Das Leben im Alten Griechenland

Ich habe das Gefühl, es war weniger der berühmte Kampf Wissenschaft gegen Religion, was meint ihr?
Ich glaube zu ahnen, was Du meinst. Aber prinzipiell besser war es damals auch nicht - siehe das Schicksal von Sokrates ? Wikipedia

Im Übrigen erschließt sich mir nicht, inwiefern es glaubwürdig sein soll, dass ein Schwan mit einer Frau schläft, und diese dann Eier legt.
Das Walten der Götter war und ist von Wundern begleitet. :winke:
Zu Buddha etwa heisst es: "In Gestalt eines weißen Elefanten dringt der Bodhisattva nach Herabstieg auf die Erde in die schlafende, die Empfängnis träumende Königin [Maya] ein. Zehn Monate später tritt er als ein mit 32 besonderen Merkmalen ausgezeichnetes Menschenkind zur rechten Seite der Mutter heraus." [1]


[1] RGG, 3. Aufl. Bd. 1, S. 1471
 
Das Walten der Götter war und ist von Wundern begleitet. :winke:
Zu Buddha etwa heisst es: "In Gestalt eines weißen Elefanten dringt der Bodhisattva nach Herabstieg auf die Erde in die schlafende, die Empfängnis träumende Königin [Maya] ein. Zehn Monate später tritt er als ein mit 32 besonderen Merkmalen ausgezeichnetes Menschenkind zur rechten Seite der Mutter heraus." [1]


[1] RGG, 3. Aufl. Bd. 1, S. 1471

Ja, das ist eben eine Eigenheit der Religion, dass sie ins Metapyhsische, Unbeweisbare geht, da es sonst kein Glaube wäre. Insofern finde ich "glaubwürdiger" einen Begriff, der hier sehr wenig passt. :)
 
Hach, ich bin ja so gerne ein Häretiker...

was ich in dieser Diskussion immer wieder sehe, ist das hehre Bild des antiken Griechenland, alles voller weiser Männer und Frauen, weisse Tempel, erhabene Gewänder.

Aber da gibt es die schöne Stelle bei Herodot, der aus Ägypten schreibt: Die Ägypter machen alles anders als wir. Die privaten Geschäfte erledigen sie im Haus und die öffentlichen auf der Strasse.
Das heisst, auch wenn man es kaum wahr haben will: Die Griechen haben auf die Strasse geschissen.

Und wer das nicht glauben möchte, dem sei eine antike Inschrift von der Akropolis ans Herz gelegt, eigentlich meine Lieblings-Inschrift aus der Antike. Darin wird den Bürgern Athens verboten, im Gebiet zwischen dem Erechtheion, dem alten Athena-Altar und dem Parthenon ... Scheisse an die Wände zu werfen.
Und solche Inschriften fertigt man wohl kaum an, wenn es keinen Grund dafür gegeben hat.

Rückt all das euer Bild der alten Griechen zurecht?
Mir hat es zur Einsicht verholfen.
 
Hiermit möchte ich mich bei allen entschuldigen, deren Gefühle ich im letzten Beitrag verletzt haben könnte, weil die hoch entwickelten Griechen sowas sicherlich nicht getan haben können.

Aber noch eine (seeehr häretische) Wahrheit sei hier ausgesprochen:

@okeanios, Zitat:
Und die Demokratie ist in Athen entstanden aber hat sich in der ganzen griechsichen Welt verbreitet.

Auch hier hilft es weiter, seinen Herodot zu kennen. Der schreibt nämlich, dass die Perser nach dem Aussterben des Königsstammes (ich hab ihn leider nicht zur Hand, deswegen kann ich nicht genau sagen, um welches Geschlecht es sich gehandelt hat, muss so um 540/530 v. der Zeitenwende gewesen sein) beraten haben, welche Regierungsform man für das Reich wählen sollte. Zur Wahl standen Monarchie, Oligarchie und - Demokratie (!). Man hat sich für die erbliche Monarchie entschieden, mit der Begründung, dass in einer Demokratie alle mit reden wollen, aber keiner davon bereit ist, auch die Verantwortung zu tragen. Wenn man den alten Herodot ernst nimmt, war die Idee also damals schon länger geläufig und stand zur Debatte. Umgesetzt hat sie allerdings eine Hand voll revolutionärer Athener, was die Leistung der Griechen nicht direkt mindert, aber relativiert. Wie gesagt, immer voraus gesetzt, wir nehmen den alten Herodot ernst. Und es spricht manches dafür.
 
Hiermit möchte ich mich bei allen entschuldigen, deren Gefühle ich im letzten Beitrag verletzt haben könnte, weil die hoch entwickelten Griechen sowas sicherlich nicht getan haben können.

Nein, dass es in Wirklichkeit wesentlich anders ablief, als wir es uns vorstellen, davon können wir alle ausgehen, denke ich.
Wir entwickeln ja schnell "romantische" Vorstellungen vergangener Zeiten.
Denken wir da zB an die Rennaissance. Wir denken prunkvoll, alles vergoldet, tolle Kleider, lustwandeln durch Schlossgärten.

Aber dass die Menschen zB bestialisch gestunken haben, weil sie eher selten duschten und sich stattdessen lieber Puder ins Gesicht klatschen, diese Tatsache wird gern verdrängt. So richtig romatisch ist keine, der vergangenen Zeiten, denke ich.

Nur manchmal ist es ja schon so, dass man weniger pragmatisch darüber denkt, sondern eben eher romantisch. Zumindest bei mir ist das so ^^
 
Denken wir da zB an die Rennaissance. Wir denken prunkvoll, alles vergoldet, tolle Kleider, lustwandeln durch Schlossgärten.

Aber dass die Menschen zB bestialisch gestunken haben, weil sie eher selten duschten und sich stattdessen lieber Puder ins Gesicht klatschen, diese Tatsache wird gern verdrängt.

So richtig schlimm wird das wohl erst im Barock, glaube ich, noch nicht so sehr in der Renaissance. Da war die Kultur der Badehäuser erst am Anfang vom Ende.
 
Wenn ich an Renaissance denke, denke ich vor allem an unangenehme militärische Entwicklungen, Kaufkraftverlust und Massenverelendung großer Bevölkerungsteile im Laufe des 16. Jahrhunderts. Andere denken an Entdeckungsreisen, großartige Bauten, interessante neue philosophische und religiöse Gedanken. Kommt auf den jeweiligen individuellen Blickwinkel an, es war alles da, man sollte alte Zeiten weder verteufeln noch idealisieren. ;) Der 16 Stunden (wie kommst Du auf die Zeit?) schuftende griechische Handwerker z.B. war in der Regel selbständig, konnte sich das Maß und Intensität der Arbeit einteilen und dürfte zufriedener gewesen sein als mancher heutiger Malocher.


PS:
Noch eine Bemerkung: Der Eindruck reicher philosophischer und wissenschaftlicher Betätigung in der griechischen Antike kommt nicht von ungefähr. Es gab keine herrschende Lehre, wie später z.B. das Christentum oder den Islam, die von vornherein recht enge Leitlinien setzten und abweichende Gedanken unterdrückten, ab und zu durchaus handgreiflich. Daher sprossen bei den Griechen viele Gedankengebäude zur Philosophie, Wissenschaft und Technik. Interessant ist, daß das das Leben der einfachen Leute kaum besser gemacht hat, da in der Antike eher die Theorie und weniger die Praxis galt und daher wenige Ideen technisch umgesetzt wurden.

Grenzenlos war die Freiheit wohl auch in der griechischen Antike nicht. Ganz nett ist die Anekdote, wonach ein Stoiker (Kleanthes) den Aristarchos von Samos wegen Gotteslästerung anklagen wollte, weil er ein heliozentrisches Weltbild entwickelt hatte. Klingt irgendwie vertraut? Ob die Geschichte stimmt, weiß man nicht. Immerhin wurde Aristarchos nachweisbar nicht bestraft.
 
Zuletzt bearbeitet:
Noch eine Bemerkung: Der Eindruck reicher philosophischer und wissenschaftlicher Betätigung in der griechischen Antike kommt nicht von ungefähr. Es gab keine herrschende Lehre, wie später z.B. das Christentum oder den Islam, die von vornherein recht enge Leitlinien setzten und abweichende Gedanken unterdrückten, ab und zu durchaus handgreiflich. Daher sprossen bei den Griechen viele Gedankengebäude zur Philosophie, Wissenschaft und Technik. Interessant ist, daß das das Leben der einfachen Leute kaum besser gemacht hat, da in der Antike eher die Theorie und weniger die Praxis galt und daher wenige Ideen technisch umgesetzt wurden.

Der Islam hat meiner Meinung aber auch keine "herrschende Lehre", und sowohl Christentum als auch Islam haben viele Denker und Philsophen hervorgebracht.

Wenn wir uns aber nochmal dem "idyllischen" Griechenland in der Antike zuwenden, dann muß man den reichtum an Philosophie auch auf eine räumlich und zeitlich weite Ausdehnung verteilen, dann bleibt schließlich soviel auch nicht übrig. Es ist nicht so, daß jede griechische Stadt voll von argumentierenden Philosophen war.

Und man kann die Praxis auch nicht so einfach gegen die Theorie aufwiegen. Zunächst ist das Ziel erst einmal die Erkenntnis der Natur und darin die Frage nach dem Wesen des Menschen, Fragen, die sich nicht einfach in eine praktische Handlungsweisung umleiten lassen. Viele Erkenntnisse der Mechanik zum Beispiel sind in die Architektur eingeflossen, der Optik und der Akkustik ebenso, daß kann man herrlich an den vielen winzigen optischen Korrekturen am Parthenon sehen, oder am perfekt ausgerichteten Theater in Epidauros. Die Musik, eng verwandt mit der Mathematik, war eine hohe Wissenschaft.
Was uns aus heutiger Sich immer verleitet, anzunehmen, die Griechen hätten ihre Erkenntnisse nicht umgesetzt, ist ein Fehlen des Maschinenbaus, um Arbeitsprozesse zu rationalisieren oder zu beschleunigen.
 
Der Islam hat meiner Meinung aber auch keine "herrschende Lehre", und sowohl Christentum als auch Islam haben viele Denker und Philsophen hervorgebracht.

Es gibt im Islam schon eine jeweils herrschende Lehre. Genau wie im Christentum in seiner jeweiligen Ausprägung. Daß es verschiedene Hauptströmungen, Sunna, Schia, Katholiken, Arianer, Orthodoxe etc., gab und gibt, widerspricht dem nicht. Auch wenn der Islam theoretisch Sache des einzelnen ist und es keine zentrale Autorität wie einen Pabst gibt, sind doch relativ strikte Lehrgebäude vorhanden mit relativ klaren Anweisungen, was geht und was nicht. Im jeweiligen Bereich waren grundlegende Abweichungen schwierig, weil die Lehre staatsrechtlich verbindlich war.

Daß Christentum und Islam viele Denker hervorgebracht haben (genau wie Judentum, Hinduismus, Buddhismus, Taoismus etc.), ist unbestritten, aber diese Denker gingen mehr oder weniger von gemeinsamen Leitmotiven aus. Zwar gab es zwischen den Denkrichtungen oft erheblichen Streit (wobei ich mich im Islam hier nicht so auskenne), aber alles spielte sich lange Zeit in einem festen Rahmen ab (z.B. dem christlichen).

So einen Rahmen hatte die griechische Philosophie nicht, daher gab es sehr widersprüchliche Schulen, die die Bandbreite des Denkens weiter ausloteten als in der späteren Philosophie. Letztere baute auch weitgehend auf den Problemen auf, die bis zur Spätantike angedacht waren. Das Universalienproblem war z.B. bereits da, wurde aber bis zum 12./13. Jhd. kaum behandelt. Häufig führte die christliche Prägung dazu, daß bestimmte Denkweisen einfach out waren. Eine materialistische Philosophie a la Epikur war bis ins Spätmittelalter z.B. nicht möglich.

Wenn wir uns aber nochmal dem "idyllischen" Griechenland in der Antike zuwenden, dann muß man den reichtum an Philosophie auch auf eine räumlich und zeitlich weite Ausdehnung verteilen, dann bleibt schließlich soviel auch nicht übrig. Es ist nicht so, daß jede griechische Stadt voll von argumentierenden Philosophen war.

Ich könnte jetzt fragen, woher weißt Du das, aber das wäre zu billig. Ich bin sicher, daß im hohen und späten Mittelalter mindestens genausoviel Menschen philosophisch-theologisch beschäftigt waren wie in der griechischen Antike, sowohl was Lehrende, vor allem aber Lernende betraf, schon wegen der vielen Universitäten. Es geht aber nicht um die Zahl der Philosophierenden, sondern um die Vielfalt der Denkrichtungen.

Und man kann die Praxis auch nicht so einfach gegen die Theorie aufwiegen. Zunächst ist das Ziel erst einmal die Erkenntnis der Natur und darin die Frage nach dem Wesen des Menschen, Fragen, die sich nicht einfach in eine praktische Handlungsweisung umleiten lassen. Viele Erkenntnisse der Mechanik zum Beispiel sind in die Architektur eingeflossen, der Optik und der Akkustik ebenso, daß kann man herrlich an den vielen winzigen optischen Korrekturen am Parthenon sehen, oder am perfekt ausgerichteten Theater in Epidauros. Die Musik, eng verwandt mit der Mathematik, war eine hohe Wissenschaft.
Was uns aus heutiger Sich immer verleitet, anzunehmen, die Griechen hätten ihre Erkenntnisse nicht umgesetzt, ist ein Fehlen des Maschinenbaus, um Arbeitsprozesse zu rationalisieren oder zu beschleunigen.

Ich verstehe Dich hier nicht recht. Dein letzter Satz ist in sich selbst eigentlich etwas widersprüchlich (wieso werden die Historiker "verleitet"?). Daß in der Antike im Produktionsbereich wenig technische Innovation umgesetzt wurde, auch aus bestimmten ideologischen Gründen, wie der Geringschätzung der Erwerbsarbeit, ist eigentlich Allgemeingut. Daß es in vielen Bereichen den Einsatz von Technik gab und teilweise erstaunliche Leistungen vollbracht wurden, auch. Das eine schließt das andere nicht aus. Fakt bleibt, daß es wegen der primitiven Produktionsverhältnisse so gut wie kein Wirtschaftswachstum gab.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo da bin ich wieder :)

ich weiß nicht wieso muss alles entweder weiß oder schwarz sein? ,
wenn jemand in einer antiken Poleis spazieren gegangen wäre dann hätte er in der Agora alle mögliche Sorten von Menschen und Schichten getroffen, den einfachen Bauern, Handwerker, Händler und ihre Frauen, Kinder die spielen, Soldaten, Strategen, Politiker, Philosophen, Aristokraten, Athleten, Jongleure, alte Männer und Frauen, Seeleute,Priester/in, Leute die mehrere Sachen von den vorher genannten gleichzetig ausübten bzw waren,Sklaven, Hetären, einfache Prostituierte und viele andere.
Das die draußen ihr Geschäft gemacht haben ist logisch irgendwie, es gab öffentliche Toiletten wo man sich hinsetzte und sein Geschäft gemacht hat. Wenn eine nicht in der Nähe ist und man schon bisschen weit weg wohnt dann ist es überhaupt nicht komisch dass die in einer Ecke irgendwo in der Natur sich erleichterten. Das mit den auf die Wände Scheiße schmeißen oder was du sagst hast du bestimmit falsch verstanden. Weil das Gebiet heilig war, war es verboten in dieser heiligen Umgebung seine Not zu machen.
Das mit der Regierungsform für das Persische Reich hab ich schon mal gelesen doch ich erinnere mich leider nicht genau was da stand. Wenn du kannst poste mal ein entsprechenden Link oder so. Soviel ich weiß ist die Demokratie schon einige Jahrzehnte vor den Perserkriegen entstanden, ihre Basis und Entstehungsgeschichte bzw Entwicklung ist in Athen zu finden. Das heißt die haben sich nicht was anderes angeguckt und gesagt aha das ist gut für uns sondern mit der Zeit ist aus eigener Erfahrung, Geschehenissen und den Beitrag einer oder mehrerer Personen irgendwann die Demokratie in Athen entstanden.
Was den Technologischen Fortschritt angeht die konnten echt komplexe Mechanismen bauen, die konnten auch Türen die automatisch auf und zu gingen herstellen. Aber dann wäre ein ganzes System auseinandergebrochen wenn solches in der Tat umgesetzt wurde. Die Sklaven hätten dann kein Gebrauch.
Finde es echt interessant in diesen Forum und manch einer hat Kentnisse die echt von tief hergeholt sind. Respekt!
 
Nun, dann möchte ich einige meiner Ausführungen gern mal verteidigen:

Es gibt im Islam schon eine jeweils herrschende Lehre. Genau wie im Christentum in seiner jeweiligen Ausprägung. Daß es verschiedene Hauptströmungen, Sunna, Schia, Katholiken, Arianer, Orthodoxe etc., gab und gibt, widerspricht dem nicht. Auch wenn der Islam theoretisch Sache des einzelnen ist und es keine zentrale Autorität wie einen Pabst gibt, sind doch relativ strikte Lehrgebäude vorhanden mit relativ klaren Anweisungen, was geht und was nicht.

Doch, ich würde schon sagen, daß hier ein Widerspruch vorliegt. Wenn es nämlich mehrere Strömungen mit unterschiedlicher Auslegung der Lehre gibt, dann herrscht nicht mehr eine Lehre, sondern sie liegt im Wettstreit mit anderen. Insofern ist meiner Meinung nach ein Pluralismus im Denken im Christentum und Islam genauso möglich wie in der heidnischen Antike, die ebenfalls bis weit an ihre Grenzen herangehen. Daß diese vorhanden sind, kann keiner bestreiten, aber auch im Klassischen Altertum kennt das Denken Grenzen. Du hast ja selbst das Beispiel gebracht.
Wie weit die Grenzen auch im Christentum sein können, zeigt unter anderem das Beispiel von Descartes, der sogar das ganze Sein in Frage stellen kann, um seine Theorien zu entwickeln.
Und auch im Islam sind die Lehrgebäude keineswegs so strikt, wenn man sieht, wie unterschiedlich Deutungen einzelner Rechtsgelehrter ausfallen können.


Ich könnte jetzt fragen, woher weißt Du das, aber das wäre zu billig. Ich bin sicher, daß im hohen und späten Mittelalter mindestens genausoviel Menschen philosophisch-theologisch beschäftigt waren wie in der griechischen Antike, sowohl was Lehrende, vor allem aber Lernende betraf, schon wegen der vielen Universitäten. Es geht aber nicht um die Zahl der Philosophierenden, sondern um die Vielfalt der Denkrichtungen.

Du hast recht, die Frage wäre sogar recht und billig. Ich gehe von Fakten aus, also von dem, was wir wissen, und nicht dem, was sein könnte, oder was man hochrechnen müßte.
Wieviele Philosophen der griechischen Zeit kennen wir, von denen wir durch Schriften einen Teil ihres Werkes fassen können, und sei es manhcmla nur ein Leitsatz. Zwei, drei Dutzend, vier vielleicht? Und wieviele gibt es, die wir nur dem namen nach kennen, weil sie irgendwo erwähnt werden. Dreihundert, Vierhundert? Ich weiß es nicht. Nun verteile aber das mal auf eine Zeit vom sechsten Jahrhundert bis zur Zeitenwende, auf ein Gebiet von Ostspanien bis zur Krim. Wo sind sie, die Philosophen von Massilia, von Kroton, von Kyrene, von Boiotien, von Epirus, von Elis, von Smyrna usw., und ich meine jetzt nicht, daß hier und da mal einer geboren wurde, sondern ich rede von ihrem Wirken.

Und, nein, es geht nicht um die Vielzahl von Denkrichtungen, sondern um die Zahl der Philosophen, denn ich will versuchen, zur Fragestellung zurückzukehren. Ich fasse mal verknappt zusammen: Wäre es nicht schön, durch eine antike Stadt zu wandeln, wo überall die inspirierenden Philosophen herumstehen. Und mir ging es eigentlich nur darum, daß es auch nicht so war, daß überall dutzende davon herumstanden. Man würde ja auch nicht erwarten, daß in den deutschen Landen um 1780 lauter Dichter und Denker herumstanden, oder;).

Antike und mittelalterliche oder auch neuzeitliche Philosphie bis zur Aufklärung gegeneinader aufzuwiegen in der Frage, wo es nun mehr oder weniger Aktive oder Denkrichtungen gab, liegt mir fern, denn man kann ja Philosophie nicht in Kilo oder Metern aufwiegen.

Ich verstehe Dich hier nicht recht. Dein letzter Satz ist in sich selbst eigentlich etwas widersprüchlich (wieso werden die Historiker "verleitet"?). Daß in der Antike im Produktionsbereich wenig technische Innovation umgesetzt wurde, auch aus bestimmten ideologischen Gründen, wie der Geringschätzung der Erwerbsarbeit, ist eigentlich Allgemeingut. Daß es in vielen Bereichen den Einsatz von Technik gab und teilweise erstaunliche Leistungen vollbracht wurden, auch. Das eine schließt das andere nicht aus. Fakt bleibt, daß es wegen der primitiven Produktionsverhältnisse so gut wie kein Wirtschaftswachstum gab.

Wieso Historiker verleitet werden, weiß ich auch nicht. Das müßte man mal überprüfen.
Auch hier würde ich sagen, gibt es einen Widerspruch. Denn das Bauwesen ist ein Produktionsbereich, und hier werden technische Innovationen umgesetzt. Dabei geht es weniger um die Erleichterung der Arbeit, das stimmt, sondern um die Verbesserung des Ergebnisses.
Aber auch in anderen Bereichen ist man nicht immer innovationsfeindlich. Neulich habe ich erst gesehen, wie in Dalmatien eine Produktionsstätte für Öl auf eine äußerst effiziente Massenproduktion ausgelegt war. Und wenn man sich zum Beispiel anschaut, wie Großtöpfereien organisiert waren, um Masse zu produzieren, kann man nicht unbedingt von primitiven Produktionsverhältnissen ausgehen. Das mit dem Allgemeingut sollte man immer mal wieder hinterfragen.
Witzigerweise stiimme ich Dir im Ergebnis zu, das eine schließt das andere nicht aus.
Ich meine, daß die Frage nach Wirtschaftswachstum die antike Welt nicht beschreiben kann, dies ist ein moderner Begriff, der schon heute sehr fragwürdig ist, umso mehr im Rückbezug auf die Vergangenheit. Genausogut könnte man nach dem Grad der Elektrifizierung fragen. Da ist die Gefahr sehr groß, eine historische Zeit nach heutigen Maßstäben zu beschreiben.

Uns fehlt da viel zu sehr die Information, eine Statistik haben wir gar nicht. Da ein Großteil der antiken Wirtschaft Landwirtschaft ist, müßte man zum Beispiel auch die Urbarmachung von Land dazuzählen.
 
Belassen wir es dabei. :winke:

Ein paar Literaturanregungen zum Thema:

Zur Frage von evtl. Unterschieden und zum philosophischen Gehalt in Antike und Mittelalter kann man schon zu kleinen Einführungen greifen, mir gefällt gut z.B. Wolfgang Röd "Der Weg der Philosophie, Band I, Altertum, Mittelalter, Renaissance".

Zur Frage der Wirtschaft ist recht erhellend und vor allem einigermaßen kurz
"Wirtschaft und Technologie im antiken Griechenland", Marburg 2008 von Christos P. Baloglou
und
"Wirtschaftliches Wachstum und institutioneller Wandel" von Sitta von Reden in "Kulturgeschichte des Hellenismus", Stuttgart 2007, hrsg. von Gregor Weber
 
Der 16 Stunden (wie kommst Du auf die Zeit?) schuftende griechische Handwerker z.B. war in der Regel selbständig, konnte sich das Maß und Intensität der Arbeit einteilen und dürfte
zufriedener gewesen sein als mancher heutiger Malocher.

Die Polis Athen hatte mit dem zugehörigen Attika zur Blütezeit um 400 v. Chr. etwa 350 000 Einwohner. Davon waren nur rund 40 000 Männer über 20 Jahre Vollbürger Athens und somit Mitglieder der Volksversammlung. Dieser kleine Bevölkerungsteil führte vermutlich ein mehr oder weniger angenehmes Leben.

Wenig gesprochen wird allerdings von den etwa 200 000 Sklaven, die vom attischen Staat als Bergarbeiter verwendet und von den wenigen Vollbürgern als Boten, Hafenarbeiter, Landarbeiter, Haussklaven und für andere niedere Dienste eingesetzt oder aber mit gutem Gewinn vermietet wurden. Diese Leute - d.h. rund 60-70% der attischen Bevölkerung - hatten mit Sicherheit kein leichtes Los. Allein in den Silbergruben von Laurion schufteten etwa 10 000 Bergwerkssklaven, der bekannte athenische Feldherr und Staatsmann Nikias hatte an die Gruben 1000 Sklaven vermietet.

Um also das so genannte "Leben" im antiken Athen sachgerecht zu beurteilen, muss man das Los von Zweidritteln der unterprivilegierten Bevölkerung betrachten, bevor man im Vergleich dazu das Los der wenigen Vollbürger - Handwerker, Händler, freie Bauern - idealisiert.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich hätte dort gerne gelebt wenn ich zur Oberschicht gehört hätte, obwohl auch ein einfaches Leben als Bauer sehr erfüllend sein kann (jedoch meist wohl nicht ;-))
 
Ich denke, es gibt deutliche Hinweise für eine nicht-vermögende Bürgerschicht im Athen des 5. Jh.; auch muss man bei der Frage der Sklaven die Chronologie berücksichtigen.

So kann ich mir keinesfalls vorstellen, dass schon im Athen der Perserkriege die Einwohnerschaft der polis zur Hälfte aus Sklaven bestand. Später, mit dem Machtzuwachs der Stadt, wird dieser Anteil angestiegen sein, aber mE nicht auf diese Höhe. ZZt des Perikles lag sie mWn eher bei einem Drittel.

Eine Zunahme der Sklaverei führt allerdings zu einer Verdrängung anderer, unabhängiger Produzenten. Es ist mE nicht unwahrscheinlich, dass es während des 5. Jh. (ähnlich wie im antiken Rom ja auch) zu einer Verdängung selbständiger Handwerker vom Markt kam, die dadurch ihren Status als Freie und Bürger Athens aber nicht verloren. Ein paar Jahrhunderte vorher wäre das noch anders gewesen, allerdings war die Schuldsklaverei Athener Bürger schon von den Gesetzen des Solon abgeschafft worden.

Die erfolgreichen Unternehmer, die mit Lohn- oder Sklavenarbeit im handwerklichen Bereich und besonders für den Export günstiger produzieren konnten, stiegen zur neuen Mittelschicht auf und begannen dann zunehmend, der alten Oberschicht, vornehmlich dem Adel, politisch Konkurrenz zu machen. Diese Schicht begegnet uns u.a. als diejenigen wieder, die die Dienste der Sophisten in Anspruch nahmen (und diese dafür bezahlten), um bildungsmäßig aufzuschließen und sich rhethorisch Schulen zu lassen; denn die Rede war der Kern der Politik des antiken Athen.

Das bekannteste Beispiel dürfte der "Demagoge" Kleon gewesen sein, ein Gerber; niemand kann mir erzählen, dass jemand, der alltäglich Reden vor der Volksversammlung hält, danach stundenlang in einem stinkenden Topf Leder gerbt; er wird ein Unternehmer gewesen sein, der andere für sich gerben ließ, der vielleicht die Geschäfte führte (mit Hilfe anderer Buchhalter, seien es bezahlte, seien es Familienangehörige), aber sich ansonsten ebenso auf das öffentliche Leben konzentrierte, wie es die Politiker aus der Adelsschicht auch taten. Insoweit gehe ich mit Dieter völlig konform.

Die vom Markt verdrängten Handwerker etc., die ihren Bürgerstatus weiterhin behielten, sanken nun zu Tagelöhnern herab, oder mussten sich gegen Lohn verdingen und standen dabei in Konkurrenz mit Sklavenarbeit, die tendeziell billiger ist. Dennoch war diese Bevölkerungsschicht auch und gerade zu dieser Zeit militärisch von entscheidender Bedeutung, stellten sie doch die Ruderer der Flotte. Söldner- oder Sklavenruderer waren im 5. Jh. mWn eher die Ausnahme, zumindest für größere Flottenoperationen.

ME erklärt sich die Dynamik der Demokratie des 5. Jh. nur, wenn man dies berücksichtigt. Die zunehmende Verarmung von Teilen der Bürgerschaft bei gleichzeitig zunehmendem gesellschaftlichen Reichtum durch eine Ausweitung des Handels und nicht zuletzt durch die Tribute der Seebundsmitglieder führte zu einer immer aggressiveren Außen- & Herrschaftspolitik, die die finanzielle Grundlage für eine extreme Ausdehung des demokratischen "Staatsdienstes" schuf, was wiederum der Befriedigung und teilweisen Versorgung eben dieser verarmten Teile der Bürgerschaft diente.

Zunehmend wurden ursprünglich unbezahlte Aufgaben bezahlt, so die Dienste als Richter an einem der Volksgerichtshöfe (diese bestanden aus bis zu 501 Mitgliedern...), die Dienste als Beamter, ja schließlich wurde selbst der Theaterbesuch bezahlt, was heutige Theatergänger sicher auch eine nette Sache fänden. ;)

Auch für die im 5. Jh. immer häufiger werdenden, ausgesprochen teuren Flottenaktionen mussten Ruderer bezahlt werden, wie gesagt zum großen Teil Bürger der untersten Zensusklasse. Schließlich wurden auch alle Nase lang Kleruchien gegründet, also eigenen Bürgern anderswo Land gegeben, von dem man die ursprüngliche Bevölkerung vertrieb, versklavte o.ä., wobei sie aber ahenische Bürger (Kleruchen) blieben.

Anzumerken bleibt noch, dass auf die ca. 40.000 Bürger 120.000-150.000 freie Familienangehörige kamen, die selber als Athener, aber nicht als vollwertige Bürger galten. Zunächst natürlich Frauen, denen jede politische betätigung verwehrt war, und Kinder. MWn aber war eine Vorbedingung für die Vollbürgerschaft, dass man Vorstand eines eigenen Haushaltes war, ein pater familias, wie der Römer gesagt hätte, wozu neben dem eigenen Haus bzw der eigenen Wohnstatt vermutlich eine Ehefrau gehörte.

EDIT
Ich hätte dort gerne gelebt wenn ich zur Oberschicht gehört hätte, obwohl auch ein einfaches Leben als Bauer sehr erfüllend sein kann (jedoch meist wohl nicht ;-))

Die Bauern des antiken Athens bildeten die "alte Mittelschicht", waren also keineswegs die einfachsten Bürger. Das Rückgrat der attischen Hoplitenphalanx wurde vermutlich lange Zeit von selbständigen Bauern gestellt, die mussten sich also zumindest die Bewaffnung leisten können. :winke:
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Bauern hatten es so wie ich es gelesen habe teils sehr schwer, so verfielen sie doch in eine tiefe Schuldenkrise die dann doch erst von Solon gelöst wurden.
Wenn ich von Bauern rede dann rede ich von Den Bauern die auf dem feld pflügen und nicht irgendwelche Adligen die über ihre Latifundien "herrschen".
 
Die Bauern hatten es so wie ich es gelesen habe teils sehr schwer, so verfielen sie doch in eine tiefe Schuldenkrise die dann doch erst von Solon gelöst wurden.

Da hast Du Recht, aber das war eine gute zeit vor dem Aufstieg Athens im 5. Jh. ;)

Wenn ich von Bauern rede dann rede ich von Den Bauern die auf dem feld pflügen und nicht irgendwelche Adligen die über ihre Latifundien "herrschen".

Die Herren Aristokraten sind noch einmal ein anderes Thema. ;)

Natürlich war die attische Bauernschaft nicht monolothisch, auch die nicht-adlige nicht. Ein selbständiger Bauer, der (mit Hilfe von Söhnen, Knechten, Sklaven) sein Land bewirtschaftet, wird aber dennoch eher der Mittelschicht zugehörig sein, je nachdem, wieviel und wie gutes Land er beackern kann.

Das die Zeugiten (die mittlere Zensusklasse, die oft mit der Mittelschicht gleichgesetzt wird und wie gesagt die schwere Infantrie bilden musste) im 5. /4. Jh. aber zu großen Teilen Bauern waren ist mE ziemlich gesichert.
 
Ein selbständiger Bauer, der (mit Hilfe von Söhnen, Knechten, Sklaven) sein Land bewirtschaftet, wird aber dennoch eher der Mittelschicht zugehörig sein, je nachdem, wieviel und wie gutes Land er beackern kann.

Und gutes Land ist rar in Attika. Viel Land ging an die Anpflanzung von Olivenbäumen verloren, und Athen mußte im 5 Jh. Getreide aus dem Schwarzmeergebiet importieren.
 
Und gutes Land ist rar in Attika. Viel Land ging an die Anpflanzung von Olivenbäumen verloren, und Athen mußte im 5 Jh. Getreide aus dem Schwarzmeergebiet importieren.

Gehst Du da von einer Umschichtung aus, oder eher von Bevölkerungszuwachs bzw. klimatischen Verhältnissen für Getreide?
 
Gehst Du da von einer Umschichtung aus, oder eher von Bevölkerungszuwachs bzw. klimatischen Verhältnissen für Getreide?

Da müßte ich nochmal genau recherchieren, das ist wieder das typische Hinterkopfwissen, ich glaube, im Katalog "Die griechische Klassik" von 2002 gab es da gute Hinweise.
Zum einen gab es wohl schon in klassischer Zeit Landverlust durch zunehmende Erosion des Bodens, bedingt durch Abholzung, zum anderen gab es zunehmende Konzentration auf gewinnmaximierende Produkte wie eben Olivenöl, welches nach und nach die Nutzung für "normalen" Ackerbau zurückdrängte.
Man kann bei Herodot und bei Thukidydes schön nachlesen, wie wichtig für Athen Byzantion und der freie Durchgang durch den Hellespont war, um den Getreidenachschub zu sichern.
 
Zurück
Oben