Sommerlager des Varus

Ich bin in der Presse auf sehr vage Hinweise auf ein mögliches Lager des Varus gestoßen:

Varus-Sucher findet römisches Lot
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Ein römisches Lot aus dem Hiddenhauser Bereich »Auf dem Hagen«: Heribert Genreith entdeckte es am vergangenen Wochenende.


Von Hartmut Horstmann
Hiddenhausen (WB). Es piept und piept. Und irgendwann der Jubelruf: Heribert Genreith hat ein Lot entdeckt. »Ein römisches Lot«, wie der Hobby-Archäologe betont. Für ihn ist diese Entdeckung ein weiterer Baustein für den Nachweis seiner spektakulären These: Dass sich auf einem 50-Hektar-Areal in Hiddenhausen vor 2000 Jahren ein Varus-Lager befunden hat.
Seit zwei Jahren forscht der 52-jährige Geophysiker aus dem Rheinland, hat vom Landschaftsverband die Lizenz zum Graben bis zu einer Tiefe von 30 Zentimetern. Im vergangenen Jahr stieß Heribert Genreith bei seinen Feld-Begehungen auf Goldmünzen. Als der Landschaftsverband davon erfuhr, wurden auch dessen Archäologen tätig. Insgesamt neun Münzen wurden in dem Bereich an der Grenze zu Oetinghausen im Boden entdeckt - ein ganz besonderer Fund.
Das Problem für den Römerforscher Genreith: Die Münzen stammen nicht aus der Varuszeit. Der Vorteil: Als Erstentdecker steht ihm die Hälfe des Finderlohns für alle Münzen zu. Etwa 10 000 Euro flossen so auf das Konto des Enthusiasten, der seine Untersuchungen selbst finanzieren muss.
»Das stammt daher auch aus dem Goldschatz«, sagt Heribert Genreith - und zeigt seine Neuanschaffung. Auf 28 Frequenzen gleichzeitig sendet sein moderner Metalldetektor. Zu den Zeichen auf dem Display zählt ein Münzemblem, welches bei münzähnlichen Funden reagiert. Doch noch hat der Rheinländer den verlässlichsten Nachweis nicht erbringen können: Das wären römische Münzen aus der Varuszeit.
Also zieht Genreith weiter seine Bahnen über den Acker. Weil dieser landwirtschaftlich genutzt wird, ist das jährliche Zeitfenster, das ihm zur Verfügung steht, kurz. Also Tempo! Des Forschers Neu-Gerät piept auf allen Frequenzen, als gelte es, eine Komposition mit Zwölftonmusik zur Aufführung zu bringen. Ein vermeintlich lohnenswerter Bodenfund entpuppt sich als untergepflügter Rest einer Zahnpastatube. Doch dann ist es passiert: Heribert Genreith hat sein Lot gefunden: »Es ist mit Sicherheit ein römisches«, verweist er auf vergleichbare Exponate aus Kalkriese und Porta Westfalica.
Es handle sich um Vermessungslote für das Anlegen römischer Marschlager, so der 52-Jährige. Ein Lot war Teil der Groma, eines römischen Vermessungsinstruments, das zur Absteckung rechter Winkel diente.
In germanischen Siedlungen seien derartige Lote nicht verwendet worden, fügt Genreith hinzu - und hat noch einen Trumpf im Ärmel: Weitere drei Lote sind, verstreut über einen halben Quadratkilometer, in Hiddenhausen in jüngster Zeit entdeckt worden. Zwei der Lote haben eingegossene Eisenösen zur Aufhängung an einer Schnur, die beiden anderen weisen eine Durchbohrung auf. Wie geht es weiter? Heribert Genreith fühlt sich bestätigt, dass sich in dem Bereich ein römisches Marschlager befand. Er weiß aber: »Es bleibt immer noch die Frage, aus welcher Zeit die Lote stammen.« Folglich sucht er weiter - nach Münzen aus der Varuszeit.

Die Fundausbeute ist ja ziemlich mager. Die Identität dieser Funde als römische Lote ist im übrigen auch nicht durch die Wissenschaft bestätigt worden. Aber auch Kalkriese hat ja mal "klein" angefangen.:D


Weiß jemand, welche Goldmünzen da gefunden worden sind? Lt. Artikel waren das keine Münzen aus der Varuszeit, aber von wann dann? Römische Münzen? Oder aus dem 16. Jhdt.? Oder was?

Ich habe mir auf Google-Maps die geographische Lage von Hiddenhausen angeschaut.

Es liegt ja relativ nah an den heutigen Autobahnen A2 und A30. Die A30 führt Richtung Osnabrück (und damit zur Fundregion Kalkriese). Ist die A30 evtl. auf der Trasse eines prähistorischen Trampelpfads errichtet worden, den vielleicht schon Varus genommen haben könnte?
 
Oh weh,
eine Schwalbe macht noch keinen Sommer....und ein römisches Lot? noch kein Marschlager. Zumal das gezeigte Lot von der Zeitstellung her kaum eindeutig einzuordnen ist.
Wo bleiben die eindeutigen zu datierenden Funde, die zu Hauf bei Marschlagern zu bergen sind, mit einem einzelnen Lot wäre ich nie an die Presse gegangen.
Betreibt man ernsthafte Nachforschungen, so muss man sich ständig vergewissern, dass nicht der Wunsch zum Vater des Gedanken wird.
Gruß Jörg
 
Wo bleiben die eindeutigen zu datierenden Funde, die zu Hauf bei Marschlagern zu bergen sind, mit einem einzelnen Lot wäre ich nie an die Presse gegangen.


Noch sind in NRW Sommerferien und auch in Hiddenhausen müssen die Zeitungsseiten gefüllt werden.

Und wo die eindeutig zu datierenden Funde bleiben, möchte ja auch Heribert Genreith wissen. Aber bleiben wir mal fair: Er ist ja ein Ein-Mann-Team, der auch nur dann aufs Feld darf, wenn es den Bauern nicht in seinen Aktivitäten stört. Und auf einen Feld, das vielleicht schon seit Jahrhunderten landwirtschaftlich genutzt wird, sind nicht unbedingt viel an Funden zu erwarten, wenn vor 2000 Jahren eine unbekannte Anzahl Römer eine oder mehrere Nächte dort gezeltet haben.

Aber warten wir mal, ob Herr Genreith nicht irgendwann ein wenig mehr präsentieren kann.


Nachtrag:

die im obigen Artikel erwähnten Münzfunde stammen laut dieser Homepage aus dem 4. Jhdt.
 
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Also lt. Aussage von Dio zog Varus 9 n.Chr. bis ins Kerngebiet der Cherusker. Er erwähnt ja auch ausdrücklich die Weser. Die Frage ist aber: War das Sommerlager direkt an der Weser oder auf dem Weg dorthin?

Eine durchaus interessante These hierzu liefert Brepohl. Er geht von einem Sommerlager direkt an der Weser aus und liefert durchaus überzeugende Argumente dafür. Im Hinblick darauf muß man immer die immense Anzahl von Menschen (Legionssoldaten, Hilfstruppen, ziviler Apparat, Troß etc.) und Tieren im Hinterkopf haben! Hier mal eine kurze Zusammenfassung:
(Sommerlager des Varus an der Weser 9 n.Chr. aus: Wilm Brepohl: Neue Überlegungen zur Varusschlacht. Aschendorf 2006)

1.
Die Versorgung.
Hier hatte ein Fluß ganz klar logistische Vorteile gegenüber dem Landweg. Die Versorgung per Schiff hatte gegenüber Maultieren und Ochsen (langsam und gefräßig) klare Vorteile insbesondere wenn man an die Menge der zu transportierenden Güter denkt. Schiffe hatten eine größere Ladekapazität und geringeren Personalbedarf. Die Weser, die in die Nordsee mündet bot sich also geradezu an.

2.
Klimatische Vorzüge.
Das Oberwesertal und die Täler der Nebenflüsse stellen bezügl. der vorherrschenden Südwestwinde im Windschatten des Berglandes ein geeignetes Terrain dar.

3.
Die Frischwasserversorgung.
Dieser muß enorm gewesen sein. Dies gilt nicht nur für für Trinkwasser, sondern auch für hygienische Zwecke. Und auch hier muß man an die zahlreichen Trag-, Zug- und Reittiere denken. Diese fanden überdies an der Weser auch entsprechendes Weidefutter.
 
Lager des Varus

Leider machen fast alle Schreiber den Fehler, die augustäische Legionsstärke mit ca. 6000 anzusetzen, dabei war sie zu der Zeit nur 3600. Unter anderem ist daher das Lager viel kleiner gewesen. Weiter werden nur zwei Lagerpräfekten erwähnt, also waren im Lager nur zwei Legionen anwesend. Teile der dritten Legion, dazu Hilfstruppen mit Bogenschützen hielten sich im Kastell Aliso auf, weitere Hilfstruppen in Anreppen, Haltern und anderen Lagern.

Einen dreitägigen "Todesmarsch" hat es nie gegeben, Dio Cassius schreibt aus gefälschten Senatsakten ab - die Schande - Aufstand der cheruskischen Hilfstruppen mitten im Lager, wobei die Legionäre bis auf die erste Kohorte dienstfrei hatten und sich "ergingen", Wein tranken, feierten, (was Marbod in seiner Antwort an Arminius bestätigt: "tres vacuas legiones" habe der hinterhältig im Lager niedergemetzelt, das sei keine große Heldentat) durfte nicht an die Öffentlichkeit dringen, also schrieb man kurzerhand bei Caesar ab, indem die Vorfälle um die Einkesselung von Cotta und Sabinus herhalten mussten.

Germanicus drang bis zum Rande des marsischen Siedlungsgebietes vor, wo er dann auf unüberquerbare Sümpfe und Moore traf, hinter denen das Varuslager liegen sollte. Diese topografische Angabe traf damals auf die westliche und südwestliche Senne hinter Delbrück zu. Der einzige höher gelegene Ort, "inclusis silvis paludibusque" war der Wilhelmsberg nördlich von Schloss Neuhaus (Aliso mit 27 ha Fläche), hier finden sich noch heute Wallspuren eines Lagers von ca. 35 ha, westlich davon (etwa 100 m. entfernt) Spuren des Tumulus. Nur hier kann das Lager des Varus gelegen haben, 400 m. von Aliso entfernt, das an der Mündung der jetzigen Alme (früher Alisan-Aha: Erlenwasser, heute südlich einmündend die Ellerbeke) in die Lippe lag, nach Osten und Südosten durch die Pader gesichert, eine Fast-Insel, uneinnehmbar.

Tacitus erwähnt ja ausdrücklich die Lage. "in teutoburgiensi saltu ..", wobei Saltus hier "Bruchwaldgebiet" meint, nicht etwa "Bergwald" oder Ähnliches, man muss die Etymologie betrachten. Arminius un d die Römer kämpften in versumpften Bruchwaldgebieten, keineswegs in Wäldern auf Hügeln.

[MOD: Hinweis auf Publikation gelöscht]
 
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Lager des Varus

Dies könnte sicherlich ein wichtiges Argument sein. Zumal die Lippe vor 2000 Jahren sicherlich anders ausgesehen hat als heute (viele Seitenarme, unterschiedliche Tiefen, sumpfiges Gelände etc.). Außerdem muß man bedenken, daß die Lastkähne gegen den Strom bewegt werden mußten. Das war sicher ein ziemlich mühsames Unterfangen. Bleibt weiterhin die Wahrscheinlichkeit, daß Haltern das Hauptlager in Germanien war. Dies lag ja auch unweit vom Rhein. Irgendwo habe ich einmal gelesen, daß dieses Lager eine Dauerbesetzung von ca. 3000 Mann gehabt haben könnte. Die Quelle müßte ich allerdings suchen.

Bleibt die Frage nach Anreppen. Die Fundsituation spricht wohl eindeutig für eine planmäßige Auflassung vor der Statthalterschaft des Varus.
Allerdings halte ich dies auch tw. für fraglich. Aufgrund der Lage des Lagers unmittelbar an der Lippe - ohne Rücksicht auf mögliches Hochwasser - sowie die hohe Anzahl an wirklich großen Speicherbauten war dieses Lager doch offensichtlich eine wichtige Versorgungsstation. Wären diese Speicher gefüllt gewesen, so hätte eine doch beachtliche Anzahl von Legionären (eine komplette Legion?) über den Winter kommen können. Außerdem war die Lage des Lagers so weit östlich auch recht günstig. Warum sollten die Römer sich von einem derartigen Lager nach so kurzer Zeit trennen? Dieses Lager hätte wohl auch in einer tributpflichtigen Provinz Germanien eine wichtige Rolle spielen können. Oder hat man die Lage des Lagers aufgrund eintretenden Hochwassers doch für zu ungünstig gehalten?
Viele Fragen!:grübel:


Warum Anreppen aufgelassen wurde? - Weil das östlichste Versorgungsalger in Schloss Neuhaus (= Aliso) gebaut wurde, immerhin 27 ha wie Anreppen, hier waren große Speicher für Getreide und Bauholz. Eine breite Heeresstraße Richtung Aliso wurde auf 700 m Länge schon nachgewiesen. Varus baute sein Lager so nahe dran wie möglich - 400 m entfernt auf dem Wilhelmsberg.
 
wydmond, ich bin ernsthaft beeindruckt über Dein Detailwissen. Mehr als hundert Jahre heftigster Disput in der Geschichtsforschung von Mommsen bis zum Geschichtsforum über die römische Okkupationszeit waren wohl vollkommen unnötig. Hättest Du uns nur einmal früher beglückt.

Handelt es sich bei Deine Ausarbeitung um selbst gewonnen Erkenntnisse. Oder greifst Du Quellen auf? Zum Beispiel würde mich interessieren, wie Du an Marbods Korrespondenz gekommen bist? Oder beziehst Du Dich bei diesem Punkt auf Tacitus - um gleichzeitig dessen Informationen zur clades variana zu verwerfen?
 
Germanicus drang bis zum Rande des marsischen Siedlungsgebietes vor, wo er dann auf unüberquerbare Sümpfe und Moore traf, hinter denen das Varuslager liegen sollte. Diese topografische Angabe traf damals auf die westliche und südwestliche Senne hinter Delbrück zu. Der einzige höher gelegene Ort, "inclusis silvis paludibusque" war der Wilhelmsberg nördlich von Schloss Neuhaus (Aliso mit 27 ha Fläche), hier finden sich noch heute Wallspuren eines Lagers von ca. 35 ha, westlich davon (etwa 100 m. entfernt) Spuren des Tumulus. Nur hier kann das Lager des Varus gelegen haben, 400 m. von Aliso entfernt, das an der Mündung der jetzigen Alme (früher Alisan-Aha: Erlenwasser, heute südlich einmündend die Ellerbeke) in die Lippe lag, nach Osten und Südosten durch die Pader gesichert, eine Fast-Insel, uneinnehmbar.

Anreppen wurde aufgelassen, weil sich bei Schloß Neuhaus das Lager Aliso befand? Also vieleicht 15 km Luflinie von Anreppen entfernt? Man gibt Anreppen auf, um dann in fast unmittelbarer Nähe ein neus Kastell zu errichten? Oder war dein Aliso schon vor Anreppen da? Und den tumulus, den hat man dort auch gleich gefunden? Und Varus errichtet, bzw. schanzt ein Sommerlager, obwohl 400m entfernt Aliso steht? :confused::confused::confused:

Also ich muß schon sagen...:fs:
 
Nur hier kann das Lager des Varus gelegen haben, 400 m. von Aliso entfernt, das an der Mündung der jetzigen Alme (früher Alisan-Aha: Erlenwasser, heute südlich einmündend die Ellerbeke) in die Lippe lag, nach Osten und Südosten durch die Pader gesichert, eine Fast-Insel, uneinnehmbar.

Interessante Theorie hast Du da (auf den ersten Blick) und mit ein wenig Gegoogle hab ich einige lesenswerte Sides gefunden
[Mod: link entfernt]
Was mich allerdings stutzig macht ist, daß die Lippe und Zuflüsse dort nicht mehr das Niveau für römische Massentransporte aufzuweisen haben. Hat allerdings nicht viel zu sagen, denn das kann durchaus plausible Gründe gehabt haben oder die Flüsse führten damals mehr Wasser. Aber in der Regel sind naturbelassene Flüsse seicht, flach und breit sowie mit Sandbänken durchsetzt.
Kleine Diskrepanzen mit den angeblichen Lagern könnte man schon auflösen innerhalb dieses Gebietes und sind für mich daher nicht zwangsläufig von gehobener Wichtigkeit, wenn denn die Chronologie stimmt.
 
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@Silli

ich gebe Dir recht, aber wo sind archäologische Belege?

Wenn ich eine Karte von (Ost-)westfalen und dem südlichen Niedersachsen nehme, eintrage, was wir an gesicherter römischer Präsenz haben, dann Tacitus und seine antiken Schriftstellerkollegen nehme, und dann eine Theorie zum Standort des Sommerlagers oder des Schlachtortes entwickele, habe ich meine schöne Theorie, die aber erst mal den Praxistest bestehen muß: und das heißt, daß ich römische Militariafunde nachweisen muß (im Idealfall noch mit den Legionskennungen der Varuslegionen).

So haben wir nur eine interessante Theorie (von ca. 700 oder so).:rofl:
 
wydmond, ich bin ernsthaft beeindruckt über Dein Detailwissen. Mehr als hundert Jahre heftigster Disput in der Geschichtsforschung von Mommsen bis zum Geschichtsforum über die römische Okkupationszeit waren wohl vollkommen unnötig. Hättest Du uns nur einmal früher beglückt.

Handelt es sich bei Deine Ausarbeitung um selbst gewonnen Erkenntnisse. Oder greifst Du Quellen auf? Zum Beispiel würde mich interessieren, wie Du an Marbods Korrespondenz gekommen bist? Oder beziehst Du Dich bei diesem Punkt auf Tacitus - um gleichzeitig dessen Informationen zur clades variana zu verwerfen?

Laut Tacitus, diese Korrespondenz von Marbod und Arminius wird wortwörtlich so wiedergegeben. Im Übrigen kann Tacitus in Einklang mit den Aussagen von Velleius Paterculus und Florus gebracht werden, die drei widersprechen sich ja gar nicht: Varus war so unvorsichtig, um im Lager einen Gerichtstag abzuhalten, anlässlich dessen die dienstfreien, feiernden (Stichwort: Geburtstag des Augustus) Legionäre leicht überwältigt und niedergemetzelt werden konnten. Vergleiche dazu die Rache des Germanicus: auch er ließ die trunkenen, feiernden Marser waffenlos niedermetzeln. Ich sehe da einen Zusammenhang.

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Anreppen wurde aufgelassen, weil sich bei Schloß Neuhaus das Lager Aliso befand? Also vieleicht 15 km Luflinie von Anreppen entfernt? Man gibt Anreppen auf, um dann in fast unmittelbarer Nähe ein neus Kastell zu errichten? Oder war dein Aliso schon vor Anreppen da? Und den tumulus, den hat man dort auch gleich gefunden? Und Varus errichtet, bzw. schanzt ein Sommerlager, obwohl 400m entfernt Aliso steht? :confused::confused::confused:

Also ich muß schon sagen...:fs:

Ja, gerade darum, Varus benötigte ständig Nachschub, allein Getreide! Es ist undenkbar, das Lager weit entfernt vom letzten Nachschublager direkt an der Lippe (Lastkähne) anzulegen, wobei Nachschubkolonnen von Germanen leicht beraubt und geplündert werden konnten, also war des Varus Entscheidung militärisch richtig und klug: Lager nahe am Lippe-Nachschublager, allerdings auf einer erhöhten, hochwasserfreien Freifläche, eben dem Wilhelmsberg nördlich Schloss Neuhaus-Aliso.
 
Interessante Theorie hast Du da (auf den ersten Blick) und mit ein wenig Gegoogle hab ich einige lesenswerte Sides gefunden
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Was mich allerdings stutzig macht ist, daß die Lippe und Zuflüsse dort nicht mehr das Niveau für römische Massentransporte aufzuweisen haben. Hat allerdings nicht viel zu sagen, denn das kann durchaus plausible Gründe gehabt haben oder die Flüsse führten damals mehr Wasser. Aber in der Regel sind naturbelassene Flüsse seicht, flach und breit sowie mit Sandbänken durchsetzt.
Kleine Diskrepanzen mit den angeblichen Lagern könnte man schon auflösen innerhalb dieses Gebietes und sind für mich daher nicht zwangsläufig von gehobener Wichtigkeit, wenn denn die Chronologie stimmt.

Gewääserkundler bemerken, dass sich bei Aliso die Lippe, Alisan (Ellerbeke) und Pader vereinigten. Die Pader, obschon nur 4 km lang, führt aus sehr starken Quellen mehr Wasser mit sich als Lippe und Alisan zusammen, nur bis hierhin konnten Lastkähne kommen, eventuell nur durch Staken, aber das ging.
 
@Silli

ich gebe Dir recht, aber wo sind archäologische Belege?

Wenn ich eine Karte von (Ost-)westfalen und dem südlichen Niedersachsen nehme, eintrage, was wir an gesicherter römischer Präsenz haben, dann Tacitus und seine antiken Schriftstellerkollegen nehme, und dann eine Theorie zum Standort des Sommerlagers oder des Schlachtortes entwickele, habe ich meine schöne Theorie, die aber erst mal den Praxistest bestehen muß: und das heißt, daß ich römische Militariafunde nachweisen muß (im Idealfall noch mit den Legionskennungen der Varuslegionen).

So haben wir nur eine interessante Theorie (von ca. 700 oder so).:rofl:

Korrekt, ich wollte nur dazu beitragen, zu zeigen, dass Kalkriese nicht zutreffen kann, Vielleicht wird man endlich ernsthaft unter dem Schloss in Neuhaus sowie auf dem Wilhelmsberg archäologische Grabungen durchführen, das dauert Monate, ja, Jahre. Satellitenfotos sowie Karten:

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Laut Tacitus, diese Korrespondenz von Marbod und Arminius wird wortwörtlich so wiedergegeben.

Schon mal was vom thukydideischen Prinzip gehört? Thukydides:
"Was nun in den Reden hüben und drüben vorgebracht wurde, während sie sich zum Kriege anschickten, und als sie schon drin waren, davon die wörtliche Genauigkeit wiederzugeben war schwierig sowohl für mich, wo ich selber zuhörte, wie auch für meine Gewährsleute von anderwärts; nur wie meiner Meinung nach ein jeder in seiner Lage etwa sprechen mußte, so stehn die Reden da, in möglichst engem Anschluß an den Gesamtsinn des in Wirklichkeit Gesagten."
Nach diesem Prinzip sind wörtliche Reden in antiken und mittelalterlichen Quellen zu lesen. Sie sind ein Stilmittel zur textlichen Auflockerung, nicht aber als streng ereignishistorisch zu lesen. Gerade bei dem von dir zitierten Disput kommt doch auch sehr Tacitus selbst durch.

Im Übrigen kann Tacitus in Einklang mit den Aussagen von Velleius Paterculus und Florus gebracht werden, die drei widersprechen sich ja gar nicht: Varus war so unvorsichtig, um im Lager einen Gerichtstag abzuhalten, anlässlich dessen die dienstfreien, feiernden (Stichwort: Geburtstag des Augustus) Legionäre leicht überwältigt und niedergemetzelt werden konnten.

Du bist genial, du hast das genaue Datum der Varusschlacht gelöst: Beginn 23. September 9 n. Chr. ;)
Nein, der einzige der von einer Lagerschlacht spricht, das ist Florus. Da Florus sich sehr an der Geschichte Roms von Titus Livius ab urbe condita orientiert und wir hieran sehen können, wie Florus mit Geschichte umgeht, wissen wir auch, dass er nicht unbedingt der vertrauenswürdigste Zeuge ist.

Vergleiche dazu die Rache des Germanicus: auch er ließ die trunkenen, feiernden Marser waffenlos niedermetzeln. Ich sehe da einen Zusammenhang.
Im Sinne einer Talionsstrafe? Ist nicht eher davon auszugehen, dass Germanicus schlicht die Wehrlosigkeit der Marser ausnutzte, um eigene Verluste gering zu halten?
 
Ja, gerade darum, Varus benötigte ständig Nachschub, allein Getreide! Es ist undenkbar, das Lager weit entfernt vom letzten Nachschublager direkt an der Lippe (Lastkähne) anzulegen, wobei Nachschubkolonnen von Germanen leicht beraubt und geplündert werden konnten, also war des Varus Entscheidung militärisch richtig und klug: Lager nahe am Lippe-Nachschublager, allerdings auf einer erhöhten, hochwasserfreien Freifläche, eben dem Wilhelmsberg nördlich Schloss Neuhaus-Aliso.
Solange es dort keinen Beleg für römisches Lagerleben gibt - und davon ist mir nichts bekannt - ist die Annahme, dass bei Schloss Neuhaus ein Römerlager gelegen hat nichts weiter als Spekulation. Darauf wollten wir keine weiteren aufbauen. Anreppen ist ja nicht weit.

Gewääserkundler bemerken, dass sich bei Aliso die Lippe, Alisan (Ellerbeke) und Pader vereinigten. Die Pader, obschon nur 4 km lang, führt aus sehr starken Quellen mehr Wasser mit sich als Lippe und Alisan zusammen, nur bis hierhin konnten Lastkähne kommen, eventuell nur durch Staken, aber das ging.

Dass sich zwei Flüsse vereinigen, dazu bedarf es keine Gewässerkundler. Dass die Ellerbeke der Fluss Elision (wie kommst du auf Alisan?) sei, das festzustellen ist nicht die Aufgabe von Gewässerkundlern.
 
Zitat Wydmond:
"Einen dreitägigen "Todesmarsch" hat es nie gegeben, Dio Cassius schreibt aus gefälschten Senatsakten ab - die Schande - Aufstand der cheruskischen Hilfstruppen mitten im Lager, wobei die Legionäre bis auf die erste Kohorte dienstfrei hatten und sich "ergingen", Wein tranken, feierten, (was Marbod in seiner Antwort an Arminius bestätigt: "tres vacuas legiones" habe der hinterhältig im Lager niedergemetzelt, das sei keine große Heldentat) durfte nicht an die Öffentlichkeit dringen, also schrieb man kurzerhand bei Caesar ab, indem die Vorfälle um die Einkesselung von Cotta und Sabinus herhalten mussten."

Das erinnert mich an eine "Satire" des NDR in den 80er Jahren im Radio. Darin hatten die Legionen bei den Cheruskern eingeheiratet und wollten geschickt verschwinden. Wegen der Familien. KÖSTLICH! Während einer Feier beratschlagen sie, wer jetzt welchen Bericht nach Rom schickt und wie man das anstellen könnte. Die Römer auf Hochdeutsch, die Germanen auf platt und Römer-Germanen auf missingsch.
In sich eine schlüssige Geschichte

Am Ende durch keinen überlieferten Autor zu widerlegen. Irgendwie haben die sogar das Schlachtfeld glaubhaft getürkt.
 
Zitat Wydmond:
"Einen dreitägigen "Todesmarsch" hat es nie gegeben, Dio Cassius schreibt aus gefälschten Senatsakten ab - die Schande - Aufstand der cheruskischen Hilfstruppen mitten im Lager, wobei die Legionäre bis auf die erste Kohorte dienstfrei hatten und sich "ergingen"


Nun wenn der Senat die Wahl der Darstellung hätte zwischen:

1. im Lager sorglos überfallen
oder
2. in ein unzugängliches Gebiet gelockt und in voller Kampfstärke überfallen und niedergemacht .

würde er sich sicher für die Lagerversion entscheiden. Denn so konnte man die Schuld auf die Lagerführung abwälzen, die die Hilflosigkeit der Legionäre durch ihre Laschheit noch förderte. Sie waren eben besoffen, nicht anwesend oder schliefen- eben gegen jede Vorschrift.

Die Marschversion würde eher am Selbstbewußtsein und an der Ehre nagen. Hier war man kampfbereit und wurde regelrecht vorgeführt.
Auch führt die Marschversion eher für eine Motivationsblockade bei den Legionären für weitere Aktionen nach 9nchr als die Lagerversion.

Fazit Lagerversion: ich kann in Germanien ruhig reingehen, Hauptsache ich hab ein gut befestigtes und bewachtes Lager und halte mich an die Militärvorschriften, dann kann mir nichts passieren.:cool:
Fazit Marschversion: ich geh da am besten garnicht rein.:nono:

Also warum ist die Marschversion überliefert?- weil man die Wahrheit schrieb, wie sie von den Überlebenden an die Kameraden berichtet wurde und wie 8 Legionen 16 nchr sie auch sahen- ein 30 KM langes Schlachtfeld :yes:
 
Überfall im Lager

Gerade umgekehrt. Der Überfall im Lager musste vertuscht werden, damit andere Hilfstruppen in anderen Lagern nicht auf die gleiche Idee kommen konnten - diese Gefahr bestand ja stets, s. Aufstand des Civilis.

Übrigens berichtet nicht nur Florus von der Niedermetzelung unbewaffneter Legionäre im Lager sowie davon, dass die Katastrophe anlässlich einer Gerichtssitzung stattfand, wobei Varus auf dem eigens errichteten Tribunal saß, geschützt nur von den Liktoren, Tribunen und vermutlich einem Teil der Wache habenden 1. Elitekohorte, sondern ebenfalls Velleius: "Ausus ille agere conventum et in castris ius dicebat" ("Tollkühnerweise hielt er einen allgemeinen Landtag ab, auf dem er ausgerechnet im Lager Recht sprach"). Solch ein Landtag mit Anwesenheit bewaffneter Krieger der unmliegenden Germanenstämme wird nicht innerhalb weniger Monate mehrmals einberufen worden sein, sondern eben nur ein einziges Mal, eben das bewusste Mal, an welchem sich dann auch die Katastrophe ereignete. Ich empfehle u.a. die Lektüre von "Das Geheimnis der Varusschlacht" von Peter Oppitz, Zagara-Verlag 2006.

Tacitus widerspricht der Theorie "Eroberung des Lagers von innen" keineswegs, seine Schilderung lässt sehr wohl den Schluss zu, dass man beim Betreten des Lagers die Hauptplätze sah, dass aber beim Weiterschreiten der Blick auf das Notlager mit niedriger Umwallung fiel. Das "medio in campi" bezieht sich auf den Campus innerhalb des Lagers, festgetrampelt von tausenden von Legionärsstiefeln über mehrere Monate.

Was den Ort des Kastells Aliso bzw. Elison (griechisch) angeht, so hatten es bereits Klostermeier, Mommsen, Höfer, Delbrück, Liese, Bökemeier und Oppitz in Neuhaus lokalisiert. Vermutlich ist "Elíson" aus "Alìsan" (urwestgermanisch für "Erlen") korrekter, was auch die Erwähnung des Flurnamens "Ilasan" (unter Metatese aus "Alisan" entstanden) in der Vita Meinwerkii im Jahre 1036 zeigt.
Tacitus erwähnt, dass Drusus nach Entkommen aus dem Engpass "Arbalo" ein Siegesmal errichtete und ebendort auch ein festes Kastell anlegte, welches er den Feinden (Cheruskern) "vor die Stirne setzte". Da der Teutoburger Wald die Cherusker nach Westen abgrenzte, kann dieses Kastell nur hart westlich des Höhenzuges gelegen haben. Wesentlich später erst legte Tiberius dann Anreppen an, das aber kurz vor 9 n.Chr. aufgelassen wurde. Im Zuge neuer Ausgrabungen wurde östlich Anreppens auf über 700 m Länge eine direkt nach Neuhaus führende Römerstraße freigelegt.

Anzunehmen, fliehende Legioäre hätten sich durch Scharen bewaffneter Germanen dutzende von Kilometern buchstäblich hindurchgeschlagen, um zu "Aliso" zu gelangen, ist abwegig, über diese Entfernung wäre das unmöglich gelungen. Aliso bildete mit dem Varuslager eine strategische Einheit. Aliso nebst Hafen lagerte die Vorräte und das Holz für das Varuslager, das wenige hundert Meter entfernt auf dem Wilhelmsberg lag, so wird alles plausibel.
 
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