Als Mann verkleidete weibliche Militärpersonen

Ich habe ein kleines Problem mit folgenden Aussagen, übrigens.



Kann ich dafür eine Quelle sehen? Also, nicht irgendeine Sekundärquelle in der das einfach en passant behauptet wird, sondern tatsächlich etwas Belegtes? Ich habe bisher nämlich noch nie eine Originalquelle von irgendwann gelesen, in dem sowas tatsächlich behauptet wird.

In der Geschichte der Binnenschifffahrt mussten sich Frauen nicht mal verkleiden, um als Fischerinnen, Schmugglerinnen, Standräuberinnen und teilweise sogar Piratinnen agieren zu können - hier gibt es auch unzählige Belege für Frauen mit Kommandos, mein Lieblingsbeispiel ist ja immer Grace O'Malley.

Die Aussage kann sich also nur auf die Tiefseeschifffahrt beziehen, aber auch da bin ich skeptisch. Es wurden doch ständig weibliche Passagiere oder auch weibliche Sklaven zuhauf transportiert, ohne dass sich da irgendwer spezifisch über Unglück beschwert hätte. Und wenn es dann doch Unglück gab und einer Schuld haben musste, dann konnte es einen schielenden Kameraden genauso als angeblichen Auslöser treffen.

Die Story mit dem weiblichen Unglück-bringen usw erinnert mich immer so ein bisschen an die Mär, dass die Leute im Mittelalter angeblich die Welt für eine Scheibe hielten. Und dann hat sich das doch einfach als Story erwiesen, die in der Neuzeit erzählt wurde, um sich vom Mittelalter abzugrenzen. Ich vermute hier sowas Ähnliches und würde das mit den weiblichen Klabautermännern (räusper) zumindest nicht für ein weitverbreitetes Sentiment halten. Ich halte das eher für eine Vorstellung des 19. Jahrhunderts, das den Abenteuerroman als reine Männerdomäne etabliert und diese Schiffs-Phantasieräume betont frauenfrei hält. Aber in historischer Realität.... naja.

Wie gesagt, ich hätte gern eine Quelle.
[...]

Da wüsste ich auch gerne Genaueres. Die vage Erinnerung sagt mir im Bezug auf die britische Marine des 18./19. Jhdts da eher etwas Gegenteiliges. Ich erinnere mich ein Buch von Suzanne Stark (1996) "Female Tars: Women aboard Ship in the Age of Sail" gelesen zu haben, welches sich genau mit dem Thema von Frauen auf Schiffen befasste. Leider liegt mir das Buch nicht mehr vor, aber ich erinnere mich, daß die Ehefrauen von niederen Offizieren und Handwerkern, gemeinsam mit ihren Kindern oftmals auf lange Fahrten mitkamen und nicht nur auf dem Schiff lebten, sondern auch aushalfen, z.B.: im Eifer des Gefechts.

Leider, leider habe ich das Buch damals nicht gekauft, also kann ich wenig mehr sagen, außer das ich erstaunt war, wie viele Frauen damals der britischen Marine mehr oder weniger offiziell angehörten. Jedenfalls bei den Briten scheint das gegen den bekannten Aberglauben zu sprechen, weswegen ich gerne mehr hören würde.
 
Hallo Schreiberling89,

In der Praxis der Werber für Heere der damaligen Zeit halte ich es durchaus für möglich das sich ein Mann mustern lässt, später aber eine Frau für ihn den Dienst antritt. Schließlich gab es keine Lichtbildausweise.
(Diese Mutmaßung bezieht sich auf die Manschaftsränge)
Es gibt genügend Berichte in denen sich Gauner immer wieder anwerben lassen ohne tats. ihren Dienst anzutreten bzw baldigst wieder desrtieren um sich woanders erneut anwerben zu lassen.
Eben es kommt auf die Form der Rekrutierung an. Bei der Konskription werden ja die verwaltungsmäßig erfassten Einwohner rekrutiert. Auch die örtliche Administration spielt eine Rolle und die reicht in der Befehlskette eigentlich soweit hinunter bis zu Leuten, die wahrscheinlich den künftigen Rekruten persönlich kennen.
Selbst außerhalb Preußens und vor der modernen Wehrpflicht kannten ja zumindest die Dorfschulzen, so sie für die Aushebung mitverantwortlich waren, ihre Pappenheimer und wussten, wer als Bauer in seiner Gemeinde lebte bzw. Knecht bei dem und dem war.
Für mich bliebe vor allem als Schlüpfloch die Ergänzung der Truppen durch Freiwillige, so sie denn nicht auch ausreichend medizinisch etc. untersucht wurden. So das Heer der "Freiwilligen" aus den Gefängnissen gespeist wurde, wusste man zumindest dort mit höchster Wahrscheinlichkeit welches Geschlecht der entsprechende Verurteilte hatte.
 
@ Saint-Simone:

Ich habe hier einen Link gefunden, der zumindest ansatzweise versucht das mit den Frauen und dem Unglück aufzudröseln. Das Fazit ist:

"The superstition of women being bad luck on board ship is wide spread, or at least, the awareness that the superstition exists. The reality that women were never allowed on board a merchant ship, however, falls more into the urban legend category."

Übrigens wird hier immer mal wieder gern mit der Antike argumentiert - das habe ich zumindest hier und da gesehen, als ich gerade im Internet nachrecherchiert habe. Das ist mit Vorsicht zu genießen, immerhin gab es da auch Leute wie Teuta von Illyrien, Artemisia I oder Elissa aus Phönizien.

@ Brissotin:

Es kam scheinbar auch vor, dass Frauen von anderen, incl. Werbern, überredet wurden sich zu verkleiden, vor allem um ihrer Armut entgehen zu können. In "Frauen in Männerkleidern" steht ein konkretes Beispiel, wo so etwas vorgekommen ist:

"Margareta Reymers wurde von einem Werber für Seeleute überredet, in die Dienste der VOC zu treten, 'da sie dort ein gutes Vermögen erwerben könne'. Francina Gunningh Sloet, die allein nach Holland zurückreisen muste, erhielt von einer französischen Wirtin den Rat, Männerkleider anzuziehen. Auch in Volksliedern kommt die Idee für die Verkleidung oft von Außenstehenden. Die Tatsache, dass Frauen in Männertracht wiederholt in Volksliedern vorkommen, war für sich genommen sowohl ein Beweis als auch ein Anstoß für die Fortsetzung der Verkleidungstradition." (S. 56)
 
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Da wüsste ich auch gerne Genaueres. Die vage Erinnerung sagt mir im Bezug auf die britische Marine des 18./19. Jhdts da eher etwas Gegenteiliges. Ich erinnere mich ein Buch von Suzanne Stark (1996) "Female Tars: Women aboard Ship in the Age of Sail" gelesen zu haben, welches sich genau mit dem Thema von Frauen auf Schiffen befasste. Leider liegt mir das Buch nicht mehr vor, aber ich erinnere mich, daß die Ehefrauen von niederen Offizieren und Handwerkern, gemeinsam mit ihren Kindern oftmals auf lange Fahrten mitkamen und nicht nur auf dem Schiff lebten, sondern auch aushalfen, z.B.: im Eifer des Gefechts.

Leider, leider habe ich das Buch damals nicht gekauft, also kann ich wenig mehr sagen, außer das ich erstaunt war, wie viele Frauen damals der britischen Marine mehr oder weniger offiziell angehörten. Jedenfalls bei den Briten scheint das gegen den bekannten Aberglauben zu sprechen, weswegen ich gerne mehr hören würde.
Ja, die Frauen lebten mit auf dem Schiff, aber waren sie dort auch offizielle "beschäftigt", erhielten sie also Sold und welche Ränge wurden dann von ihnen bekleidet? :winke:
Ursache der Diskussion war ja ursprünglich die Frage, ob und in welcher Form eine Frau zum Militär gehen, oder sich dort als "Mann" durchschlagen konnte.
 
"Margareta Reymers wurde von einem Werber für Seeleute überredet, in die Dienste der VOC zu treten, 'da sie dort ein gutes Vermögen erwerben könne'. Francina Gunningh Sloet, die allein nach Holland zurückreisen muste, erhielt von einer französischen Wirtin den Rat, Männerkleider anzuziehen. Auch in Volksliedern kommt die Idee für die Verkleidung oft von Außenstehenden. Die Tatsache, dass Frauen in Männertracht wiederholt in Volksliedern vorkommen, war für sich genommen sowohl ein Beweis als auch ein Anstoß für die Fortsetzung der Verkleidungstradition." (S. 56)
Die Verkleidungstradition scheint in der Tat alt zu sein. In Freiburg, müsste im 16.Jh. gewesen sein, wurde eine Frau schwer bestraft, da sie sich als Mann verkleidete und eine Frau heiratete. Ich muss nochmal nachschauen, was das Strafmaß war.

Im 18.Jh. soll ja das Reisen in Männerkleidung für Frauen nicht ungewöhnlich gewesen sein.

Da würde mich interessieren, wann die Bestrafung für das Tragen von Männerkleidung abriss.
 
Da würde mich interessieren, wann die Bestrafung für das Tragen von Männerkleidung abriss.

Aber wann es offiziell nicht mehr strafbar war... ich glaube echt, so hundertprozentig *strafbar* war es ja gar nicht. Kennst du denn ein Gesetz, das Frauen das Tragen von Männerkleidung offiziell untersagt? Ich habe den Verdacht, dass strafbar nur der Tatbestand der *profitablen* Täuschung sein konnte. Und da wurde dann nach Kontext entschieden, wenn es denn rauskam. Bestraft wurde es eigentlich immer in Fällen, die auch bei Männern strafbar waren, etwa Erschleichung von Heirat. Bei allen beruflichen Punkten scheint es eine Grauzone gegeben zu haben.

Die Selbstaufopferung aus reiner Vaterlandsliebe war dann nochmal was ganz anderes, und wenn man am besten auch noch Erfolge vorzuweisen hatte, dann konnte das schon früh gut gehen. Die Spanierin Catalina de Erauso war ein Conquistador gewesen, und hat von Philioo IV eine Audienz, eine Pension und die ausdrückliche Erlaubnis erhalten, weiterhin Männerkleidung zu tragen. Das war im frühen 17. Jahrhundert! Und es ist auch nicht der einzige Fall von Soldatinnen, die von ihren Souveränen geehrt werden; andere Beispiele sind Antonia Rodrigues in Portugal, "Christian" Davis, Phoebe Hessel und Mary Anne Talbot in England, Antoinette Berg in Deutschland/England, oder die zum Ritter geschlagene Französin Genevière Prémoy.

Da weiß jeder, das ist eine Frau im Männergewand. Aber sie tut's für uns alle, deswegen geht das schon klar... ;)
 
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Ja, die Frauen lebten mit auf dem Schiff, aber waren sie dort auch offizielle "beschäftigt", erhielten sie also Sold und welche Ränge wurden dann von ihnen bekleidet? :winke:
Ursache der Diskussion war ja ursprünglich die Frage, ob und in welcher Form eine Frau zum Militär gehen, oder sich dort als "Mann" durchschlagen konnte.

Ging etwas OT, da ich gerne mehr über den Aberglauben erfahren hätte, den Scorpio da ansprach. Aber ich grab' mal in meinen Erinnerungen - so weit ich mich erinnern kann, hatten die Frauen die als Ehefrauen mitkamen auf dem Schiff keinen eigenen Rang, sondern waren in Frauenkleidung unterwegs. Das Buch nannte aber auch einige Beispiele für Frauen, die als Männer angeheuert hatten bzw nach dem Tod ihres Ehemannes, dessen Position übernehmen konnten, da sie vergleichbare Fähigkeiten besaßen. So weit die vage Erinnerung mich da nicht täuscht, sagte das Buch, daß die Frauen in Männerkleidung meistens offene Geheimnisse waren, zumindest bei deren "mess-mates", also die informelle Gruppe die zusammen aß und sich Quartiere teilte.

Ich schau' mal ob ich an das Buch noch mal rankomme, und sag dann etwas Genaueres.
 
Ging etwas OT, da ich gerne mehr über den Aberglauben erfahren hätte, den Scorpio da ansprach. Aber ich grab' mal in meinen Erinnerungen - so weit ich mich erinnern kann, hatten die Frauen die als Ehefrauen mitkamen auf dem Schiff keinen eigenen Rang, sondern waren in Frauenkleidung unterwegs. Das Buch nannte aber auch einige Beispiele für Frauen, die als Männer angeheuert hatten bzw nach dem Tod ihres Ehemannes, dessen Position übernehmen konnten, da sie vergleichbare Fähigkeiten besaßen. So weit die vage Erinnerung mich da nicht täuscht, sagte das Buch, daß die Frauen in Männerkleidung meistens offene Geheimnisse waren, zumindest bei deren "mess-mates", also die informelle Gruppe die zusammen aß und sich Quartiere teilte.

Ich schau' mal ob ich an das Buch noch mal rankomme, und sag dann etwas Genaueres.
In südlichen Gefilden und bei der üblichen Matrosenkleidung lässt sich das doch auch wahrscheinlich noch schlechter kaschieren als in Uniformen.:pfeif:
 
Mir fällt spontan nur Nadeshda Durova ein, die als "Alexander Durov" in die russische Armee eintrat...

Da aber ihre Autobiographie einige Widersprüche aufweist, ist die Frage, ob es sich dabei nur um einen Roman oder wirklich um eine Biographie handelt.

Das Buch ist übrigens durchaus interessant zu lesen, der deutsche Titel lautet "Die Offizierin" :)


Im 588. Nachtbomberregiment, das später in 46. Gardefliegerregiment umbenannt wurde, dienten ausschließlich Frauen, und 23 von ihnen wurden als "Heldinnen der Sowjetunion" geehrt, der Einheit insgesamt wurde der Rotbanner- und der Suwuroworden 3. Klasse verliehen.

Der Spitzname "Die Nachthexen" Notschnye Wedmy stammte vom deutschen Gegner, wurde aber später von der Truppe selbst verwendet.
 
Die Selbstaufopferung aus reiner Vaterlandsliebe war dann nochmal was ganz anderes, und wenn man am besten auch noch Erfolge vorzuweisen hatte, dann konnte das schon früh gut gehen. Die Spanierin Catalina de Erauso war ein Conquistador gewesen, und hat von Philioo IV eine Audienz, eine Pension und die ausdrückliche Erlaubnis erhalten, weiterhin Männerkleidung zu tragen. Das war im frühen 17. Jahrhundert! Und es ist auch nicht der einzige Fall von Soldatinnen, die von ihren Souveränen geehrt werden; andere Beispiele sind Antonia Rodrigues in Portugal, "Christian" Davis, Phoebe Hessel und Mary Anne Talbot in England, Antoinette Berg in Deutschland/England, oder die zum Ritter geschlagene Französin Genevière Prémoy.
Na ja, die Frauen wurden nicht alle dafür gefeiert und geehrt. Mary Anne Talbot z.B. erkämpfte sich die finanzielle "Entschädigung" für Dienste und Wunden im Kampf, die ihr nicht eben freiwillig gewährt wurden. Angefangen hat gerade sie als Liebchen eines Kapitäns, der sie als Jungen mit auf sein Schiff nahm. ;)
 
Na ja, die Frauen wurden nicht alle dafür gefeiert und geehrt. Mary Anne Talbot z.B. erkämpfte sich die finanzielle "Entschädigung" für Dienste und Wunden im Kampf, die ihr nicht eben freiwillig gewährt wurden. Angefangen hat gerade sie als Liebchen eines Kapitäns, der sie als Jungen mit auf sein Schiff nahm. ;)

Versteh mich nicht falsch - ich will nicht im Geringsten behaupten, dass es Frauen leicht gemacht wurde. Natürlich hat es extreme Widerstände gegeben, weil diese Frauen in Uniform ja sehr fundamental gegen die ihnen zugewiesene Rolle rebellierten und die geltenden Konventionen damit offen verletzten. Dass man das nicht unbedingt gefeiert hat, ist richtig. Und es ist auch richtig, dass die meisten Frauen in jenen Rollen angefangen haben, die ihnen nun mal offenstanden, und sich von dort aus erst weiterentwickelten.

Ich wollte mit meinem Post eher darauf hinaus, dass man eine Unterscheidung treffen muss zwischen "unerwünscht bis verdammungswürdig" und "per Gesetz strafbar". Die Frauen mit der Vaterlandsliebe konnten immerhin hehre Motive geltend machen, und sich als beispielhafte Kuriosiät eine Art Narrenfreiheit erkaufen. Wurde die Verkleidung aber benutzt, um etwas gesetzlich Strafbares zu tun (nämlich beispielsweise unter betrügerischen Voraussetzungen zu heiraten) war das eine andere Geschichte. Die Frauen bewegten sich immer in einer unübersichtlichen Grauzone, was das anging. Es kam eigentlich nur darauf an, wie die Sache ausgelegt wurde, wenn sie rauskam. Aber das Pendel konnte eben in beide Richtungen ausschlagen, nicht nur in die Straffälligkeit.
 
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@Scorpio:
Die "Nachthexen" waren aber ganz regulär in der Armee, die hatten sich ja nicht verkleidet oder jemanden getäuscht.
Hatte mal eine Doku über sie gesehen wo eine der letzten Überlebenden berichtete. Sie waren wohl für ihre ausserordentliche Tollkühnheit bekannt, da sie in sehr primitiven Flugzeugen, quasi fliegenden Seifenkisten im Tiefflug Ziele angriffen. Die Veteranin meinte stolz, dass sich das kein Mann getraut hätte.

Aber zurück zum eigentlichen Thema:
ich schrieb das schonmal an anderer Stelle und eigentlich hat es hier in der Neuzeit nicht wirklich was zu suchen, aber im Zusammenhang mit Jeanne d'Arc las ich mal, dass es eine päpstliche Verfügung gab, wonach Frauen die in den Krieg zogen Männerkleidung tragen durften (desshalb war auch dieser Anklagepunkt gegen sie substanzlos). Es muss also schon irgendwann mal Gesetze dagegen gegeben haben, oder zumindest den Versuch es zu verbieten.
 
In südlichen Gefilden und bei der üblichen Matrosenkleidung lässt sich das doch auch wahrscheinlich noch schlechter kaschieren als in Uniformen.:pfeif:

Da wäre die Frage vermutlich hinfällig. :) Aber etwas ernsthafter denke ich dabei gerade an so manche Rugby-Spielerin, die für diesen Sport einen etwas kräftigeren Körperbau benötigt. Da gäbe es durchaus die ein oder andere, die sich erfolgreicher als Mann verkleiden könnte, als das z.B. beim Körperbau einer Marilyn Monroe der Fall wäre, auch in Matrosenkleidung.
 
Aber wann es offiziell nicht mehr strafbar war... ich glaube echt, so hundertprozentig *strafbar* war es ja gar nicht. Kennst du denn ein Gesetz, das Frauen das Tragen von Männerkleidung offiziell untersagt?
Ich bin mal in mich gegangen und da habe ich - man sieht manchmal wirklich den Wald vor lauter Bäumen nicht - erkannt, dass es eigentlich zumindest in Dtl. weitesgehend ausgeschlossen war, dass Frauen Männerkleidung tragen, nämlich ganz einfach durch die Kleiderordnungen! :autsch: Da steht ja z.T. ziemlich präzise drin, welche Farbe die Röcke der "WeibsPersonen" zu haben hatten etc. und welche Hauben die Frauen anlegen sollten. Bisweilen wird nur das aufgeführt, was für eine Schicht oder "Classe" verboten war, aber das geschieht auch oft mit dem Zusatz, dass man sich an die alt hergebrachte "Tracht" zu halten habe. Die Kleiderordnungen wirkten zumindest bis weit ins 18.Jh. hinein.

Hier nun zur Strafe der Frau, die eine andere geheiratet hatte. Sie musste am Pranger stehen nachdem der Rat durch eine Hebamme in Erfahrung bringen ließ, dass es sich eindeutig um eine Frau handle, die mit einem "instrument wie ein menlich glid gestaltet, von lumpen gemacht" bis zum Urteil 1547 scheinbar die Bürgerschaft in Freiburg hinters Licht führte. Zur Prangerstrafe wäre zu sagen, dass sie in der Regel mit Rutenstreichen oder ähnlichen Strafen verbunden war. *

* Rolf Süß: "Hochgericht und Lasterstein - Rechtsleben im alten Freiburg" Rombach, Freiburg, 1980, S. 52
 
Ja, die Kleiderordnung macht schon Sinn als Gesetzesgrundlage. Das erklärt vielleicht auch, warum so viele deutsche Frauen nach England oder in die Niederlande ausgewichen sind, oder warum sich trotz der offensichtlichen Schwierigkeiten dann doch so viele für die Seefahrt entschieden (mal abgesehen von der zusätzlichen Tatsache, dass man in der Seefahrt problemlos eine ungelernte Kraft sein konnte).

Aber auch hier gilt wohl: War man denn immer willens, das Gesetz auch bis zum Letzten auszunutzen und eine Strafe durchzupeitschen (no pun intended)? Oder ging es auch anders, dass man zB die Transvestiten einfach schnurstracks verheiratete und so wieder in die Ordnung zurückholte? Meine Vermutung ist nach wie vor, dass es unter der Hand eine Neigung gab, die Sache halbwegs gütlich zu klären, sofern eben nicht offensichtliche Straftaten begangen worden waren, die wirklich jemand anderem schadeten (etwa einer Ehefrau), oder die Dreistigkeit des Betrugs zu groß wurde, etwa durch angemaßte Standeszugehörigkeit oder so.

Übrigens, apropos Nachthexen, die ja auch immer wieder in der Diskussion auftauchen: hier ist ein Artikel mit Bildern über sie.
 
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Aber auch hier gilt wohl: War man denn immer willens, das Gesetz auch bis zum Letzten auszunutzen und eine Strafe durchzupeitschen (no pun intended)? Oder ging es auch anders, dass man zB die Transvestiten einfach schnurstracks verheiratete und so wieder in die Ordnung zurückholte?
Zu den Kleiderordnungen kenne ich nur wenige Versuche diese auch durchzusetzen, bzw. nur selten Fälle, die deswegen vor Gericht kamen. Dazu muss man aber auch sagen, dass solche Vergehen wohl eher mit geringen Geldstrafen abgeurteilt wurden, gegen welche kaum Revision bei der höheren Stelle eingelegt wurde oder eingelegt werden konnte. (Es gab ja auch schon damals Mindeststreitwerte, ab welchen man in Zivilprozessen u.ä. an höhere Gerichte gehen durfte.) Generell war natürlich das Ziel der Kleiderordnungen ein anderes, als Crossdressing oder sowas in der Art zu verhindern. Es ging primär um wirtschaftliche und moralische Aspekte und evtl. noch um pseudoreligiöse (Hoffart missfällt dem Höchsten etc.) sowie die Wahrung der Standesunterschiede. Nach meiner Erfahrung war die Wirkung der Kleiderordnungen gering. Schließlich wurden sie alle paar Jahre wiederholt, wobei in den Einleitungen oft stand, dass leider die letzte Verordnung nicht gefruchtet habe.

Über den gesellschaftlichen Umgang mit Transvestiten weiß ich nicht viel. Man sollte aber vielleicht bei den Vermutungen berücksichtigen, dass doch die Erziehung deutlich restriktiver als heute war und durchaus die Kirche noch in weiten Teilen eine Einprägsamkeit auf die Menschen hatte, die man sich heute kaum noch vorstellen kann - Aufklärung etc. zum Trotz. Außerdem war es ja keineswegs so, dass man an jeder Straßenecke beim Ramschladen mal neue Klamotten kaufen konnte und das Verhältnis von Einkommen zu Preisen für Kleidung war doch ein ganz anderes als heute.

Das Thema, wenn auch recht exotisch, finde ich jedenfalls sehr interessant. Wäre aber auch schöner, wenn man näher an der Sache (Frauen in Männerkleidung im Militär 1700-1815) bliebe. Mir selber ist noch kein Fall aus Deutschland für die Zeit des 7-jährigen Krieges z.B. begegnet. Aus den Befreiungskriegen gibt es ja gleich mehrere.:winke:
 
Apropos Seefahrt. Ein Vorteil für eingeschmuggelte Mädchen/Frauen war nicht von der Hand zu weisen, in dem man sie auf offener See ja kaum "rauswerfen" und dieselben nicht einfach in einem Hafen aussetzen konnte. Gerade das Beispiel Mary Anne Talbot zeigt ja auch, hatte man erst den Kapitän auf seiner Seite, war es nicht allzu problematisch.

Andererseits frage ich mich, welche Möglichkeiten und Vorteile eine arme Frau hatte, die sie auf ein Schiff oder zum Militär treiben sollten. War ein Leben bei Wind und Wetter in der Takelage, oder als getretener und verprügelter Schiffsjunge (um bei dem Beispiel zu bleiben) tatsächlich einem anderen Dienst oder anderer Arbeit vorzuziehen? Was war auf dem Schiff, auf See besser als an Land? :grübel:

@Dog Soup
Gerade auch deine Überlegungen der hehren Gründe, die eine Verfehlung zur Ehre gereichen lassen, sehe ich eher kritisch. Da stehen/standen männliche Ängste dagegen.
Mag ein Mann einer tapferen Frau Bewunderung zollen, so kann er doch nicht dagegen an, sie gerade dafür zu fürchten. Man kann doch das schwache Geschlecht sich nicht einfach in männliche Domänen sich aufschwingen lassen. :winke: Ausnahmen bestätig(t)en auch hier die Regel. Es gab besondere Ausnahmen, mit denen man sich schmückte, wenn es politisch adäquat war, wollte das aber gewiss nicht als offene Aufforderung an die Weiblichkeit verstanden wissen, ihren "angeborenen" Platz zu verlassen..
Und natürlich lag es immer im Goodwill eines Oberen bis hin zum Souverän eine Ausnahme gelten zu lassen, oder aber sie zu bekämpfen und zuverteufeln.
 
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Andererseits frage ich mich, welche Möglichkeiten und Vorteile eine arme Frau hatte, die sie auf ein Schiff oder zum Militär treiben sollten. War ein Leben bei Wind und Wetter in der Takelage, oder als getretener und verprügelter Schiffsjunge (um bei dem Beispiel zu bleiben) tatsächlich einem anderen Dienst oder anderer Arbeit vorzuziehen? Was war auf dem Schiff, auf See besser als an Land? :grübel:

Die Seefahrt war sicherlich mit der härteste Job den man sich aussuchen konnte, aber es hatte schon Vorteile. Auf See war es nicht unüblich, dass jemand angeheuert wurde, den keiner kannte und für den demnach auch keiner bürgte, der keine Erfahrungen mit irgendwas hatte, der ggf. die Sprache nicht konnte, und dem grundsätzlich daran gelegen war, sich in einem Kontext zu bewegen, in dem man möglichst nicht auf der Straße erkannt wurde.

Wie Brissotin gesagt hat, gab es an Land eine Vielzahl von Regeln, die oftmals ein ehrbares Leben außerhalb der eigenen Familie oder Stadt und ohne helfende Freunde unmöglich machten. Die Seefahrt war hart und gefährlich, aber man konnte arbeiten ohne kriminell zu werden, und es stand einem ja immer noch frei, im nächsten Hafen abzumustern. Einige werden das schon allein deswegen gemacht haben, um unauffällig und verhältnismäßig sicher reisen zu können - denn bei allem Risiko kann es schon sein, dass verschiedene Landstraßen mindestens genauso gefährlich gewesen wären, und es hätte länger gedauert außerhalb des familiären Dunstkreises anzugelangen.

@Dog Soup
Gerade auch deine Überlegungen der hehren Gründe, die eine Verfehlung zur Ehre gereichen lassen, sehe ich eher kritisch. Da stehen/standen männliche Ängste dagegen.
Mag ein Mann einer tapferen Frau Bewunderung zollen, so kann er doch nicht dagegen an, sie gerade dafür zu fürchten. Man kann doch das schwache Geschlecht sich nicht einfach in männliche Domänen sich aufschwingen lassen. :winke: Ausnahmen bestätig(t)en auch hier die Regel. Es gab besondere Ausnahmen, mit denen man sich schmückte, wenn es politisch adäquat war, wollte das aber gewiss nicht als offene Aufforderung an die Weiblichkeit verstanden wissen, ihren "angeborenen" Platz zu verlassen..
Und natürlich lag es immer im Goodwill eines Oberen bis hin zum Souverän eine Ausnahme gelten zu lassen, oder aber sie zu bekämpfen und zuverteufeln.

Ich glaube nicht, dass wir hier tatsächlich etwas substanziell Unterschiedliches sagen. Ich habe ja ausdrücklich von der Narrenfreiheit einzelner Frauen gesprochen, die außerdem noch eine Menge Glück brauchen um am Ende als beispielhafte Kuriosität dastehen - eine Kuriosität von Person, die so dermaßen offensichtlich anders als alle anderen ist, dass ihr Beispiel die Ordnung schon wieder gar nicht mehr gefährdet.

Die hehren Motive der Vaterlandsliebe können einem durchaus suspekt vorkommen, aber ich finde schon wichtig herauszustellen, dass es Momente gab, in denen "mildernde Umstände" leichter zugestanden werden konnten als in anderen. Ich finde vor allem entscheidend, dass es da einen Diskurs gab, den Frauen gezielt bespielen konnten, um sich eben als beispielhafte Ausnahme der Geschlechterordnung zu präsentieren statt als abartige Verrückte, die nicht weiß wo ihr Platz ist. Über die Betonung der Vaterlandsliebe als Motivation konnten Frauen doch noch am ehesten auf eine Legitimierung ihrer Taten hoffen - es war also in erster Linie ein nützlicher Diskurs für die Frauen selbst und für jede Männer (etwa Vorgesetzte) die mit ihren Taten sympathisierten.
 
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Mir selber ist noch kein Fall aus Deutschland für die Zeit des 7-jährigen Krieges z.B. begegnet. Aus den Befreiungskriegen gibt es ja gleich mehrere.:winke:

Ich hab mal in einem Buch mit Biographien zu Württembergerinnen etwas angelesen zu einer Frau die glaube ich in den Türkenkriegen (?) als Kavalleristin gekämpft hat, danach arbeitete sie als Postillionin. Mir war das relativ dünne Büchlein allerdings zu teuer gewesen desswegen ließ ich es stehen und weiß jetzt nichts mehr exaktes... aber ich sollte demnächst die Gelegenheit haben in dem Buchladen nochmal nachzuschauen.
 
@Scorpio:
Die "Nachthexen" waren aber ganz regulär in der Armee, die hatten sich ja nicht verkleidet oder jemanden getäuscht.
Hatte mal eine Doku über sie gesehen wo eine der letzten Überlebenden berichtete. Sie waren wohl für ihre ausserordentliche Tollkühnheit bekannt, da sie in sehr primitiven Flugzeugen, quasi fliegenden Seifenkisten im Tiefflug Ziele angriffen. Die Veteranin meinte stolz, dass sich das kein Mann getraut hätte.
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Das waren Polikarpow Po2 Maschinen, längst technisch überholte Doppeldecker, aber robuste Allroundmaschinen, die ursprünglich in Sperrholzbauweise konstruiert, als Aufklärer aber gepanzert wurden. Die Deutschen nannten sie die "Kaffeemühle" oder "Nähmaschine", und die maschinen wurden in vielfältigen Aufgabenbereicen eingesetzt, vor allem als Aufklärer. Die Kaffeemühlen wurden anfangs mit allem schießbaren traktiuert, da sie sehr niedrig flogen, so dass man den/ die Piloten/Pilotin erkennen konnte. Manche deutsche Soldaten winkten den Kaffeemühlen schließlich sogar zu, bis die Sowjets anfngen Bomben zu werfen.

Sich nachts ungedeckt eine Zgarette anzstecken, war durchaus nicht ganz ungefährlich, wenn Kaffeemühlen über den deutschen Stellungen kreisten.
 
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