Ritter überspezialisiert?

Witege

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Normalerweise wird die Verlängerung der Lanze auf 2,5 - 3m im 11./12. Jahrhundert als Innovation dargestellt, durch die der Angriff der Ritter eine bisher unbekannte Durchschlagskraft erreichte und die Ritter somit endgültig schlachteindscheidend wurden.

Markus Junkelmann sieht es jedoch etwa anders. Für ihn war die Verlängerung der Lanze eine Sackgasse. Die römischen Hasta und fränkischen Flügellanzen (je 2 -2,5) waren im Gegensatz zu den längeren Lanzen viel flexibler. Der eingelegte Einsatz war zwar nicht so effizient, allerdings konnten sie auch überkopf stoßend und fechtend eingesetzt werden. Durch die ständig länger und schwerer werdenden Lanzen nahmen sich die Ritter somit die Möglichkeit nach der Seite und nach hinten zu kämpfen.

David Nicolle behauptete gar, dass die Ritter beinahe unfähig geworden waren, gegen andere Gegner als europäische Ritter zu kämpfen.



Was denkt ihr dazu? Hatten sich die Ritter zu überspezielisiert? Oder waren sie durch die langen Lanzen erst zu einer richtig starken Einheit geworden?
 
Nuja ich denke mal, dass die Lanze eh nur beim ersten Anritt eingesetzt werden kann. Danach ist sie entweder zerbrochen, oder ein Schaschlikspieß der dank zusätzlichem Gewicht von ca 100kg pro Fleischstückchen recht unbrauchbar geworden sein sollte.
Mit (Sattelbaum-)Schwert, Streitkolben/-hammer, etc war der Reiter dann immer noch sehr effektiv.
 
Nuja ich denke mal, dass die Lanze eh nur beim ersten Anritt eingesetzt werden kann. Danach ist sie entweder zerbrochen, oder ein Schaschlikspieß der dank zusätzlichem Gewicht von ca 100kg pro Fleischstückchen recht unbrauchbar geworden sein sollte.
Mit (Sattelbaum-)Schwert, Streitkolben/-hammer, etc war der Reiter dann immer noch sehr effektiv.

Das ist natürlich klar. Aber die römischen/gallorömischen Equites und karolingischen und ottonischen Milites benutzten auch zusätzlich zu ihren Lanzen, wenn diese zerbrochen waren, Schwerter, die durch die geringere Reichweite eben nicht mehr ganz so effektiv waren wie die Lanzen.
 
David Nicolle behauptete gar, dass die Ritter beinahe unfähig geworden waren, gegen andere Gegner als europäische Ritter zu kämpfen.

Das ist wohl übertrieben. Es kommt einfach auf die Art des Gegners an. Wenn die Ritter es schaffen ihren Gegner frontal zu treffen, dann waren sie wohl überlegen, wenn der Gegner sich darauf einstellen konnte und entsprechende Gegenmaßnahmen traf, dann eben nicht. Ich denke, man kann das sehr schön bei den Kreuzzügen sehen. Grundsätzlich waren die arabischen Heere ja viel beweglicher als die Ritterheere. Kam es dennoch zur direkten Konfrontation, dann hatten die Araber keine Chance, spielten dagegen die Araber ihre Beweglichkeit aus, dann sah es andersherum für die Kreuzfahrer schlecht aus.
 
David Nicolle behauptete gar, dass die Ritter beinahe unfähig geworden waren, gegen andere Gegner als europäische Ritter zu kämpfen.

Ich würde das nicht ganz so extrem sehen. Ich denke, man kann es so auf den Punkt bringen, dass die Ritterheere immer dann erfolgreich waren, wenn ihnen der Gegener den Gefallen getan hat und sich den anstürmenden Panzerreitern entgegenstellte und sich damit auf deren bevorzugte Taktik einließ. Veränderte man die Taktik in Richtung eines Bewegungskrieges oder benutzte "unritterliche" Waffen, wie Bögen oder andere Distanzwaffen, dann kamen die Ritter schon in Bedrängnis. Dieser Effekt zeigte sich ja immer wieder bei den Kreuzzügen, bei Crecy, gegen die schottischen Schiltrons, den schweizer Hellebardieren usw.

Man darf dabei vor allem nicht vergessen, dass die Ritterheere erhebliche Erfolge gegen Infanterieansammlungen erzielen konnten, da der massive Aufprall und die damit einhergehende Wucht die Reihen aufbrach und damit eine sinnvolle Verteidigung unmöglich machte. Erst die Verwendung von Abwehrmaßnahmen wie phalanxähnlichen Aufstellungen oder Pflöcken zum Schutz und/oder Distanzwaffen konnte die absolute Überlegenheit der Panzerreiter auf dem Schlachtfeld brechen.

Als Spezialisierungsnachteil würde ich vor allem die Konzentration auf die "ritterlichen" Waffen ansehen und damit vor allem die Weigerung Bögen einzusetzen. Die muslimischen oder Steppenreiter hatten damit weniger Probleme, dafür aber großen Erfolg.
 
Durch die ständig länger und schwerer werdenden Lanzen nahmen sich die Ritter somit die Möglichkeit nach der Seite und nach hinten zu kämpfen.

In den meißten Fällen wurden die Lanzen doch eigentlich wie GilGalad schon sagte nur für das Brechen der gegnerischen Reihen gebraucht, oder? Die Ritter versuchten durch die Wucht des Aufpralls quasi durch die Reihen des Gegners zu schneiden um diese zum Auflösen zu zwingen, meißt war dies mit einer kopflosen Flucht des Feindes verbunden. Schafften Sie dies nicht im ersten Ansturm kämpften sie mit ihrer Sekundarwaffe weiter (Schwert etc). Auch kam den Rittern das Fußvolk zu Hilfe, wenn sie " Stecken blieben". Außerdem denke ich hätte sich die Lanze doch nicht bei den Rittern durchgesetzt, wenn diese den Speer oder die Flügellanze als effektiver erachtet hätten, oder?
 
In den meißten Fällen wurden die Lanzen doch eigentlich wie GilGalad schon sagte nur für das Brechen der gegnerischen Reihen gebraucht, oder?
Klar, die langen Ritterlanzen konnten auch nur auf diese Weise benutzt werden.

Außerdem denke ich hätte sich die Lanze doch nicht bei den Rittern durchgesetzt, wenn diese den Speer oder die Flügellanze als effektiver erachtet hätten, oder?
Klar, gegen andere Ritter war die Lanze natürlich effektiver. Die Frage ist eben, ob sie sich dadurch nicht in eine Sackgasse brachten, da sie sich so ihre Flexibilität gegen andere Truppengattungen (wie die schwere Infanterie)
nahmen, die aber natürlich nicht in Mitteleuropa vorkamen.
 
David Nicolle behauptete gar, dass die Ritter beinahe unfähig geworden waren, gegen andere Gegner als europäische Ritter zu kämpfen.

Was denkt ihr dazu? Hatten sich die Ritter zu überspezielisiert? Oder waren sie durch die langen Lanzen erst zu einer richtig starken Einheit geworden?

Ich kann mir nicht vorstellen, wieso eine längere Lanze einen Nachteil im direkten Sturmangriff auf gegnerische Infanterie darstellen sollte, ich halte das eher im Gegenteil für eine Verbesserung.
Genau das war ja die Taktik, auf die sie sich spezialisiert haben. Ich sehe eigentlich keinen Grund, wieso das nur gegen gegnerische Ritter funktionieren sollte?

Insbesondere, da auch gegnerischer Ritter weiterhin über Schwerter und Streitkolben verfügten, also in der Hinsicht keinen Nachteil gegenüber Infanterie haben.

Sollten sie tatsächlich einmal überraschend in der Flanke gepackt werden (und wann passierte das schon?), wäre eine kürzere Lanze vielleicht wirklich flexibler gewesen als bloß ein Schwert, aber dazu kann ich nichts weiter sagen.

Letztlich gilt vermutlich auch hier: je spezialisierter die einzelnen Truppenteile wurden, desto wichtiger war das geschickte Einsatz im Verbund?
 
Ich kann mir nicht vorstellen, wieso eine längere Lanze einen Nachteil im direkten Sturmangriff auf gegnerische Infanterie darstellen sollte, ich halte das eher im Gegenteil für eine Verbesserung.
Weder Junkelmann noch Nicolle haben behauptet, dass eine längere Lanze im direkten Sturmangriff einen Nachteil darstellte. Niemand bezweifelt, dass die längere Lanze im Sturmangriff effektiver war.

Insbesondere, da auch gegnerischer Ritter weiterhin über Schwerter und Streitkolben verfügten, also in der Hinsicht keinen Nachteil gegenüber Infanterie haben.
War es sicher kein Nachteil gegen schwere Infanterie, die sich durch einen Schildwall oder Piken erfolgreich gegen einen Schockangriff behaupten konnten?

Aber wie schon gesagt, gab es diese Gegner nicht im mitteleuropäischen Hochmittelalter. Erst durch die Schotten und Flandern und dann noch deutlicher durch die Schweizer und Landsknechte wurden den Rittern ihre Grenzen gezeigt.

Sollten sie tatsächlich einmal überraschend in der Flanke gepackt werden (und wann passierte das schon?), wäre eine kürzere Lanze vielleicht wirklich flexibler gewesen als bloß ein Schwert, aber dazu kann ich nichts weiter sagen.
Um einen gegnerischen Flankenangriff geht es hierbei Junkelmann wohl eher weniger. In diesem Falle wird jede Reiterei zur Flucht gezwungen. Allgemein in einem Handgemenge dürfte die kürzere Lanze von Vorteil gewesen sein.

Letztlich gilt vermutlich auch hier: je spezialisierter die einzelnen Truppenteile wurden, desto wichtiger war das geschickte Einsatz im Verbund?
Das stimmt wirklich. Wobei sich aber nicht nur einzelne Truppenteile, sondern die gesamte Militärtradition ständig spezialiserte und eben dann bei neuen Gegnern überrascht werden konnte.
 
Weder Junkelmann noch Nicolle haben behauptet, dass eine längere Lanze im direkten Sturmangriff einen Nachteil darstellte. Niemand bezweifelt, dass die längere Lanze im Sturmangriff effektiver war.

Mir ging es um die Unterscheidung zwischen Rittern und Infanterie als Gegner.

Na ja, mir ist überhaupt nicht klar, wieso "Ritter beinahe unfähig geworden waren, gegen andere Gegner als europäische Ritter zu kämpfen". Das ist sicher überspitzt formuliert, aber auch grundsätzlich würde ich mich da nicht anschließen wollen.
Andere Nahkampfwaffen sind ja nun nicht soo schlecht - und wurden durch die Zeiten auch oft genug von Kavallerie eingesetzt. Auch die fränkischen Panzerreiter hatten noch Schwerter.

War es sicher kein Nachteil gegen schwere Infanterie, die sich durch einen Schildwall oder Piken erfolgreich gegen einen Schockangriff behaupten konnten?

Was ich damit nur sagen wollte: Wenn Ritter effektiv gegen Ritter kämpfen konnten, wieso dann nicht gegen mit Schwertern bewaffnete Infanterie... aber das war nur so ein Gedanke am Rande.

Daß disziplinierte und entsprechend (z.B. mit Lanzen) ausgerüstete Infanterie gegen Ritter (wie auch gegen jede sonstige Art der ('nahkämpfenden') Kavallerie) sehr effektiv war, unterschreibe ich ja jederzeit.

Also: Ich denke, Ritter waren spezialisiert, aber nicht überspezialisiert _im Vergleich zu z.B. fränkischen Panzerreitern_. Die Weiterentwicklung der Infanterieausrüstung und -taktik wäre auch diesen zum Verhängnis geworden, trotz kürzerer Lanze.

Daß sie ganz allgemein überspezialisiert waren, kann man in gewissem Sinne vielleicht schon ex post aus ihrem Verschwinden folgern(?).
 
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Um einen gegnerischen Flankenangriff geht es hierbei Junkelmann wohl eher weniger. In diesem Falle wird jede Reiterei zur Flucht gezwungen. Allgemein in einem Handgemenge dürfte die kürzere Lanze von Vorteil gewesen sein.
Aber das Schwert doch noch viel mehr. Wenn ich zwei Waffen habe und beide für unterschiedliche Zwecke nutzen kann, ist es doch nur verständlich, wenn sie für diese Zwecke verbessert werden.
Wozu braucht der Ritter eine flexibel einsetzbare Lanze, wenn er die meisten Einsatzgebiete mit einem viel flexibleren Schwert (oder Keule oder Axt oder...) abdecken kann?
 
Aber das Schwert doch noch viel mehr. Wenn ich zwei Waffen habe und beide für unterschiedliche Zwecke nutzen kann, ist es doch nur verständlich, wenn sie für diese Zwecke verbessert werden.
Wozu braucht der Ritter eine flexibel einsetzbare Lanze, wenn er die meisten Einsatzgebiete mit einem viel flexibleren Schwert (oder Keule oder Axt oder...) abdecken kann?

War das Schwert wirklich flexibler? Eine besonders große Reichweite hatten die Reiter bestimmt nicht damit und ich stelle es mir doch schwieriger vor das Pferd in die erforderliche Position zu bringen, als mit einem Speer, mit dem man auf alle Seiten stechen konnte, den Gegner zu erreichen.

Außerdem benutzten ja auch die Kelten, Römer und Franken zusätzlich zu ihren Lanzen lange Schwerter.

Junkelmann erklärt es sich so, dass die Römer die Lanze nicht länger gemacht haben: sie ist handlich genug für das Handgemenge und kann außerdem durch den möglichen Wurf den Reichweitennachteil ausgleichen.

Ein weiterer Vorteil könnte auch gewesen sein, dass man die Hasta mit Trageriemen am Rücken tragen konnte, um so zusätzlich leichte Wurfspeere gebrauchen zu können. Aber ich bin mir jetzt nicht ganz sicher, ob das nicht auch mit den längeren Blattlanzen ging, aber Timotheus kann das bestimmt beantworten.
 
Ich würde das nicht ganz so extrem sehen. Ich denke, man kann es so auf den Punkt bringen, dass die Ritterheere immer dann erfolgreich waren, wenn ihnen der Gegener den Gefallen getan hat und sich den anstürmenden Panzerreitern entgegenstellte und sich damit auf deren bevorzugte Taktik einließ.

Das trifft es auch meiner Meinung nach auf den Punkt. Die Aussage von Nicolle ist natürlich total übertrieben. Außerdem waren die Ritter im Gegensatz zu den römischen Equites die Hauptkampftruppe und konnten sich nicht auf eine schwere Infanterie verlassen (auch wenn diese in spätrömischer Zeit immer schlechter wurde), was Junkelmann wohl übersieht.


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Im Kampf gegen andere Reiter war die eingelegt Lanze mit Sicherheit überlegen, wodurch es eigentlich eine logische Entwicklung war, dass die Reiterarmeen auf immer länger werdende Lanzen setzten. Also denke ich schon, dass man sagen kann, dass sich die Ritter im Kampf gegen andere Ritter quasi überspezialisierten.


Die Frage ist eben, ob die längere Lanze auch gegen andere Truppengattungen die besser Wahl war. Gegen Schützen und leichte Infanterie war es bestimmt egal, mit welcher Waffe man den Gegner niederritt.

Gegen Bauernhaufen, die nicht gewohnt waren die Formation zu halten, war der Schockangriff mit eingelegter Lanze bestimmt effektiver und die erzeugte Wucht reichte um die Gegner aufzulösen.

Aber sowohl gegen Schwere Infanterie als auch leichte Reiterei denke ich, war die lange Lanze von deutlichem Nachteil, also gegen die Truppengattungen, die für die künftigen Niederlagen sorgten.

Gegen Pikenformationen (vor allem im Igel) wäre der Wurf der Lanze die einzige Möglichkeit gewesen ohne eigene Infanterie überhaupt anzugreifen und gegen effektive Schildwälle war der Angriff mit einer Waffe, die mit Sicherheit zerbricht, bestimmt auch nicht besser.

Bei der leichten Reiterei bin ich mir zwar nicht sicher, aber eine Waffe, die deutlich flexibler ist (und evtl. auch mit zusätzlichen Wurfspeeren), hätte hier wohl auch von Vorteil sein können, da die berittenen Bogenschützen nicht in einen richtigen Nahkampf gezwungen werden konnten.
 
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Schwere Reiterei war im Mittelalter dazu da, gegen ihresgleichen zu kämpfen. Alles andere war unehrenhaft. Infanterie spielte, von städtischen Aufgeboten und Landsturm abgesehen, keine Rolle in der Schlacht. Diese waren, von Ausnahmen abgesehen, keine ernstzunehmenden Gegner. Gingen Schlachten gegen Fußvolk verloren (Crecy gegen englische Bogenschützen, Kortrijk gegen die Flamen), ist das mehr auf taktische Dummheit zurückzuführen. Eine schwere Infanterie existierte nicht, es kam aber gar nicht selten vor, dass Ritter abgesessen kämpften. Erst die Kombination von Feuerwaffen mit Piken beendete die Überlegenheit des schwer gepanzerten Ritters. Kann man alles bei Delbrück nachlesen...
 
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Schwere Reiterei war im Mittelalter dazu da, gegen ihresgleichen zu kämpfen. Alles andere war unehrenhaft.
Na ja so selten kam es jetzt auch nicht vor, dass Ritter gegen Infanterie oder andere Truppen kämpfen mussten. Es gab ja schließlich nicht nur Konflikte zwischen den deutschen, französischen und englischen Rittern.

Infanterie spielte, von städtischen Aufgeboten und Landsturm abgesehen, keine Rolle in der Schlacht. Diese waren, von Ausnahmen abgesehen, keine ernstzunehmenden Gegner.
Klar, wie gesagt in Mitteleuropa. Aber schon die oberitalienische Infanterie darf man wohl nicht unterschätzen (siehe Legnano).

Eine schwere Infanterie existierte nicht, es kam aber gar nicht selten vor, dass Ritter abgesessen kämpften.
Naja, da übertreibt es Delbrück meiner Meinung nach gewalltig. Aber wegen mir, nennen wir die Huscarle und abgesessenen Ritter halt schweres Fußvolk und nicht Infanterie. Außerdem kämpften die Franzosen und Engländer, die die Blattlanze ja vor den Deutschen übernahmen, deutlich seltener zu Fuß, zumindest im Hochmittelalter (wie man es ja bei Delbrück nachlesen kann....)

Erst die Kombination von Feuerwaffen mit Piken beendete die Überlegenheit des schwer gepanzerten Ritters.
Nicht schon die unkonventionelle Taktik der Schweizer? Aber wenn du von einer offenen Feldschlacht ausgehst, dann hätten die Pikenträger wohl auch schon gereicht. Oder siehst du erst Pavia als Ende der Überlegenheit der Ritter?

Kann man alles bei Delbrück nachlesen...
Ähm ja...
Habe ich ja auch nicht schon öfters zitiert...
 
@Witege: Aber schon die oberitalienische Infanterie darf man wohl nicht unterschätzen (siehe Legnano).

Das ist genau so eine neuzeitliche Legende, in Italien . Die Schlacht entschied nicht das lombardische Fussvolk, dass hier horrende Verluste erlitt, sondern die Reiterei.

Nicht schon die unkonventionelle Taktik der Schweizer? Aber wenn du von einer offenen Feldschlacht ausgehst, dann hätten die Pikenträger wohl auch schon gereicht.

Die bekannten Siege der Schweizer waren durch das für Reiter untaugliche Gelände begünstigt. Was in offenem Gelände passierte, wenn stangenwaffentragendes Fußvolk auf Panzerreiter stieß, zeigte sich im Bauernkrieg. Hier muss man freilich berücksichtigen, dass es sich um ziemlich disziplinlose Haufen handelte, die meist schon vor dem Anprall das Laufen bekamen.
 
Das ist genau so eine neuzeitliche Legende, in Italien . Die Schlacht entschied nicht das lombardische Fussvolk, dass hier horrende Verluste erlitt, sondern die Reiterei.
Naja, ohne das Halten der Infanterie, wäre der Sieg wohl nicht möglich gewesen. Oder habe ich etwas anderes geschrieben? Meine einzige Behauptung war, dass man die oberitalienische Infanterie nicht unterschätzen darf, oder habe ich etwa geschrieben, dass sie den Sieg alleine brachten? Ein deutsches oder französisches Bauern- oder Städteaufgebot hätte auch das nicht geschafft...

Die bekannten Siege der Schweizer waren durch das für Reiter untaugliche Gelände begünstigt.
Deswegen ja unkonventionell. Aber nach Arbedo wurde ja dann die Pike zur normalen Waffe der Reisläufer, die so auch in offener Feldschlacht den Rittern deutlich überlegen waren, auch ohne viele Feuerwaffen.

Was in offenem Gelände passierte, wenn stangenwaffentragendes Fußvolk auf Panzerreiter stieß, zeigte sich im Bauernkrieg. Hier muss man freilich berücksichtigen, dass es sich um ziemlich disziplinlose Haufen handelte, die meist schon vor dem Anprall das Laufen bekamen.
Dir ist aber klar, dass die Bauern nicht in Pikenhaufen kämpften, oder? Eine einheitliche Bewaffnung hatten sie niemals und obwohl bestimmt der ein oder andere eine Pike trug, bildeten kürzere Stangenwaffe die "normale" Bewaffnung, im Gegensatz zu den Landsknechten der schwäbischen Liga. Oder denkst du, dass jede Stangenwaffe ohne einen effektiven Schildwall genauso gut schwere Reiterei aufhalten kann wie eine Pikenformation? Die Bauern würde ich eher dazu zählen:
Gegen Bauernhaufen, die nicht gewohnt waren die Formation zu halten, war der Schockangriff mit eingelegter Lanze bestimmt effektiver und die erzeugte Wucht reichte um die Gegner aufzulösen.

Dazu gab es schon einmal eine interessante Diskussion:
http://www.geschichtsforum.de/f77/welche-infanterie-war-f-hig-einen-ritterangriff-zu-stoppen-13443/
 
Von der Seite der Waffentechnik gesehen ist ein verlängerung der Distanz de facto ein Verbesserung auch wenn dadurch die Einsatzart verändert wird.
In diesem Fall ist es meiner Meinung nach aber auch eine Entwicklung aufgrund der Modeerscheinung der Rituellen Waffengänge (Tjosten).
Vielleicht sollte man erst einmal ergründen ob und in welchem Maße die verlängerten Lanzen wirklich auf dem Feld erschienen sind.

Durch die veränderten Taktiken der Gegner dürfte auch den Europäischen Rittern klar geworden sein, das ein Lanzenangriff nur bedingte Erfolgsaussichten hatte. Sicherlich wurde die Lanze weiterhin als Waffe genutzt jedoch mehr aus Psychologischen Beweggründen denn weniger aus Effizienz.

Ich kann mir nicht vorstellen, das es damals niemand gab der diese Gedanken verfolgt hätte. Auf beiden Seiten waren Menschen die lernten und Technik und Taktik adaptierten.
 
Oder denkst du, dass jede Stangenwaffe ohne einen effektiven Schildwall genauso gut schwere Reiterei aufhalten kann wie eine Pikenformation? Die Bauern würde ich eher dazu zählen:
Nein, das denke ich nicht. Im Grunde sind wir der gleichen Ansicht. Vielleicht war nicht so sehr die Bewaffnung entscheidend, sondern Standhaftigkeit, Disziplin und Moral. Daran mangelte es den bäuerlichen und städtischen "Hobbykriegern zu Fuß" aber in den meisten Fällen. Landsknechte waren da ein ganz anderes Kaliber - solange die Bezahlung stimmte.
 
Zuletzt bearbeitet:
In diesem Fall ist es meiner Meinung nach aber auch eine Entwicklung aufgrund der Modeerscheinung der Rituellen Waffengänge (Tjosten).
An das Tjosten hatte ich noch überhaupt nicht gedacht. Stellt sich aber noch die Frage, ob die verlängerte Lanze schon vor den ersten Turnieren mit Tjost oder erst danach zur normalen Ausrüstung der Ritter wurde.

In Deutschland wurde das erste Turnier ja 1127 von den Staufern Friedrich und Konrad vor dem belagerten Würzburg abgehalten. Also zumindest in Deutschland wurde die Blattlanze bereits vorher (bereits unter den Saliern) verwendet, aber ab wann genau, kann ich jetzt auf Anhieb auch nicht sagen.

(Timotheus hatte das einmal schön zusammengestellt:
http://www.geschichtsforum.de/f48/r-stung-und-bewaffnung-des-west-europ-ischen-ritters-8129/)
 
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