Kalkriese als Ort der Varusschlacht zweifelhaft

Und noch eine Randbemerkung:
Wenn es wirklich eine größere Anzahl von Münzen ist, dann spricht dies gegen die These, daß diese evt. bei der Bestattungsaktion verloren wurden. Viel interessanter finde ich bei deiner Bemerkung, daß du den tumulus somit eindeutig nach Kalkriese verlegst.

Nach Kalkriese oder in die Nähe.

Die verlorenen Münzen bezog sich auf die besonders gekennzeichneten Münzen des Augustus, nicht auf die gesammten Münzen. Nur um Mißverständnissen vorzubeugen.

Wären es rituelle Zerstörungen der Germanen könnte man sagen, dass es für Varus spricht, da 15 Augustus nicht mehr lebte. Man könnte genauso gut aber sagen, dass das für die Germanen egal war und es die rituelle Vernichtung des Kaisers an sich war.

Zum Grabhügel an der Lippe(?):
Gegen Kalkriese wird immer wieder angeführt, dass es nicht dort gewesen sein kann, weil das Gebiet der Schlacht abseits bekannter Wege gewesen sein soll, Kalkriese aber an einem absolut bekannten Weg liegt.
Wenn ich das gleiche Argument auf die Lippegegend anwenden würde, müsste ich diese Gegend ja wohl noch mehr ausschließen als Kalkriese. Denn welche Gegend in Germanien kannten die Römer 9 n. Chr. wahrscheinlich am absolut besten?

Wie gesagt, verorten wir aufgrund dieser Textstelle die Varusschlacht an den Ufern der Lippe oder im unmittelbaren Lippeumfeld, dann bekommen wir weitere und neue Probleme der Interpretation.

Eine ungeklärte Frage wäre doch dann: Wie und warum kommt Caecina von der Lippe nach Kalkriese an die möglichen pontes longi?

Und wahrscheinlich viele weitere Fragen mehr.

Es zeigt sich einfach einmal mehr: Die Textstellen sind absolut nicht eindeutig und unter einen Hut zu bekommen. Nicht mal Stellen eines Autoren.
Mit der Analyse der Textstellen allein wird man die Fragen zu Varus nicht lösen können.
 
Nach Kalkriese oder in die Nähe.

Aber wenn das so war, wieso verschachere ich dann die Gebeine in einem tumulus und wieder andere in irgenwelchen Gruben? Wenn diese Bestattungsaktion in einem wirklich überschaubaren Radius geschehen ist (Kalkriese oder in der Nähe) dann machen die Gruben keinen Sinn.
 
Wenn wir davon ausgehen, dass die Varusschlacht ein Gemetzel war, dass sich über 3 Tage und dementsprechend über einen größeren Raum hin hinwegzog, dann ist es auch nicht unbedingt plausibel, dass Germanicus alle Knochen hat zusammentragen lassen, um sie alle im Tumulus zu bestatten.
Vor allem ist die Frage, was hat er gemacht, wenn er danach noch Knochen gefunden hätte? Zurück zum Tumulus? Oder Bestattung z.B. in einfachen Gruben?

Aber alles Vermutungen, keine Frage.
 
Vor allem ist die Frage, was hat er gemacht, wenn er danach noch Knochen gefunden hätte? Zurück zum Tumulus? Oder Bestattung z.B. in einfachen Gruben?

Interessante Frage. Du hast zwei durchaus mögliche Antworten gegeben.

Ich hätte noch eine andere Alternative:

Das große Ziel dieses Feldzuges war sicherlich nicht diese Bestattungsaktion. Die hat eher wertvolle Zeit gekostet. Also ist der Germanicus zum Varusschlachtfeld, d.h. zum Ort der endgültigen Niederlage und hat dort die Gebeine der Gefallenen ehrenvoll bestattet, was durchaus wohl auch ein symbolischer Akt war. Vieleicht war die Sache dann auch erledigt. Man hatte schließlich noch andere Dinge zu tun als irgendwelche Knochen die auf dem Weg herumliegen einzusammeln.

Zusammengefasst:

Er ist zum Schlachtfeld, hat den tumulus errichtet und dann: Fertig

Die Knochen die hier und da noch rumlagen wurden nicht bestattet, sondern liegengelassen. Kostet zuviel Zeit, die alle einzusammeln. Man hatte besseres und anderes zu tun.
Ich glaube nicht daran, daß hier ein tumulus, dort eine Grube, dann noch eine Grube, dann vieleicht noch eine...:nono:

Der hat den tumulus angelegt und dann war er fertig.
Alles andere wäre zeitraubend und umständlich gewesen.

Ist aber alles Spekulation...:fs:
 
Habe diese Stelle in einem anderem Forum gefunden:

"Also it turned out recently that the wall continued northwards at its eastern end, closing the gap between the hill and the swamp (B. Dreyer). Had the Romans arrived from the East, they would have faced the backside of the wall."

Ist diese Aussage korrekt?
 
Moin

Bei Tacitus steht, dass Überlebende Germanicus zum Schlachtfeld führten und u.A. von einer Tribüne berichteten, von der aus Arminius eine Ansprache hielt:

"... wo Arminius von der Tribüne herunter eine Ansprache gehalten habe, wie viele Galgen für die Gefangenen, was für Martergruben er habe herstellen lassen, wie er die Feldzeichen und Adler übermütig verhöhnt habe."

[... quo tribunali contionatus Arminius, quot patibula captivis, quae scrobes, utque signis et aquilis per superbiam illuserit.]

Kann mir nicht vorstellen, dass unmittelbar nach den Kämpfen eine Art Gerüst gebaut wurde, damit der Chef eine Rede halten kann!? Handelte es sich bei der Tribüne nicht eher um einen Felsvorsprung?

Wenn ja, sind im Bereich Kalkriese solche Felsformationen vorhanden?

Gruß
Andreas
 
Kann mir nicht vorstellen, dass unmittelbar nach den Kämpfen eine Art Gerüst gebaut wurde, damit der Chef eine Rede halten kann!? Handelte es sich bei der Tribüne nicht eher um einen Felsvorsprung?

Wenn ja, sind im Bereich Kalkriese solche Felsformationen vorhanden?

Gruß
Andreas

Gerüst oder Felsvorsprung - ehrlich gesagt:
Ich glaube, daß tut hier nix zur Sache. (wie der Westfale sagen würde):D

Oder anders:

Diese Frage bringt uns in der Sache nicht wirklich weiter.
 
Gerüst oder Felsvorsprung - ehrlich gesagt:
Ich glaube, daß tut hier nix zur Sache. (wie der Westfale sagen würde):D

Oder anders:

Diese Frage bringt uns in der Sache nicht wirklich weiter.


Tut sehr wohl etwas zur Sache! :nono:

Bin kein Lateiner, aber wenn mit tribunali ebenso ein Felsvorsprung gemeint sein kann und solche bei Kalkriese nicht anzutreffen sind, so hat dies schon eine Aussagekraft!

Gruß
Andreas
 
Tut sehr wohl etwas zur Sache! :nono:

Bin kein Lateiner, aber wenn mit tribunali ebenso ein Felsvorsprung gemeint sein kann und solche bei Kalkriese nicht anzutreffen sind, so hat dies schon eine Aussagekraft!

Also gut:

Zunächst einmal wissen wir nicht, wie der Tacitus dies gemeint hat. Es ist halt auch Interpretationssache. Vieleicht war alles dramarturgisch übertrieben und diese Rede hat es nie gegeben.

Vieleicht war diese Tribüne auch aus Holz gebaut. Dies lässt sich 2000 Jahre später wohl nicht mehr nachweisen.

Wenn diese Rede jemals stattgefunden hat, dann ist die Frage wo:
In Kalkriese?
Kann natürlich sein.
Kann aber auch nicht sein. Die Schlacht hat sich über mehrere Tage hingezogen. Und welchen Part evt. Kalkriese darin spielt, darüber diskutieren wir hier.

Ich bleibe dabei:

Ob eilig gebaute Holztribüne, Erdhügel, oder Felsvorsprung...

Wir wissen es nicht und somit bringt es uns auch nicht weiter...:weinen:
 
Wenn es danach geht, dann hätten wir das Thema schon auf Seite 1 beenden können! ;)

Gruß
Andreas

Hurra! Stimmt!

Laßt es uns beenden.:winke:


Im Ernst:

Deine Frage läßt sich nun einmal nicht beantworten. Allgemein gesagt ist sie auch nicht so wichtig (Grund: Siehe meinen letzten Beitrag).

Wir können diese Tacitus-Textstelle nunmal nicht nachvollziehen. Schon garnicht archäologisch.
 
Hurra! Stimmt!

Laßt es uns beenden.:winke:


Im Ernst:

Deine Frage läßt sich nun einmal nicht beantworten. Allgemein gesagt ist sie auch nicht so wichtig (Grund: Siehe meinen letzten Beitrag).

Wir können diese Tacitus-Textstelle nunmal nicht nachvollziehen. Schon garnicht archäologisch.

> kann im Lateinischen mit tribunali ebenso ein Felsvorsprung gemeint sein?
> sind im Bereich Kalkriese Felsformationen vorhanden

Wieso können diese Fragen nicht beantwortet werden?

Mag ja sein, dass du kein Bock mehr auf das Thema hast, mich interessieren schon noch ein paar Sachen.
Sorry, wenn ich dich damit belästige!
 
Sorry,

du belästigst mich in keinster Weise!

Aber diese Frage ist nunmal nicht zu klären.
In keinster Weise!

Felsvorsprung, Holztribüne?

Wie willst du das nachvollziehen?

Daran hängt die entscheidende Frage dieses Threads wirklich nicht.
 
Sorry,

du belästigst mich in keinster Weise!

Aber diese Frage ist nunmal nicht zu klären.
In keinster Weise!

Felsvorsprung, Holztribüne?

Wie willst du das nachvollziehen?

Daran hängt die entscheidende Frage dieses Threads wirklich nicht.

Du magst mich nicht verstehen, oder?

Was ist denn beiden oben gestellten Fragen nicht zu beantworten?
Ich erwarte von der Beantwortung keine abschließende Klärung des Kalkriese-Problems!!!
Seit wann dürfen denn nur noch absolut entscheidende Fragen gestellt werden und wo kann ich den Katalog mit zulässigen Fragen einsehen?

Gruß
Andreas
 
Leider weiß ich nach wie vor nicht, wie man einzelne Abschnitte zitieren und kommentieren kann.:rotwerd:

Du zitierst ganz normal, und fügst manuell per copy and paste die Zitierbefehle ein. Du kannst es dir auch erleichtern, indem du einzelne Textabschnitte markierst und auf die Sprechblase über dem Texteingabefeld klickst. Dann musst du nur noch den Benutzernamen und die Beitragsnummer kopieren.

Also zu Punkt 1:
Gut. Das ist natürlich Spekulation. Ich denke, daß aus dem Text durchaus hervorgeht, daß es sich um den entsprechenden Grabhügel handelt.

Ich eigentlich auch. Allerdings gibt es im Lateinischen keinen bestimmten Artikel. Sontheimer übersetzt de Akkusativ tumulum mit "den Grabhügel". Allerdings ist ein tumulus nicht zwingend ein Grabhügel (wiewohl das wahrscheinlich ist) und ob es nun "den" oder "einen" heißen müsste, wissen wir nicht. Grammatikalisch ist das nicht zu entscheiden.

Zu Punkt 2:
Die von dir aufgestellte These (bzw. von Carnap-Bornheim) ist sicherlich eine Option. Wolters und Kehne denken offenbar anders...
Carnap-Bornheims These ist die der rituellen Niederlegung. Die Anwendung dieser Theorie auf die Münzen ist mein Eigenteil (aber da bin ich sicher nicht der erste).

Es zeigt sich einfach einmal mehr: Die Textstellen sind absolut nicht eindeutig und unter einen Hut zu bekommen. Nicht mal Stellen eines Autoren.
Mit der Analyse der Textstellen allein wird man die Fragen zu Varus nicht lösen können.

Das Problem ist immer wieder, dass die Autoren und insbesondere Tacitus für ein Publikum schrieben, welches viel mehr Oder ganz anderes Detailwissen hatte, als wir. Man kann nur wiederholen, dass Tacitus nicht dadurch verständlich wird, dass man ihn übersetzt. Es gilt Leerstellen zu füllen.

Aber wenn das so war, wieso verscharre ich dann die Gebeine in einem tumulus und wieder andere in irgendwelchen Gruben? Wenn diese Bestattungsaktion in einem wirklich überschaubaren Radius geschehen ist (Kalkriese oder in der Nähe) dann machen die Gruben keinen Sinn.

Die Knochen müssen transportiert werden. Der tumulus war das zentrale Grabmal, die anderen Knochen wurden schon aus ökonomischen Gründen (Zeit, Kraftreserven) dort verscharrt, wo sie gefunden wurden.

Das große Ziel dieses Feldzuges war sicherlich nicht diese Bestattungsaktion. Die hat eher wertvolle Zeit gekostet. Also ist der Germanicus zum Varusschlachtfeld, d.h. zum Ort der endgültigen Niederlage und hat dort die Gebeine der Gefallenen ehrenvoll bestattet, was durchaus wohl auch ein symbolischer Akt war. Vieleicht war die Sache dann auch erledigt. Man hatte schließlich noch andere Dinge zu tun als irgendwelche Knochen die auf dem Weg herumliegen einzusammeln.

Zusammengefasst:

Er ist zum Schlachtfeld, hat den tumulus errichtet und dann: Fertig

Die Knochen die hier und da noch rumlagen wurden nicht bestattet, sondern liegengelassen. Kostet zuviel Zeit, die alle einzusammeln. Man hatte besseres und anderes zu tun.
Ich glaube nicht daran, daß hier ein tumulus, dort eine Grube, dann noch eine Grube, dann vielleicht noch eine...:nono:

Sieh dir das doch mal aus einer anderen Perspektive an: Germanicus war mit acht Legionen vor Ort, das wären in Sollstärke 24.000 Mann. Dazu kommen Auxiliartruppen. Gehen wir also davon aus, dass ca. 20.000 Mann tatsächlich durch das Gebiet der clades Variana streiften. Natürlich waren nicht alle damit betraut Knochen zu bergen und zu vergraben. Aber lass dass auch mal so 4-5.000 Mann gewesen sein (der Rest wird mit genuin militärischen Aufgaben betraut gewesen sein): Was für ein Gedränge! Klar, dass die nicht alles zum zentralen Punkt gebracht und haben und bringen konnten. Aber Arbeitskräfte genug um auch hier und dort Knochen in Gruben verschwinden zu lassen.

Habe diese Stelle in einem anderem Forum gefunden:

"Also it turned out recently that the wall continued northwards at its eastern end, closing the gap between the hill and the swamp (B. Dreyer). Had the Romans arrived from the East, they would have faced the backside of the wall."

Ist diese Aussage korrekt?

Nein. Der Wall endet an einem Bachbett. Stellt sich die Frage, wann Dreyer das geschrieben hat und ob er richtig wiedergegeben wurde.

Moin

Bei Tacitus steht, dass Überlebende Germanicus zum Schlachtfeld führten und u.A. von einer Tribüne berichteten, von der aus Arminius eine Ansprache hielt:

"... wo Arminius von der Tribüne herunter eine Ansprache gehalten habe, wie viele Galgen für die Gefangenen, was für Martergruben er habe herstellen lassen, wie er die Feldzeichen und Adler übermütig verhöhnt habe."

[... quo tribunali contionatus Arminius, quot patibula captivis, quae scrobes, utque signis et aquilis per superbiam illuserit.]

Kann mir nicht vorstellen, dass unmittelbar nach den Kämpfen eine Art Gerüst gebaut wurde, damit der Chef eine Rede halten kann!? Handelte es sich bei der Tribüne nicht eher um einen Felsvorsprung?

Wenn ja, sind im Bereich Kalkriese solche Felsformationen vorhanden?

Gruß
Andreas

Die Tribüne kann alles möglich sein, eine natürliche Erhebung, der Kalkrieser Wall, ein umfunktionierter Wagen, zusammengeworfenes Beutegut... Das ist wieder mal eine der vielen Leerstellen bei Tacitus.


> kann im Lateinischen mit tribunali ebenso ein Felsvorsprung gemeint sein?
> sind im Bereich Kalkriese Felsformationen vorhanden

Wieso können diese Fragen nicht beantwortet werden?

Ja, es kann ein Felsvorsprung sein, wissen wir aber nicht, deshalb ist die Frage nach Felsvorsprüngen am Kalkrieser Berg irrelevant. Nimm einfach mal probehalber an, der Wall sei als Tribüne benutzt worden.
 
Viel plausibler, als dass die römischen Soldaten 14 die Münzen mit dem Portät des Augustus zerstört hätten (gegen den richtete sich der Aufstand schließlich nicht!!!),…


Kann man so nicht stehen lassen. Der Hass der meuternden Rheinlegionen 14 n.Chr. richtete sich allgemein gegen die Obrigkeit. Die Wut richtete sich zunächst gegen einzelne Zenturionen und Tribunen, dann gegen eine senatorische Abordnung und schlussendlich gegen Germanicus selbst (Tac.Ann.I,32, 39). Es hätte nicht viel gefehlt und der Caesar hätte sein Leben verloren. Aus Furcht vor der Raserei der Leginonäre ließ er seine Frau und seinen Sohn weg vom Rhein ins Land der Treverer bringen. Die Lage war also so angespannt, dass selbst Agrippina, die Tochter des Agrippa und Enkelin des Augustus, in Lebensgefahr war.


Viel plausibler (…)wäre die Annahme einer rituellen Zerstörung durch Germanen (wie z.B. auch bei der Maske). Dann wären die Münzen nicht verloren gegangen sondern gezielt niedergelegt worden (siehe Hypothese von Carnap-Bornheim vom Schlachtfeld als Opferplatz). Germanen zerstörten das Augustusporträt!

Diese These hat nur leider einen Haken und ist damit obsolet. Lediglich Kupfermünzen (also Soldatengeld) weisen tiefe Hiebe in das Porträt des Augustus auf. Denare und Aurei (also Silber- und Goldmünzen) sind allesamt unberührt. Wenn die Germanen das Porträt auf den Münzen zerstört hätten, dann hätten sie es auch auf Silber und Goldmünzen getan.
Da aber nur Soldatengeld betroffen ist, sieht es so aus, als haben hier römische Legionäre ihre Wut ausgelassen. Das passt zur Meuterei 14 n.Chr..


Es ist übrigens kein Einzelfall, dass Unmutsäußerungen in Form von Einhieben auf römischen Porträts auftreten. In der Numismatik spricht man von „privater damnatio memoriae“ (Lietraturhinweis: Peschke, Boris: Das verunstaltete Münzporträt des Nero: Spuren einer privaten damnatio memoriae. In: Mitteilungen der Österreichischen numismatischen Gesellschaft, Band 47, Wien 2007, S.16 ff.)
 
Diese These hat nur leider einen Haken und ist damit obsolet. Lediglich Kupfermünzen (also Soldatengeld) weisen tiefe Hiebe in das Porträt des Augustus auf. Denare und Aurei (also Silber- und Goldmünzen) sind allesamt unberührt. Wenn die Germanen das Porträt auf den Münzen zerstört hätten, dann hätten sie es auch auf Silber und Goldmünzen getan.
Ich bin immer wieder fasziniert, dass du so genau weißt, was manche Leute getan haben und was andere unterlassen haben.
Hochachtung! :respekt:

Ist eigentlich noch eine Theorie bzw. Antwort von dir zu erwarten, welchen militärischen Sinn die Ehrenrunde des Caecina durch Germanien gehabt haben soll, während die anderen Teile des Heeres sich schon auf den Weg zurück an den Rhein gemacht haben?
 
Zuletzt bearbeitet:
Ist eigentlich noch eine Theorie bzw. Antwort von dir zu erwarten, welchen militärischen Sinn die Ehrenrunde des Caecina durch Germanien gehabt haben soll, während die anderen Teile des Heeres sich schon auf den Weg zurück an den Rhein gemacht haben?

Die Antwort liefert der Althistoriker Peter Kehne:

Eine Platzierung jenes Rückzugsgefechtes der von Caecina befehligten niedergermanischen Heeresgruppe in diese Gegend wäre bei geringfügiger Modifizierung der Paragrapheneinteilung durchaus vereinbar mit der Passage Tac. Ann. 1,63,3: „mox reducto ad Amisiam exercitu legiones classe, ut advexerat, reportat (sc. Germanicus); pars equitum litore Oceani petere Rhenum iussa. Caecina, qui suum militem ducebat, monitus, quamquam notis eribus regrederetur, pontes longos quam maturrime superare.”
Also:
“Nächstens führte er s e i n Heer zur Ems zurück. Die Legionen beförderte er (sc. Germanicus) auf der Flotte, wie er sie herangebracht hatte, zurück; einem Teil der Reiterei wurde befohlen, entlang der Ozeanküste den Rhein zu erreichen. Caecina, der s e i n e i g e n e s Heer führte, war (zuvor) geraten worden, obwohl er auf bekannten Wegen zurückmarschierte, die „Langen Brücken“ so schnell wie möglich zu überwinden.“

Entgegen geläufiger Annahmen ist diese Stelle nämlich keineswegs zwingend so auszulegen, dass Germanicus zunächst das gesamte Heer an die Ems zurückführte und die vielbehandelten pontes longi sich daher zwingend westlich des Flusses befanden. Schon der Kommentar von ANDRESEN/NIPPERDEY (1892, 115 f. Anm.20) vermerkt zur Stelle:
„Zu diesen Worten (reducto ad Amisiam exercitu), die man nur von dem Gesamtheer verstehen kann, bilden die Worte Caecina, qui suum militem ducebat, eine nachträglich hinzugefügte Einschränkung“.

Der mox-Satz ist grammatikalisch und damit sachlich an den vorangehenden(ann.1,63,2) geknüpft, in dem Germanicus das handelnde Subjekt ist. Nach einem unentschiedenen Gefecht mit Arminius gibt selbstverständlich Germanicus den Befehl zum Rückmarsch Richtung Ems, wo er selbst die Legionen wieder einschifft: „Die Worte legiones – reportat sind ein summarischer und darum nicht genauer Vorbericht über das Erzählte (ANDRESEN/NIPPERDEY 1892, 116 Anm.20). Auch KNOKE (1887,219) sah schon, dass mit dem exercitus nur die von Germanicus befehligte Heeresgruppe gemeint war, wobei er für dieses Textverständnis analoge Formulierungen bei Tacitus anführen kann. An einer detaillierten Beschreibung des Rückmarsches ist Tacitus an dieser Stelle überhaupt nicht gelegen. Aus kompositorischen Gründen will er den mit der Erwähnung des dreigeteilten Anmarsches begonnenen (ann.1,60,2) Berichtskreis schnell schließen, um zu einem neuen erzählerischen Höhepunkt, dem Kampf Caecinas bei den pontes longi zu gelangen (vgl. KESSLER 1905,38). Tacitus wechselt daher auf Caecina als handelndes Subjket über. Und dieser kann sehr wohl bereits vorher detachiert worden sein (ebenso DELBRÜCK 1921,105 f.), zumal er zwar auf bekanntem, nicht aber auf demselben Wege – den dann hätte er die „Langen Brücken“ bereits auf dem Hinmarsch reparieren lassen – zum Rhein zurückging (so schon KOESTERMANN 1957,442).“


Kehne, Peter, in: Die Kunde. Zeitschrift für niedersächsische Archäologie, Band 54, 2003, S.101 f.
 
Diese These hat nur leider einen Haken und ist damit obsolet. Lediglich Kupfermünzen (also Soldatengeld) weisen tiefe Hiebe in das Porträt des Augustus auf. Denare und Aurei (also Silber- und Goldmünzen) sind allesamt unberührt. Wenn die Germanen das Porträt auf den Münzen zerstört hätten, dann hätten sie es auch auf Silber und Goldmünzen getan. ?


Ich bin immer wieder fasziniert, dass du so genau weißt, was manche Leute getan haben und was andere unterlassen haben.

Na gut, tela.
Dann beantworte mir einmal, weshalb Germanen angeblich die Porträts des Augustus auf den Kupfermünzen verunstaltet haben sollen, jene auf den Gold- und Silbermünzen dagegen nicht?
 
Kann man so nicht stehen lassen. Der Hass der meuternden Rheinlegionen 14 n.Chr. richtete sich allgemein gegen die Obrigkeit. Die Wut richtete sich zunächst gegen einzelne Zenturionen und Tribunen, dann gegen eine senatorische Abordnung und schlussendlich gegen Germanicus selbst (Tac.Ann.I,32, 39). Es hätte nicht viel gefehlt und der Caesar hätte sein Leben verloren.

Das ist deine Interpretation. Fakt ist, Tacitus schreibt:
"Ungefähr in eben diesen Tagen und aus denselben Gründen (wie die pannonischen Legionen, Anm. Tib.) empörten sich die germanischen Legionen um so gewaltsamer, je größer ihre Zahl, und mit starker Hoffnung, Caesar Germanicus werde eines anderen Herrschaft nicht dulden vermögen und sich den Legionen hingeben, die mit Gewalt alles mit sich fortreißen würden."
(Tac. Ann. 1,31,1) Dieses Ereignis, die versuchte Ausrufung des Germanicus und dessen Ablehnung werden dann auch ausführlich beschrieben. Erst seine harsche Ablehnung bringt die Soldaten zur Todesdrohung gegen ihn auf.

Die Eingangs von Tacitus erwähnten Gründe, die bei den pannonischen und germanischen Truppen die gleichen gewesen sein sollen waren, wie Tacitus es ausdrückte, die "Hoffnung auf Bereicherung im Bürgerkrieg" und dem "neuen und noch unsicheren" Kaiser die Pistole auf die Brust zu setzen, die eigene Situation zu verbessern.

Von Anarchie lässt sich da wenig herauslesen, eher von Eskalation.
 
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