Heribert Illig... Was, wenn er doch Recht hat?

Hast du natürlich auch Recht @R.A.

Nur, ich Frage mich gerade, warum soll es denn kein Straßennetz mehr gegeben haben? Sind die Römerstraßen etwa alle vom Erdboden verschluckt worden?
 
Nur, ich Frage mich gerade, warum soll es denn kein Straßennetz mehr gegeben haben? Sind die Römerstraßen etwa alle vom Erdboden verschluckt worden?
Nicht jeder Teil des Frankenreiches war vordem römisch. Folglich gab es auch nicht in jedem Teil des Reiches flächendeckend römische Infrastruktur, die hätte verschwinden müssen, um nicht (mehr) da zu sein.
 
Das ist richtig, aber Klausi bezieht sich auf die Feldzüge in ihrer Gesamtheit und die fanden nicht nur im westlichen Teil des Frankenreiches statt. Signifikant sind z.B. die Sachsenkriege KdGs und diese fanden im Nordwesten des Reiches und jenseits der dortigen Grenzen statt, wo die Infrastuktur nicht besonders ausgeprägt war. Auch die verkehrstechnische Erschließung der Awarengrenze dürfte mangelhaft gewesen sein.

Wenn man also einen "Durchschnitt" seiner Feldzüge und Reisen betrachtet, dann sollte man in diesem Zusammenhang auch einen "Durchschnitt" des zur Verfügung stehenden Verkehrsnetzes betrachten.

Auch darf man nicht vergessen, dass sich die Römer aus vielen zu seiner Zeit fränkischen Gebieten schon lange vor Karl zurückgezogen hatten und 400 Jahre fehlende Instandhaltung tun auch einer Römerstraße nicht gut.

Trotz dieser regionalen Einschränkungen des Straßennetzes komme ich aber nach einem kurzen Überschlag zu dem Schluss, dass die Entfernungen in Bezug auf die Reisen und Feldzüge (wie schon erwähnt wurde, muss nicht das gesamte Heer von den Pyrenäen nach Sachsen marschiert sein, sondern nur Karl und ein enger Kreis um ihn, damit er an beiden Feldzügen teilgenommen haben kann) durchaus in vertretbarer Zeit realistisch sind.
Selbst wenn er pro Tag nur niedrig angesetzte 25 km schaffen sollte (ich gehe davon aus, dass ihm persönlich nicht gerade die lahmsten Gäule des Reiches zur Verfügung standen und wenn er auch nicht schreiben konnte, so konnte er doch zumindest Reiten wie ein Großer), dann hat er trotzdem nach 3 Monaten über 2.000 km zurückgelegt. Er kann also theoretisch durchaus in einem Jahr an zwei Enden seines Reiches sein.
 
Trotz dieser regionalen Einschränkungen des Straßennetzes komme ich aber nach einem kurzen Überschlag zu dem Schluss, dass die Entfernungen in Bezug auf die Reisen und Feldzüge (wie schon erwähnt wurde, muss nicht das gesamte Heer von den Pyrenäen nach Sachsen marschiert sein, sondern nur Karl und ein enger Kreis um ihn, damit er an beiden Feldzügen teilgenommen haben kann) durchaus in vertretbarer Zeit realistisch sind.
Eben, darum ging es mir.
Danke für das ausgezeichnete Bild, das besser sagt, was ich meinte. :yes:
 
Sorry - Besserung wird gelobt

Hallo,
mein Fehler war wohl, die Zitate des Illig-Buches - bzw. die sinngemäße Übernahme der dort aufgeführten Argumente - nicht ordentlich getrennt zu haben. Sorry, dies wird zukünftig nicht mehr vorkommen und damit zur besseren Lesbarkeit und Klarheit beitragen.

Natürlich bin ich nicht mit jedem Illig-Argument einverstanden, besonders nicht mit Illigs Schlußfolgerung seines Buches: Verlängerung des Mittelalters um ca. 297 Jahre und bewußter Geschichtsfälschung durch Mönche bzw. königliche/kaiserliche Schreiber im 11./12.Jahrhundert.

Allerdings sind einige der Illig-Argumente durchaus plausibel.

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Unterstellen wir dem Autor Illig einmal eine ordnungsgemäße Recherche seiner im Buch "Das erfundene Mittelalter" * aufbereiteten Fakten, dann ergeben sich folgende Unklarheiten bzw. Fragen:

a) Schriftreform

Noch heute wird in diversen deutschen Fachbüchern ** die "Erfindung der Minuskel-Schrift nebst einer umfassenden Schriftreform" dem Kaiser Karl d. Großen zugerechnet.

Sollen wir ernsthaft glauben, daß Kaiser Karl d. Große - der angeblich nicht lesen und selbst nur wenige Zeichen schreiben konnte - aktiv an einer Schrift-Reform beteiligt war?

Wieso hat weder sein Hofschreiber Einhard noch Karls Kanzlei die von ihm eingeführte Minuskel-Schrift in Urkunden verwandt?

Wieso hat sein Hofschreiber Einhard die Titel Karls des Großen nicht richtig wiedergegeben (z.B.: König anstatt Kaiser)?

b) Geldwirtschaft

Wieso werden orientalische Münzen zunächst eingeschmolzen und anschließend daraus Denare geprägt, die dann wieder als Zahlungs-/Tauschmittel zum Einkauf von orientalischen Händlern verwandt werden?

Wieso läßt der von Karl d.Großen erbeutete sog. Awaren-Schatz den Silberpreis stürzen, wenngleich das Land anscheinend nur über geringe Zahlungsmittel verfügt und lange Zeit - bedingt durch dauernde Kriege - möglicherweise am Rande der Zahlungsunfähigkeit agiert?

c) Sonstiges:

In der Schrift-Literatur geistert ein "weißer Elefant" herum, der angeblich Karl d. Großen von einem orientalischen Herrscher aus Bagdad geschenkt und zu ihm nach Aachen quer durch Süd- und Mitteleuropa transportiert worden sei.

Dieses kaum übersehbare "Geschenk" taucht in Schriften der arabischen Welt jedoch angeblich nirgends auf. Möglicherweise handelt es sich dabei um eine Anekdote, die jedoch in der Literatur stark verankert ist und in Aachen ebenfalls erwähnt wird.

--- Vorgenannte Punkte ergeben sich aus dem Illig-Buch: "Das erfundene Mittelalter", Ullstein-Verlag --------

Um es kurz zu sagen:
Die von Illig aufgeworfenen Fragen sind durchaus interessant und nicht ohne weiteres zu verwerfen. Es sieht nicht so aus, das die Historiker auf alle Fragen eine plausible Antworten haben ..!



* Lt. Süddeutscher Zeitung: " ..ungemein belesen und daher auch verwirrend stichhaltig."
** u.a. in "Claudia Runk/Grundkurs Typographie und Layout", Verlag Galileo Design
 
Zuletzt bearbeitet:
Nun, nach Einhard ? hat KdG. bis ans Ende seiner Tage versucht, schreiben zu lernen.
Da macht die Einführung einer Einheitsschrift schon Sinn :)
 
a) Schriftreform

Noch heute wird in diversen deutschen Fachbüchern ** die "Erfindung der Minuskel-Schrift nebst einer umfassenden Schriftreform" dem Kaiser Karl d. Großen zugerechnet. [...]
** u.a. in "Claudia Runk/Grundkurs Typographie und Layout", Verlag Galileo Design

Das ist nun nicht gerade ein historisches Fachbuch, es hat nicht einmal ein historisch interessiertes Publikum als Zielgruppe.

Sollen wir ernsthaft glauben, daß Kaiser Karl d. Große - der angeblich nicht lesen und selbst nur wenige Zeichen schreiben konnte - aktiv an einer Schrift-Reform beteiligt war?

Nein, das soll niemand glauben. Die der Frage zugrundeliegende Behauptung ist verzerrt.

Wieso hat weder sein Hofschreiber Einhard noch Karls Kanzlei die von ihm eingeführte Minuskel-Schrift in Urkunden verwandt?
Der Autograph Einhards verwendet recht eindeutig die Minuskel:
einhar4.JPG

Wieso hat sein Hofschreiber Einhard die Titel Karls des Großen nicht richtig wiedergegeben (z.B.: König anstatt Kaiser)?

Nun, zunächst - und das den größten Teil seiner Regierungszeit, 768 - 800 - war Karl "nur" König, eben "gratia dei rex Francorum et Langobardorum". Später aber heißt es "Quo tempore imperatoris et augusti nomen accepit. -
In jener Zeit nahm er den Namen Imperator und Augustus an."
Und so wird Karl dann auch im folgenden von Einhard tituliert. Im Übrigen lautet auch der Titel Vita Carlo magni imperatoris.

b) Geldwirtschaft

Wieso werden orientalische Münzen zunächst eingeschmolzen und anschließend daraus Denare geprägt, die dann wieder als Zahlungs-/Tauschmittel zum Einkauf von orientalischen Händlern verwandt werden?
Wo hast du denn das her?

Wieso läßt der von Karl d.Großen erbeutete sog. Awaren-Schatz den Silberpreis stürzen, wenngleich das Land über wenig Zahlungsmittel verfügt und möglicherweise am Rande der Zahlungsunfähigkeit agiert?


Wer behauptet das?


c) Sonstiges:

In der Schrift-Literatur geistert ein "weißer Elefant" herum, der angeblich Karl d. Großen von einem orientalischen Herrscher aus Bagdad geschenkt und quer durch Süd- und Mitteleuropa transportiert worden sei.

Dieses kaum übersehbare "Geschenk" taucht in Schriften der arabischen Welt jedoch angeblich nirgends auf. Möglicherweise handelt es sich dabei um eine Anekdote, die jedoch in der Literatur stark verankert ist und in Aachen ebenfalls erwähnt wird.

Das Geschenk taucht in der arabischen Literatur nicht auf, weil es unter den Abbasiden üblich war, solche Geschenke an Provinzstatthalter zu versenden. Karl der Große wurde durch dieses Geschenk zum Sttathalter der Kalifen in Bagdad degradiert - was er jedoch nicht wusste. Siehe dazu den Ausstellungskatalog Ex oriente - Issak und der weiße Elefant. Bagdad - Jerusalem - Aachen. Mainz 2003.
Oder Fletcher, Richard: Ein Elefant für Karl den Großen. Darmstadt 2005.
 
Wieso läßt der von Karl d.Großen erbeutete sog. Awaren-Schatz den Silberpreis stürzen, wenngleich das Land anscheinend nur über geringe Zahlungsmittel verfügt und lange Zeit - bedingt durch dauernde Kriege - möglicherweise am Rande der Zahlungsunfähigkeit agiert?
Selbst wenn es keiner behauptet, ist genau das absolut logisch und einer der grundsätzlichsten volkswirtschaftlichen Zusammenhänge. Knappe Güter, in dem Falle Zahlungsmittel, die stark nachgefragt werden (jeder will Geld haben) sind teuer. Gibt es plötzlich mehr von dem dann nicht mehr nicht ganz so knappen Gut sinkt der Preis, sprich, der Wert des Zahlungsmittels verfällt. Im Zusammenhang mit dem Awarenschatz kommt zwar noch eine gewisse Substitutionswirkung mit rein (Silber als Ursprungszahlungsmittel und Gold als neue begehrtere Währung, was eben zu einer verstärkteren Abwertung des Silbers führt), kann aber für ein grundlegendes Verständnis erstmal vernachlässigt werden. Der Sachverhalt zieht sich doch auch heiter durch die Geschichte, schau dir doch nur mal das wirtschaftliche Elend der Spanier in der frühen Neuzeit an u.a. der gleiche Zusammenhang.
 
Hallo,
vielleicht wäre es sinnvoll, die im vorgenannten Buch (Quelle "Illig/Das erfundene Mittelalter" ]vom Autor Illig recherchierten Fragen einmal selbst zu lesen.
Die Mediävistik-Fachleute (u.a. Hr. Borst) tun sich jedenfalls mit der Beantwortung diverser Illig-Fragen außerordentlich schwer und mußten dabei schon mehrfach eingestehen, sich bei ihren Argumentationen auf Abschriften - inzwischen aufdeckte Fälschungen - bezogen zu haben.

Das ist nun nicht gerade ein historisches Fachbuch, es hat nicht einmal ein historisch interessiertes Publikum als Zielgruppe.

Dies ist nur eines von mehreren Fachbüchern über Layout und diverse Schriftarten - und wird im Fachbereich Layout+Druck geschätzt. Es ist ein Beispiel dafür, daß fragwürdige Sachverhalte in die Fachliteratur anderer Fachbereiche Einzug finden. Das mag man als Historiker anders sehen, es ist aber in der Praxis so.

Wenn -wie in diesem Buch - dieser m.E. falsche oder zumindest fragwürdige Sachverhalt fortgeschrieben wird, dann wird dies auch zukünftig in anderen, jüngeren Büchern über Layout,pp. zu finden sein. Für derartiges Verhalten gibt es zahlreiche Beispiele (aktuell: siehe Rhein-Längen-Angabe im Brockhaus,pp.)


Der Autograph Einhards verwendet recht eindeutig die Minuskel:
Anhang anzeigen 9485


Wobei noch zu klären wäre, ob es sich bei der abgebildeten Schrift um ein Original oder um eine spätere Abschrift handelt. Es wäre nicht das erste Mal, daß von Abschriften weitere Urkunden gefertigt werden. (Beispiel: Hamburger Stadturkunde, angebl. v. Friedrich I.)

Wo hast du denn das her?

(...)

Wer behauptet das?

Alle meine Aussagen stammen aus dem Buch:

"Herbert Illig/Das erfundene Mittelalter" - 8. Aufl. 2005

Falls jemand dieses Buch wieder einmal als "Schundliteratur" ansieht, empfehle ich vorab die positive Buchbewertung der Süddeutschen Allgemeinen Zeitung zu lesen. Oder haben die auch keine Ahnung ..?

Das Geschenk taucht in der arabischen Literatur nicht auf, weil es unter den Abbasiden üblich war, solche Geschenke an Provinzstatthalter zu versenden. Karl der Große wurde durch dieses Geschenk zum Sttathalter der Kalifen in Bagdad degradiert - was er jedoch nicht wusste. Siehe dazu den Ausstellungskatalog Ex oriente - Issak und der weiße Elefant. Bagdad - Jerusalem - Aachen. Mainz 2003.
Oder Fletcher, Richard: Ein Elefant für Karl den Großen. Darmstadt 2005.

Mag sein oder mag nicht sein - wir alle waren ja nicht dabei, oder doch ..?
Es wäre nicht das erste Mal wenn derartige Annekdoten fortgeschrieben wurden, die alten Bücher sind voll davon.

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Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß alle nicht angenehmen Illig-Fragen abgebügelt werden und deren Quelle infrage gestellt wird. Vielleicht sollte man auch bei anderen Beiträgen von langjähr. Forums-Autoren gezielter und erheblich öfters nach der Quellenangabe fragen - bisher unterbleibt dies jedenfalls.

Hier ein Hinweis und Beispiel auf die angeblich so sicheren Schrift-Quellen des Mittelalters, welche gern von den Mediävisten herangezogen werden:

- Langobardische Königsurkunden: von 70 vorliegenden Urkunden (aus der Zeit von 574 - 774 n.CHr.) wurden inzwischen 22(!) als Fälschung anerkannt; (Quelle u.a. Historiker Brühl);
- Merowingische Königsurkunden: von 194 Urkunden wurden inzwischen 60%(!), also rd. 116 Urkunden, als Fälschungen entlarvt; (Quelle u.a. Historiker T.Kölzer)


Soviel zu den angeblich sicheren Urkunden des Mittelalters ..!
 
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Falls jemand dieses Buch wieder einmal als "Schundliteratur" ansieht, empfehle ich vorab die positive Buchbewertung der Süddeutschen Allgemeinen Zeitung zu lesen. Oder haben die auch keine Ahnung ..?
Was Journalisten so alles schreiben...
Übrigens, ich habe das Buch von Illig sogar gelesen - und sehe es in der Tat als Mumpitz an.
 
Was Journalisten so alles schreiben...
Übrigens, ich habe das Buch von Illig sogar gelesen - und sehe es in der Tat als Mumpitz an.

Das kann ich durchaus verstehen, denn besonders Illigs Fragen sind unangenehm für die Historiker (Borst, pp.).

Man hält sich eben lieber an Fälschungen, auch wenn die inzwischen längst aufgedeckt sind aber immer noch als "Wahrheiten" in den Schul- und Fachbüchern schlummern ...!

Die Schlußfolgerung von Illig lehne ich ab, die zahlreichen Fragen an die allwissenden Alt-Historiker sehe ich positiv.

Im übrigen halte ich die Redakteuere und Journalisten der Süddeutschen Zeitung erheblich kompetenter als so mancher der hier "alten Forums-Schreiber", die in sich in ihrer angeblichen Allwissenheit sonnen!
 
Zuletzt bearbeitet:
Vor sehr vielen Jahren habe ich ein Buch gelesen, dessen These war, dass im frühen Mittelalter ca 3 Jahrhunderte nicht stattgefunden haben, die Zeit Karls des Großen fiel in diese Lücke.
Ich erinnere mich dunkel, damals ganz fasziniert gewesen zu sein. Heute kann ich nur vermuten, dass das Buch Illigs erfundenes Mittelalter war.
Ein Teil der Faszination solcher Bücher liegt wahrscheinlich darin, scheinbar festgefügte Modelle und Abläufe im eigenen Kopf "auf Null zu stellen" und von einer ganz anderen Seite über einen Sachverhalt nachzudenken.
Dieses individuelle Überprüfen des kollektiven Wissens könnte ein verbreitetes Bedürfnis bei vielen Menschen sein. Jedenfalls habe ich später immer mal wieder über das erfundene Mittelalter und viele andere grenzwissenschaftliche Thesen diskutiert.

Je mehr ich über geschichtliche Abläufe gelesen und gesehen habe, desto unplausibler und unlogischer wurden solche kühnen Behauptungen für mich.

Allerdings muß ich gestehen, dass mich Mauer- oder Kryptareste unter romanischen Kirchen mehr überzeugen als alte Schriften, einfach weil ich von alten Sprachen und Schrifttypen wenig Ahnung habe, da muß ich dann den Spezialisten glauben.
 
Die Schlußfolgerung von Illig lehne ich ab, die zahlreichen Fragen an die allwissenden Alt-Historiker sehe ich positiv.
FÜr Althistoriker sind die Schlussfolgerungen Illigs ziemlich uninteressant.

Abgesehen davon behauptet sicher kein Historiker von sich allwissend zu sein. Das ist nur ein immer wieder gerne gebrachter Vorwurf von den Leuten, die sich gegen Historiker positionieren wollen.

Illig hat eine Fähigkeit. Er kann seine Thesen so gut formulieren, dass sie verdammt schlüssig klingen - wenn man keine Ahnung von der Materie hat. Und genau deswegen fallen immer wieder Leute auf das rein, was er geschrieben hat.
 
Die Mediävistik-Fachleute (u.a. Hr. Borst) tun sich jedenfalls mit der Beantwortung diverser Illig-Fragen außerordentlich schwer und mußten dabei schon mehrfach eingestehen, sich bei ihren Argumentationen auf Abschriften - inzwischen aufdeckte Fälschungen - bezogen zu haben.

Normalerweise sind es die Mediävisten, welche die Urkundenfälschungen aufdecken und zwar aufgrund historischer Methoden, zu nennen sind hier die Methoden der Diplomatik (Urkundenkunde) und der Paläographie (Kunde alter Schriften) sowie des Regestenwesens. Die ersten Urkundenfälschungen wurden schon im 19. Jhdt. gerade aufgrund des Regestenwesens nachgewiesen. In der MGH werden die gefälschten Urkunden gesondert aufgeführt oder mit Fälschung bzw. in den älteren Bänden (die auf Latein und nicht auf deutsch sind) mit falsificatio deutlich markiert.

Dies ist nur eines von mehreren Fachbüchern über Layout und diverse Schriftarten - und wird im Fachbereich Layout+Druck geschätzt.

Das tut nichts zur Sache, niemand will Frau Runk etwas Böses, zumal sie nicht den Anspruch erhebt, der ihr von Illig unterschoben wird, nämlich ein Fachbuch für Historiker oder historisch interessierte Laien verfasst zu haben. Als solches wird es aber verkauft, wenn Illig seine Argumentation darauf stützt.

Es ist ein Beispiel dafür, daß fragwürdige Sachverhalte in die Fachliteratur anderer Fachbereiche Einzug finden. Das mag man als Historiker anders sehen, es ist aber in der Praxis so.

Es ist vielmehr ein Beispiel dafür, wie unseriös Illig arbeitet, wenn er fachfremde Literatur zitiert, um den Historikern irgendwelche aussagen anzuhängen. Man kann das bestenfalls als intellektuelles Schattenboxen ansehen.



Wobei noch zu klären wäre, ob es sich bei der abgebildeten Schrift um ein Original oder um eine spätere Abschrift handelt. Es wäre nicht das erste Mal, daß von Abschriften weitere Urkunden gefertigt werden. (Beispiel: Hamburger Stadturkunde, angebl. v. Friedrich I.)

Genau das(!) bedeutet Autograph, 'selbst Geschriebenes'! In den seltensten Fällen haben wir die Originale vorliegen, meist nur Abschriften. In diesem falle haben wir aber einen Vermerk von Einhard selbst. Abgesehen davon handelt es sich hierbei nicht um eine Urkunde, sondern um einen historiographischen Text. Urkunden sind die Verschriftlichungen von Rechtakten.


Alle meine Aussagen stammen aus dem Buch:

"Herbert Illig/Das erfundene Mittelalter" - 8. Aufl. 2005

Falls jemand dieses Buch wieder einmal als "Schundliteratur" ansieht, empfehle ich vorab die positive Buchbewertung der Süddeutschen Allgemeinen Zeitung zu lesen. Oder haben die auch keine Ahnung ..?

Ich kenne die Süddeutsche Allgemeine Zeitung nicht. =)

Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß alle nicht angenehmen Illig-Fragen abgebügelt werden und deren Quelle infrage gestellt wird. Vielleicht sollte man auch bei anderen Beiträgen von langjähr. Forums-Autoren gezielter und erheblich öfters nach der Quellenangabe fragen - bisher unterbleibt dies jedenfalls.

Vielleicht solltest du einfach mal zur Kenntnis nehmen, dass Illig ganz offensichtlich lügt. Das Schlimme oder Erschreckende ist dabei, dass das so einfach nachzuweisen ist. Nehmen wir das Bsp. Einhard, der angeblich Karls Titel nicht gekannt habe. Der Text ist vielfach ediert, z.B. bei Reclam, du kannst ihn aber auch online lesen. Und dort findest du dann ganz schnell, wie ich in meinem vorherigen Beitrag gezeigt habe, dass Einhard Karl zunächst als König bezeichnet und später als Imperator.

Hier ein Hinweis und Beispiel auf die angeblich so sicheren Schrift-Quellen des Mittelalters, welche gern von den Mediävisten herangezogen werden:

- Langobardische Königsurkunden: von 70 vorliegenden Urkunden (aus der Zeit von 574 - 774 n.CHr.) wurden inzwischen 22(!) als Fälschung anerkannt; (Quelle u.a. Historiker Brühl);
- Merowingische Königsurkunden: von 194 Urkunden wurden inzwischen 60%(!), also rd. 116 Urkunden, als Fälschungen entlarvt; (Quelle u.a. Historiker T.Kölzer)


Soviel zu den angeblich sicheren Urkunden des Mittelalters ..!

Dass diese Diplome Fälschungen sind (wobei das nicht in jedem Fall richtig ist, häufig handelt es sich um spätere Abschriften, die dann - weil es eben keine Originale sind, von Illig unter die Fälschungen subsumiert werden) ist aber doch kein Geheimwissen sondern communis opinio in der Mediävistik. Da diese Urkunden alle ediert sind, ist für jeden, der sich mit der einzelnen Urkunde befasst ersichtlich, ob es sich um ein Orginal oder eine Fälschung, um eine Abschrift oder um eine verunechtete Urkunde handelt. Verunechtet heißt, dass ein Original durch spätere Eingriffe verändert wurde. Häufig werden solche verunechteten Urkunden der Einfachheit halber auch unter den Fälschungen geführt, was weder ganz falsch noch ganz richtig ist. Kölzer und Brühl kann man doch nicht als schuldig dafür erklären, das Illig aus ihren Forschungsergebnissen die falschen Schlussfolgerungen zieht, nämlich weil viele Urkunde nicht Original sind, sind alle nicht Original. Das verkennt die Methode, nach der die Nichtoriginale nachzuweisen sind.
 
FÜr Althistoriker sind die Schlussfolgerungen Illigs ziemlich uninteressant.

Illig hat eine Fähigkeit. Er kann seine Thesen so gut formulieren, dass sie verdammt schlüssig klingen - wenn man keine Ahnung von der Materie hat. Und genau deswegen fallen immer wieder Leute auf das rein, was er geschrieben hat.



Oh je, manche Personen begreifen es eben nie ...!

Es geht nicht um Illigs wilde Schlußfolgerungen sondern um seine F r a g e n !!!

Wenn man sich mit seinen Fragen beschäftigt, dann muß man doch nicht gleich Illigs Ansichten teilen. Aber gerade das Antworten auf Illigs Fragen bereitet den Mediävisten so viel Probleme.

Da ist es natürlich einfacher gleich das Buch zu verdammen anstatt sich damit auseinanderzusetzen - ist ja einfacher.

Wie gesagt, manche Personen erkennen den Unterschied - zwischen Fragen und Schlußfolgerung - nie oder wollen dies nicht erkennen.

Irgendwie hoffnungslos, das weiter zum 150.Mal zu erklären ..!
 

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Oh je, manche Personen begreifen es eben nie ...!


Stimmt. Ich begreife es nicht.

Es geht nicht um Illigs wilde Schlußfolgerungen sondern um seine F r a g e n !!!


Danke. Jetzt habe ich es begriffen.
Wenn man sich mit seinen Fragen beschäftigt, dann muß man doch nicht gleich Illigs Ansichten teilen. Aber gerade das Antworten auf Illigs Fragen bereitet den Mediävisten so viel Probleme.

Da die Fragen Illigs in vielen Fällen nur deswegen interessant erscheinen, weil sie auf einer - nennen wir es - verdrehten Sichtweise beruhen, sind auch die Fragen an sich nicht unbedingt interessant.

Den Eindruck habe ich nicht. Wenn man die vielen detaillierten Widerlegungen von Illigs Ansichten anschaut, dann sieht es nicht so aus, als hätte es da viele Probleme gegeben.

Lese ich natürlich eine Illig-Fansite, dann können die Leute dort schon den Eindruck erwecken, dass Mediävisten keine Chance haben vernünftige Gegenargumente zu entwickeln.
Da ist es natürlich einfacher gleich das Buch zu verdammen anstatt sich damit auseinanderzusetzen - ist ja einfacher.


Ich habe mich damit auseinandergesetzt. Vor allem habe ich beide Seiten gelesen, nicht nur Illig-Fansites.
Wie gesagt, manche Personen erkennen eben den Unterschied zwischen Fragen und Schlußfolgerung nie.

Hoffnungslos ..!!!

Ziemlich.
 
Zuletzt bearbeitet:
Oh je, manche Personen begreifen es eben nie ...!

Es geht nicht um Illigs wilde Schlußfolgerungen sondern um seine F r a g e n !!!

Wenn man sich mit seinen Fragen beschäftigt, dann muß man doch nicht gleich Illigs Ansichten teilen. Aber gerade das Antworten auf Illigs Fragen bereitet den Mediävisten so viel Probleme.

Genau hier liegt das Problem: Illig stellt Dinge in Frage, die gar nicht behauptet werden. Wieso sollte diese Dinge also überhaupt jemand beantworten?
Wie soll man mit Leuten diskutieren, die einem Behauptungen unterschieben, die man nicht getätigt hat?
 
Genau hier liegt das Problem: Illig stellt Dinge in Frage, die gar nicht behauptet werden. Wieso sollte diese Dinge also überhaupt jemand beantworten?

Und die F r a g e n sind auch nur Behauptungen?


Wie soll man mit Leuten diskutieren, die einem Behauptungen unterschieben, die man nicht getätigt hat?

Natürlich nicht, aber Fragen beantworten wäre schon üblich.
Oder sind alle Fragen unerwünscht?
 
- Langobardische Königsurkunden: von 70 vorliegenden Urkunden (aus der Zeit von 574 - 774 n.CHr.) wurden inzwischen 22(!) als Fälschung anerkannt; (Quelle u.a. Historiker Brühl);
- Merowingische Königsurkunden: von 194 Urkunden wurden inzwischen 60%(!), also rd. 116 Urkunden, als Fälschungen entlarvt; (Quelle u.a. Historiker T.Kölzer)[/I]

Soviel zu den angeblich sicheren Urkunden des Mittelalters ..!

Ganz so pauschal wird man es nicht sagen können. Fälschung ist nicht gleich Fälschung.

Die zeitliche Differenz zwischen dem vorgegebenen und dem tatsächlich nachgewiesenen Erstellungsdatum differiert manchmal nur um 50 bis 100 Jahre. Liegt also in der gleichen Epoche. Der eigentliche Tatbestand der Fälschung liegt häufig auch nicht so sehr im falschen Erstellungdatum, sondern im beteiligten Personenkreis und dem jeweiligen Inhalt der Urkunde. Urkunden regeln nicht zuletzt Besitzverhältnisse und Rechtsverhältnisse.

Jetzt sollte man sich fragen, worin denn die Motivation lag, überhaupt Urkunden zu fälschen:
- Besitzungen zu sichern - zu erlangen - wieder zu erlangen...
- die eigene Rechtsstellung zu sichern - zu erlangen - wieder zu erlangen...
- das Ansehen einer od. mehrerer Personen nachträglich durch "Korrektur" der Ereignisse zum positiven oder aber auch zum negativen zu verändern...

Sicherlich KEINE Motivaton war es, die Historiker des 21. Jh. zu ärgern.

Liebe Grüße
KeineAhnung
 
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