Das Leben im Alten Griechenland

Dummerweise wissen wir nicht, wieviele Menschen in die oberste Steuerklasse fielen, vielleicht waren das nur 200 oder 300 Leute, also Familien, denn nur der Mann wurde ja als Steuerzahler gezählt. Das ist aber nur eine unbelegte Schätzung meinerseits.

Die Schätzung ist gar nicht unrealistisch. Die beiden obersten Zensusklassen diensten als Reiter, und davon gab es in Athen zu Beginn des Peloponneischen Krieges ca. 1.2oo; da davon die Mehrzahl zur zweiten, nicht zur ersten Zensusklasse gehört haben dürften, klingt 200 bis 300 Vollbürger für die Pentakosiomedimnoi doch ganz gut.
:winke:
 
Bei Rostovtzeff (Hellenische Wirtschaftsgeschichte) habe ich heute auch nachgeschlagen. Der sieht Athen als Drehscheibe des Handels mit Weizenbezügen aus Thrakien und Südrußland. Als weiteres Problem nennt er für die Getreidewirtschaft die "Überbevölkerung" - offenbar reichten die Böden für die Versorgung mittels Getreidewirtschaft ohnehin nicht aus.

Manchmal frage ich mich, ob solche Zusammenhänge nicht einen ebenso großen Einfluss auf den Lauf der Geschichte haben wie Kriegstechnik und Schlachtenglück.
Der Olivenanbau im Zusammenhang mit Ölherstellung und -handel eignet sich ebensogut wie der Wein zu einer spezialisierten Landwirtschaft mit daran anschließender Verarbeitung zum Handelsgut.
Und ja, wahrscheinlich blieb den alten Griechen bei steigender Bevölkerungszahl nicht viel anderes übrig, als das Getreide aus Gegenden einzuführen, wo geeignete Anbauflächen noch nicht so knapp waren und wo die Erträge höher und sicherer waren, in den Flußtälern und Schwemmlandebenen zum Beispiel.

Die Olive wurde bereits viel länger rund um das östliche Mittelmeer angebaut, zuerst evtl. in Syrien, in Ägypten in den Oasen abseits des Nils.
Auch die kretischen Minoer produzierten Olivenöl, ob sie es auch schon gegen Getreide handeln mußten, vielleicht mit Ägypten, ist eine spontane Frage, die leider nicht in diesen Thread gehört.
 
Ein paar Anmerkungen zu diesem wirklich sehr schönen Thread mit tollen Beiträgen, bei dem es Spaß macht mitzulesen.

@Olivenanbau & Export:
Olivenanbau ist eine langwierige Sache. Bis zur ersten Ernte dauert es vom Steckling an etwa 7 Jahre. Bis zu dieser Zeit hat der Besitzer keinen Ertrag aus seiner Investition. Ähnlich wie beim Anbau von Weinstöcken für die Gewinnung von Wein ist beim Olivenbaum also eine lange Investitionszeit notwendig, ehe die Erträge fließen. In beiden Fällen ist aber nach Aufnahme der Produktion mit hohen wirtschaftlichen Gewinnen zu rechnen.
Im Kontext mit römischer Wirtschaft wird darauf verwiesen, dass diese notwendigen hohen Investitionen und die lange Wartezeit auf Erträge von kleineren Bauern nicht zu stemmen gewesen wären, sondern Folge von systematischem Anbau durch kapitalkräftige Investoren gewesen sind. Ähnlich wie bei den Römern könnte man also davon ausgehen, dass die auch über Handel und Handwerk erwirtschafteten Gewinne – die zumindest in Rom leicht in den Geruch nicht ehrenhafter Gewinne kamen – gerne in die Investition gesellschaftlich besser anerkannter und relativ langfristiger Wirtschaftstätigkeiten umgeleitet wurden. Sprich: In die Landwirtschaft investiert wurden. Allerdings war das Ansehen gewerblicher Unternehmungen, die nicht Teil der Landwirtschaft waren in Griechenland normalerweise doch höher als in Rom. Gleichzeitig erhielt man so wiederum Handelsgüter, die für den Export bestens geeignet waren. Neben dem Wert von Olivenöl als eines relativen Grundnahrungsmittels konnten damit auch Kosmetika und eben Lampenöl hergestellt werden. Der Wein selbst war wohl der Exportschlager für die Griechen vor allem nach Osten in den Bereich des Schwarzen Meeres (wo das Getreide her kam), wo es bei den Skythen sehr begehrt war. Wein war nicht nur Luxusgut, sondern besaß auch eine mythologische (Droge/Verbindung zu den Göttern) und religiöse Komponente (Dionysos…).

@ #58
Der gemischt Anbau von Oliven mit Getreide wird als geradezu typisch für das römisch-antike „Afrika“, also die westliche Kornkammer Roms mit der Handelsmetropole Karthago geschildert. Eine nicht ungewöhnliche Wirtschaftsweise also.
Manchmal frage ich mich, ob solche Zusammenhänge nicht einen ebenso großen Einfluss auf den Lauf der Geschichte haben wie Kriegstechnik und Schlachtenglück.
Der Olivenanbau im Zusammenhang mit Ölherstellung und -handel eignet sich ebensogut wie der Wein zu einer spezialisierten Landwirtschaft mit daran anschließender Verarbeitung zum Handelsgut.
Das ist natürlich richtig. Allerdings sollte nicht außer Acht gelassen werden wie sehr Athen in seiner Zeit als Haupt des Attischen Seebundes von seiner Machtpolitik über diese wirtschaftlichen Grundlagen profitierte. Diese imperial zu nennende Politik gab den Unterschichten Erwerbsquellen (Stichwort: Flottenruderer) und ermöglichte es Handelswege nicht nur offen zu halten, sondern auch zu öffnen. Man sollte nicht vergessen wie sehr Handelsrestriktionen zu allen Zeiten wichtiger waren als reine Kapitalgrundlagen. Athen selbst erhob sehr hohe Steuern auf importierten Wein um die eigene Produktion zu schützen.

So wird in dem verlinkten Dokument "Das Wirtschaftsleben im antiken Griechenland" betont, dass Solon den Export landwirtschaftlicher Güter aus Athen mit Ausnahme von Olivenöl sogar verboten hatte. Da nur Vollbürger Land besitzen durften und politischen Einfluss besaßen, kann dies kaum gegen deren Interessen gerichtet gewesen sein. Allerdings mag es sein, das diese Restriktion die Grundversorgung durch Getreide für die Stadt sichern helfen sollte, da Anbauflächen sonst für den Export weggefallen wären? Aus dem von Rena8 verlinkten Dokument:

Das Wirtschaftsleben im antiken Griechenland schrieb:
Eine weitere Auswirkung dieser Konstellation [Anm: Bürgern alleine war der Besitz von Land vorbehalten. Metoiken waren die Handeltreibenden] war, dass man keinerlei Exportpolitik betrieb um die eigene Produktion zu stärken sondern nur eine Importpolitik um die Bürger mit allen notwendigen Gütern zu versorgen (vgl. Austin 1984 S. 92).
Mit dem politisch/militärischen Aufstieg Athens zur Großmacht waren alle Rahmenbedingungen gegeben, um den Handel zu befördern.


Wie sehr Großmachtstatus in antiken Gesellschaften über Tribute auch auf das Wirtschaftsleben zurückwirken kann, ist etwa bei den Azteken wie auch Rom abzulesen. Rom erhielt aus Ägypten und der Provinz Africa Getreide als Tribut um die Bevölkerung zu ernähren. Die Reeder erhielten besondere Privilegien, damit sie das (für Rom) kostenlose Getreide in die Hauptstadt ohne zusätzliche Kosten auch transportierten. Die Schiffe konnten dabei Handelsgüter nach eigener Wahl zusätzlich laden und bei der Rückfahrt kümmerte man sich um Güter, um die Kosten zu drücken oder am besten zusätzlichen Gewinn einfahren zu können. Dadurch wurden Produkte der italischen Produktion oder Latifundien deutlich Wettbewerbsfähiger…

Die Getreideschiffe die nach Athen segelten werden sich ebenfalls um eine gewinnbringende Ladung für die Rückfahrt gekümmert haben. Die Rahmenbedingungen waren durch die Großmachtpolitik deutlich verbessert worden. Im Gegensatz zu Rom verfügte Athen allerdings nicht über die "Provinzen" am Schwarzen Meer, die es direkt über Tribute ausbeuten konnte. Dagegen war es im Interesse der Stadt billiges Getreide einzuhandeln und daher die Frachtkosten niedrig zu halten (wie bei Roms privilegierten Reedern...)...

 
Zuletzt bearbeitet:
[FONT=&quot]Noch ein Nachtrag zum Einfluss der Großmachtpolitik auf die Handelsströme im Mittelmeer:[/FONT]
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Das Wirtschaftsleben im antiken Griechenland S 16 schrieb:
Die besten Zeugnisse für den damaligen Handel beziehen sich auf Athen. Mit dem Piräus hatte Athen ein Emporion geschaffen, welches aufgrund seiner zentralen Lage der Angelpunkt des Handels im gesamten Mittelmeer wurde. Durch die Seeüberlegenheit konnte man durchsetzen, dass alle Überschüsse zunächst nach Athen gebracht wurden.
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[FONT=&quot]Ich hatte das File vorher noch nicht völlig durchgelesen und mir einiges ersparen können... :D[/FONT]
 
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