Um noch einmal etwas zum Kontext des
ius primae noctis auszuführen...
Es geht ja nicht darum, ob sich ein Herr mit schönen Töchtern der Untertanen u. dgl. zu vergnügen gedachte bzw. sich mit diesen vergnügte, denn dafür brauchte bspw. ein Adliger weder einen Vorwand noch eine gesetzliche Legitimation.
Es geht hierbei vielmehr darum, ob ein derartiges Recht jemals überhaupt im Sinne einer Rechtsvorschrift o.ä. verbrieft gewesen ist.
Als gewichtiges Indiz gegen ein solch verbrieftes Recht bzw. Privileg wird unter Historikern gemeinhin angesehen, daß die Forderungen nach Abschaffung von als ungerecht empfundenen Herrenrechten, welche während der Bauernerhebungen im 16. Jh. laut wurden,
nie von einem Recht der Grundherren sprachen, nach welchem diese zum Raub der Jungfräulichkeit befugt waren (und so etwas wäre von den Bauern ja höchstwahrscheinlich als eine der größten Ungerechtigkeiten empfunden worden).
Laut des
Handwörterbuchs zur deutschen Rechtsgeschichte:
Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte schrieb:
... ein Privileg des Grundherrn auf Beiwohnung in der Brautnacht einer Grundhörigen hat niemals existiert...
Auf der Suche nach wirklichen Belegen i.S.v. festgeschriebenen Paragraphen wurden Historiker wohl nur in der relativ kleinen Gemeinde
Maur (Schweiz) überhaupt fündig. Dort steht im
Artikel 4 der Offnung von 1543:
Artikel 4 der Offnung von 1543 schrieb:
Wer hier zur heiligen Ehe gelangt, der soll den Meier und auch seine Frau einladen. Da soll der Meier dem Bräutigam einen Hafen leihen, in dem er ein Schaf sieden kann. Auch soll der Meier ein Fuder Holz an die Hochzeit bringen. Ebenso sollen er und seine Frau den Viertel eines Schweineschinkens bringen. Und wenn die Hochzeit zu Ende ist, so soll für die erste Nacht der Bräutigam den Meier bei seinem Weib liegen lassen, oder er soll es auslösen mit fünf Schillingen und vier Pfennigen.
Einmal abgesehen davon, daß die Historiker davon ausgehen, daß davon in Realität nicht wirklich Gebrauch gemacht wurde, liegt zudem hierbei mE auch der hauptsächliche Sinn nicht auf "soll für die erste Nacht der Bräutigam den Meier bei seinem Weib liegen lassen", sondern vielmehr auf "soll es auslösen mit fünf Schillingen und vier Pfennigen". Es geht also vornehmlich um das Lösegeld, welches für die Braut nach altem Gewohnheitsrecht zu zahlen war: der Mann kaufte die Braut dem (Grund-)Herrn ab, dem sie gewohnheitsgemäß "gehörte".