rena8
Aktives Mitglied
Richtig, wenn ich auch durch Goseck (bandkeramische Nachbarn) die Ausbreitungsrichtung und zeitliche Abfolge noch nicht übersehe. Da wäre eine Tabelle nützlich, bei der alle Anlagen mit ihren Entstehungszeiten aufgelistet sind. Sowas habe ich noch nicht gesehen.Die Kreisgrabenanlagen gab es nicht nur im Donauraum (Österreich/Bayern), sondern auch in Sachsen,Thüringen Ungarn,Tschechien, Slowakei, Polen, und wenn ich mich recht erinnere ging die Ausbreitung bis zum Rhein und ins Ruhrgebiet.Bei Bochum gibt es m.W. beispielsweise eine.Wenn ich mich recht erinnere ging die Ausbreitung vom heutigen Ungarn aus Richtung Westen und dauerte von etwa 5000−4.500 v. Chr.
Dafür habe ich einen interessanten Blog gefunden Studium generale: Die weltgeschichtliche Bedeutung der bandkeramischen Kultur , man kann sich auf den Links im 3. Absatz noch weiter durchklicken.
Wäre schön, wenn frühgeschichtlich Interessierte dazu mal ihre Meinung sagen könnten.
Ich fand darin spekulative Antworten auf einige meiner Fragen, was meine Neugierde wachhält, mehr über die Bandkeramiker zu erfahren.
Eigentlich wollte ich nur noch die Ausrichtung der Langhäuser nachlesen, Nordwest, Südost, wobei die Nordwestschmalseite oft mit Palisaden verstärkt wurde, der Rest der Wände wurde mit lehmverputzten Flechtwerkwänden zwischen den Pfosten ausgeführt. Also eine Bauweise nach den klimatischen Erfordernissen, die Wetterseite ist am stabilsten ausgeführt. Und da die Ansiedlungen oft nur aus einem oder einigen Langhäusern bestanden, findet man keine Sondergebäude. In den anatolischen Dörfern des beginnenden Neolithikums Nevali Cori – Wikipedia und Çayönü – Wikipedia gibt es solche.
Das könnte bedeuten, das die Gebäude, die zum beginnenden Neolithikum in Europa gehören, sich später auf dem Weg nach Westen entwickelt haben und das "neolithische Paket" bei der Wohn- und Sonderarchtektur abgewandelt wurde.
Ausserdem werden im Blog interessante Aussagen über die Besiedlungsdichte gemacht, die Abstände und Häufigkeit der Dörfer mit der, des späten Mittelalters verglichen, nicht überall, aber auf den guten Lößböden. Für Hessen ist ein Beispiel genannt. Besiedlungsdichte heißt ja nicht absolute Bevölkerungszahl, trotzdem macht dieser Punkt die Bandkeramik für mich noch spannender.
Nun,man sollte die alten Priester und Schamanen nicht unterschätzen,Da wurde schon immer mit Tricks gearbeitet,um die Botschaft effektvoll zu vermitteln. Das hat nix mit einer abgeühten ,egalitären Gesellschaftsschicht zu tun. Dahinter standen durchaus grundlegende religiöse Überzeugungen, die man effektvoll umsetzte, um sie "dem Volk" nahezubringen.
Die Ägypter verwendeten den Sonnentrick (Ramses in Abu Simbel), die Inka (Dreifensterbauten), die Architekten romanischer und gotischer Kathedralen (Ostung des fensterreichen Chors) und andere mehr.
Zum Warum:
In frühen bäuerlichen Gesellschaften war der Kalender und insbesondere die Bestimmung des Frühjahr- und Herbstspunktes wegen der Bestimmung des frühstmöglichen Aussaat- und Erntezeitpunktes überlebenswichtig. Folglich wurde darum auch ein Kult gebildet mit entsprechenden Festen. Natürlich hätte der Priester einfach vor seine Hütte treten und "Jetzt geht´s los " rufen können, aber der Effekt ist ungleich größer,wenn man die Gemeinde in aller Frühe in einem heiligen ,umfriedeten Bezirk versammle und alle zusehen ,wie die ersten Sonnenstrahlen plötzlich das Götterbild beleuchten.Anschließend gibt es ein rauschendes Fest und dann geht es los. Und um sowas tun zu können, braucht es einen heiligen Bezirk,der unter normalen Umständen auch nicht von Kreti und Pleti betreten werden durfte.
Die Kreisgrabenanlagen könnte man also sozusagen als erste Beispiele mitteleuropäischer Herrschaftsarchitektur auffassen.
In dem Blog werden Untersuchungen an Skeletten von Schwidetzky erwähnt, mit sehr uneinheitlichem Ergebnis, was immer das heissen mag.
Ich muß das noch suchen, erstmal fällt mir nur der Gegensatz auf zwischen dem einheitlichen Kulturausdruck der Bandkeramik und den uneinheitlichen Menschen, die diesen Kulturausdruck schufen. Das könnte wiederum ein Hinweis auf die Ideenübernahme sein und in dem Zusammenhang gefällt mir dein, vor die Hütte tretender Priester, Häuptling, Schamane oder sonstige Führungsperson besonders gut, Zaphod.
Einer gut eingearbeiteten Gruppe mit langjähriger Erfahrung in der Landwirtschaft braucht nicht mal einer zu sagen: "Jetzt geht´s los", den kribbelt es im Frühling in den Fingern.
Aber eine bunt gemischte Truppe aus hungrigen Jägern- und Sammlern mit Jagdwaffen und ein paar zugewanderten Bauern brauchte wahrscheinlich viel mehr, Anrufung höherer Mächte, Ahnen was auch immer, um sich auf das schweißtreibende Experiment einzulassen und nicht die einzige Kuh oder den besten Bullen auf den Bratspiess zu stecken. Vielleicht hat man sie schlicht vertröstet: Heute geht die Sonne in dem Tor auf und wenn die Sonne in dem andern Tor aufgeht (Wintersonnenwende) können wir den Bullen rösten und obendrein gibt´s Fladenbrot und ein großes Fest aber bis dahin müßt ihr arbeiten.
Wo, von wann genau, ich weiß nur von 2 Funden in den Anlagen, habe ich ober weiter ausgeführt.Bei vielen Anlagen wurden auch Gräber oder zerstückelte Skelette gefunden.
Ich nenne ihn einfach Kult der Großen Mutter, da es von einer unsterblichen Erd - und Mondgöttin auszugehen ist und von sterblichen männlichen Göttern, welche jedes Jahr sterben mussten, um dann wiedergeboren zu werden. Natürlich kennen wir den Kult nicht wie das Christentum und es gab sicher regionale und zeitliche beträchtliche Unterschiede, aber auch eben große Gemeinsamkeiten.
Das ist zeitlich absolut diffus.
Ich finde Mutterkulte auch faszinierend, die passen auch ganz wunderbar in mein Weltbild :winke: und Jeder neigt dazu, sich in die Vorstellungswelt früherer Kulturen hineinzudenken. Allerdings sollte man versuchen, das auf Grundlage von Fakten zu tun und die Zeitleiste ist die Grundlage zur Einordnung von Funden.
OT: Ich weiß auch nicht genau, warum mich aktuell die Bandkeramiker so faszinieren, wahrscheinlich empfinde ich im Frühling nach diesem Winter ihre Probleme als zeitlos relevant.:fs: