------------------------------------------------2 L / 1grK
1914 -------------------------------------------------------------1 L / 1grK
1915 -------------------------------------------------------------1 L / 1grK
1916 -------------------------------------------------------------2 L / 1grK
1917 -------------------------------------------------------------1 L / 1grK



Dies wären Infos von mir zum Thema Flottengesetzte.
Auf den technische Umschwung ab 1906 im Kriegschiffbau von Linienschiffen zu Großlinienschiffen möchte ich hier nicht näher eingehen.


Als Quellen gebe ich folgende Bücher an:
Titel Tirpitz Aufstieg-Macht-Scheitern Autor Michael Salewski
Titel Große Kreuzer der kaiserlichen Marine 1906 - 1918
Konstruktionen und Entwürfe im Zeichen des Tirpitz-Planes Autor Axel Grießmer
Titel Die deutschen Kriegsschiffe Biographien-Spiegel der Marinegeschichte
von 1815 bis zur Gegenwart Autoren H.H.Hildebrand, A.Röhr, H.O. Steinmetz


Grüßle
 
Two Power Standard?

Kleine Korrektur hier:

Die britische Marineführung bzw. Admiralität wollte über das Dogma des 'Two Power Standard' ihre Überlegenheit derart in einem festgeschrieben Verhältnis zementieren, daß die britische Flotte als minimale untere Größe so stark sein sollte, wie die beiden folgenden großen Seemächte zusammen- ganz abgesehen von einer etwaigen feindseligen Haltung.
 
Kleine Korrektur hier:

Die britische Marineführung bzw. Admiralität wollte über das Dogma des 'Two Power Standard' ihre Überlegenheit derart in einem festgeschrieben Verhältnis zementieren, daß die britische Flotte als minimale untere Größe so stark sein sollte, wie die beiden folgenden großen Seemächte zusammen- ganz abgesehen von einer etwaigen feindseligen Haltung.

Hallo Zusammen,

zu diesen Thema siehe auch hier:

http://www.geschichtsforum.de/f60/britische-flottenbauprogramme-um-1890-a-18430/
 
Modernisierungsschübe...

Hallo ‚Köbis’,

vielen Dank für den Hinweis- ich habe die Beiträge auch größtenteils gelesen. Was ich eigentlich als den interessantesten Aspekt im Vergleich zwischen dem deutschen und britischen Flottenprogramm sehe, ist nicht so sehr der numerische Vergleich oder der Vergleich der einzelnen Schiffstypen-Entwürfe, sondern die Frage der Produktionstechniken und der Einbringung neuer Technologien.

Von britischer Seite wird die 'Battle of Jutland’ ‚ die größte Seeschlacht in der Geschichte, als taktische Niederlage gewertet, weil die englischen Verluste um 100% über den deutschen lagen und von deutscher Seite meist als Teil eines strategischen Patt betrachtet. Nur was war der eigentliche Grund für diese Konstellation und die Überlegenheit der deutschen Flottenverbände, mehr eine taktische Überlegenheit der Verbandsführer vor Ort oder eine technologische?

Das Kaiserreich wird vielfach aus deutscher Perspektive stereotyp als ein konservativer, Kostümierungsstaat mit zu weitreichenden Ambitionen gesehen, der dem britischen Hegemonialstreben ungeschickt vor die Rohre geriet. Von Außen jedoch treten andere Konturen hervor.

Aus aktueller chinesicher Perspektive wird das Kaiserreich als spät emporstrebende Wirtschaftsmacht mit steigendem politischem Einfluss gelesen, die innerhalb kürzester Zeit den wirtschaftlichen und technologischen Rückstand ausglich und an den klassischen Führungsmächten vorbeizog und die dem Boom-Land als Vorbild dienen könnte. In der chinesischen Industrie werden derzeit auch die europäischen Normen, die meist auf den DIN Normen beruhen eingeführt und nicht das US-amerikansiche Normsystem. Die Stahlproduktion, ein wesentlicher Indikator für die zeitgenössische wirtschaftliche Entwicklung hat erst wieder 1937 den von 1914 erreicht. Der Grund wird hier meist in der Standardisierung der Produktionsverfahren und Normierung der Techniken gesehen, die im Kaiserreich früher eingeführt wurden als in jedem anderen Industriestaat.

Da die Hochseeflotte das ‚High-Tech-Produkt’ der Kaiserzeit war, müssen sich diese neuen Techniken auch in den Schiffen aus analytischer Perspektive am unmittelbarsten geäußert haben. Außerdem schaffen derartige Finanzmittel, wie sie in die Flotte investiert wurden auch einen Know-How Transfer in andere Industriebereiche und günstige Rahmenbedingungen für eine technologische Entwicklung. Das hier wesentliche Moment war die angestrebte Verwissenschaftlichung der Produktionstechniken.

Nur worin lagen konkret die Vorteile der deutschen Produktionstechniken im Vergleich zum englischen zeitgenössischen Schiffbau? Hermann Föttinger (1877-1945) z. Bsp. war von 1904 bis 1908 Chefkonstrukteur auf der Vulcan-Werft in Stettin. In diese Zeit fällt seine bekannteste Erfindung, der nach ihm benannte hydrodynamische Drehzahlwandler, das "Föttinger-Getriebe". Diese Entwicklung wird noch heute in vielen Industrieprodukten, insbesondere im KFZ-Bau verwendet. In der Weimarer Zeit war Föttinger eine der Pioniere der Strömungstechnik und Professor für Schiffbau an der TH Berlin. Diese Prozesse an weiteren Beispielen konkret machen zu können, wäre ein hochinteressanter Aspekt.

Grundsätzlich sehe ich das Kaiserreich ohnehin als den wissenschaftlichen, technologischen und auch kulturellen Brutkasten, auf dem fast alle in der Weimarer Republik eingeführten Modernisierungsmomente beruhen, freilich unter veränderten und teilweise desaströsen ökonomischen Bedingungen. Und ein zentrales Moment des Modernisierungsschubs war die Hochseeflotte. Dies ist ein bis heute meist vernachlässigter Aspekt, da diese meist unter dem Stigma ihrer eingeschränkten strategischen Bedeutung als Produkt der Konstellationen im Ersten Weltkrieg steht.

Grüße Vitruv
 
Zuletzt bearbeitet:
@Vitruv: Von britischer Seite wird die Schlacht an der ‚Doggerbank’, die größte Seeschlacht in der Geschichte, als taktische Niederlage gewertet, weil die englischen Verluste um 100% über den deutschen lagen und von deutscher Seite meist als strategisches Patt gesehen.

Ich will ja nicht den Besserwisser spielen, aber was du meinst, war die Schlacht im Skagerrak.
 
Hallo Baltischer Vogel,

Merci und das ist richtig, aber die BRITISCHE Orts-Bezeichnung lautet 'Jutland', die so auch aus dortiger Perspektive den Namen gab und ich zunächst die britische Einschätzung erwähnte.

Grüße

Vitruv
 
Zuletzt bearbeitet:
Soweit mir bekannt in England "Battle of Jutland 1916". Verwechselst du wirklich nichts? Die Doggerbank liegt doch weit abseits vom Schauplatz, dort gab es ein anderes Gefecht 1914, das für die Hochseeflotte etwas unglücklicher ausging.
 
Hallo baltischer Vogel,


das ist korrekt und die englische Bezeichnung korrigiert, aber auch die Einordnung des Doggerbank-Gefechts ist für den Januar 1915 vorzunehmen. Die Erwähnung der Schlachten sollte die parallele und auch divergierende Entwicklung plastisch machen.

Ich hatte hierzu eine längere Debatte mit einem befreundeten englischen Marineoffizier vor zwei bis drei Jahren, der zu der Zeit auch für einige aktuelle Schiffsneubauten bei der Royal Navy zuständig war, sowohl aus der militärhistorischen wie der technischen Perspektive, der aber leider nichts zu den entsprechenden Produktionstechniken, den Standardisierungsbemühungen und divergierenden Technologien aussagen konnte. Deshalb dies hier auch noch einmal in die Debatte geworfen- fernab der Schlachtendonners.


Grüße

Vitruv
 
Soweit mir bekannt in England "Battle of Jutland 1916". Verwechselst du wirklich nichts? Die Doggerbank liegt doch weit abseits vom Schauplatz, dort gab es ein anderes Gefecht 1914, das für die Hochseeflotte etwas unglücklicher ausging.

Also die Bezeichnung " Battle of Jutland" ist als britische Bezeichnung völlig in Ordnung. Aber das Gefecht auf der Doggerbank zwischen deutschen und englischen Kriegschiffen, war 1915! :)

Oh ha, wurde schon erwähnt, na man sollte halt alle Beiträge lesen.
 
Hallo ‚Köbis’,

vielen Dank für den Hinweis- ich habe die Beiträge auch größtenteils gelesen. Was ich eigentlich als den interessantesten Aspekt im Vergleich zwischen dem deutschen und britischen Flottenprogramm sehe, ist nicht so sehr der numerische Vergleich oder der Vergleich der einzelnen Schiffstypen-Entwürfe, sondern die Frage der Produktionstechniken und der Einbringung neuer Technologien.

Von britischer Seite wird die 'Battle of Jutland’ ‚ die größte Seeschlacht in der Geschichte, als taktische Niederlage gewertet, weil die englischen Verluste um 100% über den deutschen lagen und von deutscher Seite meist als Teil eines strategischen Patt betrachtet. Nur was war der eigentliche Grund für diese Konstellation und die Überlegenheit der deutschen Flottenverbände, mehr eine taktische Überlegenheit der Verbandsführer vor Ort oder eine technologische?

Das Kaiserreich wird vielfach aus deutscher Perspektive stereotyp als ein konservativer, Kostümierungsstaat mit zu weitreichenden Ambitionen gesehen, der dem britischen Hegemonialstreben ungeschickt vor die Rohre geriet. Von Außen jedoch treten andere Konturen hervor.

Aus aktueller chinesicher Perspektive wird das Kaiserreich als spät emporstrebende Wirtschaftsmacht mit steigendem politischem Einfluss gelesen, die innerhalb kürzester Zeit den wirtschaftlichen und technologischen Rückstand ausglich und an den klassischen Führungsmächten vorbeizog und die dem Boom-Land als Vorbild dienen könnte. In der chinesischen Industrie werden derzeit auch die europäischen Normen, die meist auf den DIN Normen beruhen eingeführt und nicht das US-amerikansiche Normsystem. Die Stahlproduktion, ein wesentlicher Indikator für die zeitgenössische wirtschaftliche Entwicklung hat erst wieder 1937 den von 1914 erreicht. Der Grund wird hier meist in der Standardisierung der Produktionsverfahren und Normierung der Techniken gesehen, die im Kaiserreich früher eingeführt wurden als in jedem anderen Industriestaat.

Da die Hochseeflotte das ‚High-Tech-Produkt’ der Kaiserzeit war, müssen sich diese neuen Techniken auch in den Schiffen aus analytischer Perspektive am unmittelbarsten geäußert haben. Außerdem schaffen derartige Finanzmittel, wie sie in die Flotte investiert wurden auch einen Know-How Transfer in andere Industriebereiche und günstige Rahmenbedingungen für eine technologische Entwicklung. Das hier wesentliche Moment war die angestrebte Verwissenschaftlichung der Produktionstechniken.

Nur worin lagen konkret die Vorteile der deutschen Produktionstechniken im Vergleich zum englischen zeitgenössischen Schiffbau? Hermann Föttinger (1877-1945) z. Bsp. war von 1904 bis 1908 Chefkonstrukteur auf der Vulcan-Werft in Stettin. In diese Zeit fällt seine bekannteste Erfindung, der nach ihm benannte hydrodynamische Drehzahlwandler, das "Föttinger-Getriebe". Diese Entwicklung wird noch heute in vielen Industrieprodukten, insbesondere im KFZ-Bau verwendet. In der Weimarer Zeit war Föttinger eine der Pioniere der Strömungstechnik und Professor für Schiffbau an der TH Berlin. Diese Prozesse an weiteren Beispielen konkret machen zu können, wäre ein hochinteressanter Aspekt.

Grundsätzlich sehe ich das Kaiserreich ohnehin als den wissenschaftlichen, technologischen und auch kulturellen Brutkasten, auf dem fast alle in der Weimarer Republik eingeführten Modernisierungsmomente beruhen, freilich unter veränderten und teilweise desaströsen ökonomischen Bedingungen. Und ein zentrales Moment des Modernisierungsschubs war die Hochseeflotte. Dies ist ein bis heute meist vernachlässigter Aspekt, da diese meist unter dem Stigma ihrer eingeschränkten strategischen Bedeutung als Produkt der Konstellationen im Ersten Weltkrieg steht.

Grüße Vitruv

Hallo,

interessanter Aspekt. Der Gedankenansatz geht genau in die Richtung eines Themas, das ich neulich eröffnete.
Schau mal hier:

http://www.geschichtsforum.de/f328/...n-linienschiffen-im-gefecht-19543/#post301106

Vielleicht kannst Du deine Gedanken dies bezüglich hier hin übertragen?
 
Abschlag...

Hallo,

interessanter Aspekt. Der Gedankenansatz geht genau in die Richtung eines Themas, das ich neulich eröffnete.
Schau mal hier:

http://www.geschichtsforum.de/f328/...n-linienschiffen-im-gefecht-19543/#post301106

Vielleicht kannst Du deine Gedanken dies bezüglich hier hin übertragen?

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Hallo 'Köbis' und an die ‚Flottenspezialisten’,

Ja das schau ich mir noch einmal genauer durch.

Im Nachtrag noch zugespitzt zwei zusätzliche Aspekte:

Der eine bezieht sich auf den Umstand, dass die deutschen Großkampfschiffe anscheinend erheblich günstiger im Anschaffungspreis waren als die britischen und französischen, was sich im Prinzip auf die Produktionstechniken beziehen müsste. Ist es richtig, dass dieses Faktum bei der Kostenrechnung im internationalen oft nicht berücksichtigt wird und worauf präzise basierte der entscheidende Kostenvorteil?

Dazu wird bei der weitgehenden Vernachlässigung der wirtschaftlichen Aspekte des Flottenbaus und des damit verbundenen Know-How-Transfers immer von der eigentlichen Nutzlosigkeit der Flotte ausgegangen und daraus ein zusätzlicher Kritikpunkt an der Tirpitzschen Flottenpolitik entwickelt. Greift das nicht aber viel zu kurz, wenn man berücksichtigt, dass nach einer Analyse der Royal Navy alleine die Präsenz der Flotte einen Durchbruch in die Ostsee unmöglich gemacht hat und dazu das angedachte Abschneiden von den Erzlieferungen aus Schweden so verhinderte, zumal ein Gefecht direkt in der deutschen Bucht nach Einschätzung der Royal Navy in sehr ungünstigem Gewässer stattfinden würde?

Ist also das Patt in der Nordsee aus der strategischen Perspektive nicht viel eher ein Erfolg der Tirpitzschen Flottenpolitik in der Perspektie einer ‚Abschreckung’ und nicht ein Symbol des Scheiterns wie ihn die Kritik redundant interpretiert?


Grüße und Dank für anregende Feedbacks

Vitruv
 
Zuletzt bearbeitet:
@Vitruv: ...alleine die Präsenz der Flotte einen Durchbruch in die Ostsee unmöglich gemacht hat und dazu das angedachte Abschneiden von den Erzlieferungen aus Schweden so verhinderte, zumal ein Gefecht direkt in der deutschen Bucht nach Einschätzung der Royal Navy in sehr ungünstigem Gewässer stattfinden würde?

Ein koordinierter britischer Vorstoß in die Nordsee bei gleichzeitigen Erscheinen der Russen in der mittleren Ostsee zum Minenlegen hätte gleich bei Kriegsbeginn Probleme bereiten können. Aber offenbar ist niemand bei der Entente darauf gekommen oder man traute den Russen rein gar nichts zu.
Vielleicht saß Tsushima noch allgemein in den Köpfen.
 
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Hallo 'Köbis' und an die ‚Flottenspezialisten’,

Ja das schau ich mir noch einmal genauer durch.

Im Nachtrag noch zugespitzt zwei zusätzliche Aspekte:

Der eine bezieht sich auf den Umstand, dass die deutschen Großkampfschiffe anscheinend erheblich günstiger im Anschaffungspreis waren als die britischen und französischen, was sich im Prinzip auf die Produktionstechniken beziehen müsste. Ist es richtig, dass dieses Faktum bei der Kostenrechnung im internationalen oft nicht berücksichtigt wird und worauf präzise basierte der entscheidende Kostenvorteil?

Dazu wird bei der weitgehenden Vernachlässigung der wirtschaftlichen Aspekte des Flottenbaus und des damit verbundenen Know-How-Transfers immer von der eigentlichen Nutzlosigkeit der Flotte ausgegangen und daraus ein zusätzlicher Kritikpunkt an der Tirpitzschen Flottenpolitik entwickelt. Greift das nicht aber viel zu kurz, wenn man berücksichtigt, dass nach einer Analyse der Royal Navy alleine die Präsenz der Flotte einen Durchbruch in die Ostsee unmöglich gemacht hat und dazu das angedachte Abschneiden von den Erzlieferungen aus Schweden so verhinderte, zumal ein Gefecht direkt in der deutschen Bucht nach Einschätzung der Royal Navy in sehr ungünstigem Gewässer stattfinden würde?

Ist also das Patt in der Nordsee in dem Sinne aus der strategischen Perspektive das Patt in der Nordsee nicht viel eher ein Erfolg der Tirpitzschen Flottenpolitik im Sinen einer ‚Abschreckung’ und nicht ein Symbol des Scheiterns wie ihn die Kritik redundant interpretiert?


Grüße und Dank für anregende Feedbacks

Vitruv

Laut MGFA "Deutsche Militärgeschichte 1648-1939" hat die deutsche Flotte 14-18 ihre strategische Aufgabe erfüllt, indem sie die Versorgung Russlands über die Ostsee verhinderte. Und den Kriegseintritt von Dänemark, Schweden und Holland auf Seite der Entente verhinderte.


Dass die deutschen Schiffe billiger zu produzieren waren ist mir völlig neu. Wobei ich einen Technologie-Vorsprung auf die Schnelle nicht sehen kann.
Könnte es sein, dass die Löhne deutlich niedirger lagen? Sind Schiffe mit fast ausschließlich Kohlenbunkern billiger zu bauen als solche mit Ölbunkern?

Die Differenz zu Frankreich wird vermutlich in dem wesentlich langsamerem Bautempo liegen. Aus Etat-Gründen haben die ja gut dreimal länger an einem Schiff gebaut. Und bei langsamerem Baufortschritt ist eine kostensteigerung unumgänglich.

Aber das ist ein wirklich interessanter Aspekt, es wurde ja überaus geklagt, dass die "teuren Schiffe" den Ausbau des Landheeres verhinderten.
 
Kartenspiele...

Hallo Baltic,

Danke für die Replik.

Nach englischen Quellen soll aber dieser Durchbruch in die Ostsee und die Errichtung von 2 Stützpunkten auf Helgoland und Borkum von der Royal Navy bis 1916 mehrfach geprüft worden und dann wegen der Gefahren unter der Bedrohung der dt. Hochseeflotte verworfen worden sein.

Als Quelle hierzu wird oft

A. Marder: From the Dreadnought to Scapa Flow – The Royal Navy in the Fisher Era, 5 Bde., London 1961 ff.

angegeben. Hat jemand das Werk vorliegen und kann die Quelle dazu ziteren?

Eigentliches Ziel war die Verschärfung der Hungerblockade und die Abriegelung der deutschen Häfen im Nord- und Ostseebereich für jeden Handelsverkehr.

Grüße Vitruv
 
Nach englischen Quellen soll aber dieser Durchbruch in die Ostsee und die Errichtung von 2 Stützpunkten auf Helgoland und Borkum von der Royal Navy bis 1916 mehrfach geprüft worden und dann wegen der Gefahren unter der Bedrohung der dt. Hochseeflotte verworfen worden sein.

Davon habe ich noch nie gehört. Das Thema hatte sich wohl nach dem missglückten Dardanellen-Durchbruch erledigt. Die Blockade hat ja auch so funktioniert.
 
Hallo Baltic,

Danke für die Replik.

Nach englischen Quellen soll aber dieser Durchbruch in die Ostsee und die Errichtung von 2 Stützpunkten auf Helgoland und Borkum von der Royal Navy bis 1916 mehrfach geprüft worden und dann wegen der Gefahren unter der Bedrohung der dt. Hochseeflotte verworfen worden sein.

Als Quelle hierzu wird oft

A. Marder: From the Dreadnought to Scapa Flow – The Royal Navy in the Fisher Era, 5 Bde., London 1961 ff.

angegeben. Hat jemand das Werk vorliegen und kann die Quelle dazu ziteren?

Eigentliches Ziel war die Verschärfung der Hungerblockade und die Abriegelung der deutschen Häfen im Nord- und Ostseebereich für jeden Handelsverkehr.

Grüße Vitruv


Von Borkum und Helgoland in die Ostsee ist es doch noch recht weit.

Hegoland war doch auch schwer befestigt. Hat Hipper nach dem Doggerbank-Gefecht die Briten nicht in den Schuss-Bereich der Helgoländer Batterien zu ziehen versucht?
Bei Borkum galt das Wattenmeer doch als kaum zu überwindender Schutz, habe ich schon mal gelesen, die Quelle weiß ich aber absolut nicht mehr.

Ein Durchbruch in die Ostsee ist auch damals ohne oder gegen die Dänen nicht zu bewerkstelligen. Aber klar, eine offene Rechnung hatten die natürlich noch. 1864 und die versprochene aber nie abgehaltene Volksabstimmung.


Aber insgesamt meine ich, die planen viel. Brauchen ja auch Arbeit in den Stäben. Einen ernsthaften Hintergrund würde ich doch ausschließen.
 
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Hallo 'Köbis' und an die ‚Flottenspezialisten’,

Ja das schau ich mir noch einmal genauer durch.

Im Nachtrag noch zugespitzt zwei zusätzliche Aspekte:

Der eine bezieht sich auf den Umstand, dass die deutschen Großkampfschiffe anscheinend erheblich günstiger im Anschaffungspreis waren als die britischen und französischen, was sich im Prinzip auf die Produktionstechniken beziehen müsste. Ist es richtig, dass dieses Faktum bei der Kostenrechnung im internationalen oft nicht berücksichtigt wird und worauf präzise basierte der entscheidende Kostenvorteil?

Dazu wird bei der weitgehenden Vernachlässigung der wirtschaftlichen Aspekte des Flottenbaus und des damit verbundenen Know-How-Transfers immer von der eigentlichen Nutzlosigkeit der Flotte ausgegangen und daraus ein zusätzlicher Kritikpunkt an der Tirpitzschen Flottenpolitik entwickelt. Greift das nicht aber viel zu kurz, wenn man berücksichtigt, dass nach einer Analyse der Royal Navy alleine die Präsenz der Flotte einen Durchbruch in die Ostsee unmöglich gemacht hat und dazu das angedachte Abschneiden von den Erzlieferungen aus Schweden so verhinderte, zumal ein Gefecht direkt in der deutschen Bucht nach Einschätzung der Royal Navy in sehr ungünstigem Gewässer stattfinden würde?

Ist also das Patt in der Nordsee aus der strategischen Perspektive nicht viel eher ein Erfolg der Tirpitzschen Flottenpolitik in der Perspektie einer ‚Abschreckung’ und nicht ein Symbol des Scheiterns wie ihn die Kritik redundant interpretiert?


Grüße und Dank für anregende Feedbacks

Vitruv

Natürlich war die deutsche Flottenpoltik ein "Erfolg". Wenn man von den Gesichtspunkt aus geht, das immer der Grundgedanke, die sogenannte Risikogedanke eine Rolle spielte.
Tirpitz hatte immer im Augenmerk, die Flotte so weit auszubauen, das es für England ein Risko darstellte, sich in eine Seechlacht gegen Deutschland zu stellen.
Schon in den ersten Denkschriften Mitte 90iger von Tirpitz, erwähnt er, das nur eine große Seeschlacht entscheiden könne.
Damit war sein weg klar, eine Flotte mit einen großen Charakter der Schlagkraft zu errichten. Daher auch der vernachläßigte Bau von großen Kreuzern. Wenn es nach Tirpitz gegeangen wär, hätte er gar keine gr. Kreuzer bauen lassen.
Aus einfachen Grund, Geldmangel.

So verdoppelte sich der Preis eines Linienschiffes innerhalb von 15 Jahren von 1898 mit ca. 20 Mio Mark, auf 1913 mit ca. 57 Mio Mark.
Im Vergleich stiegen die Kosten für gr.Kreuzer sogar von 1898 mit 14 Mio Mark auf 1913 mit 47 Mio Mark um mehr als das Dreifache.
Somit waren die deutschen Schiffe immer kleiner und leichter bewaffnet, als vergleichbare Schiffe anderer Nationen. Sparen war angesagt, wenn die Zahl der gefordeten Planung des Flottengesetzes von 1900 eingehalten werden soll.
Das führte dazu, das der Ausbau der deutschen Flotte immer im Bereich der Größe zu England 2:3 bleiben sollte. Hinzu kam noch, dass die deutschen Neubauten immer kleiner gehalten worden, als die britischen Schiffe, um die "Begeisterung" am Flottenaufbau auch weiter anhalten zu lassen. Vor allem was die Bewilligung zusätzlicher Finanzspritzen angeht, um beim Bau von den neuen Großlinienschiffen mithalten zu können. Denn als Vorwand brachte man beim Reichstag immer wieder ein, ja nur eine Flotte zu bauen, die sich Verteidigen muß. Ein größeres Schiff zu bauen, als die Neubauten der Briten, hätte allerdings den Beigeschmack eines Schiffes mit Angriffscharakter gehabt, somit war das Tabu.
Und bei aller Kostenknappheit, sollten dennoch qualitativ hochwertige Schiffe gebaut werden. Was ja auch gelang.
Das bedeutet, das die Schiffe vielleicht im direkten Kostenvergleich mit anderen Marinen billiger waren, das hatte ebend diesen Grund. Sparen.
Und der Einkauf oder besser gesagt, die Vergabe von Bauaufträgen für Großlinienschiffen bei den deutschen Privatwerften war ebenfalls ein Problem. Denn die neuen Technologien liessen sich die Unternehmer teuer bezahlen.
Bis 1904 teilten sich die Werft Schichau in Danzig, Blohm & Voss, der Stettiner Vulcan und die Germaniawerft die Aufträge für Neubauten von Linienschiffen. Ab 1904 nahm man noch die A.G. Weser in Bremen und ab 1908 die Howaldt in Kiel mit ins "Boot".
Dies hatte den Vorteil für das RMA ( Reichsmarineamt), dass man etwaigen Preisabsprachen entgegnete, da die zuerst genannten Werften in Hoffnung auf Bauaufträge ab 1898 enorme Investitionen getätigt hatten.
So konnte z.B. auch wieder die eine oder andere Mio gespart werden. Desweitern wurde eine genaue und sehr penible Kostenplanung vor jeden Neubau durchgeführt, die natürlich immer auch nach technischen Möglichkeiten ausgerichtet war.
So wurden z.B. die Geschütze kleiner gewählt, da das 30,5 cm Geschütz billiger war, als ein neues 35 cm oder gar 38 cm Geschütz. Dabei wurde das 30,5 cm soweit entwickelt, das es besser Schußeigenschafften hatte als ein britisches Modell.
Jedes Gewerk, das ein gutes Linienschiff ausmachte wurde so eingesetzt und zusammengepuzzelt, bis die veranschlagetn Kosten erreicht waren.
Die Schiffe hatten somit ein gutes Kosten Nutzen Verhältnis im Vergleich mit britischen Schiffen.

Und ein Einsatz der britischen Marine in der Ostsee, war durch die praktisch nicht mehr existierende russische baltische Flotte unmöglich. Deutschland hatte in der Ostsse durch gut gelegte Minenfelder das bischen baltische Flotte lahm gelegt.
Der Einsatz von britischer Seite her hätte einen so großen logistischen Akt abverlangt, der durch die Anwesenheit deutsche Flotte zu einen Himmelfahrtskommando geworden wäre.
 
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