Poincaré besucht Russland im Juli 1914

Snork

Neues Mitglied
Hallo,

eine Frage hat sich mir letzte Geschichtsstunde aufgedrängt (auch wenn sie ein wenig trivial erscheinen mag:red:).
Der franz. Staatspräsident begab sich am 20.07.1914 auf eine Reise nach Russland um Gespräche mit Nikolaus II zu führen.
Also kurz vor dem Ausbruch des 1. Weltkrieges.
Mir stellt sich nun die Frage, wie er nach Russland gereist ist.
Aufgrund geographischer Gegebenheiten wird er wohl versucht haben deutsches Einflussgebiet zu meiden, oder?
Der Treffpunkt Sankt Peterburg lässt mich erahnen das er mit dem Schiff über die Nordsee hingekommen sein könnte.
Ein gefährliches unterfangen bei Deutschland Flottenstärke, oder nicht?

Weiss jemand etwas genaures?

Gruss,

Snork
 
Ersteinmal Dank für die schnelle Antwort. :yes:

Hast Du zufällig eine Quelle?

Ich meine, dass die Zeichen schon eindeutig auf Krieg standen. Und eine vorzeitige (auch vielleicht verfrühte) Gefangennahme des franz. Staatsoberhauptes hätte Deutschland einen Vorteil verschafft.

Aber vielleicht denke ich auch nur zu hinterlistig. :rolleyes:

Gruss,

Snork
 
Nach Abschluss der Budgetverhandlungen verlies Poincaré Parisd über den Gare du Nord und ging am 16.7. auf dem Linienschiff FRANCE an Bord.

Das Schiff erreichte am 20.7.1914 Kronstadt, anschließend Verhandlungen in St. Petersburg etc.


Mit dem Schiff verlies er am 23./24.7.1914 wieder Kronstadt.
Auf dem Schiff wurde ihm am 24.7., noch im Finnischen Meerbusen, eine österreichische Note übermittelt.

Am Morgen des 29.7.1914 erreichte das Schiff Dünkirchen.

Quelle: Huddleston, Poincaré - A Biographical Portrait, Boston 1924.
 
Zuletzt bearbeitet:
Sehr gut!

Vielen Dank. :yes:

Hier noch ein paar Infos zum Schlachtschiff France.

Das Schiff wurde anscheinend auch noch von ihrem Schwesterschiff Jean Bart begleitet.
Und sie schafften es zurück ohne einem deutschen Schiff zu begegnen.

Almost immediately after being commissioned, she, escorted by her sister, Jean Bart, carried the President of the French Republic, Raymond Poincaré, on a state visit to Saint Petersburg, Russia in July 1914.[7] They were returning from Russia when World War I began, but made it to France without encountering German ships.
Quelle: French Battleship France

Ich danke Euch!

Gruss,

Snork
 
Sehr gut!

Vielen Dank. :yes:

Hier noch ein paar Infos zum Schlachtschiff France.

Das Schiff wurde anscheinend auch noch von ihrem Schwesterschiff Jean Bart begleitet.
Und sie schafften es zurück ohne einem deutschen Schiff zu begegnen.

Quelle: French Battleship France

Ich danke Euch!

Gruss,

Snork

Das Linienschiff France wurde doch erst im August 1914 in Dienst gestellt und diente im Mittelmeer.

Nach Breyer war nur das Schwesterschiff Jean Bart an der Reise nach Petersburg beteiligt.
Nach Preston wird eine Einsatzbereitschafft der France und Paris erst für Oktober 1914 angemerkt.

War man vielleicht ohne offizielle Indienstnahme , so zu sagen als Probefahrt, mit den Schiffen unterwegs? An der deutschen Küste entlang, zu diesem Zeitpunkt, ohne Gefechtsbereit zu sein? Ganz schön mutig.:devil:
 
Vielleicht etwas OT, aber anlässlich Poincares Staatsbesuch wurde erstmals im Zarenreich mit offizieller Genehmigung die Marseillaise gespielt, die neben der Internationale auch als Hymne der Arbeiterbewegung galt.
 
Nebenbei: vor der Mecklenburgischen Küste (auf dem Rückweg nach Dünkirchen) sollen die beiden Schlachtschiffe übrigens einem deutschen Kreuzer begegnet sein, der ordnungsgemäß Salut schoss und wohl zum Kaiser-Wilhelm-Kanal verschwand. Auf dem Rückweg befand man sich auch in schwedischen Gewässern.

Der Rückweg und das Auslaufen aus Kronstadt waren Berlin gemeldet worden.

(Poincaré, The Origins of the War).
 
Nebenbei: vor der Mecklenburgischen Küste (auf dem Rückweg nach Dünkirchen) sollen die beiden Schlachtschiffe übrigens einem deutschen Kreuzer begegnet sein, der ordnungsgemäß Salut schoss und wohl zum Kaiser-Wilhelm-Kanal verschwand.

Es war der kleine Kreuzer Magdeburg, der zu diesen Zeitpunkt (27.07.1914)zur Sicherung der Kieler Bucht abgestellt war und den französischen Linienschiffen France und Jean Bart östlich von Fehmarn begegnete.
 
Poincare hat bei diesem Anlass den Russen einen sehr ähnlichen "Blanko-Scheck" ausgestellt, wie die Deutschen den Österreich-Ungarn.

Die Sowjet-Regierung hat 1919 im Vorfeld der Versailler-Verhandlungen etliches an "Entente-Geheimpapieren" veröffentlicht, darunter auch dies.
 
Wow, jetzt sprudelt es ja nur so hervor. :anbetung:

Das mit dem Blanko Scheck sehe ich ähnlich.
Über den Inhalt ihrer Gespräche mit der russischen Regierung ist wenig bekannt. Zur Zurückhaltung im beginnenden österreichisch-serbischen Konflikt scheinen sie dem Zaren und seinen Ministern nicht geraten zu haben, denn aus dem anschließend veröffentlichten Kommuniqué geht hervor, dass sie ihren Gastgebern gegenüber Frankreichs Bündnistreue beschworen. Anschließend zeigten die Russen ihre Gewissheit über „die volle Entschlossenheit der französischen Regierung“, mit ihnen gemeinsam zu handeln
Quelle: Julikrise Wikipedia

Kennst du eine Quelle die die Entente Papiere online hat?

Gruss,

Snork
 
Es war der kleine Kreuzer Magdeburg, der zu diesen Zeitpunkt (27.07.1914)zur Sicherung der Kieler Bucht abgestellt war und den französischen Linienschiffen France und Jean Bart östlich von Fehmarn begegnete.

Unbemerkt und außer Reich- und Sichtweite kam auch schon 1914 auch kein Schiff durch die Ostsee.
 
Poincare hat bei diesem Anlass den Russen einen sehr ähnlichen "Blanko-Scheck" ausgestellt, wie die Deutschen den Österreich-Ungarn.
Die Sowjet-Regierung hat 1919 im Vorfeld der Versailler-Verhandlungen etliches an "Entente-Geheimpapieren" veröffentlicht, darunter auch dies.

Interessant wäre Wortlaut, Kontext, Zielsetzung und Wahrnehmung aus der Quellenlage. Unter Blankoscheck kann man sonst vieles verstehen.

Beachtlich ist dabei der Ablauf: der österreichischen und deutschen Seite war bekannt, dass P. am 23.7. nach 18 Uhr Kronstadt verlassen wird.

Entsprechende Noten wurden nach diesem Zeitpunkt punktuell "gesetzt", damit eine russisch-französische Abstimmung auf Basis des dann möglicherweise bekannten Vorgehens von Österreich-Ungarn ins Blaue hinein erfolgen müssen. Die österreichische Note an Serbien erreichte P. daher auch erst verzögert telegrafisch auf der "France".

Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei.
 
Interessant ist allgemein, was sich so alles für Kriegsschiffe anderer Nationen im Juni/Juliy 1914 in den und rund um den deutschen Gewässern aufhielten.

Da haben wir im Juni 1914 die Kieler Woche, bei der auch die Neueröffnung der Kaiser-Wilhelm-Kanals gefeiert wurde. Anwesent war das 1. britische Schlachtschiffgeschwader mit 4 Linienschiffen und 3 kleinen Kreuzern unter Sir George Warrender.

Aber diese mussten vorzeitig Abreisen, wegen der Dinge die man Julikrise nannte. Einen Tag nach der Ermordung des Erzherzog-Thronfolgers Franz Ferdinand am 29.06.1914.
Dabei durften die Engländer nicht einmal den neuen verbreiterten Kanal benutzen, um den Verdacht der Nutzung solcher großen Schiffe nicht zu erhärten. Man fuhr brav um Skagen herum.
Vom britischen Linienschiff King George signalisierte: "Friends to-day, friends to-morrow, friends forever" zur Verabschiedung.

Und zu diesen Zeitpunkt, schippern die Franzosen zu den Russen in die Ostsee mit ihren modernsten Großkampfschiffen ohne vorher große Erprobungen durchzuführen. Dann muß dies ja sehr wichtig gewesen sein!

Oder es rechnet im Juli 1914 doch noch niemand mit einen europäischen Krieg, mehr mit einem auf den Balkan begrenzten.

Der deutsche Kaiser war schließlich auch noch im Juli 14 mit Teilen der Hochseeflotte auf Norwegenreise gegangen, trotz der Krisenstimmung.
 
Der erste Weltkrieg, Erscheinung und Wesen, Klaus Dorst und Wolfgang Wünsche, Militräverlag der DDR 1. Auflage 1989
ISBN 3-327-00730-6
Das Werk hat weder einen Anmerkungsapparat noch ein Quellenverzeichnis

Seite 45
Dem Besuch des franz. Präsidenten und seines Außenministers in Petersburg kam in bezug auf die Frage: Wollte auch Frankreich Krieg? besondere Bedeutung zu. Es kann als gesichert geltenm dass von französischer Seite den russischen Gesprächspartnern weitgehende Zusicherungen für den Fall eines militäischen Konflikts Rußlands mit ÖU und Deutschland gegeben wurden.
 
Dank an repo für den Hinweis.

Die ausdrückliche Bekräftigung des Zweiverbands/Bündnisses zwischen Frankreich und Rußland wird auch von Poincaré selbst vermerkt, verbunden mit dem Hinweis, dass man sich über die Reaktion von Ö-U im Unklaren war.

Ich sehe mal, ob ich dazu etwas finde.
 
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