Der Rassebegriff biologisch und politisch

Es gibt keine Debatte über den "Rassebegriff" und schon gar nicht in den jeweiligen Beiträgen im Internet (vgl. Links)
Doch, natürlich gibt es die. Das ist ja das zentrale Thema, um das sich die mehrfach erwähnten bzw. zitierten Arbeiten von Lewontin --> Mitton --> Edwards --> Witherspoon etc. drehen. Ich bin einigermaßen perplex darüber, dass dir diese offenkundige Tatsache verborgen bleiben konnte.

Es gibt lediglich die Hypothese, dass es eine Optimierung der medizinischen Indikation auf der Basis von genetischen Unterschieden gibt. Und zwei daraus abgeleitete Kategorien, die zu einer Differenzierung der Patientengruppen führen, sind "Race" und "Gender".
Das sind keine "daraus abgeleiteten Kategorien", sondern bereits vorab bestehende Begrifflichkeiten, deren Nutzbarmachung aufgrund gewisser Korrelationen diskutiert wird.

In diesem Sinne ist es eine rein medizinische Diskussion, die nicht unerhebliche Kenntnis der Planung experimenteller Designs und ihrer Auswertung erfordert.
Nein, das ist keine rein medizinische Diskussion, sondern primär eine biologische, die ihren Weg über die Populationsgenetik in die Medizin gefunden hat. Die Medizin ist lediglich einer der Schauplätze, an denen sich die Debatte um die Sinnhaftigkeit und Realitätsbezogenheit des Rassebegriffes abspielt. Und hier wurde vor allem deshalb auf diesen Schauplatz Bezug genommen, weil die Frage nach dem Nutzen rassischer Begriffe gestellt wurde und die Gesundheit halt ein ziemlich unbestrittenes Beispiel für Nutzen ist.
 
Das Konzept der "race-based-medicine" konkurriert zunächst im wesentlichen in seiner Erklärungskraft, auch in der statistischen, mit einer "gender-based-medicine".
Wieso "konkurriert"? Rasse und Geschlecht sind einfach zwei verschiedene Merkmale, die man in der medizinischen Diagnostik und Therapie zum Nutzen der Betroffenen zu berücksichtigen versucht. Dabei steht das eine nicht in Konkurrenz zum anderen, so wie Blutdruckmessung und Temperaturmessung bei einer ärztlichen Untersuchung nicht in Konkurrenz zueinander stehen.

Nebenbei erwähnt ist der gängige Ausdruck "gender based medicine" ziemlich daneben, da unter "gender" ja die sozial konstruierte Geschlechterrolle verstanden wird. Die Wirksamkeit von Medikamenten wird aber kaum von der sozialen Rolle, wohl aber von der biologischen Charakteristik des Geschlechts beeinflusst. Adäquater wäre deshalb "sex based medicine".
 
Wieso "konkurriert"? Rasse und Geschlecht sind einfach zwei verschiedene Merkmale, die man in der medizinischen Diagnostik und Therapie zum Nutzen der Betroffenen zu berücksichtigen versucht. Dabei steht das eine nicht in Konkurrenz zum anderen, so wie Blutdruckmessung und Temperaturmessung bei einer ärztlichen Untersuchung nicht in Konkurrenz zueinander stehen.

Offensichtlich hast Du das Konzept von "Korrelationen" nicht verstanden. Im Rahmen von multivariaten Regressionen werden die unterschiedlichen Varianzanteile von unabhängigen Variablen, also beispielsweise Race oder Gender, zerlegt und ihr jeweiliger Beitrag für die "erklärte Varianz" der abhängigen Variable, also "medizinischer Erfolg" betrachtet.

Das Ergebnis einer multivariaten Analyse kann bedeuten, dass Gender einen im Vergleich zu Race deutlich höheren Anteil an der erklärten Varianz hat, obwohl bei einer univariaten Regression Race einen hohen Anteil an erklärter Varianz erzielen kann.

Die entsprechende Bedeutung von Struktur-Gleichungs-Modellen (LISREL etc.) im Rahmen der Analyse von "Latenten Variablen" sei zudem dahin gestellt, obwohl sie eigentlich der Komplexität der Argumentation angemessen wäre.

Nebenbei erwähnt ist der gängige Ausdruck "gender based medicine" ziemlich daneben,

So, tatsächlich.......?
http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0065774308610982


weil die Frage nach dem Nutzen rassischer Begriffe gestellt wurde und die Gesundheit halt ein ziemlich unbestrittenes Beispiel für Nutzen ist.

dass in dieser Debatte der Rassebegriff auch von führenden Forschern verteidigt wird, kann angesichts der vorgelegten Dokumentation von niemandem ernsthaft bestritten werden.

Eine durchaus selektive Wahrnehmung. Der Nutzen entsteht durch die genetischen Analysen und diese sind die zentrale Basis für die Argumentation der Biologen und im Rahmen der medizinischen Indikation.

Die abgeleitete Kategorie "Race" aufgrund eines Phänotyps und die darauf basierte medizinische Indikation wird durchaus sehr kontrovers diskutiert. Vielleicht solltest Du die entsprechenden Links selber nochmal lesen.
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Ansonsten, wenn Du der Meinung bist, es gäbe eine Diskussion über "Rasse", losgelöst von der Absicherung durch genetische Analyse, dann solltest Du die entsprechenden Links und die Literatur ein wenig deutlicher und vor allem ausführlicher hier im Forum einstellen.

Um es einfach nochmal sehr deutlich zu sagen, es würde sich niemand um den "Race"-Begriff heute noch kümmern, wenn es nicht genetische Analysen gäbe, die es als Konstrukt für die Forschung akzeptabel macht.

Somit ist es Deine Bringschuld, eine eindeutige Absicherung Deiner Thesen vorzunehmen und nicht meine, aus den spärlich von Dir eingestellten Links mir die Informationen zusammen zu sammeln.

Zumal dieses Thema in diesem Forum eigentlich nichts zu suchen hat, da es primär ein medizinisches Thema ist und die entsprechende Forschung durch Pharmafrmen, aufgrund der Verwertung dieser Ergebnisse in diesem Bereich, nicht selten finanziert wird.

Und weil es nicht in das Forum gehört, werde ich diese Diskussion auch hier nicht weiter führen!
 
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Das Ergebnis einer multivariaten Analyse kann bedeuten, dass Gender einen im Vergleich zu Race deutlich höheren Anteil an der erklärten Varianz hat, obwohl bei einer univariaten Regression Race einen hohen Anteil an erklärter Varianz erzielen kann.
Daraus resultiert aber in der Regel kein Konkurrenzverhältnis, sondern einfach eine Situation, in der sich zwei Informationen ergänzen. Damit eine Konkurrenzsituation entstünde, müsste bei exakt derselben Krankheit eine Gender-Indizierung eine anderes Medikament empfehlen als eine Rasse-Indizierung.

Der Nutzen entsteht durch die genetischen Analysen und diese sind die zentrale Basis für die medizinische Indikation.
Eben nicht, wie Risch gezeigt hat. Abgesehen davon, dass die genetischen Analysen viel teurer und zeitaufwendiger sind als rassische Selbstzuschreibung der Patienten, sind sie häufig sogar unzuverlässigere Indikatoren. Genau darum geht es ja in Rischs Arbeit.

Die abgeleitete Kategorie "Race" aufgrund eines Phänotyps und die darauf basierte medizinische Indikation wird durchaus sehr kontrovers diskutiert.
Sag ich ja andauernd. Ich widerspreche von Anfang an der Behauptung, der Rassebegriff werde in der aktuellen Wissenschaft nicht diskutiert.

Ansonsten, wenn Du der Meinung bist, es gäbe eine Diskussion über "Rasse", losgelöst von der Absicherung durch genetische Analyse im Rahmen einer medizinischen Diskussion, dann solltest Du die entsprechenden Links und die Literatur ein wenig deutlicher und vor allem ausführlicher hier im Forum einstellen.
Wie denn noch deutlicher? Soll ich bei jedem Posting dieselben Links wieder und wieder in 5cm großen, roten Lettern reinschreiben?

Es ist Deine Bringschuld, eine eindeutige Absicherung Deiner Thesen vorzunehmen und nicht meine, aus den spärlich von Dir eingestellten Links mir die Informationen zusammen zu sammeln.
Papperlapapp. Ich habe die wesentlichen Informationen präsentiert. Von jedem, der sich an der Diskussion beteiligt, darf man erwarten, dass er sie zur Kenntnis nimmt und nicht in Zigfacher Wiederholung bedient werden will.
 
Teil I: Lewontins Fallacy

Es war aufschlussreich, den Fortgang der Diskussion "unbeteiligt" zu verfolgen. Dabei war insbesondere interessant, ob die mehrfach eingeforderten Fachpublikationen zum Stand der Diskussionen beigebracht werden können oder nicht. Sie kamen nicht.

Wenn hier das unten zitierte "Mantra" im Faden vorliegt, dann im unreflektierten, gebetsmühlenartig vorgetragenen Verweis auf Risch und Edwards, ohne jeden Kontext. Dabei wäre dieser leicht zu finden. Risch wird in "headlines" und in Wikipedia-Simplifizierung zitiert, obwohl er selbst den Begriff "race" kontextualisiert hat, als undifferenzierten (Humangenetik-fernen) Rückgriff auf soziologische Kategorien zwecks Clusterbildung. Weder hat Risch Rassen definiert, noch hat er sie für Clusterbildungen stringent und homogen verwendet (allein im aufsatz von 2002 sind zwei "Versionen" von soziologischen Clustern für die Statistische Himangenetik enthalten). Was hier @thanepower bzgl. der Clusterbildung bzw. der Samples anmerkt, ist völlig richtig, und wird auch so in der Fachliteratur vorgetragen.

Und andererseits der Umstand, dass die rassische Selbstklassifizierung, auf der die erfolgreiche medizinische Behandlung beruht, mit der genetischen Clusterstruktur "nahezu perfekt" übereinstimmt...

Im Gegenteil. Diese Aussage ist eher das Resultat von Analysen, in denen das politisch korrekte Mantra "es gibt keine menschlichen Rassen" auseinandergenommen wird, das auf einem Argument beruht, das inzwischen als sprichwörtlicher Fehlschluss ("Lewontin's Fallacy") in die Wissenschaftsgeschichte eingegangen ist (das aber von seinen Verehrern außerhalb er Wissenschaft unbeirrt weitertradiert wird). Ein Meilenstein war diesbezüglich die Analyse von Edwards (2003).

Die Darstellung von "Lewontins Fallacy" in Wikipedia ist Unsinn, wie schon erwähnt. Am besten merkst Du das daran:

"The important message here is that the division lines between racial and ethnic groups “are highly fluid and that most genetic variation exists within all social groups — not between them” (Foster & Sharp, 2002). Recent studies based on hundreds of genetic polymorphisms confirm earlier studies, such as that of Lewontin (1972, 1982) cited earlier, and show that only 11%–23% of observed genetic variation is due to differences among populations and that this is mostly attributable to differences in allele frequencies, not all-or-nothing genetic differences (see review in Tishkoff & Kidd, 2004). In fact, most common genetic variants exist in almost all populations. The overwhelming majority of the variation occurs among individuals with different genotypes within each population."

Robert J. Sternberg, Elena L. Grigorenko, and Kenneth K. Kidd (Yale University)
Intelligence, Race, and Genetics.

NHGRI:
"Categories such as race and ethnicity are useful as heuristic starting-points for the investigation of biological relatedness. In attempting to approximate the range of human genetic variation, social categories such as these offer a practical way of approaching the study of that diversity and of defining inclusive criteria for participant recruitment. It is this practical consideration and the imperfect (sometimes very imperfect) fit between social and genetic definitions of a population that give rise to a series of scientific and ethical issues in contemplating the development of a human haplotype map with identified populations. (NHGRI: Foster, 2001.)
The “heuristic starting point” sense of “race” described here defines race with respect to science, and puts the term “race” in a position that negotiates social and biological knowledge. Race is identified as a social category that is a practical interpretive tool from which to launch investigations of biological difference. Race is not itself biological difference, but biological difference may be accessed through the social and discursive lens of racial categories. “Race,” in this sense of the term, is a tool at variation researchers’ disposal. While the use of racialized categories as tools and heuristics has been frequent in the genome projects, the term “race” is seldom employed in their description."
Brady Dunklee: Sequencing the Trellis - The Production of Race in the New Human Genomics



EDIT: selbst wenn jemand vom Thema keine Ahnung hat, wird man sich verwundert fragen können, warum "Lewontin's Fallacy" hartnäckig in den einschlägigen aktuellen Fachpublikationen wiederholt wird. Haben wie hier die bekannte Konstellation: "Da kommt ein Geisterfahrer - Einer? Hunderte!" Da sollte man doch dringend der Encyclopedia of Genetics und anderen Publikationen eine Berichtigung des von ihnen verbreiteten Unsinns antragen. Auf die Reaktion wäre ich gespannt.
 
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Teil II:

Fragt sich also, warum Anhänger der "Rasseneinteilung" permanent die vorhandene humangenetische Literatur negieren oder sinnentstellend zitieren. Der "Risch" spielt dabei eine besondere Rolle, wird doch seine Studie als Beleg für eine humangenetische Clusterung missbraucht.

Das ist ja das zentrale Thema, um das sich die mehrfach erwähnten bzw. zitierten Arbeiten von Lewontin --> Mitton --> Edwards --> Witherspoon etc. drehen. ...

Das sind keine "daraus abgeleiteten Kategorien", sondern bereits vorab bestehende Begrifflichkeiten, deren Nutzbarmachung aufgrund gewisser Korrelationen diskutiert wird...

Nein, das ist keine rein medizinische Diskussion, sondern primär eine biologische, die ihren Weg über die Populationsgenetik in die Medizin gefunden hat. Die Medizin ist lediglich einer der Schauplätze, an denen sich die Debatte um die Sinnhaftigkeit und Realitätsbezogenheit des Rassebegriffes abspielt. Und hier wurde vor allem deshalb auf diesen Schauplatz Bezug genommen, weil die Frage nach dem Nutzen rassischer Begriffe gestellt wurde und die Gesundheit halt ein ziemlich unbestrittenes Beispiel für Nutzen ist.

Das muss man nicht kommentieren. Besser ist es, den Stand der Fachliteratur wiederzugeben:

"Race is a largely non-biological concept confounded by misunderstanding and a long history of prejudice. The relationship of genomics to the concepts of race and ethnicity has to be considered within complex historical and social contexts. Most variation in the genome is shared between all populations, but certain alleles are more frequent in some populations than in others, largely as a result of history and geography. Use of genetic data to define racial groups, or of racial categories to classify biological traits, is prone to misinterpretation. "
Brady Dunklee: Sequencing the Trellis - The Production of Race in the New Human Genomics

"In current language, the term “race” is still used to design sociological groups in a complex society, without corresponding to a biological signification whatsever. The Hindus are considered as “white” in the USA but as “coloured” in the UK (as well as the Chinese, Pakistani and Malaysians). In Southern Africa of the apartheid, they formed a separate race (whereas the “coloured” race was represented by people of mixed origin). The first genera- tion mulatto of a parent of African origin and a parent of European origin, who received the same genetic information from his father as from his mother and who has thus an ancestral origin of as well African as European, is consid- ered in practically all societies as belonging to the black population. In South America, “mestizo groups” are often better defined with an enormous wealth of terms to name all the variances. The biological reality does thus not cover the sociological situation. ...

The lack of major systematic genetic differences between ethnic groups, together with the extensive differences in lifestyle (diet, alcohol, smoking, etc.), (Pearce et al., 2004).means that ethnic differences in mortality and morbidity provide to some extent evidence against the importance of genetics factors and for the importance of environmental factors.

The study of fragments of the human genome has revealed that specific or particular genes to a population do not exist and, that a considerable genetical uniformity exists considering the large geographical dispersion of the human species (as it was previously noted, a part of the visible morphological differ- ences are explained by the adaptation to a large range of biotopes). They have also demonstrated that the highest genetical distances are mostly observed between populations not between individuals: about 86% of all identified genetic variation is between any two individuals from the same ethnic group. (-> die von Cannabich intensivierte Lewontin - Edwards :devil: )

In anthropology, we need to objectively study human variability; from this point of view racial classification, proposing pseudo-solutions to non existing problems, is a loss of energy. Moreover, it is creating a mental predisposition which could be a door open to racism. Contrary to what our common sense says about the existence of some great human races, based on traits perceived as essential (i.e. skin colour), this notion has no biological validity and the observed differences of traits are neglectable compared to biological differences between individuals of a same population. To divide human populations in a certain number of groups gives rise to arbitrary divisions and not natural ones. Populations are in fact local groups, in continu- ous change, of bio-cultural unities. The human species forms a single continuum or clines, following geographical gradients, in function of ecological barriers or gene ‚ow and where the only real barriers are of cultural nature (linguistic, be- havioural, vestimentory, ...). Today, the notion of human race has lost all scientific.



Warum wird dann so verbissen - iSv gegen besseres Wissen der Fachliteratur, und da läßt sich hier statt Massen von Aufsätzen auch auf die instruktiv zusammengefassten Aufsätzen in den Fachenzykolpedien verweisen - und fälschlicherweise darauf bestanden, die Humangenetik habe Rassen nachgewiesen? Was ist das Ziel dieser Diskussion?

"This situation, besides the updating, in the daily language, of the concepts of race, ethnos and other derived words, urgently requires a wide debate among the civil society, the academic world, the legislators and the social and political institutions (Lewontin, 2000). As anthropologists, we have the ethical responsibility of actively participating in this debate, to lead it, to let know human “races” are not a biological concept. All the results show that the populations do not differ through the presence of specific genes, that they are characterised by the same genes but present in different frequencies and that the genetical variation inside the human group, eventually classified as “race”, is much larger than the variability observed between different “races”. [LEWONTIN :devil:] The spectacular progresses in the knowledge of the human genome confirm these observations: any trial of classification (and of course of hierarchical structuring) of our species in race or subspecies has no biological meaning. Such Bernis (2004) mentioned “in any case, the fundamental contribution of the study of the human biological variability does not consist in classifying populations than in establishing affinities between populations, in reconstructing the history of populations and of the ecosystems in which they were living, in identifying their migrations and their fusions: in other words, to understand the history of the ‘racial’ integration which is finally the history of humanity” .

Charles Susanne: Races - only a social concept, Studies in Historical Anthropology.
 
Teil III

Ich hoffe, die oben gestellten Anfragen sind damit schon hinreichend beantwortet. Aber weiter:


Den Satz muss man sich auf der Zunge zergehen lassen:

Der auf genetischer Verwandtschaft basierende Rassebegriff scheint eine reale Grundlage zu haben.

Es ist eigentlich der Kern der "misinterpretation". "Basierend" ist grundfalsch, weil es sich durchweg um Übernahmen einer soziologischen oider selbstdefinierten (abstammungsorientierten) Clusterung in die quantitativ-humangenetischen Studien handelt. Daraus folgt:

a) es gibt keine einzige humangenetische Studie der letzten 30 Jahre, die ausgehend von genetischen "differences" "Rasseneinteilung" betreibt.
b) keine einzige humangenetische Studie benutzt die genetischen Statistik-Ergebnisse, um ein "Rassenkonzept" oder eine bestimmte "Rasseneinteilung" als belegt anzusehen.
c) die "genetische Verwandschaft" kann beliebig weit und eng gefahren werden, je nach Anzahl der verwendeten Loci. Damit lassen sich Verbindungen zwischen kontinentalen Gruppen ebenso belegen wie eine (absurde!) Rassen-Clusterung innerhalb von hinduistischen Kasten.

Die Missinterpretation kommt deutlich hier zum ausdruck:
"From the perspective of biology, there is no such thing as a “race,” at least as we commonly view the term. Variations in allelic distribution are generally continuous, not discontinuous, and therefore there are no biological rationales for drawing distinctions based on “racial” classiacations. But while a person’s race cannot be derived from observed biological traits, race viewed as a proxy for geographic origin can provide some important genetic information.
Lillquist/Sullivan: Law and Genetics of Racial Profiling in Medicine


"The lack of major systematic genetic differences between ethnic groups, together with the extensive differences in lifestyle (diet, alcohol, smoking, etc.), means that ethnic differences in mortality and morbidity provide to some ex- tent evidence against the importance of genetics factors and for the importance of environmental factors (Pearce et al., 2004)"
Charles Susanne: Races - only a social concept

"Although ethnorace is essentially a social system of classification laid atop complex geographic patterns of population genetic variation, it is now possible to assign individuals to likely ethnoracial (or, sometimes, “ancestral”) backgrounds via a cumulative examination of differences in the frequencies of common genetic variants as well as more geographically restricted (population-specific) polymorphisms (Rosenberg et al. 2002). Importantly, these efforts do not demonstrate that ethnoraces are naturally aggregating genetic clusters."
Instead, they underline that individuals sampled from geographically disparate regions will often differ to a small degree genetically, and in a manner predicted by standard isolation-by-distance models (Weiss and Fullerton 2005).These efforts also do not say anything about the ethnoracial distribution of variants relevant to disease risk (although it is often assumed that if clustering is achieved on the basis of a neutral set of genetic markers, disease-linked variation will be similarly geographically distributed). These well-established pitfalls of conflating ethnorace and genetics have been overlooked or misunderstood in many quarters, and such categories continue to be utilized by scientists, government, media, and lay persons under the misplaced assumption that individuals with different ethnoracial identities are genetically distinct and that this has relevance to ethnoracial health inequalities (Braun 2006; Stevens 2003). A telling example of such misconceptions is the ranking by the U.S. National Library of Medicine of genetic research as the top investiga- tive priority for health disparities (including ethnoracial disparities), ahead of re- search into the environmental and social determinants of ethnoracial inequalities in health (Sankar et al. 2004). The two key misapprehensions that drive the continued overemphasis on genetics in explaining ethnoracial health disparities are (1) that genetic variation explains much or all of the health differentials among individuals and populations, and (2) that there is more genetic variation with relevance to disease be- tween, rather than within, ethnoracial population groups. "
Paradies, Montony, Fullerton: Racialized Genetics and the Study of Complex Diseases


Womit alles gesagt ist: weder ist die Humangenetik Ausgangspunkt von Rassenbildung, noch dient sie als Rechtfertigung bestehender soziologischer Cluster oder Selbstanschauungen.

Das ist absolut herrschende Meinung, auch wenn Studien wie die von Risch gern "gegen den Strich" gelesen werden, und für abweichende (unwissenschaftliche) Argumentationen von Anhängern einer Aufteilung in Rassen kolportiert werden. Denen ist zu empfehlen, die Fach-Enzyklopedien nachzuschlagen, welche Interpretation diesen Studien nach herrschender Meinung zukommt und welche nicht. Einige der Standardwerke hatte ich schon genannt. Erwartbar ist die Reaktion darauf ausgeblieben.

Statt dessen kommen reihenweise Meta-Diskussionen und mehr oder weniger phantasievolle, allerdings unterhaltsame Interpretationen zu meinen Aussagen. Interessant ist auch, dass auf keinen einzigen dieser Hinweise inhaltlich eingegangen wurde (stattdessen wird in küchenpsychologischen Abhandlungen meinen psychologischen Zustand nachgedacht).:devil:

Die Diskussion über soziologische Cluster als Hilfskonstrukt in der Quantitativen Humangenetik ist übrigens unabgeschlossen:

"Although ethnoracial labels have been shown time and again to be historically and situationally determined, unreliable, and imprecise proxies for human genetic differences, ethnoracial inequalities in morbidity and mortality continue to be explained or hypothesized as a condition of innate and fixed genetic differences, with the existence of sociopolitical inequalities between human groups effectively denied."
Paradies, Montony, Fullerton: Racialized Genetics and the Study of Complex Diseases
 
Teil IV:

Papperlapapp. Ich habe die wesentlichen Informationen präsentiert. ... und nicht in Zigfacher Wiederholung bedient werden will.

Mitnichten.:winke:

Empfehlenswert ist der Stand der Wissenschaft, Handbook of Statistical Genetics, um zu "bedienen". Den oben verlangten, sorgfältigen Umgang mit Definitionen, Cluster-Grundlagen in der Quantitativen Humangenetik (und die Abwesenheit von Klischees und Rassekategorien des 19. Jhdt. vorausgesetzt), läßt sich konstatieren:

"The available studies among modern populations show that the differences tend to be patterned in geographical space, but that variation tends to be continuous and strong genetic boundaries rarely occur, suggesting a major role of isolation by distance in shaping human diversity. As a consequence, global human diversity is not well described by a small set of well-defined races. The extent to which racial classifications might be useful in some applications remains to be demonstrated.

However, it is at least well established that the main fraction of the global human genetic diversity is found between individuals of the same population. We also know that the remaining fraction, representing differences among populations and population groups, is small but not zero. Indeed, it is large enough for most of us to form an opinion, if rough, on the likely origin of the people we meet just by looking at them, and for population geneticists to reconstruct aspects of population history. However, different loci show uncorrelated, and sometimes very different, patterns of variation, a phenomenon termed discordant variation (Brown and Armelagos, 2001). Therefore, predictions of epidemiological relevance based on the patient’s physical aspect or supposed racial affiliation may be severely inaccurate (Wilson et al., 2001; Cooper et al., 2003; Cooper, 2005; Ordu ̃nez et al., 2005; Bamshad, 2005). Countries or regions where several subpopulations coexist in reproductive isolation, with little or no genetic exchange, may represent exceptions. Examples include India, where genetic differences are apparent among castes (Cordaux et al., 2004; Watkins et al., 2005); the Yanomama (Neel, 1978) and other Amazonian tribes (Crawford, 1998), in which small population sizes combined with the tendency of tribes to split along family lines led to extreme genetic drift effects; and various urban areas of the United States (Shriver et al., 2004)....The problem is to what extent and for what purposes the results of these studies can be generalised to other populations.

Thus, genetic markers that are population specific, and perhaps even ancestry informative in certain populations, are neither population specific nor ancestry informative elsewhere. Local genetic differentiation may be sharp for certain loci and useful for certain purposes, but studies of single countries are unlikely to give us a sensible, all-purpose description of human diversity in general, especially if these countries are inhabited by people whose ancestors isolation by distance, all processes accounting for the broad gradients of genetic diversity observed (Cavalli-Sforza et al., 1994).

Different populations show different allele frequencies at loci of pharmacogenomic interest (Meyer, 2004). However, most populations contain the whole spectrum of genotypes, which leaves little hope to develop different drugs, or drug dosages, specific for the Asian, African, or European market. Rather, it is now technically conceivable to concentrate the efforts on the genetic dissection of individual drug metabolism pathways, which in time may lead to tailoring-specific pharmacological treatment for different classes of metabolisers (Weber, 2001), no matter what their skin colour is and where in the world they live. Similarly, a serious understanding of the causes of disease requires an analysis of both their genetic and social causes, the latter being poorly approximated by ethnic and racial labels (Collins, 2004).

Genomic data are accumulating rapidly, and some or many of the views expressed in this chapter may have to change in the future. While we wait for the future to come, however, we have to conclude that the available studies of human biological diversity have not made it possible yet (1) to agree on a race list; (2) to place races on the world’s map; and (3) to associate each race with diagnostic alleles or haplotypes. Humans differ genetically, but their differences do not seem to come in well-defined and consistent racial packages.

Handbook of Statistical Genetics, Barbujani-Chikhi: Human Genetics Diversity and its History.


Eine Diskussion über die Frage, ob die Humangenetik in den letzten 30 Jahren Rassekategorien des 20. und 19. Jahrhunderts bestätigt habe (und wenn es auch nur kontinentale Groß-Cluster wie die von @Dieter erwähnten Caucasians etc. wäre), ist demnach absurd.

Das ist nicht nur die Meinung der Humangenetik, sondern auch der Anthropologie (siehe Hinweis oben auf die entsprechende, aktuelle Fach-Enzyklopedie).
 
Würde die werte Moderation so nett sein und meine Antwort auf den jüngsten Zitat-Tsunami von Silesia endlich durchzulassen. Oder soll die Modeschau mit der Kaiserin neuen Kleidern bis zum Ende der Veranstaltung von Kritik abgeschirmt bleiben?
 
Würde die werte Moderation so nett sein und meine Antwort auf den jüngsten Zitat-Tsunami von Silesia endlich durchzulassen. Oder soll die Modeschau mit der Kaiserin neuen Kleidern bis zum Ende der Veranstaltung von Kritik abgeschirmt bleiben?

Silesia hat lediglich das nachgeholt, was eigentlich Dein Job gewesen wäre. Eine differenzierte Darstellung der aktuellen Erkenntnislage.

Ansonsten ist Dein Tonfall, gemessen daran, dass Du beispielsweise wichtige statistische Verfahren oder methodische Konzepte, die für diese Studien jedoch zentral sind, offensichtlich nicht angemessen verstanden hast, doch ein wenig unangemessen arrogant.
 
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Würde die werte Moderation so nett sein und meine Antwort auf den jüngsten Zitat-Tsunami von Silesia endlich durchzulassen. Oder soll die Modeschau mit der Kaiserin neuen Kleidern bis zum Ende der Veranstaltung von Kritik abgeschirmt bleiben?

Hinweis (könnte aber auch von jedem erfahrenen Mitglied hier mit mehr als einem Beitrag mitgeteilt werden):

Die einzigen Beiträge, die von der Moderation systemseitig freizugeben ("freizuschalten") sind, sind diejenigen von unbekannten "Gästen" ohne Mitgliedsaccount. Ansonsten gibt es noch den, hier nicht gegebenen Fall von Beitragslöschungen bei Regelverletzungen, der aber logischerweise ein vorheriges posting voraussetzt.

Die angekündigte "schnelle" Reaktion auf den umfangreichen Diskussionsstand ist aber in jedem Fall bemerkenswert. Von einem Tsunami kann demnach keine Rede sein. Für jede tiefgehende Diskussion gilt: in der Ruhe liegt die Kraft.:winke:
 
Würde die werte Moderation so nett sein und meine Antwort auf den jüngsten Zitat-Tsunami von Silesia endlich durchzulassen. Oder soll die Modeschau mit der Kaiserin neuen Kleidern bis zum Ende der Veranstaltung von Kritik abgeschirmt bleiben?


Soll das bedeuten, dass die Moderation deine Entgegnung verhindert - oder wie ist das zu verstehen? :grübel:
 
Silesia hat lediglich das nachgeholt, was eigentlich Dein Job gewesen wäre. Eine differenzierte Darstellung der aktuellen Erkenntnislage.
Nein, sie hat lediglich eine sachlich irrelevante Textlawine erzeugt, an der sie offenbar das Wochenende über verzweifelt gebastelt hat, um von den nüchternen Fakten abzulenken.

Ansonsten ist Dein Tonfall, gemessen daran, dass Du beispielsweise wichtige statistische Verfahren oder methodische Konzepte, die für diese Studien jedoch zentral sind, offensichtlich nicht angemessen verstanden hast, doch ein wenig unangemessen arrogant.
Wenn du der Ansicht bist, dass ich etwas Wesentliches nicht verstanden habe, kannst du das gerne explizieren. Dein letzter diesbezüglicher Vorwurf war jedenfalls ein Rohrkrepierer. Also los,leg auf den Tisch, was ich deiner Meinung nach nicht verstehe!
 
Soll das bedeuten, dass die Moderation deine Entgegnung verhindert - oder wie ist das zu verstehen? :grübel:
Die Ursache zu interpretieren überlasse ich jedem Einzelnen. Tatsache ist, dass ich eine Entgegnung zu Silesias letztem Textteppich abgesendet habe, die dann nicht erschienen ist.

Da ich keine Lust habe, viel Zeit in eine Reproduktion zu investieren, die dann Gefahr läuft, wieder im Bermuda-Dreieck zu verschwinden, erinnere ich kurz und bündig an die schlichten Fakten:

1) Ursprünlich hat Silesia behauptet, ein Rassebegriff spiele in der heutigen Wissenschaft keine Rolle mehr. das war per Gegenbeispiel leicht zu widerlegen.

2) Dann hat Silesia behauptet, zumindest bei Humangenetikern spiele er keine Rolle mehr. Auch das war leicht per Gegenbeispiel zu widerlegen.

3) Als nächstes hat Silesia behauptet, jedenfalls spiele kein genetischer Rassebegriff heute bei Humangenetikern keine Rolle mehr. Aber auch das war leicht per Gegenbeispiel zu widerlegen.

Nachdem ihr anscheinend das Risiko zu groß geworden ist, an einem weiteren Gegenbeispiel zu scheitern, versucht sie nun offenbar nicht mehr Thesen über das (Nicht-)Vorkommen von Rassebegriffen im aktuellen wissenschaftlichen Diskurs zu formulieren, sondern Partei in der Debatte zu ergreifen, deren Existenz sie gerade noch bestritten hat.

Anscheinend ist ihr nächstes Ziel, nicht mehr die Existenz eines Diskurses über Rassen in der aktuellen Wissenschaft zu leugnen, sondern die Existenz von Rassen zu leugnen, also zu behaupten, dass dem Begriff "Rasse" keine biologische Realität entspreche.

Eigentlich könnte ich mich nun aus der Diskussion zurückziehen, weil das ursprünglich ja nicht mein Thema war, aber eigentlich bin ich zu neugierig darauf, wie sie nun versuchen wird, ihre These zu begründen. Das wird vor allem deshalb spannend, weil es jetzt nicht mehr genügen wird, Zitate anzukarren (selbst wenn sie relevant wären), sondern jetzt muss sie inhaltlich argumentieren. Und da fliegt dann halt gegebenenfalls jede intellektuelle Hochstapelei schnell auf.

Also, Silesia, nachdem deine Behauptungsmetamorphosen über die Aktualität von Rassebegriffen in der aktuellen Wissenschaft nicht von Erfolg gekrönt waren, willst du nun inhaltlich argumentieren?
 
Zuletzt bearbeitet:
Also, Silesia, nachdem deine Behauptungsmetamorphosen über die Aktualität von Rassebegriffen in der aktuellen Wissenschaft nicht von Erfolg gekrönt waren, willst du nun inhaltlich argumentieren?

In seinen Posts # 286-289 hat Silesia ausführlich Quellen zitiert, die seine Auffassung untermauern, dass der Rassebegriff nicht mehr von Relevanz ist.

Hältst du seine Beispiele (Teil I - IV) nicht für aussagekräftig? Warum nicht?
 
Anscheinend ist ihr nächstes Ziel, nicht mehr die Existenz eines Diskurses über Rassen in der aktuellen Wissenschaft zu leugnen, sondern die Existenz von Rassen zu leugnen, also zu behaupten, dass dem Begriff "Rasse" keine biologische Realität entspreche.

Darüber müssen wir nicht mehr diskutieren, denn das wurde bereits am Anfang dieses alten Threads gleich auf den ersten Seiten geklärt, bitte einfach dort nachlesen.
Rasse hat beim Menschen keine biologische Realität.
 
... sondern die Existenz von Rassen zu leugnen, also zu behaupten, dass dem Begriff "Rasse" keine biologische Realität entspreche.


Vielleicht habe ich das in einem der Monsterposts überlesen; deshalb bitte noch einmal deine Meinung (oder die einiger Genetiker): Entspricht dem Begriff "Rasse" auf den Menschen bezogen eine "biologische Realität" oder nicht?
 
Vielleicht habe ich das in einem der Monsterposts überlesen; deshalb bitte noch einmal deine Meinung (oder die einiger Genetiker): Entspricht dem Begriff "Rasse" auf den Menschen bezogen eine "biologische Realität" oder nicht?

Diese Frage habe ich in #193 auch gestellt. Silesia und du waren die einzigen, die mir darauf geantwortet haben. Cannabich ist mir die Antwort bislang schuldig geblieben. :winke:
 
wenn die moderne Naturwissenschaft nachgewiesen hat, dass bzgl. des Menschen der Begriff "Rasse" bzw. Rasseneinteilung falsch ist, müsste man dann nicht spätere Begriffsbildungen wie Rassismus in "Phänotypismus" umbenennen? :grübel: Oder sollte gleichsam historisierend im Kontext des 18.-19.-20. Jhs der Begriff Rassismus beibehalten werden?
 
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