Römische Brustpanzer

Hesperides

Neues Mitglied
Hallo,
hätte mal eine Frage: Man stolpert immer mal wieder über Darstellungen von römischen Brustpanzern, ich meine aus Blech getriebene, welche die Brustform quasi naturalistisch nachformen. Gab es das so wirklich? Wenn ja: Wann, für wen? Nur obere Dienstränge und nur zum Repräsentieren oder auch wirklich für den Kampf???:confused:
 
Ob es sie so gab: bislang wurde keiner davon gefunden, weder aus Bronze, Blech oder Leder (alles bereits hergestellte Rekonstruktionen).
Solche Brustpanzer gab es vorher bereits, etwa bei den Griechen (oder besser, vorwiegend dort, allerdings wohl auch bei den Etruskern), daher ist nicht auszuschließen, dass auch die Römer diese benutzten.
Auf den Darstellungen tragen ausschließlich hohe Offiziere diesen Typus, wobei mancher auf dem Caelius-Grabstein eine musculata erkennen möchte.

Bei den Griechen war letzteres anders, jedenfalls, so weit wir dies einschätzen können.
 
Kleiner Einwand: Muskelpanzer hat man schon gefunden. Allerdings nur für Hopliten, dh aus vor-römischer Zeit.
 
Das meinte ich mit:
Solche Brustpanzer gab es vorher bereits, etwa bei den Griechen (oder besser, vorwiegend dort, allerdings wohl auch bei den Etruskern), daher ist nicht auszuschließen, dass auch die Römer diese benutzten.
Vielleicht zu unpräzise ausgedrückt aber auch zwischen Tür und Angel geschrieben.
 
Und bei den Römern sind sie stets Ausdruck eines hohen militärischen Dienstgrades d.h. hatten dort keine praktische Funktion mehr sondern die eines Statussymbols?
 
Meines Wissens sind diese Art von Panzer, also der Thorax, (fast) ausschließlich von Statuen und Monumenten bekannt. Was man auch dahin deuten kann, dass es sich stilistische Mittel oder aber Paraderüstungen handeln kann. Funde aus rein militärischen Kontexten sind mir nicht bekannt, jedoch ist die Zeit in der diese Rüstung getragen wurde nicht wirklich mein Gebiet.
 
Und bei den Römern sind sie stets Ausdruck eines hohen militärischen Dienstgrades d.h. hatten dort keine praktische Funktion mehr sondern die eines Statussymbols?

Das ist Interpretation - in der Antike haben Generale auch leibhaftig in die Schlacht eingegriffen und waren in diesem Falle wohl froh, einen Panzer zu tragen. Dass der "Muskelpanzer" schick und wertvoll und sicher nicht undekorativ war, muss nicht bedeuten dass das seine ausschließlichen Eigenschaften waren.
 
Hat mir gerade jemand geschickt.

Dieser Brustpanzer wurde in einem Nebenarm der Mur Mur (Fluss) ? Wikipedia gefunden.
Angeblich wurde der auf die Zeit von Kaiser Augustus datiert.
Ist nun die Frage ob das ein echter römischer Muskelpanzer ist, oder doch ein nicht-römischer?
 

Anhänge

  • file0104.jpg
    file0104.jpg
    199,9 KB · Aufrufe: 807
Ob es sie so gab: bislang wurde keiner davon gefunden, weder aus Bronze, Blech oder Leder (alles bereits hergestellte Rekonstruktionen).
Dass keine gefunden werden, wird wohl daran liegen, dass sie eher selten waren und nicht von der Masse der Soldaten getragen wurden.
Außerdem werden auch kaum antike Beinschienen gefunden, obwohl sie durch Reliefs und (bei den Griechen) Vasenmalereien gut belegt sind.
 
Eigentlich sieht der viel zu gut erhalten aus, ein Prunkstück ist es auch nicht gerade. Wer sagt, ob es nicht etwa ein Kürass aus der Neuzeit ist?
 
Eigentlich sieht der viel zu gut erhalten aus, ein Prunkstück ist es auch nicht gerade. Wer sagt, ob es nicht etwa ein Kürass aus der Neuzeit ist?

Ein Kürass aus der Neuzeit, nein, Kürasse aus der Neizeit bildeten keine Körperausprägungen nach; jedenfalls kenne ich keine Kürasse aus der Neuzeit, die so geformt waren (Brust etc.). Was natürlich nichts heißen muß.

@Legat

Auf dem Bild ist faktisch nichts erkennbar. Außer daß er Dir offensichtlich passt. Da allerdings würden bei mir alle "Alarmglocken" läuten, die Menschen waren einfach kleiner! Selbst in Uniformen inkl. Kürass aus dem frühen 19. Jh. passt heute keiner mehr rein. Von Ausnahmen abgesehen. ;)

Laß einfach eine Materialprüfung machen, ist allerdings teuer.

M.
 
Das bin ich nicht auf dem Foto :D
Und ich kann nur wiedergeben, was mir derjenige gesagt hat, der mir das Foto schickte.
Der Panzer soll ein Zufallsfund sein. Aus Geldmangel geht der nach München und soll dort versteigert werden.
Da der Panzer unten am Rand und am rechten Arm tiefe Kerben aufweist vermutet man, dass der Träger recht gewaltsam verstorben ist.

Ich frag noch mal nach wegen zuständiger Fachstelle, etc.
 
Ein neuzeitliches Teil scheint es wirklich nicht zu sein.
Zu einem militärischen Kürass hat Melchior schon alles gesagt.
Kürasse für Gesteche in "antikisierender" Manier sahen auch zumeist weit verzierter aus.

Im Gebiet der Mur kämen ja verschiedene Seiten als Träger in Frage. Ich hätte auf Anhieb an etwas griechisches gedacht, wenn der Fundort nicht eben im Raum Österreich/Slowenien liegen würde. Es kann aber auch eine völlig falsche Assoziation meinerseits sein, weil man schlichte Muskelpanzer nunmal aus den Museen eben aus griechischem Kontext gewöhnt ist. Wäre die nächste Frage, ob das Teil nicht auch als Exportgut schon in vorrömischer Zeit dorthin gekommen sein kann. :grübel:
 
Hallo Legat,

ich bin, ehrlich gesagt, hin und her gerissen. Solange die Herkunft und die Erwerbsumstände eines arch. Fundes nicht zweifelsfrei geklärt sind, habe ich immer das Problem, hierzu etwas zu sagen.

Aber trotzdem:
Nach meiner Meinung liegt, bei vorsichtiger Interpretation des Bildes, folgendes vor:

1. Ich glaube nicht, dass es ein Flussfund ist. Die Patina eines Gewässerfundes sieht anders aus.
2. Es ist ein Bodenfund.
3. Formgebung, sowie Verzierung (angedeuteter männlicher Oberkörper) deutet eher auf einen hallstattzeitlichen Panzer (Ha D 1um 600 v.Chr., möglicherweise Ha C2, etwa 670 v.Chr.) hin. Dafür würde auch die Fundgegend, so sie korrekt ist, sprechen.

Die „Kampfspuren“ sind zu 80% Sicherheit keine. Ich befürchte, sie haben was mit den Bergungsumständen zu tun. Es gibt auch durchaus hallstattzeitliche Grabfunde, die solche, absichtlichen, Beschädigungen aufweisen.

Solche Ferndiagnosen sind immer schwierig.

Und- ich habe es bereits erwähnt, immer etwas unangenehm. Solange die Fundumstände, Fundort und Beifunde nicht bekannt sind, sollten einfach keine Diagnosen abgegeben werden, weil man nie sicher sein kein, ob nicht der Raubgräberei Vorschub geleistet wird.

Bitte nimm es wirklich nicht persönlich, ich bin sicher, dass du deine Frage in bester Absicht gestellt hast.

Also – nix für ungut.

Thomas
 
Ziemlich absonderliches Teil. Um ehrlich zu sein: für das, was römische Panzerstatuen (komisches Wort) identifizierbar als namensgebendes Element tragen, ist dieses Ding zu plump. Zumindest in der Kaiserzeit waren die Panzer "Programm", d. h. trugen ganze Stories wie die Rückgabe der Feldzeichen des Crassus durch die Parther auf dem Panzer des Augustus von Prima Porta – und da die Römer alles und jedes verziert haben, nehme ich an dass es bei den Panzerstatuendekorationen echte Vorbilder gab.
Ein paar Dinge machen mich weiterhin stutzig:
- unklare Fundumstände (auch schon von anderen erwähnt)
- die merkwürdig lange, plumpe Form
- wenig Adaption an anatomische Gegebenheiten: die Öffnungen für die Arme sind sehr klein, der Abschluss unten sehr grade. Es müsste eine ziemliche Quälerei für den Träger sein, mit wenig Bewegungsspielraum, auch wenn der Panzer hinten "offen" bzw. nur mit Bändern zusammengehalten wurde.

Römisch kommt mir das Teil von der Formsprache her nicht vor, eher etruskisch, Abbildungen von Kriegern zeigen die mitunter mit solchen Rüstungen – aber dafür sieht der Fund nicht alt genug aus. Ein Bodenfund aus der Zeit wäre heute schlimmer dran.
 
Wie gesagt, ich habe doch ein wenig Bauchschmerzen, weil die Fundumstände unklar sind. Da aber der Fund im Museum Burg bereits der Fachwelt zur Begutachtung vorlag, ein paar Überlegungen, warum dieser Fund rein formal tatsächlich dem etruskisch/hallstattzeitlichen Formenkreis zuzuordnen wäre.
Grundsätzlich stammen die mitteleuropäischen Panzer wohl von urnenfelderzeitlichen Stücken ab.
Die Form ist glockenförmig mit geraden Abschluss zum Abdomen. Konstruktion zweischalig. Draht/Lederverbindung links oder rechts am Körper entlang, sowie in Röhren an den beiden Schultern.
Verzierung in der UK stammt aus dem üblichen Formenschatz, sprich Dreiecke, Kreisaugen, Linienmuster. Der nackte Oberkörper ist sehr stilisiert, die anatomischen Merkmale (Brust, Nabel) von eben diesen Verzierungen umgeben und optisch verstärkt.

In der anschließenden Hallstattzeit bleibt die Grundform, also zweischalig, gerader Abschluß. Die Verzierung tritt zurück, es verbleiben Dreiecksmuster entlang des Halsausschnittes und entlang der Abschlussleiste unten. Dafür tritt die Muskulatur etwas deutlicher in Erscheinung.

Der Panzer der UK und der Hallstattzeit ist für eine Reiter, da die Wölbung, die den Unterbauch bei Fußkrieger mit schützt, fehlt. Verstärkt wird dies durch die Beifunde. Alle bisherigen Hallstattpanzer (8 oder 9) finden sich in überreich ausgestatteten Männergräbern, incl. Reiterzubehör.
Sie tauchten bislang nur im Osthallstattkreis auf (Bayern, Österreich, Slowenien, Kroatien).
Das liegt wohl sicher am unterschiedlichen Grabbrauch im West- und im Osthalltstattkreis. Im Westen fehlen Schutzwaffen durchgehend.

Die Datierung ist noch nicht zwingend gelöst. Das Problem ist die zeitliche Lücke zwischen Ha B (letzte UK-Panzer, um 900 v.Chr.) und Ha D1 (um 600 v.Chr.). Ha D1 ergibt sich aus den Beifunden an Fibeln, Helmen, Gürtelblechen etc. Deshalb wird gelegentlich auch mit der Datierung HaC 2 argumentiert, die ein Mischinventar an Ha C und D beschreiben soll.
Ich persönlich halte dies jedoch nur für ein Konstrukt, dass sich nicht ausreichend begründen lässt.

Die Formale Ansprache des Panzers auf dem Foto ergibt also tatsächlich eher einen hallstattzeitlichen Kontext, der außerdem durch die Fundgegend unterstrichen wird.

Aber genau diese Diskussion zeigt erneut und eindringlich die Problematik von unprofessioneller Fundentnahme. Die Einzelstücke verlieren ihren wissenschaftlichen Wert, da keine zwingenden Beweise für die Datierung, Verwendung und Bedeutung des Stückes mehr vorliegen. Auch eine nachträgliche Publikation macht das nicht besser, da es in aller Regel an nachvollziehbarer Dokumentation der Grabung oder Fundumstände fehlt.
Schlimm ist außerdem das Verschwinden des Stückes im Kunsthandel. Damit ist es dem öffentlichen Zugriff entzogen, weitere Forschungen können in aller Regel nicht mehr vorgenommen werden.
Das ist gerade für ein Stück dieser Art sehr negativ. Es liegen bislang nur 8 sichere und ein vermutlicher Fund vor, deren Datierung, wie gesagt nicht sicher ist. Hier ist also jedes neue Stück sehr wichtig.

Ich möchte deshalb an dieser Stelle noch mal dringend bitten, sich nicht an unprofessioneller Fundbergung zu beteiligen oder eine solche Tätigkeit zu unterstützen. Es geht dabei keineswegs um irgendwelche finanziellen Interessen oder um die rechtliche Seite.
Als Geschichtsinteressierte sollte wir alle genug Verständnis und Respekt für die Wichtigkeit von Primärquellen haben.

Thomas
 
Zuletzt bearbeitet:
Die beste Zusammenfassung zu Hallstattzeitlichen Panzergräbern, verständlich dargestellt, findet sich bei:
Krieger - Feste - Totenopfer: Markus Egg, Diether Kramer
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Zurück
Oben