Amiens, März 1918: Als der Wein die Briten rettete

Edlef Köppen beschreibt auch so eine Szene in seinem Roman "Heeresbericht". Da wird bei einer Rast Alkohol an die Truppe ausgegeben (ein Fass, was für die gesamte Batterie reichen soll) . Ein Feldwebel jedoch nimmt das ganze Fass und teilt den Inhalt mit seiner Geschützmannschaft. Besoffen wie sie dann sind verweigern sie den Gehorsam was in einer recht ungemütlichen Szene endet und die gesamte Mannschaft im Arrest.
 
Zu diesem Thema gibt es ,allerdings mehr mit Focus auf dem 2.Weltkrieg
ein wunderbares Buch von Don & Petie Kladstrup "Wein und Krieg"
(ISBN 3-608-93511-8), das ich hier mal jedem oenologisch-historisch Interessierten ans Herz legen möchte.
 
Nach dem Krieg mussten dann verschwörerische dunkle Mächte dafür herhalten: Die Juden, die Marxisten, die Novemberverbrecher, die Filzläuse, der Tripper oder auch der Alkohol mussten verantwortlich sein, denn sonst hätte das im Felde unbesiegte Heer den Krieg zweifellos gewinnen müssen.

Dass es reichlich verwegen war, die Hoffnung zu hegen, England aushungern zu können, wenn man die eigenen Truppen mit vergammeltem Pferdefleisch und Dörrgemüse versorgen musste, wurde ausgeklammert.


Das ist nun eigentlich nicht das Anliegen des verlinkten Aufsatzes.
Auszug
Bei der Beurteilung des Scheiterns der Frühjahrsoffensive riefen Ausschreitungen
der Kampftruppe bei Eroberung feindlicher Magazine die Alkoholgegner auf den
Plan. Der Gießener Theologieprofessor Dr. Hans Schmidt, während der Kämpfe
des Jahres 1918 Bataillonskommandeur und Regimentsführer, schrieb im Jahre
1924 eine Schrift, die den Titel trug: „Warum haben wir den Krieg verloren?
Das Scheitern des deutschen Angriffs im Frühjahr und Sommer 19188." Er glaubte,
die Ursache für das Scheitern dieser Angriffe in den unheilvollen Wirkungen des
Alkohols gefunden zu haben. Professor Schmidt übersandte seine Schrift auch
General Groener. Dieser teilte seine Ansicht über die verhängnisvollen Auswirkungen
der Eroberung feindlicher Magazine auf die Frühjahrsoffensiven, lehnte es
aber nachdrücklich ab, den Schlußfolgerungen Schmidts recht zu geben, daß wir
d e s h a l b den Krieg verloren hätten
9

und weiter
Es ist nötig", sagt Groener,
„dieses etwas näher zu betrachten, weil es geradezu zum Schlagwort geworden ist,
,ja, wenn wir Amiens bekommen hätten, dann wäre der Sieg unser gewesen'."
Gingen die über Amiens führenden Eisenbahnverbindungen den Franzosen verloren,
so wäre das für sie zweifellos ein erheblicher Verlust gewesen. Die Querverbindungen
hinter der französischen Front hätten dadurch zunächst eine empfindliche
Störung erfahren. Aber, so ist mit Recht von Groener eingewandt worden,
entscheidend war, „ob uns die Kräfte zu Gebote standen, um den nördlichen Teil
des Feindes, d. h. die Engländer, von Amiens aus durch Umfassung zu vernichten.
Und diese Kräfte fehlten uns von vornherein31."

Also keine Rede von irgendwelchen Schuldzuweisungen an Juden die Gestirne oder sonstige dunklen Mächte.


Ich weiß nicht, ob den Diskutanten die weiteren Ereignisse gegenwärtig sind, (der 2. WK verstellt ja vielfach den Blick auf den ersten) ab ca. August haben tausende evt. sogar zehntausende deutsche Soldaten "persönlichen Waffenstillstand" mit dem Feind geschlossen, und haben sich Wochen und Monate lang irgendwo zwischen Front und Heimat herumgetrieben, nur nicht mehr dort, wo es geschossen hat.
Haben schlicht auf den Frieden gewartet.

Meine These: Dass der Krieg verloren war, hat die Masse der dt. Soldaten erkannt, als sie die alliierten Verpflegungs-Magazine sahen, und ihre eigenen Schlüsse daraus gezogen.
 
Der Wein war übrigens ein Schlüssel für den Durchbruch, da die allierten Truppen vermutlich bereits besoffen waren. :devil:

Einige Beispiele von den australischen Gedenkseiten zum Ersten Weltkrieg:

"There was wine in plenty, particularly from the mayor’s house and one man noted that there was nothing more refreshing than ‘sweet red wine, especially as our water was generally bad’."
Sailly-le-Sec, Third Australian Division Memorial- 30 March 1918

"Next day we explored the village or rather its well kept and clean houses, with their, in many cases, fine and beautiful furniture which very soon was to be smashed by shell fire. The house was very fine and contained much wine in the cellars which we made good use of, filling our water bottles with it, and carrying many bottles back to the trenches. An excellent piano with plenty of the latest Parisian music gave us much pleasure till dark when it was time to get back to the trenches for business."
Somme 1918, Australia saves the Allies from defeat
 
Cool

Dann noch Ernst Jünger:
Ernst Jüngers Tagebuch des Frankreich-Feldzugs „Gärten und Straßen", 3. Aufl.
Tübingen 1950, berichtet unter dem 26. 5. 40 (S. 158): „Überhaupt ist die Vormarschstraße
von Sekt-, Bordeaux- und Burgunderflaschen gesäumt. Ich zählte wenigstens eine auf den
Schritt, abgesehen von den Lagerplätzen, die aussahen, als ob es Flaschen geregnet hätte.
Das gehört ja wohl bei einem Feldzug nach Frankreich zur Überlieferung. Jeder Einmarsch
germanischer Heere ist von einem Tieftrunk begleitet, wie ihn die Götter der Edda taten und
dem kein Vorrat gewachsen ist.
"

Wow
 
Schlimm, schlimm...

Bezogen auf den 1.WK könnte man es so formulieren, daß man durch die britische Blockade im Reich nichts mehr zu fressen hatte und an der Front Saufen sich die Soldaten die Nasen blau?

Vielleicht war der Frontalltag nicht anders zu bewältigen, als im Dauersuff.

Wären die bei der Marine auch so versorgt worden, wer weiß ob man da Okt 18 gemeutert hätte.

Alle besoffen und Anker auf, da hätte man dann im Room 44 den Funkspruch aufgefangen: " Achtung vor der Flandernküste kommt ihnen eine Meute falschfahrende Linienschiffe entgegen...:rofl:"
 
Schlimm, schlimm...

Bezogen auf den 1.WK könnte man es so formulieren, daß man durch die britische Blockade im Reich nichts mehr zu fressen hatte und an der Front Saufen sich die Soldaten die Nasen blau?

Vielleicht war der Frontalltag nicht anders zu bewältigen, als im Dauersuff.

Wären die bei der Marine auch so versorgt worden, wer weiß ob man da Okt 18 gemeutert hätte.

Alle besoffen und Anker auf, da hätte man dann im Room 44 den Funkspruch aufgefangen: " Achtung vor der Flandernküste kommt ihnen eine Meute falschfahrende Linienschiffe entgegen...:rofl:"


Es wurde analysiert links und rechts des Großen Teiches.

Und den GIs der Stoff gleich ganz weggenommen:devil:
Den Ami-Emanzen ist der ganze Kegelausflug ins sündige Frankreich ja immer schon suspekt gewesen. Als dann die ersten Berichte eintrafen....
Siegen ist ja schön, aber zu dem Preis? Niemals!


Wären die bei der Marine auch so versorgt worden, wer weiß ob man da Okt 18 gemeutert hätte.
Die Landser wurden nicht versorgt, die haben sich selbst versorgt!
Die Seelords waren zu blöd, die haben versenkt, die hätten kapern müssen!
 
Zuletzt bearbeitet:
Nach diesem Ausflug in die Militärgeschichte:scheinheilig:

wieder zurück
Selbstzitat.
Ich weiß nicht, ob den Diskutanten die weiteren Ereignisse gegenwärtig sind, (der 2. WK verstellt ja vielfach den Blick auf den ersten) ab ca. August haben tausende evt. sogar zehntausende deutsche Soldaten "persönlichen Waffenstillstand" mit dem Feind geschlossen, und haben sich Wochen und Monate lang irgendwo zwischen Front und Heimat herumgetrieben, nur nicht mehr dort, wo es geschossen hat.
Haben schlicht auf den Frieden gewartet.

Meine These: Dass der Krieg verloren war, hat die Masse der dt. Soldaten erkannt, als sie die alliierten Verpflegungs-Magazine sahen, und ihre eigenen Schlüsse daraus gezogen.

Dieser massenhafte Militärstreik ist ja Fakt. Beginnend im Sommer 1918, mit absoluter Sicherheit darauf zurückzuführen, dass diese Soldaten den Krieg verloren sahen, und nicht noch in letzter Minute verrecken wollten.
Die Erfahrungen mit den alliierten Versorgungsdepots würde ich nicht als geringste Ursache dafür sehen.
 
Dieser massenhafte Militärstreik ist ja Fakt. Beginnend im Sommer 1918, mit absoluter Sicherheit darauf zurückzuführen, dass diese Soldaten den Krieg verloren sahen, und nicht noch in letzter Minute verrecken wollten.
Die Erfahrungen mit den alliierten Versorgungsdepots würde ich nicht als geringste Ursache dafür sehen.

Richtig, Militärstreik. Zurerst erkannten die russischen Soldaten die Sinnlosigkeit des Krieges und später auch die deutschen Soldaten. Aber was hat das mit dem plündern von Weinkellern zu tun?

Die allgemeine Stimmung bei den Soldaten an der Front war schlecht und das weniger wegen der Versorgung, sondern die Art und Weise, wie der Krieg die Soldaten aufrieb...

Der Teufel hat den Schnaps gemacht, oder wie? Tolle ausrede, also doch Dolchstoßlegende, repo?
 
Leute ihr stellt den Repo ja so hin, als würde er den Alkohol aus geplünderten Magazinen der Entente als DEN ausschlaggebenden Grund frür den verlorenen Weltkrieg geben.

Das tut er NICHT!

Es war eine Kombination von Gründen wo die Schlaraffenländer gegnerischer Magazine nur EINER der vielen Gründe war die zum Stillstand der Frühjahrsoffensive führten.
 
Leute ihr stellt den Repo ja so hin, als würde er den Alkohol aus geplünderten Magazinen der Entente als DEN ausschlaggebenden Grund frür den verlorenen Weltkrieg geben.

Das tut er NICHT!

Es war eine Kombination von Gründen wo die Schlaraffenländer gegnerischer Magazine nur EINER der vielen Gründe war die zum Stillstand der Frühjahrsoffensive führten.

Das Thema heisst aber "als der Wein die Briten rettete" und nicht "als der Alkohol als einer unter vielen weiteren Faktoren zur Zerrütung der deutschen Kampfmoral 1914-18 führte"
:pfeif:
 
Richtig, Militärstreik. Zurerst erkannten die russischen Soldaten die Sinnlosigkeit des Krieges und später auch die deutschen Soldaten. Aber was hat das mit dem plündern von Weinkellern zu tun?

Die allgemeine Stimmung bei den Soldaten an der Front war schlecht und das weniger wegen der Versorgung, sondern die Art und Weise, wie der Krieg die Soldaten aufrieb...

Der Teufel hat den Schnaps gemacht, oder wie? Tolle ausrede, also doch Dolchstoßlegende, repo?

Köbis, Köbis, Du schreibst schneller als Du liest und denkst:winke:

Jetzt lies doch zuerst mal den Ifz-Aufsatz (ist übrigens eine sehr empfehlenswerte Schriftenreihe, die ich Dir da auf dem silbernen Tablett serviere) und dann denk mal nach, und dann schreib....

die hat es schlicht umgehauen, als sie die Versorgungsgüter und Mengen ihrer Gegner entdeckt haben.
Dass die Entente mehr Munition und mehr Truppen hatte, haben sie schon seit Jahren gewusst, dass die aber vernünftig zu essen und trinken hatten, in großen Mengen, war ihnen so nicht bewusst.
Als dann die ganzen Angriffe nicht durchschlugen, setzte sich die Überzeugung durch, dass das alles letztlich sinnlose Quälerei war, die Niederlage nicht mehr abzuwenden war.
Behaupte ich einfach mal so.

Und nochmals, Fakt ist, dass Tausende (Zehntausende?) deutsche Soldaten in den letzten Kriegsmonaten alle möglichen Unterschleife fanden um sich abzuseilen (ich hoffe Du kennst den Ausdruck) zwischen Front und Heimat in "Deckung gingen" für sich persönlich den Krieg beendet hatten.

Nix Dolchstoß, ich würde das Realitätsbewusstsein nennen.
 
Das Thema heisst aber "als der Wein die Briten rettete" und nicht "als der Alkohol als einer unter vielen weiteren Faktoren zur Zerrütung der deutschen Kampfmoral 1914-18 führte"
:pfeif:

Scherzkeks.

Um überhaupt eine lebhaftere Diskussion über Themen des WKI in Gang zu setzen bedarf es provokanter Titel.

Aber auch Dir empfehle ich erstmal den Ifz-Aufsatz zu lesen, ich verlinke nicht aus Langeweile.

Tut mir Leid, aber es ärgert mich nachgerade wenn hier fortdauernd auf der Basis:
"Davon habe ich noch nie gehört, gibt es also nicht" diskutiert wird.
Links lesen macht ja auch Mühe..................

Ganz so einfach wie es manche gerne hätten ist die Historie nämlich nicht.:motz:
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Köbis, Köbis, Du schreibst schneller als Du liest und denkst:winke:

Nix Dolchstoß, ich würde das Realitätsbewusstsein nennen.

So, nach genauen lesen deines verlinkten Artikels ist mir eine Frage sehr stark ins Auge gefallen:

Deshalb ist die Frage nicht unberechtigt: War der deutsche Soldat im Frühjahr 1918 nach den schweren Entbehrungen der vorausgegangenen Jahre moralisch und psychisch noch so intakt, daß ihm eine Aufgabe zugemutet werden konnte, die der Feind in drei Kriegsjahren trotz großer materieller Überlegenheit nicht zu meistern vermocht war? Diese Frage hätte eine sorgfältige Untersuchung verdient - vor der Planung der Offensive 1918 wie auch bei der Dartsellung ihres Scheiterns durch das Reichsarchiv.

Die Problematik war also so betrachtet weniger der verstärkte Alkoholkonsum der Truppen, vielmehr die Grundstimmung der Soldaten. Das nach 4 Jahren an der Front stehen, dass aufgebraucht sein und nun in einer Offensive Leistungen erbringen, die bisher nicht geschafft wurden.

Das war der eigendliche Grund, für die Diziplinlosigkeit, der Alkohol hat daß ganze nur verstärkt und wirkte praktisch wie ein Katalysator.

Nun war es einfach das Versagen der Truppe dem Alkoholismus zu zuschreiben, wie das der Herr Dr. H. Schmidt tat, aber diese Problematik vollig zu vertuschen war sicherlich auch nicht richtig. Durch die genaue Betrachtung dieser Ereignisse hätte man nur den einen Schluß ziehen können oder müssen. Die deutschen Truppen waren zu Müde, um noch weiter einen offensiv Krieg zu führen oder überhaupt noch Krieg zu führen.
 
Ich möchte an dieser Stelle aufgrund der hier vorgebrachten Beiträge ein paar Thesen aufstellen, auf deren Grundlage vielleicht weitere Beiträge folgen können. Die Thesen geben meine Sicht zu diesem Thema wieder, so wie ich die Dinge nach dem Durchlesen der hier vorgebrachten Beiträge und anderer mir zur Verfügung stehender Literatur sehe.

Die Eroberung von Nachschubdepots, die neben Proviant aller Art auch Weinvorräte enthielten, war ein Grund für Verzögerungen beim Vormarsch einzelner Truppenteile, aber keineswegs kriegsentscheidend, nicht einmal feldzugsentscheidend.
Diese Vorfälle, die von verschiedenen militärischen Führern geschildert wurden, betrafen einzelne Regimenter zu einzelnen Zeitpunkten, nicht aber die gesamte Armee. Bezeichnenderweise werden diese Vorfälle von den betreffenden Führern auch stets als ein Grund von vielen angegeben, nicht aber als der Hauptgrund oder die entscheidende Ursache für das Scheitern der Offensive. Es ist aus meiner Sicht auch unwahrscheinlich, dass ein verzögerter Vormarsch einzelner Regimenter bei einer Offensive, die mehrere Armeen umfasste hier feldzugsentscheidend gewirkt haben dürfte. Fest steht aber zweifelsohne, dass diese Verzögerungen alles andere als vorteilhaft für den Angriffsverlauf waren. Insofern dürfte es sich bei dem Zeitverlust durch Plünderung der Nachschubdepots durch die ausgehungerte Truppe um eine weitere Erschwernis bei dem Angiff gehandelt haben. Sie ist mit als einer von vielen Gründen für das Scheitern der Offensive zu nenen, aber eben nicht als der ausschlaggebende Grund.
Ich gehe davon aus, dass die deutschen Truppen auch ohne diese Zeitverzögerungen bei den Angriffen im Frühjahr aufgrund der alliierten Reaktionen eine Niederlage erlitten hätten. Umgekehrt hätten sie wahrscheinlich auch trotz dieser Zeitverluste die Offensiven erfolgreich fortsetzen können, wenn den Alliierten keine zweckmäßigen Maßnahmen auf die deutschen Offensiven eingefallen wären.

Ein maßgeblicher Grund für das Scheitern der deutschen Frühjahrsoffensiven im Jahre 1918 nach anfänglichen herausragenden Erfolgen ist in einer zweckmäßigen Reaktion der Alliierten auf die deutschen Angriffe zu sehen.
Durch die Bildung eines gemeinsamen alliierten Oberkommandos unter dem französischen Marschall Foch konnten die Alliierten verhindern, dass die deutschen taktischen Erfolge operativ feldzugsentscheidend und damit möglicherweise sogar kriegsentscheidend wurden. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten Briten und Franzosen eigentlich stets ihre eigenen, parallel laufenden Kriege in Frankreich geführt. Es gab bestenfalls lose Absprachen zwischen den militärischen Oberkommandos der beiden Nationen. Oft genug wurden diese auch noch halbherzig umgesetzt. Durch das gemeinsame Oberkommando wurde jedoch erreicht, dass zum ersten mal in diesem Krieg britische Truppen in nennenswertem Umfang einem französischen Oberbefehlshaber unterstellt wurden und französische Truppen außerhalb der zusammenhängenden französischen Frontlinie im britischen Frontabschnitt als Reserve eingesetzt werden konnten. Später wiederholte sich ähnliches mit umgekehrten Vorzeichen, als sich die Offensive gegen die französische Armee richtete. Die bereits angelandeten amerikanischen Truppen wurden divisionsweise (oder laienhaft ausgedrückt: "scheibchenweise") als Reserve in die Frontlinie eingeführt. Das war angesichts der bis dahin üblichen Praxis der alliierten Kriegsführung und der Absicht des amerikanischen Oberbefehlshabers, eine "amerikanische" Offensive zu führen, keineswegs selbstverständlich. Diese neue Fexibilität ist einer der entscheidenden Gründe dafür, warum sich die deutsche Offensive fest lief, nicht aber weil es zu Verzögerungen im Vormarsch einzelner Regimenter infolge der vorgefundenen Nachschubdepots kam.

Ein weiterer entscheidender Grund für das Scheitern der Offensiven, und zwar speziell der Juli-Offensive, ist die nachlassende Kampfmoral als Ergebnis der fehlgeschlagenen voran gegangenen Angriffe im Frühjahr.
Das Kaiserliche Feldheer befand sich Anfang 1918 in einer schwierigen materiellen und personellen Situation. Personalausfälle konnten nach 3 ½ Kriegsjahren immer schwerer ersetzt werden, die einzelnen Rekrutenjahrgänge wurden bereits seit Jahren zunehmend früher eingezogen. Hier zeichnete sich ein Ende der Möglichkeiten ab. Die Kampfmoral sowohl der Bevölkerung in der Heimat als auch der Truppe an der Front nahm zunehmend ab. Dies war ganz entscheidend eine Folge der schlechten Versorgungslage aufgrund der alliierten Seeblockade. Auch die Eroberung der Kornkammer Ukraine im Jahre 1918 konnte hier keine schnelle Lösung des Problems bringen. Ein weiterer Grund war der sich in die Länge ziehende Krieg mit seinen steigenden Verlusten ohne Aussicht auf ein baldiges Ende. Vor diesem Hintergund führte die von deutscher Seite im Rahmen der Frühjahrsoffensiven ausgegebene Losung, dass dies die letzte, den alles entscheidenden Sieg bringende Offensive sein sollte, zu einer hohen Erwartungshaltung bei Bevölkerung und Truppe. Es gelang durch diese Losung der deutschen Führung, bei der Truppe noch einmal eine außerordentliche Bereitschaft zum persönlichen Einsatz zu erzeugen – mit fatalen Konsequenzen als diese Offensiven scheiterten und die Soldaten erkannten, dass auch diese Opfer umsonst gewesen waren. Daher nahm die Kriegsbereitschaft ab dem Sommer deutlich ab. Dies drückt sich unter anderem in hohen Gefangenenzahlen nach der Augustoffensive der Alliierten aus, aber auch in zunehmender "Drückebergerei" von Soldaten, die sich in der Etappe befanden und eigentlich an die Front hätten zurückkehren sollen. Eine offene Meuterei wie bei den Franzosen im April, Mai 1917 gab es zwar nicht, aber der Umfang der sich in der Etappe unberechtigt aufhaltenden Frontsoldaten nahm im September 1918 derartig gravierende Züge an, dass die Fronttruppe nachhaltig geschwächt wurde.

Insofern bestand ab dem Scheitern der Juli-Offensive dann auch keine Möglichkeit mehr, den Krieg siegreich zu beenden. Dies war deshalb der Fall, weil sich jetzt die strategische Lage auch in allen anderen Bereichen sehr rasch zuungunsten des Reiches entwickelte.
Nahezu zeitgleich scheiterte eine österreichische Offensive am Piave bereits in den Anfängen. Das Osmanische Reich war nicht mehr in der Lage, den britischen Vormarsch in Palästina aufzuhalten. Nach dem Abzug deutscher Truppenteile war Bulgarien kaum noch in der Lage, die Saloniki-Armee der Alliierten auf dem Balkan aufzuhalten. Alle Verbündeten zeigten noch gravierendere Auflösungserscheinungen als das Deutsche Reich und es ist daher auch kein Zufall, dass Bulgarien der erste Staat der Mittelmächte war, der Ende September 1918 aus dem Krieg ausscheiden musste. Dadurch verschlechterte sich die Kriegslage jedoch für Deutschland weiterhin.
Hinzu kam, dass ab dem Sommer 1918 amerikanische Truppen in derartig großer Zahl zur Verfügung standen, dass sie nicht mehr nur einzeln divisionsweise eingesetzt werden konnten, sondern der amerikanische Oberbefehlshaber Pershing für den Herbst zum ersten mal eine rein amerikanische Offensive plante. Dem hatte die deutsche Westfront nichts entgegen zu setzen.
Zur See war der deutsche uneingeschränkte Unterseeboot-Krieg längst gescheitert und musste durch die alliierten Anstrengungen zur Bildung einer Minensperre zwischen Schottland und Norwegen ("Northern Barrage") in absehbarer Zeit endgültig zum erliegen kommen.

Aber natürlich: das Bild von besoffenen deutschen Truppen als Grund für das Scheitern der Offensive im Frühjahr regt die Phantasie des Lesers an und eignet sich wegen seiner Einfachheit daher geradezu zu einer unsachlichen reißerischen Schlagzeile im "Bild-Zeitungs"- Niveau: "Als der Wein die Engländer rettete"... Ganz so bildhaft einfach ist die historische Wirklichkeit dann eben doch nicht gewesen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich denke nicht, dass ein Erfolg der deutschen Offensive, die Briten ans Meer abzudrängen, am Ausgang des Krieges letztlich etwas geändert hätte. Die Briten hätten sich an den Kanalhäfen eingeigelt oder ihre Truppen eingeschifft und in Südfrankreich wieder an Land gesetzt. Die Entente-Truppen brauchten ja nur Zeit zu schinden bis genug Amerikaner angelandet waren und irgendwo vor oder hinter Paris wäre die Deutsche Offensive schon zum stehen gekommen.
Die deutschen Verluste waren enorm hoch, sogar höher als die der Briten+Franzosen und ihre Reserven waren kleiner. Im Grunde nicht zu gewinnen.
 

Das Kaiserliche Feldheer befand sich Anfang 1918 in einer schwierigen materiellen und personellen Situation.

Nein.
Erstmals seit Kriegsbeginn hatte es eine gewisse Überlegenheit im Westen, allerdings nur in einem sehr kurzem Zeitfenster.

Insofern bestand ab dem Scheitern der Juli-Offensive dann auch keine Möglichkeit mehr, den Krieg siegreich zu beenden.

Nein.
Die einzige Chance dazu überhaupt bestand nach dem Zusammenbruch des Zarenreichs. Aber man musste ja unmittelbar zuvor den U-Bootkrieg lostreten.

das Bild von besoffenen deutschen Truppen als Grund für das Scheitern der Offensive im Frühjahr regt die Phantasie des Lesers an und eignet sich wegen seiner Einfachheit daher geradezu zu einer unsachlichen reißerischen Schlagzeile im "Bild-Zeitungs"- Niveau: "Als der Wein die Engländer rettete"... Ganz so bildhaft einfach ist die historische Wirklichkeit dann eben doch nicht gewesen.

Sorry, aber jeder diskutiert eben auf dem Nivea das er hat.:pfeif:


Eine Schlussfrage: Links liest Du nicht gern?
Wenn Du eine Ausnahme machen könntest, lies den von mir verlinkten Aufsatz im ifz-Heft.
Steht einiges zu Deinen obigen Ausführungen drin. Von Groener und ähnlichen ein kleines bisschen Sachkundigen.:devil:

Erleichtert die Kommunikation und bewahrt vor "BILD-Urteilen":rofl:
 
Das Zeitfenster der personellen Überlegenheit, die materielle war eigentlich nicht unbdingt gegeben, war in der Tat sehr kurz. Die Anzahl der alliierten Verbände im Westen wuchs fortlaufend und die deutsche würde abnehmen.

Die Alliierten verfügten über ca,. 4.500 Flugzeuge, die Deutschen über 3.670. Bei den Geschützen war das Verhältnis ca. 14.500 zu 18.000. Auf 10 deutsche Kampfwagen kamen 800 der Alliierten.

So stand es beispielsweise um die Motorisierung des deutschen Feldheeres nicht zum Besten. Man verfügte lediglich über 23.000 Lkw, von denen längst nicht alle mit Gummireifen ausgestattet waren; diese waren aus Eisen und was das für Folgen bei entsprechenden Witterungbedingungen haben kann, muss wohl nicht weiter erörtert werden. Die Alliierten verfügen hingegen über 100.000 Lkw mit Gummireifen. Des Weiteren standen dem kaiserlichen Feldheer aber auch nicht ausreichend Pferdegespanne zur Verfügung; es gab nämlich nicht genügend Futter für die Tiere. Das war aber schon eine wohl nicht ganz unwichtige Voraussetzung, denn man wollte ja vom Stellungskrieg zum Bewegungskrieg übegehen. Diese fehlende Beweglichkeit des deutschen Heeres war ein entscheidener Nachteil. Der Transport der Artillerie über die Mondlandschaften war mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden gewesen, vor allem als gegen Ende der Michaeloffendsive Regen einsetzte und die Feldwege buchstäblich im Schlamm versanken. So musste beispielsweise die 2.Armee ihren Angriff unterbrechen, da keine Munition mehr herankam!

Nach den exorbitanten Verlusten des Monats April hätte Ludendorff nun so langsam seine Vorgehensweise ernsthaft prüfen müssen, aber es wurde munter weiter gemacht. An Michael nahmen 90 deutsce Divisionen teil, an Georg waren es nur noch 55.



Kurz zu den U-Booten:

Meines Wissen nach haben die deutschen Boote nicht einen einzigen Truppentransporter versenkt! Das wäre ja nun auch eine nicht ganz und gar unwichtige Voraussetzun gewesen, das der immense amerikanische Nachschub an Personal und Material zumindest gestört werden würde.
 
Ich denke nicht, dass ein Erfolg der deutschen Offensive, die Briten ans Meer abzudrängen, am Ausgang des Krieges letztlich etwas geändert hätte. Die Briten hätten sich an den Kanalhäfen eingeigelt oder ihre Truppen eingeschifft und in Südfrankreich wieder an Land gesetzt. Die Entente-Truppen brauchten ja nur Zeit zu schinden bis genug Amerikaner angelandet waren und irgendwo vor oder hinter Paris wäre die Deutsche Offensive schon zum stehen gekommen.
Die deutschen Verluste waren enorm hoch, sogar höher als die der Briten+Franzosen und ihre Reserven waren kleiner. Im Grunde nicht zu gewinnen.


Wird Groener in dem verlinkten IfZ-Aufsatz zitiert,
Sinngemäß: "wenn auch Amiens genommen worden wäre, die Kräfte um die dann zum Meer abgedrängten Briten zerschlagen zu können, waren auf alle Fälle nicht vorhanden."
 
Köbis17 schrieb:
Die deutschen Truppen waren zu Müde, um noch weiter einen offensiv Krieg zu führen oder überhaupt noch Krieg zu führen.

Major Beck, der spätere Generalstabschef und Widerstandskämpfer, hat sinngemäßt zum Ausdruck gebracht, das der deutsche Soldat nicht gehalten hat, weil er nicht wollte.

Man muss natürlich den physischen und psychischen Zustand der Truppe betrachten. Jünger schrieb irgendwo einmal, das Weihnachten 17 nur noch 4 Mann von Weihnachten 16 lebte. Jahrelanger Stellungskrieg mit praktisch keinerlei Fortschritt aber exorbitanten Verlusten an Personal und Material wird entsprechende Spuren hinterlassen haben.

Das ständige Gelaber vom "Drückebergertum" während neben dir deine Kameraden wegsterben wird auch nicht ohne entsprechende Wirkung gebleben sein; fraglich bloß ob im Sinne der Heeresleitung. Meines Wissens nach war die Zahl der Betroffenen gar nicht so erheblich, schon gar nicht m Feldheer sondern eher in der Etappe.
 
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