dekumatland
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In verschiedenen, jeweils eigenen Themen gewidmeten Fäden zu den Wikingern, ist die Frage aufgetaucht, ob sie wirklich an Grausamkeit und sinnloser Mordlust alle ihre Vörgänger und alle ihre Zeitgenossen übertrafen, oder ob es sich um ein tendenziöses Bild, eine tendenziöse Darstellung in den Quellen handelt.
Hier könnte diese Fragestellung diskutiert werden.
als Anregung drei Zitate mit unterschiedlichen Positionen:
ebenfalls in dieses Thema gehört Fingalos Einschätzung, dass dass 8.-11. Jh. weniger von allgemeiner Grausamkeit geprägt war als die davor liegende Völkerwanderungszeit mit ihren verheerenden Kriegen:
Meine derzeitige Position ist:
die Wikinger wurden aus verschiedenen Gründen etwas überzeichnet in den Quellen, zumal Quellen zu zeitnahen anderen Kriegshandlungen keinen humaneren Eindruck erwecken;
die der Völkerwanderung nachfolgenden Jahrhunderte waren nicht friedlicher und auch nicht weniger von für uns heute unvorstellbarer Grausamkeit geprägt.
Hier könnte diese Fragestellung diskutiert werden.
als Anregung drei Zitate mit unterschiedlichen Positionen:
Was man mittels mit Muskelkraft betriebenen Werkzeugen einem menschlichen Körper so antun kann, ist ja auch im Endeffekt beschränkt. Von der Qualität her würde ich trotzdem speziell den Wikingern einen gewissen Spitzenplatz einräumen. Obwohl sie vom reinen Prozedere des qualvollen Tötens und Abschlachtens sicher nicht mehr tun konnten als andere, fällt doch auf, dass alle Quellen ohne Ausnahme gerade bei den Wikingern eine über das Maß der Zeit hinaus gehende Mordlust hervor heben.
Speziell die Wikinger als Gruppe fielen durch eine über die Verhältnisse in dieser Zeit noch hinaus gehende Mordlust aus, die ihre Zeitgenossen vor allem auch wegen der Anarchistischen und Chaotischen Weise als besonders grauenvoll empfanden. Sicher, auch andere in dieser Zeit töteten Babys, vergewaltigten junge Mädchen und hackten Menschen in Stücke, aber bei den Wikingern geschah dies als ein wesentlicher Teil ihres Selbstverständnisses und ihrer Kultur in einem selbst für diese Zeit besonderen Maße. Von daher könnte man sagen, dass in dem ohnehin extrem gewalttätigen Frühmittelalter sich die Wikinger noch mal von den anderen Gewalttätern aufgrund der für ihre Zeit extremen Mordlust noch mal abhoben.
in den vielen verschiedenen Quellen zu allerlei Kriegshandlungen des frühen Mittelalters, seien es spätmerowingische Zwistigkeiten, seien es hin und her schwappende Überfälle an der "Slawengrenze", seien es Streitigkeiten mit awaren und später Ungarn, seien es die Überfälle von Wikingern: die für uns heute unvorstellbare Graumsamkeit (wir hätten ja gerne den klinisch sauberen Krieg, obwohl es den wohl nicht gibt...) ist auffallend. Das muss eine alltägliche Erfahrung im Frühmittelalter gewesen sein (vgl. u.a. Scheibelreiter) Was obendrein auffällt, ist, dass christliche Quellen gerne den Furor der Heiden ganz besonders herausstellen - und das ist eben eine gewisse Tendenz der Quellen.
Ein regionaler Zwist, irgendeine merowingische Strafexpedition usw - das waren "kriegerische" Handlungen, die mit einem zahlenmäßig recht geringen Aufgebot stattfanden - kaum mehr, als ein Wikingerüberfall. Aber das andere, das fremde: das überwog in der Summierung des Schrecklichen. indiesem Sinne galten die ungar. Reiter und die schnell wie aus dem Nichts auftauchenden Wikinger als besondere Heimsuchung - allerdings an Grausamkeit dürften sie alle sich ziemlich gleich gewesen sein.
Volle Zustimmung.
Die zeitgenössische Annalistik erwähnt ihre Grausamkeit. In der mehr örtlich orientierten Hagiographie tritt die unglaubliche Grausamkeit als besonderes Merkmal deutlich hervor. In der Angelsächsischen Chronik wird die Grausamkeit der Wikinger nicht explizit erwähnt. Dies hängt aber mit der Thematik und Darstellungsabsicht, den Aufstieg des Hauses Wessex und den Kampf Alfreds des Großen zu schildern, zusammen. Außerdem wird in den vielen Quellen die Vertragstreue betont. D. h., dass sie nach Empfang des Lösegeldes tatsächlich abzogen. Die fränkischen Quellen hingegen schildern häufiger, dass die Wikinger das Geld annahmen, dann aber weiterheerten. Auch in angelsächsischen Quellen ist häufig von Vertragsbrüchen die Rede. Das hat mit dem Vertragsrecht der damaligen Zeit und der Stellung des Anführers der Wikinger in seiner Mannschaft zu tun.
ebenfalls in dieses Thema gehört Fingalos Einschätzung, dass dass 8.-11. Jh. weniger von allgemeiner Grausamkeit geprägt war als die davor liegende Völkerwanderungszeit mit ihren verheerenden Kriegen:
Aber es ist trotzdem erklärungsbedürftig, wieso der Schrecken in Europa über die Wikinger so groß war, wenn das ohnehin zu dieser Zeit Gang und Gäbe war. Da muss es einen Unterschied gegeben haben. Im 6. Jh. war das allgemeine Erfahrung. im 10. und 11. eben nicht. Und der Genozit des Deutschen Ordens fand eben keinen Homer, d.h. er wurde an einem Volk verübt, das keine in Europa verbreitete Literatur darüber hinterließ. Die Opfer waren örtlich begrenzt und weit weg.
Meine derzeitige Position ist:
die Wikinger wurden aus verschiedenen Gründen etwas überzeichnet in den Quellen, zumal Quellen zu zeitnahen anderen Kriegshandlungen keinen humaneren Eindruck erwecken;
die der Völkerwanderung nachfolgenden Jahrhunderte waren nicht friedlicher und auch nicht weniger von für uns heute unvorstellbarer Grausamkeit geprägt.