Falkenhayn 1914/16

kwschaefer

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Verdun hat was den Zynismus des gedanklichen Ansatzes Falkenhayns angeht sicherlich eine neue Dimension der Kriegsführung eröffnet. Falkenhayn behauptet in seinen 1919 erschienenen Memoiren, er habe dem Kaiser bereits 1915 in einer Denkschrift das Konzept für die Offensive von Verdun dargelegt und zitiert daraus:

„Das zweifelhafte oder über unsere Kräfte gehende Mittel des Massendurchbruchs ist dazu nicht nötig. ... Hinter dem französischen Abschnitt der Westfront gibt es in Reichweite Ziele, für deren Behauptung die französische Führung gezwungen ist, den letzten Mann einzusetzen. Tut sie es, so werden sich Frankreichs Kräfte verbluten, da es ein Ausweichen nicht gibt, gleichgültig, ob wir das Ziel erreichen oder nicht. Tut sie es nicht und fällt das Ziel in unsere Hände, dann wird die moralische Wirkung in Frankreich ungeheuer sein. ...".
Das Original dieser Denkschrift ist allerdings bis heute nicht gefunden worden.

Es ist ja bekannt, dass Falkenhayn bereits nach der verlorenen Marne-Schlacht einen militärischen Sieg in diesem Krieg nicht mehr für möglich hielt. Selbst Russland glaubte er nicht besiegen zu können und verbot deshalb ja Hindenburg und Ludendorff eine groß angelegte Umfassungsschlacht im Norden und Süden der Ostfront zur Einkesselung der russischen Armee nach dem Muster von Tannenberg, was das Verhältnis zwischen Hindenburg und Falkenhayn bis zu Falkenhayns Tod 1922 zerrüttete.

Der Soldat spielt in Falkenhayns Konzept für Verdun nur noch die Rolle einer statistischen Größe. Er rechnete, dass bei einem Verlustverhältnis von 5 Franzosen auf 2 Deutsche Frankreich in einem überschaubaren Zeitraum Verluste in einer Größenordnung erleiden würde, die eine Beendigung des Krieges notwendig machen würden. Bezeichnend ist ja schon der Deckname für die Offensive „Operation Gericht“. Eine solche Situation in Frankreich hätte nach Falkenhayns Einschätzung auch England friedensbereit gemacht. Deutschland aber würde angesichts des Verhältnisses 5:2 und der großen Bevölkerungszahl die Verluste verkraften können.

Man muss allerdings berücksichtigen, dass Falkenhayns Konzept strategischer Natur war und auf die baldige Beendigung des Krieges durch eine einzige Schlacht zielte.

Es scheiterte letztlich im taktischen Bereich. Der massierte Artillerieeinsatz brachte nicht die erhofften Erfolge, und im Sommer erkannte man, dass die deutschen Reserven schneller verbraucht sein würden, als ein Zusammenbruch Frankreichs würde erreicht werden können. Außerdem mussten die deutschen Truppen vor Verdun reduziert werden, um die kuk Monarchie zu stützen als bei der Brussilow-Offensive der Widerstand der Armee auf fast 80 km Breite zusammenbrach. Nach der Ablösung Falkenhayns durch Hindenburg und Ludendorff wurde zwar die Offensive beendet, aber die vorderen Stellungen, die nur sehr schwer zu verteidigen waren, wurden beibehalten und die Kämpfe gingen weiter; nach der französischen Gegenoffensive stand die Front Ende Dezember 1916 wieder etwa an der gleichen Stelle wie im Frühjahr. Beide Länder, Deutschland wie Frankreich hatten etwa 350.000 Tote verloren, zu ungefähr gleichen Teilen. Genaues weiß niemand.

Ein so bedenkenloser Umgang mit dem Leben der Soldaten wie ihn Falkenhayn praktiziert hat, als Element einer rein statistischen Betrachtung, das war schon eine neue Dimension.


EDIT: Thema "Falkenhayn" kopiert von http://www.geschichtsforum.de/f76/der-erste-moderne-krieg-1789-1914-a-12819/
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Die psychischen Wunden, von denen Pope auch spricht, wurden erstmals während des 1. Weltkrieges untersucht.
[...]
Das Phänomen der verschluckten unauffindbaren Soldaten erscheint im Falle des Russlandfeldzuges schon einmal. Erckmann/Chatrian beschreiben in "1813" sehr anschaulich die Familienangehörigen, welche sich vor den Aushängen und bei der Verlesung der Bulletins des Kaisers Napoleon in Pfalzburg drängen.

Beim Russlandfeldzug war aber jedem klar, dass Napoleon verloren hatte. Es konnte ja nichts darüber hinwegtäuschen, dass er seine Truppen in eine Katastrophe geführt hatte. Und die Russen wussten, wofür sie Moskau niedergebrannt hatten.

Nach Verdun wusste man ja nichteinmal, was man eigentlich zu gewinnen gehofft hatte. Geschweige denn, wer überhaupt gewonnen hat.

[EDIT: kwschaefers ausführlichem Bericht der Strategie Falkenhayns gibt es nichts hinzuzufügen]
 
obwohl Petersburg schon sehr hart war).
:grübel:

Es gab auch noch eine andere Nähe von Petersburg und Verdun.

Beiden Parteien war seit Beginn des Krieges zwischen den Staaten klar, dass der Verlust von Richmond für die Konföderation den Verlust des Krieges bedeuten würde.
Dementsprechemd veruchte McClellan dann ja bereits 1862 vom Potomac aus, eine Belagerung einzuleiten, bis Lee ihn in der Seven-Days-Battle aus Virginia verdrängte.
Der Vorstoß Grants, der wegen der leichteren Logistik den James River aufwärts erfolgte, konnte nur nach der Einnahme von Petersburg auf Richmond weitergeführt werden. So wurde der lange Stellungskrieg vor Petersburg letztlich zu einer gewissen Entsprechung der Situation: Was Verdun für Frankreich war, war Petersburg für die Konföderation.
Und als Lee 1865 die Stellungen vor Petersburg räumen musste, war der Krieg binnen weniger Tage beendet.
 
Verdun hat was den Zynismus des gedanklichen Ansatzes Falkenhayns angeht sicherlich eine neue Dimension der Kriegsführung eröffnet. Falkenhayn behauptet in seinen 1919 erschienenen Memoiren, er habe dem Kaiser bereits 1915 in einer Denkschrift das Konzept für die Offensive von Verdun dargelegt und zitiert daraus:

„Das zweifelhafte oder über unsere Kräfte gehende Mittel des Massendurchbruchs ist dazu nicht nötig. ... Hinter dem französischen Abschnitt der Westfront gibt es in Reichweite Ziele, für deren Behauptung die französische Führung gezwungen ist, den letzten Mann einzusetzen. Tut sie es, so werden sich Frankreichs Kräfte verbluten, da es ein Ausweichen nicht gibt, gleichgültig, ob wir das Ziel erreichen oder nicht. Tut sie es nicht und fällt das Ziel in unsere Hände, dann wird die moralische Wirkung in Frankreich ungeheuer sein. ...".
Das Original dieser Denkschrift ist allerdings bis heute nicht gefunden worden.

Es ist ja bekannt, dass Falkenhayn bereits nach der verlorenen Marne-Schlacht einen militärischen Sieg in diesem Krieg nicht mehr für möglich hielt. Selbst Russland glaubte er nicht besiegen zu können und verbot deshalb ja Hindenburg und Ludendorff eine groß angelegte Umfassungsschlacht im Norden und Süden der Ostfront zur Einkesselung der russischen Armee nach dem Muster von Tannenberg, was das Verhältnis zwischen Hindenburg und Falkenhayn bis zu Falkenhayns Tod 1922 zerrüttete.

Der Soldat spielt in Falkenhayns Konzept für Verdun nur noch die Rolle einer statistischen Größe.

Ich greife das nochmal auf, weil hier mehrere interessante Aspekte stecken. kwschaefer hat diese Entwicklung des Weltkrieges, die Verantwortung seiner Fortsetzung durch die Politik sehr treffend zusammengefasst.

Einige Anmerkungen:

1. Falkenhayns Denkschrift ist nicht als Aktenstück auffindbar, darauf weist kwschaefer zutreffend hin, sie ist nur in der "Rechtfertigungsschrift" Falkenhayns 1919 enthalten. Diese ist aussagegemäß ohne Hinzuziehung von Aktenstücken entstanden.

Groener und einige andere hielten sie bereits kurz nach dem Krieg für nicht authentisch, auch wenn sie einige häufig von Falkenhayn geäußerte Gedanken enthält. Dem Gutachten des Heerespsychologen Dr. Wohlfahrt zufolge ist diese Schrift eindeutig "mehrfach nachträglich überarbeitet" worden, und nicht authentisch. Dem Urteil schließt sich die umfassende Falkenhayn-Biographie von Afflerbach an. Das Schriftstück wurde dennoch jahrzehntelang von der Forschung kritiklos übernommen und zitiert.

2. Falkenhayn betonte mehrfach den Primat der Politik. Gleichzeitig forderte er seit November 1914 aufgrund des "zertrümmerten Werkzeuges" den Friedensschluss.

Daraus - dass dieser nicht von der Politik betrieben wurde - resultierend plante er rein militärisch, wobei zu jeder Zeit Soldaten nicht mehr als Statistik für den Feldherrn darstellten. Das ist allerdings kein Zynismus, sondern - wie Afflerbach betont: ideologiefreies - professionelles Verständnis des Militärführers unter dem Primat der Politik! Zeitgleich (!) wurde dieses im Dezember 1915 auch bei den Entente-Mächten, inhaltlich nahezu identisch mit den Somme-Schlacht-Überlegungen geplant und praktiziert.

3. die Verantwortung für das Massenschlachten kann daher nicht von der Politik auf die Militärs verlagert werden. Deren Planungen (-> Joffre) sind relativ vergleichbar: An der Somme starben in kürzerer Zeit mehr Menschen als jemals vor Verdun, auch in Betrachtung der Tagesverluste starben mehr deutsche Soldaten an der Somme als in der Verdunschlacht.

Das Resümee der älteren Literatur, Falkenhayn Zynismus vorzuwerfen, wird von Afflerbach nicht geteilt. Dieses Urteil wurde aber zuvor wesentlich in Kombination mit der Aussage Falkenhayns vom August 1914 getroffen: "Und mögen wir auch darüber zugrunde gehen, schön war's doch", die im (Sieges!-)Rausch des August 1914 gefallen ist und im Konnex mit Verdun den Verdacht des Zynismus von Falkenhayn zu bestätigen scheint. Es war jedoch auch Falkenhayn, der direkt danach und vor Verdun drängend zum Frieden geraten hat.


Holger Afflerbach: Falkenhayn, Beitriäge zur Militärgeschichte 42
Roy A. Prete: Joffre and the Origins of the Somme: A Study in Allied Military Planning, JoMH 2009, S. 417-448
Project MUSE - The Journal of Military History - Joffre and the Origins of the Somme: A Study in Allied Military Planning
Robert T. Foley: German Strategy and the Path to Verdun: Erich von Falkenhayn and the Development of Attrition, 1870-1916

zu dem nicht nachweisbaren "Weihnachtsmemorandum" bzw. Falkenhayns Denkschrift vom Dezember 1915 siehe
http://germanhistorydocs.ghi-dc.org/sub_document.cfm?document_id=812
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich greife das nochmal auf, weil hier mehrere interessante Aspekte stecken. kwschaefer hat diese Entwicklung des Weltkrieges, die Verantwortung seiner Fortsetzung durch die Politik sehr treffend zusammengefasst.

....

2. Falkenhayn betonte mehrfach den Primat der Politik. Gleichzeitig forderte er seit November 1914 aufgrund des "zertrümmerten Werkzeuges" den Friedensschluss.

Daraus - dass dieser nicht von der Politik betrieben wurde - resultierend plante er rein militärisch, wobei zu jeder Zeit Soldaten nicht mehr als Statistik für den Feldherrn darstellten. Das ist allerdings kein Zynismus, sondern - wie Afflerbach betont: ideologiefreies - professionelles Verständnis des Militärführers unter dem Primat der Politik! Zeitgleich (!) wurde dieses im Dezember 1915 auch bei den Entente-Mächten, inhaltlich nahezu identisch mit den Somme-Schlacht-Überlegungen geplant und praktiziert.

3. die Verantwortung für das Massenschlachten kann daher nicht von der Politik auf die Militärs verlagert werden. Deren Planungen (-> Joffre) sind relativ vergleichbar: An der Somme starben in kürzerer Zeit mehr Menschen als jemals vor Verdun, auch in Betrachtung der Tagesverluste starben mehr deutsche Soldaten an der Somme als in der Verdunschlacht.

Das Resümee der älteren Literatur, Falkenhayn Zynismus vorzuwerfen, wird von Afflerbach nicht geteilt. Dieses Urteil wurde aber zuvor wesentlich in Kombination mit der Aussage Falkenhayns vom August 1914 getroffen: "Und mögen wir auch darüber zugrunde gehen, schön war's doch", die im (Sieges!-)Rausch des August 1914 gefallen ist und im Konnex mit Verdun den Verdacht des Zynismus von Falkenhayn zu bestätigen scheint. Es war jedoch auch Falkenhayn, der direkt danach und vor Verdun drängend zum Frieden geraten hat.


Es gibt bereits bei Schlieffen 1904-12 diverse Überlegungen, dass selbst ein militärischer Sieg über einen der Gegner keineswegs den Krieg beenden müsse.
Im Gegenteil, dies auch in dem Fall nur eintreten könne, wenn das Bündnis nicht sehr stabil wäre.

Ergo: Man muss da wohl einiges anders gewichten.
 
silesia schrieb:
2. Falkenhayn betonte mehrfach den Primat der Politik. Gleichzeitig forderte er seit November 1914 aufgrund des "zertrümmerten Werkzeuges" den Friedensschluss.

Falkenhayn forderte einen Separatfrieden mit Rußland und optimalerweise außerdem noch mit Frankreich um gegen, den seiner Ansicht nach, eigentlichen Feind und aktuellen Kriegsgegner Großbritannien vorgehen und schlagen zu können.
 
Die Einstellung Falkenhayns sollte nicht an einzelnen Schriftquellen oder gar einzelnen Sätzen festgemacht werden, zumal deren Kontext sehr kritisch betrachtet werden müßte (siehe oben das Zitat von 1914).

Das Gesamtbild ergibt einen Militär, der "ideologiefrei" (Afflerbach) weiter machte, weil die Politik keine Konsequenzen zog, und mit den Mitteln von Mensch und Material technokratisch plante, die ihm die Volkswirtschaft eben anbot und zuführte.
 
Falkenhayn hatte seine Forderung gegenüber dem Reichskanzler zum Ausdruck gebracht und zu entsprechenden diplomatischen Schritten aufgefordert. Es war also mehr als ein Denksansatz.

Das die Einstellung Falkenhayns der Wandlung unterlag ist mir bekannt. Diese von mir vorgestellte Forderung trug er Énde 14, nach Scheitern des Schlieffenplans und auch der Niederlage "des Wettlaufs zum Meer" dem Reichskanzler vor. Der Krieg im Westen war erstarrt und es war klar das ein langer industrieller Abnutzungskrieg drohte. Bethmann war ziemlich sauer, fühlte sich von den Militärs getäuscht und war fortan gegenüber Falkenhayn mißtrauisch.

Aber an Falkenhayny Einstellung gegenüber Großbritannien als den Feind Nr. 1 änderte sich m.W. nach nichts.
 
Aber an Falkenhayny Einstellung gegenüber Großbritannien als den Feind Nr. 1 änderte sich m.W. nach nichts.

Hallo Turgot,

Deine Aussage wollte ich auch nicht in Zweifel ziehen. Die Problematik lag auf einer anderen Ebene: dem politischen Realitätssinn Falkenhayns bzw. dessen Abwesenheit.

Die Konsequenz, nach der ein Sonderfrieden 1914/15 mit Frankreich und Rußland bei weitergeführtem Krieg gegen England (WIE eigentlich soll DAS gehen?) eine Illusion ist, musste die Politik ziehen. Dass Falkenhayn England als Hauptgegner sah, ist mE ein Randaspekt, und ändert nichts an der Einschätzung seiner Empfehlung, mit den Landgegnern Frieden zu schließen, weil nach Urteil des Heeresexperten keine Siegaussicht (mehr) bestand.
 
Hallo Turgot,

Deine Aussage wollte ich auch nicht in Zweifel ziehen. Die Problematik lag auf einer anderen Ebene: dem politischen Realitätssinn Falkenhayns bzw. dessen Abwesenheit.

Die Konsequenz, nach der ein Sonderfrieden 1914/15 mit Frankreich und Rußland bei weitergeführtem Krieg gegen England (WIE eigentlich soll DAS gehen?) eine Illusion ist, musste die Politik ziehen. Dass Falkenhayn England als Hauptgegner sah, ist mE ein Randaspekt, und ändert nichts an der Einschätzung seiner Empfehlung, mit den Landgegnern Frieden zu schließen, weil nach Urteil des Heeresexperten keine Siegaussicht (mehr) bestand.


Ja, das ist in der Tat die Frage: Wie sollte das gehen? Ob Falkenhayn darauf eine praktikable Antwort wußte ist mir nicht bekannt und das er die Dinge reichlich naiv betrachtete, wird schon durch sein illusorisches Wunschdenken, hier Separatfrieden mit Rußland und Frankreich, deutlich.
 
J... das er die Dinge reichlich naiv betrachtete, wird schon durch sein illusorisches Wunschdenken, hier Separatfrieden mit Rußland und Frankreich, deutlich.

Klar ist das eine Illusion gewesen.

Aber die Schlußfolgerung ist für den apolitischen, "ideologiefreien" (->Afflerbach) Falkenhayn der entscheidende Punkt: er führt die "Landmacht" Deutschland, und die ist in einer Sackgasse. Daraus wird der Friedensschluss (insoweit) zwingend.

Der Rest ist nicht sein Bier: da gab es dann 1915/16 die Kaiserliche Marine, die die Effizienz des U-Boot-Krieges in einer Weise garantierte, dass Großbritannien in die Knie gezungen werden würde. Ob die Aussage richtig ist, war nicht Falkenhayns Angelegenheit. Da wird er von der Kompetenz der Kollegen um Tirpitz&Co. ausgegangen sein: na, dann macht mal. Die die politische Machbarkeit von Separat-Friedensschlüssen ist Sache der Politik.

Falkenhayn hat den Bereich beurteilt, den er überschauen konnte: das Heer. Beim Rest war er gewöhnlicher Mitläufer, der Meinungen nur übernommen hat. Innerhalb dieses militärischen Tunnelblicks könnte man die spezielle Untergruppe für ihn bilden, nämlich den des Heeres-Tunnelblicks.:devil:

Als nichts passierte, machte er weiter: business as usual. Und die erfolgsversprechende, noch nicht ausprobierte Strategie war die der Abnutzungsschlacht. Unter moralischen Aspekten: Verblutungsstrategie zwecks Friedensschluss (denn an den entscheidenden Sieg hierdurch hat er nicht geglaubt, sondern nur an die Herstellung der Friedensbereitsschaft). Die beteiligte Generalität hat die Idee zunächst begeistert quittiert, selbst Hindenburg - nur als der Misserfolg eintrat, und die Schlacht überzoggen wurde, blieb Falkenhayn als der Alleinschuldige.

Das Eindreschen auf Falkenhayn schon während und erst recht nach dem Krieg würde ich zunmindest teilweise auch in die deutsche Verdrängungskultur der Niederlage einordnen. Mit Falkenhayn wurde auch eine "Erklärung" für den Verlust des Krieges gefunden, während man für die Marnekatastrophe eher höhere Mächte als Erklärung bemühte.
 
Nachdem Bethmann die Vorstellungen Falkenhayns zur Kenntnis gereicht bekommen hatte, sucht er Rat ausgerechnet bei einen der neuen Dioskuren des Ostens: Ludendorff.

Der Herr war natürlich davon überzeugt und beseelt, das Russland militärisch in die Knie gezwungen werden könne. Ich frage mich, ob sich Ludendorff überhaupt einmal darüber nachgedacht hat, was für eine logistische Herausforderung mit seinem Wunschdenken verbunden war. Soviel ich weiß, gab es gerade zwei eingleisige Eisenbahnlinien nach Ostpreußen. In den Winterschlachten in den Karpaten und Ostpreußen waren die Truppen auf halbe Ration gesetzt. Ausreichende Winterbekleidung Fehlanzeige. Ach ja, er hätte sich besser an den älteren Moltke erinnern sollen. Die Dioskuren aber wollten von den Warnungen des älteren Moltke nicht wissen

Zu jener Zeit war Falkenhayn aber noch überzeugt, die „Scharte“ von der Marne“ ausbügeln zu können. Aber nach dem endgültigen Scheitern der 2.Ypernschlacht war Falkenhayn am Ende und sah klarer. Falkenhayn hatte begriffen, dass wohl nicht mehr zu gewinnen war. Die Blauäugigkeit des Generalstabs man schon daran ersehen, dass nach diesen Materialschlachten praktisch keine Munition mehr vorhanden war. Offenkundig hatte sich niemand die Mühe gemacht den Munitionsverbrauch bei solchen Großkämpfen zu berechnen und entsprechende Vorräte anzulegen.

Die „Heroen“ im Osten sahen schon ihre Stunde gekommen. Auch Falkenhayn war klar, dass ein weiterer militärischer Erfolg in Osten, optimaler Weise mindestens bis zur Weichsel-Narew-Linie, die Möglichkeit eines Separatfriedens dienlich sei. Gleichzeitig lehnte er aber eine Schwerpunktverlagerung der Kriegführung konsequent ab. Ein Erfolg im Osten dürfe nicht zu Lasten des Westens gehen. Falkenhayn war entschlossen im Westen kein Boden preis zu geben und die Nordseeküste zu behaupten. Die Briten sollten mittels der „Wunderwaffe“ Uboot friedensbereit gemacht werden. Gegen Frankreich wurde die „Ausblutungsstratgie“ als das Mittel angesehen.
 
...umso absurder im nachhinein, dass einer der zentralen Punkte dieses Festungsriegels - die modernisierte Großfestung Verdun - so vehement wie nutzlos angegriffen wurde, denn Schlieffen sah ja vor, den Festungsriegel zu umgehen
Stimmt. Die Schlacht um Verdun war völlig absurd. In diesem Unternehmen ist kein militärischer Sinn erkennbar. Falkenhayn hat nach dem Krieg in der von ihm so geliebten menschenverachtenden Terminologie (Blutpumpe, Weißbluten, Ausbluten etc.) behauptet, er habe die französischen Truppen zu einem möglichst "teuren" Angriff gegen die deutschen Stellungen verleiten wollen. Was er da geschrieben hat, liest sich aber wie ein wenig überzeugender Versuch, nachträglich eigene Fehler zu bemänteln. Wäre es darum gegangen, die Franzosen zu verlustreichen Angriffen zu verleiten, wäre ein "Frontalangriff" deutscher Truppen gegen eine der stärksten französischen Festungen nicht nur überflüssig, sondern sogar widersinnig gewesen. Das militärische Vorgehen deutet eher darauf hin, dass Falkenhayn die Festung erobern wollte. Wenn das sein Ziel war, hätte der Angriff allerdings von der Flanke her unterstützt werden müssen - was unterblieb. Zudem wäre es in der Situation völlig blödsinnig gewesen, eine so starke Festung nehmen zu wollen. Wenn die deutschen Truppen dafür noch genug Kraft gehabt hätten, dann hätten sie die besser für einen Vorstoß gegen Paris - alternativ gegen die Schnittstellee zwischen französischen und britischen Truppen eingesetzt. Und wenn die Kraft fehlte, hätte man besser in der Defensive bleiben sollen. Verdun war die dümmste Entscheidung, die das deutsche Oberkommando in dem ganzen Krieg gefällt hat.

MfG
 
Militärhistorisch ist das inzwischen, unter Sichtung der Quellenbestände und unter Trennung vom zeitgenössischen Mythos Verdun sorgfältig analysiert worden.

Falkenhayns Planungen für Operation Gericht basierten auf den Elementen strategische Überraschung, kontinuierliche Angriffsimpulse und starke Artillerieunterstützung. Soweit nachvollziehbar und plausibel, allerdings wurde die Planung starr bzw. unflexibel gehalten, ohne Änderungsmöglichkeiten durch nachgeordnete Stellen vorzusehen. Der Grund hierfür lag in Falkenhayns gesamtem "Drehbuch", bei dem die initiale Offensive nur einen ersten "kleinen" Schritt darstellte. Von dem erwartete man - teilweise nachvollziehbar - dass er mit dem Überraschungsmoment problemlos realisiert werden könne.

Die besondere Geheimhaltung wurde daher extrem weit getrieben, nachgeordneten Stellen wurden nur Planungsteile weitergegeben. Dieser "Horror des Weißblutens" hat die Wahrnehmung auch der Historiker bestimmt, das war allerdings nur Schritt 1 der Falkenhaynschen Planungen. Erst Schritt 2 sollte den finalen Operationserfolg bringen: die durch den Angriff auf Verdun provozierten und vermutlich/erwartet dann schlecht vorbereiteten alliierten Gegenoffensiven, insbesondere des Britischen Expeditionskorps BEF, sollten direkt gekontert werden, das BEF im Rahmen der "Gegen-"Gegenoffensive vollständig zerschlagen werden.

Für die erwartete französische Gegenoffensive sollten die Höhenlagen w/nw Verdun gewonnen und bei diesen Gegenangriffen unter hohen Verlusten für den Angreifer gehalten werden. Für diesen zweiten Schritt hielt Falkenhayn strategische Reserven zurück, um die durch den Angriff auf Verdun und die Abnutzungsschlacht provozierten alliierten Gegenoffensiven im Zentrum und auf den Flügeln entscheidend zu begegnen. Diese Zurückhaltung von strategischen Reserven erklärt auch Falkenhayns Entscheidungen, Reserven der Verdun-Offensive gewissermaßen tröpfchenweise zufließen zu lassen, was nur im Rahmen der Gesamtplanung verständlich wird. Die Abwehr der alliierten Gegenoffensiven, und die Entscheidung an den Flanken (somit aus der Defensive heraus, später nannte so etwas der andere Erich, nämlich der von Manstein dieses ein "Schlagen aus der Nachhand") waren zentraler Bestandteil des Konzeptes. Absolute Voraussetzung: überhastete alliierte Gegenoffensiven können provoziert werden.

Foley: German Strategy and the Path to Verdun: Erich von Falkenhayn and the Development of Attrition, 1870–1916
Afflerbach, Falkenhayn
Jessen, Verdun 1916: Urschlacht des Jahrhunderts.

Selbstverständlich wurden nun Operations-Alternativen im Sandkasten der Nachkriegsliteratur, auch der Schuld-Diskussion für den verlorenen Weltkrieg aufgezeigt und unter dem Motto "hätte, hätte, ..." gewonnen. Das hat aber mit der militärhistorischen Analyse von Kontext, Konzept bzw. Planung, Verlauf und Wirkung der Schlacht nichts mehr zu tun.
 
Man sollte den Kampf in seinen Kontext stellen. Nach "Marne" waren sich die militärischen Spitzen einig, dass es keinen militärischen Sieg durch eine "Entscheidungsschlacht" mehr geben könne.

Vor diesem Hintergrund wurden Alternativern diskutiert, Belfort oder Verdun, die politische Positionsgewinne mit sich brachten.

Man entschied sich für Verdun, obwohl bereits klar war, dass nur begrenzte Mittel zur Verfügung standen, die aus der Heeresreserve zu entnehmen waren. Und dieses, so die Befürchtung von Falkenhayn, vor dem Hintergrund eines Entlastungsangriffs durch das britische Expeditons Korps.

Die Abnutzungsschlacht, die eigentlich als Defensiv-Schlacht - wie von Silesia ausgeführt - konzipert war, sollte den Poltikern ermöglichen, eine politische Lösung zu finden, da durch das "Weissbluten" für Frankreich der Nutzen eines fortgesetzten Krieges nicht mehr erkennbar sein sollte.

Dass es zu einer auch für die deutsche Armee starken Abnutzung kam, war der "einseitigen" Anlage der Operation geschuldet, die von Anfang an kritisiert worden ist. Die Falkenhyn durhaus auch anerkannte, aber nicht berücksichtigen konnte, da eine Ausweitung der Operation ihm die infantristischen Reserve genommen hätte, die er gegen den antizipierten Angriff der Engländer benötigte.

vgl. dazu: H. Afflerbach: Falkenhayn. 1994, S. 360 - 375
 
Militärhistorisch ist das inzwischen, unter Sichtung der Quellenbestände und unter Trennung vom zeitgenössischen Mythos Verdun sorgfältig analysiert worden.
Wobei immer noch unklar bleibt, wie viel davon als gesichert angesehen werden kann. Es ist ja nichtmal klar, ob Falkenhayns "Weihnachtsdenkschrift" wirklich in jenem Jahr verfasst oder nachträglich zusammenphantasiert worden ist.

Ich halte die Deutung, dass eine Abnutzungsschlacht zur Herstellung der "Blutpumpe" beabsichtigt war, auch für die plausibelste. Der (von vornherein erwartbare) Verlauf der Schlacht spricht dem aber Hohn.

Selbstverständlich wurden nun Operations-Alternativen im Sandkasten der Nachkriegsliteratur, auch der Schuld-Diskussion für den verlorenen Weltkrieg aufgezeigt und unter dem Motto "hätte, hätte, ..." gewonnen.
Die Frage nach "hätte, hätte..." und nachträglichem "Gewinnen" des Kriegs ist mir völlig egal. Das ist alles hundert Jahre her. Mich interessiert nur die Frage, was das alles sollte. Und da stelle ich fest: Wenn Deutschland keine Hoffnung mehr auf einen "Sieg" hatte und nur noch ein "Remis" anstrebte, weil die Kraft fehlte, dann war es völlig absurd, das letzte bisschen Kraft einzusetzen, um eine der stärksten Festungen Frankreichs anzugreifen. Genau um solchen Angriffen zu widerstehen, sind Festungen gebaut worden. Schon der olle Clausewitz hat darauf hingewiesen, dass man Festungen nur dann angreifen oder belagern darf, wenn dies zur Absicherung des weiteren Angriffs unumgänglich ist.

Die Schlacht um Verdun war einfach sinnfrei. Ein fataler Fehler.

MfG
 
Etwas komplexer ist das Ganze schon:
Wobei immer noch unklar bleibt, wie viel davon als gesichert angesehen werden kann. Es ist ja nichtmal klar, ob Falkenhayns "Weihnachtsdenkschrift" wirklich in jenem Jahr verfasst oder nachträglich zusammenphantasiert worden ist.
Ob vor- oder nachverfasst spielt keine Rolle. Motiv und Konzeption der Schlacht sind hinreichend aus der gesicherten sonstigen Quellenlage deutlich. Literatur siehe oben.

Ich halte die Deutung, dass eine Abnutzungsschlacht zur Herstellung der "Blutpumpe" beabsichtigt war, auch für die plausibelste. Der (von vornherein erwartbare) Verlauf der Schlacht spricht dem aber Hohn.
Jessen hat das schön auf den Punkt gebracht. Aus der Entstehungsgeschichte ergibt sich folgende Konzeption von Falkenhayn:

1. überfallartige Eroberung des Ostufers der Maas durch einen Angriffskeil
2. Nachziehen beweglicher Geschütze (bis hinter die Linie Thiaumont-Tavannes
3. Niederkämpfen französischer Stellungen auf dem Westufer (ursprüngliche Ansätze, dies gleichzeitig anzugehen, fallen wegen mangelnder Kräfte und Reserven weg)
4. Abwehr aller Gegenangriffe auf dem Ostufer
5. Abwehr einer britischen Entlastungsoffensive bei Artois
6. bei 4/5 Zermürben gegnerischer Reserven in 5-6 Wochen Großkampf in der Abwehr
7. operativer Durchbruch mit den Heeresreserven entweder bei Verdun (bei günstigem Verlauf: Nachstoß) oder bei Artois
8. Bewegungskrieg nach dem Durchbruch und Aufrollen der Flanken an der Durchbruchsstelle
Ziel: Zusammenbruch des Widerstandswillens von Frankreich oder Großbritannien

Gerechnet wurde damit, bei der französischen Gegenoffensive Verdun mindestens die Hälfte des frz. Heeres auf sich zu ziehen. 1. bis 3. sind dementsprechend eine "gestellte Falle", Provokation, nicht die "Blutpumpe" selber. Gerechnet wurde weiter, dass aus den durch die Überraschung gewonnenen Stellungen heraus die üblichen, für den Verteidiger günstigen "Verlustraten" bei der britischen Entlastungs- und französischen Gegenoffensive provoziert werden. Alles plausibel und Ergebnis intensiver Diskussionen und Planungen im Umfeld Falkenhayns: Punktangriff mit einer oder zwei provozierten Gegenoffensiven bei einer Ausgangslage,bei der aufgrund 167 alliierte gegen 124 deutsche Divisionen an der Westfront "aus dem Stand" kein deutscher Offensivdurchbruch realistisch war, sondern lediglich das "Schlagen aus der Nachhand".

Da das alles aus den Quellen zur Entstehungsgeschichte ablesbar ist, ist diese Behauptung falsch:
Maelonn schrieb:
Falkenhayn hat nach dem Krieg ...behauptet, er habe die französischen Truppen zu einem möglichst "teuren" Angriff gegen die deutschen Stellungen verleiten wollen. Was er da geschrieben hat, liest sich aber wie ein wenig überzeugender Versuch, nachträglich eigene Fehler zu bemänteln. Wäre es darum gegangen, die Franzosen zu verlustreichen Angriffen zu verleiten, wäre ein "Frontalangriff" deutscher Truppen gegen eine der stärksten französischen Festungen nicht nur überflüssig, sondern sogar widersinnig gewesen.
Das belegen Quellen abseits der "Weihnachtsdenkschrift", Literatur siehe oben. Die Diskussion über Entstehungszeitpunkt oder Existenz der Weihnachtsdenkschrift ist dafür überflüssig.
Die Frage nach "hätte, hätte..." und nachträglichem "Gewinnen" des Kriegs ist mir völlig egal.
Das klang oben anders:
Maelonn schrieb:
Wenn das sein Ziel war, hätte der Angriff allerdings von der Flanke her unterstützt werden müssen Wenn die deutschen Truppen dafür noch genug Kraft gehabt hätten, dann hätten sie die besser für einen Vorstoß gegen Paris - alternativ gegen die Schnittstellee zwischen französischen und britischen Truppen eingesetzt. Und wenn die Kraft fehlte, hätte man besser in der Defensive bleiben sollen.

Hierzu:
Schon der olle Clausewitz hat darauf hingewiesen, dass man Festungen nur dann angreifen oder belagern darf, wenn dies zur Absicherung des weiteren Angriffs unumgänglich ist.
Die Schlacht um Verdun war einfach sinnfrei. Ein fataler Fehler.
Es geht hier um ein völlig anderes Kampagnenmotiv:
- nicht um eine Festungseinnahme im Rahmen einer Offensive
- sondern um die Provokation eines überhasteten Gegenangriffs hier und bei Artois, der aus (überraschend) gesicherter Defensive heraus unter schweren Verlusten für den Angreifer (wie 1915 vorexerziert) abgewiesen werden sollte, um dann aus der Nachhand zu schlagen.
 
Das klang oben anders:

Wenn das sein Ziel war, hätte der Angriff allerdings von der Flanke her unterstützt werden müssen - was unterblieb. Zudem wäre es in der Situation völlig blödsinnig gewesen, eine so starke Festung nehmen zu wollen. Wenn die deutschen Truppen dafür noch genug Kraft gehabt hätten, dann hätten sie die besser für einen Vorstoß gegen Paris - alternativ gegen die Schnittstellee zwischen französischen und britischen Truppen eingesetzt. Und wenn die Kraft fehlte, hätte man besser in der Defensive bleiben sollen.
Sei bitte so freundlich und hör auf, meine Aussagen zu verdrehen. Wenn Deine Grammatikkentnisse nicht ausreichen, um eine konditionale Satzverbindung zu verstehen, dann solltest Du Dich daran erinnern, dass man sie am Wörtchen "wenn" in einem Satz erkennen kann. Meine Aussage bezog sich erkennbar allein auf die Frage, ob das Verhalten Falkenhayn mit seinen nachträglichen Behauptungen in Einklang zu bringen ist.

Wenn Du der Auffassung sein solltest, ich würde hier über Methoden schwadronieren, wie Deutschland den Krieg hätte gewinnen können, dann sage es deutlich und belege es - aber verschone mich bitte mit solchen "subtilen" Anspielungen.

Ob vor- oder nachverfasst spielt keine Rolle. Motiv und Konzeption der Schlacht sind hinreichend aus der gesicherten sonstigen Quellenlage deutlich. Literatur siehe oben.
Das hättest Du mal dem Historiker Olaf Jessen sagen sollen, bevor er "Verdun. Urschlacht des Jahrhunderts“ geschrieben hat. Der Mann hätte sich die Arbeit doch sparen können, nachzuweisen, dass Falkenhayn seine angebliche Weihnachtsdenkschrift nach dem Krieg zusammengelogen hat, um sich von der Schuld am Debakel von Verdun reinzuwaschen.


Aus der Entstehungsgeschichte ergibt sich folgende Konzeption von Falkenhayn:


1. überfallartige Eroberung des Ostufers der Maas durch einen Angriffskeil
...
Wenn das die Idee war - warum ist man dann nicht so vorgegangen? Anstatt auf die Weise die einzige Verbindungslinie der Festung abzuschneiden, hat Falkenhayn diesen Teil des Angriffs unterlassen und stattdessen die Offensive gegen die am stärksten befestigten Punkte der Festung befohlen.

Wohin das führte, wissen wir doch alle - auch wenn Falkenhayn nachträglich herumgelogen hat, die Aktion sei ein Erfolg gewesen und die französischen Verluste wären doppelt so hoch gewesen wie die deutschen.

Bei Verdun eine Schlacht liefern zu wollen und dies auf die Weise zu tun, war schlicht eine Irrsinsidee. Deshalb ist Falkenhayn auch abgelöst worden.

MfG
 
Meine Aussage bezog sich erkennbar allein auf die Frage, ob das Verhalten Falkenhayn mit seinen nachträglichen Behauptungen in Einklang zu bringen ist.
Das militärische Vorgehen deutet eher darauf hin, dass Falkenhayn die Festung erobern wollte.
Das ist nach den Quellen über die Schlacht falsch. Nochmals erklärt: Die Eroberung war in der Konzeption und Planung des Angriffes nicht vorgesehen, vielmehr sollte mit der Inbesitznahme des Höhengeländes gestoppt werden, um die französische Gegenoffensive abzuwarten. Der ostwärts der Marne liegende Verdun-Bogen sollte gerade ausdrücklich erhalten bleiben, um die französische Führung überhaupt zur Gegenoffensive und zum Einsatz aller Reserven zu bewegen. Auch mit dem Patt auf dem Ostufer und der verzögerten Offensive auf dem Westufer der Maas im März änderte sich das nicht.

Beschreibungen des militärischen Vorgehens, dass angeblich auf einen "anderen Plan" hindeutet, sind von Dir nicht gekommen. Leg das bitte vor, dann kann man darüber nachdenken. Bis dahin halte ich mich an die Plananalysen der Fachliteratur.
Das hättest Du mal dem Historiker Olaf Jessen sagen sollen, bevor er "Verdun. Urschlacht des Jahrhunderts“ geschrieben hat. Der Mann hätte sich die Arbeit doch sparen können, nachzuweisen, dass Falkenhayn seine angebliche Weihnachtsdenkschrift nach dem Krieg zusammengelogen hat, um sich von der Schuld am Debakel von Verdun reinzuwaschen.
Wenn Du Jessen mal liest, dann fällt Dir sicher auf, dass er die Weihnachtsdenkschrift* überhaupt erst im Anhang als Exkurs analysiert.

Wenn Du weiter liest, und den Quellenabgleich von Jessen zur Kenntnis nimmst, dann ergibt sich daraus exakt meine oben dargestellte Aussage: Motiv und Konzeption der Schlacht werden hinreichend aus der gesicherten sonstigen Quellenlage deutlich. Jessen: "Falkenhayns Memoiren und die Wortschöpfung der Forschungsanstalt, ebenso griffig wie abwegig, haben Generationen von Historikern auf falsche Fährten gelockt."

Was ist dann überhaupt deren Bedeutung? Jessen schließt sich vorbehaltslos der Afflerbach-Auffassung an: "Die Weihnachtsdenkschrift ist tatsächlich eine um Authentizität bemühte Selbstinterpretation ... und die in ihrer Zusammenstellung und Gewichtung ihrer strategischen Argumente die ursprünglichen Ziele Falkenhayns völlig verschleiert". Das "Ausbluten" ist nicht der Schlüsselabschnitt. "Unternehmen Gericht zielte auf die Rückkehr zum Bewegungskrieg - über einen operativen Durchbruch im Nach- oder Gegenstoß nach Zermürben der gegnerischen Reserven".

Auch hiernach ist das, was Du über die "Einnahme von Verdun" schreibst, falsch.
Zudem wäre es in der Situation völlig blödsinnig gewesen, eine so starke Festung nehmen zu wollen.
Die Festung sollte nicht genommen werden, siehe oben.
silesia schrieb:
Aus der Entstehungsgeschichte ergibt sich folgende Konzeption von Falkenhayn:
1. überfallartige Eroberung des Ostufers der Maas durch einen Angriffskeil
Wenn das die Idee war - warum ist man dann nicht so vorgegangen? [1] Anstatt auf die Weise die einzige Verbindungslinie der Festung[2] abzuschneiden, hat Falkenhayn diesen Teil des Angriffs unterlassen und stattdessen die Offensive gegen die am stärksten befestigten Punkte der Festung [3] befohlen.
1. man ist genau so vorgegangen. Was ich beschrieben habe, ist keine Gedankenskizze, sondern der Operationsplan. Der erste Schlag fand auf dem Ostufer statt, mit dem beschriebenen Saugpumpeneffekt für die frz. Reserven.**
2. "auf diese Weise" ist falsch, dass wäre nur auf dem Westufer der Maas möglich gewesen. Das Ostufer hatte gerade den Vorteil der erschwerten alliierten Versorgung während des überraschenden Angriffs, auf dem Westufer wäre zudem eine leichtere alliierte Bewegung und ein noch schnelleres Erscheinen der Reserven möglich gewesen. In der Abwägung stand das Ostufer für den Erstschlag fest.
3. Auch das ist falsch. Das Westufer war vergleichbar befestigt. Das führt wieder in die Irre: die Alternative war ein gleichzeitiger Ostufer/Westufer-Angriff. Das konnte wegen Kräfte- und Artilleriemangel nicht erfolgen. Die geplante Konzentration der Artillerie reicht nur "für ein Ufer". Der Ostufer-Angriff erforderte 9 Divisionen der 25 in der Heeresreserve. Da für die Gegenoffensive (Verdun oder Artois) mindestens ein Dutzend zurückbehalten werden sollten, blieben nur 2-3 für das Westufer. Das war zu wenig (Anforderung: mindestens 8). Mit stärkerer oder schwächerer Befestigung hatte das alles nichts zu tun.
Wohin das führte, wissen wir doch alle - auch wenn Falkenhayn nachträglich herumgelogen hat, die Aktion sei ein Erfolg gewesen und die französischen Verluste wären doppelt so hoch gewesen wie die deutschen.
Er hat nicht gelogen, nicht einmal verfälscht, sondern die Front-Auswertungen ergaben viel zu hohe Verlustschätzungen der französischen Truppen.
Wenn Deine Grammatikkentnisse nicht ausreichen, um eine konditionale Satzverbindung zu verstehen, dann solltest Du Dich daran erinnern, ...
Wenn Du der Auffassung sein solltest, ich würde hier über Methoden schwadronieren, wie Deutschland den Krieg hätte gewinnen können, dann sage es deutlich und belege es - aber verschone mich bitte mit solchen "subtilen" Anspielungen.
Meine Kritik richtete sich nicht auf "Schwadronieren", wenn Du darunter verstehen solltest, viel zu reden, ohne etwas Substantielles zu sagen. Die "hätte"-Kritik richtete sich gegen die Rhetorik, die quellenseitig in der Fachliteratur belegte Konzeption Falkenhayns, somit entgegen der Fakten in Zweifel zu ziehen. Das stilistische Mittel, völlig unrealistische "Optionen" wie "Flanken unterstützen" oder "Paris-Vorstoß" einzustreuen, ist überflüssig.
Außerdem ist es überflüssig, auf diese Kritik hin nun wieder persönliche Pöbeleien über Grammatikkenntnisse loszulassen.

* Nebenbei ein von der Forschungsanstalt 1936 erfundener Begriff. Falkenhayn behauptet in den Memoiren keine Denkschrift.
** dieses führte dann auch zum Patt auf dem Ostufer. Die aus dem britischen Bereich abgezogenen Teile der 10. frz. Armee - vorgesehen für die Artois-Offensive - verzögerten und stoppten schließlich die Ostufer-Offensive vor dem Einnehmen der angestrebten Linien. Mit der Festlegung der Reserven wurde die übrige alliierte Front geschwächt, Verbandsabschnitte wurden zT ausgedehnt, insbesondere beim BEF.
 
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