Aussterben der Neandertaler

Hat jemand diese Behauptung aufgestellt?
Das habe ich offenbar falsch gelesen. Silesia hatte zwar geschrieben, da sei ein Unterschied in einem kodierenden Gen zur Spermienbeweglichkeit. Bei nochmaligem Lesen sehe ich aber nicht, ob nun schneller oder langsamer oder was sonst anders sein soll.

Welche Gruppengröße assoziierst Du mit einem "Stamm"?
Es ging mir hier weniger um die Gruppengröße im Sinne von Horde/Stamm/Häutlingstum als um die Geschwindigkeit. Es gibt aber nun sicherlich genug Beispiele für überlieferte Wanderungen größerer Gruppen, auch von tausenden Menschen. Ich denke da mal an die Angeln oder die Geschehnisse der Völkerwanderung. Sicherlich werden solche größeren Wanderungen durch die geografischen Gegebenheiten begrenzt. Wer keine geeigneten Boote hat, wird bei allzu hohen Wellen an seine Grenzen stoßen. Wer allerdings durch ein Land wandern will, das aufgrund Pflanzenbewuchs unwegsam ist, dürfte einen erheblichen Vorteil davon haben, sich in einer größeren Gruppe fortzubewegen, wo die vorn gehenden schon alles niedergetrampelt haben. Hier ist dann die Frage eher die Versorgung mit Nahrung.
 
Es ging mir hier weniger um die Gruppengröße im Sinne von Horde/Stamm/Häutlingstum als um die Geschwindigkeit.
Ein Stammesrat, der beschließt, einen erheblichen Teil des Stammes auf einen langen Treck zu schicken? Setzt das nicht eine gewisse Gruppengröße voraus?

Es gibt aber nun sicherlich genug Beispiele für überlieferte Wanderungen größerer Gruppen, auch von tausenden Menschen. Ich denke da mal an die Angeln oder die Geschehnisse der Völkerwanderung.
Solche Gruppengrößen setzen eine entwickelte Land- bzw. Viehwirtschaft voraus. Das kann man mit dem Paläolithikum überhaupt nicht vergleichen.
 
Zunächst richtig. Ein Stammesrat setzt eine gewisse Gruppengröße voraus. Der Stammesrat war aber Teil einer Aufzählung, die auch die Möglichkeit wesentlich kleinerer Gruppen nicht ausschloss. Also falsch verstanden, deshalb falscher Einwand.

Ich habe mich gar nicht auf eine Gruppengröße festgelegt, sag hier aber mal, wenn z.B. 50 Leute beschließen auf Wanderschaft zu gehen und es einigermaßen viel Wild gibt, kann das schon gehen. Vielleicht geht es auch mit 200. Ich kann mir kaum vorstellen, dass 10.000 Leute ohne Vorräte losgehen und in großer Zahl ankommen, weil ich mir herbeiphantasiere, dass dann das Wild Reisaus nimmt. Ob ich da richtig rate, weiß ich aber nicht. Nun stellen wir uns eine Situation vor, in der ein bisher kaum besiedeltes Gebiet beginnt attraktiv zu werden: Das Eis ist weg, die Natur sprießt, das Wild breitet sich rasant aus. Es gibt viel zu erlegen.

Beim Aufbruch wissen die Leute das womöglich aber auch noch gar nicht, es sei denn, sie haben vorher Kundschafter lange Strecken in Terra Incognita geschickt. Mitunter brechen Gruppen auch ins Ungewisse auf.
 
Ein Stammesrat, der beschließt, einen erheblichen Teil des Stammes auf einen langen Treck zu schicken? Setzt das nicht eine gewisse Gruppengröße voraus?
nicht nur das, es setzt auch eine sprachliche Kommunikation voller abstrakter Begriffe voraus - aber was wissen wir von der Sprache der Neandertaler?
 
Zunächst richtig. Ein Stammesrat setzt eine gewisse Gruppengröße voraus. Der Stammesrat war aber Teil einer Aufzählung, die auch die Möglichkeit wesentlich kleinerer Gruppen nicht ausschloss. Also falsch verstanden, deshalb falscher Einwand.
Mein Einwand bezog sich auf den Stammesrat. Eine Gruppe von 50 Leuten würde ich auch noch nicht als "Stamm" bezeichnen.

Eine gezielte Auswanderung über sehr weite Strecken halte ich nicht für plausibel.
Wenn das Jagdglück mal ausbleibt, versucht man es erst mal 30 km weiter.
Sieht es dort noch schlechter aus, kehrt man wieder zurück bzw. probiert es in der anderen Richtung.
Sieht es dort besser aus, bleibt man erstmal dort.

Es können natürlich auch mehr als 30 km sein. Es können sich natürlich auch mal mehrere solcher Etappen zusammenläppern.

Aber ein Szenario wie in der Völkerwanderungszeit, wo die Vandalen von der Weichsel plötzlich in Spanien auftauchen? Das scheint mir nicht ins Paläolithikum zu passen.
 
nicht nur das, es setzt auch eine sprachliche Kommunikation voller abstrakter Begriffe voraus - aber was wissen wir von der Sprache der Neandertaler?
Beim Stammesrat hat Hans wohl eher den Homo sapiens gemeint.

Vom Neandertaler hat man ein Exemplar eines Zungenbeins gefunden. Das FoxP2-Gen hatte er auch.
Möglich wärs also, dass er sprechen konnte. Sonst wissen wir nichts.
 
(...!!...)
Aber ein Szenario wie in der Völkerwanderungszeit, wo die Vandalen von der Weichsel plötzlich in Spanien auftauchen? Das scheint mir nicht ins Paläolithikum zu passen.
sehe ich auch so - und bzgl. der (h)asdingen und Silingen wäre anzumerken, dass sich das nicht generalstabsmäßig vorausgeplant und sonderlich geordnet abgespielt hatte
 
Ich sehe nicht, warum man Menschen der Steinzeit nicht die Entscheidung zutrauen sollte, ganz weit weg auszuwandern.

Da sind wir sonst wieder beim tumben Toren. Und da kann ich nur wiederholen, dass offensichtlich bereits die jüngsten gemeinsamen Vorfahren aller heute lebenden Menschen zu solchem Denken, Wollen und Tun in der Lage waren.

Gründe für solche eine Entscheidung? Nun seht euch Troja an. Welch dümmerer Grund für einen Krieg lässt sich denken, als eine Schöne Frau. Da mag sich doch der eine, den das persönlich betrifft kasteien, duellieren und auch noch vierteilen lassen: Es ist ganz gewiss nicht im besten Interesse seines Volkes deshalb einen Krieg zu führen. Auch nicht wenn er der König und Pabst in einer Person ist: Das mag man dem Volk ja als tiefe Beleidigung des ganzen Volkes verkaufen. Der Grund bleibt der Trieb des Einen.

Aber derartiges geschieht, ob nun der Liebe oder einer Religion halber. Ein charismatischer Führer setzt sich ein Projekt in den Kopf und zieht es erbarmungslos durch. Es mag halt auch der Stammesrat oder eine Konsensentscheidung der Gruppe sein. Es kann gute Gründe gegeben haben: Die Nachbarn sind Kanibalen und werden uns alle auffressen. Dann machen wir uns mal lieber auf, nach gaaanz weit weg. Es mag auch die Folgerung der Folgerung der Folgerung aus ihrgendeinem zunächst sinnvollen religiösen Gebot sein.

Warum sollten die Motive der Steinzeitmenschen - wengleich gewiss keine tumben Toren - wesentlich schlauer gewesen sein, als in historischer Zeit? Ich meine hier unterstellt man den Steinzeitmenschen ein auf Auslese und Evolution ausgerichtetes Verhalten und Denken, das wir nicht mal den Jetztmenschen zutrauen können.

Manche nennen solche Denke biologistisch. Ich würde eher sagen, hier wird ein AusleseMechanismus mit einem AusleseWillen gleichgesetzt. Ich will das übrigens keinem Mitdiskutanten als willentliche Absicht unterstellen. Ich meine aber die Denkweise 'Laiche schwimmen in ihr Laichgebiet, weil sie sich fortpflanzen wollen' Ich völlig falsch. Richtig wäre dagegen, 'Laiche haben den ihnen selbst völlig unbegreiflichen Drang, zu ihrem Laichplatz zu schwimmen, sind sie erst angekommen, springen sie zu dem Drang abzulaichen, danach sterben sie dann.' Menschen zu unterstellen, sie würden ob als Individuum oder als Gruppe immer das tun, was dem Interesse ihrer Gene, in fürderen Generationen fortzubestehen, möglichst von Vorteil ist, entspricht dieser falschen Sichtweise. Ich meine, wenn die Lachse wüßten, dass sie nach dem anstrengenden Hochschwimmen, Rogen oder Milch absondern und dass sie dann die Lebenskraft verlassen wird, falls sie nicht vorher ein Grizzli umgebracht hat, würden sie sich das lieber sparen. Die wohl einzigen Wesen, die es fertig bringen trotz Abscheu Sex mit einem unattarktiven Partner zu haben, in der willentlichen Absicht, Nachwuchs zu zeugen, sind Menschen. Und auch bei Menschen ist das der seltene Sonderfall. Menschen führen ja auch Kriege, die ihnen in der Regel viel mehr Nachteile als Vorteile einbringen.

Langer Exkurs. Was ich damit sagen will: Die Vorstellung von einer unwillkürlichen Wanderung per Drift als Einziger Möglichkeit (auf die ich mich auch schon eingeschossen hatte), entspricht dieser falschen Unterstellung eines stets nur sinnvollen Verhaltens. Es mag also nicht im besten objektiven Interesse einer Menschengrupe oder gar eines Stammes gelegen haben, einen Gewaltmarsch ins Unbekannte zu wagen. Das ist aber kein Grund anzunehmen, dass derartiges nicht immer mal wieder vorgekommen ist.
 
Ich sehe nicht, warum man Menschen der Steinzeit nicht die Entscheidung zutrauen sollte, ganz weit weg auszuwandern.

Da sind wir sonst wieder beim tumben Toren. Und da kann ich nur wiederholen, dass offensichtlich bereits die jüngsten gemeinsamen Vorfahren aller heute lebenden Menschen zu solchem Denken, Wollen und Tun in der Lage waren.

Natürlich können wir den Menschen des Paläolithikums alles zutrauen, was wir uns wünschen.
Wir könnten den Menschen die Erfindung der Landwirtschaft zutrauen.
Haben sie die Landwirtschaft erfunden?
Offensichtlich nicht.
Müssen sie deshalb tumbe Toren gewesen sein?
Nein.
Wir können ihnen die Erfindung des Rades, die Domestizierung des Pferdes, die Konstruktion von Planwagen zutrauen.
Haben sie das Rad erfunden, das Pferd gezähmt, sind mit Planwagen herumgefahren?
Offensichtlich nicht.
Müssen sie deshalb tumbe Toren gewesen sein?
Nein.


Gründe für solche eine Entscheidung? Nun seht euch Troja an. Welch dümmerer Grund für einen Krieg lässt sich denken, als eine Schöne Frau.
Natürlich ist das dumm.
Aber so dumm war Agamemnon doch nicht, dass er deswegen seinem ganzen Volk die Auswanderung in unbekannte Erdteile befohlen hätte.
Für seinen Krieg hat er die Profis zusammengetrommelt.
Was können wir daraus fürs Paläolithikum lernen?

Ich meine hier unterstellt man den Steinzeitmenschen ein auf Auslese und Evolution ausgerichtetes Verhalten und Denken, das wir nicht mal den Jetztmenschen zutrauen können.
Wer unterstellt denn sowas?

Ohne Unterstellung kann man sagen: Jeder Mensch kümmert sich darum, dass er was zu beißen hat. Wenn das geklärt ist, kann er sich hinsetzen und spinnerte Ideen ausbrüten.
 
Liebwerter Sepiola:

Dass die Menschen vor der Erfindung der Landwirtschaft die Landwirtschaft nicht kannten ist ja klar. Dass sie keine Planwagen hatten ist auch klar.

Aber dann zieh doch mal die Folgerungen aus deinen eigenen Aussagen: Jäger und Sammler kommen wesentlich weiter rum als Bauern. Es liegt ja gerade der offensichtliche Vorteil der Land- und Viehwirtschaft darin, nicht so weit laufen zu müssen.

Was spricht nun dagegen, dass diese Menschen eine vielleicht vernünftige, vielleicht auch völlig unvernünftige Entscheidung getroffen haben sollten, ganz weit weg auszuwandern? Warum sollten ausgerechnet Jäger und Sammler nur unwillkürlich per Drift neue Gebiete erschließen???


Wenn du richtig gelesen hast, wirst du bemerkt haben, dass ich nicht behauptet habe, im Zusammenhang mit dem trojanischen Krieg seien ganze Völker umgezogen. Ich habe es als sehr unvernünftig bezeichnet, dem Gemächtsdrang eines Mannes wegen, einen schrecklichen Krieg vom Zaun zu brechen. Es ging hier also um die kontraproduktive Handlungsmotivation, nicht um das Völkerwandern.
 
Zuletzt bearbeitet:
Liebwerter Sepiola:

Dass die Menschen vor der Erfindung der Landwirtschaft die Landwirtschaft nicht kannten ist ja klar.
Das ganze Paläolithikum hindurch hat keiner die Landwirtschaft erfunden, obwohl den Menschen auch früher mitbekommen haben, dass eine Bohne irgendwann zu keimen beginnt und eine Pflanze draus wird? Was daran ist "klar"?

Aber dann zieh doch mal die Folgerungen aus deinen eigenen Aussagen: Jäger und Sammler kommen wesentlich weiter rum als Bauern.
Hmm... :grübel:
Die Khoisan müssten demnach nach Europa gekommen sein, bevor die Buren nach Südafrika gekommen sind, stimmts? :yes:


Wenn du richtig gelesen hast, wirst du bemerkt haben, dass ich nicht behauptet habe, im Zusammenhang mit dem trojanischen Krieg seien ganze Völker umgezogen.
Richtig. Daher passt ja auch das Beispiel nicht. Das habe ich bemerkt.

Welcher Häuptling beschließt, aufgrund von Liebeskummer den ganzen Stamm ganz weit weg auswandern zu lassen?

Hans forscht schrieb:
Warum sollte also nicht auch schon vor 90.000 Jahren oder mehr ein Häuptling oder Stammesrat entschieden haben, den ganzen Stamm oder einen erheblichen Teil davon, ganz weit weg nach Nordwesten wandern zu lassen? Das kann an ... an Liebeskummer des Häuptlings selbst gelegen haben.
Hast Du dafür ein besseres Beispiel?
 
Zuletzt bearbeitet:
Wir wissen sehr wenig über die Sozialstrukturen der Menschen in damaliger Zeit. Im Grunde "wissen" wir nur einigermaßen zuverlässig, dass die Leute in mehr oder weniger großen "Familien-Clans" als Jäger und Sammler durch die Gegend zogen. Daraus schließen wir gern, dass es zwischen den einzelnen Clans wenig bis gar keine Kontakte gab. Daraus wiederum schließen wir, dass eine "Clan-übergreifende" Willensbildung nicht stattgefunden haben kann.

Vielleicht stimmt das. Ich halte es aber für unwahrscheinlich. Kontakte zwischen den Clans muss es mit einer gewissen Regelmäßigkeit gegeben haben. Man kam ja zum Beispiel zusammen, um junge Erwachsene für "Eheschließungen" auszutauschen. Das kann eigentlich nicht immer nur "zufällig" erfolgt sein. Vermutlich entstanden durch solche Eheschließungen dann auch "freundschaftliche" Verbindungen zwischen den Clans - in dem Sinne, dass die Eltern aus Clan A immer noch wussten, dass ihre Tochter jetzt zu Clan B gehört und damit nicht zu einem potenziell feindseligen Fremdling geworden war.

Kontakte werden auch dadurch entstanden sein, dass die Jäger- und Sammlergesellschaften nicht willkürlich und planlos durch die Gegend zogen, sondern ihren "Beutetieren" folgten. Diese Beutetiere bewegten sich im Jahresverlauf vielleicht ähnlich regelmäßig wie die großen Bisonherden in Nordamerika - im Winter weg vom großen Eis nach Süden, im Sommer wieder zurück. Es ist also wahrscheinlich, dass entlang solcher Zugstrecken von Herdentieren immer wieder unterschiedliche Menschengruppen aufeinandertrafen, die sich untereinander kannten, die vielleicht sogar dann bei der Jagd zusammenarbeiteten. Immerhin ist ein Mammut umso leichter zu erlegen, je mehr Hände daran mitwirken. Und ein einzelner Clan ist vermutlich gar nicht in der Lage, ein Mammut allein zu futtern.

Oder nehmen wir die schon angesprochenen Lachse: Wenn man wusste, dass zu einer bestimmten Jahreszeit an einer bestimmten Stromschnelle leicht Lachse gefangen werden können, ist es wahrscheinlich, dass sich dort dann Menschen einfanden und andere Menschen trafen. Wurde an der Stromschnelle dann erstmal eine Schlacht um Fischereirechte ausgetragen? Oder hat man gemeinsam gefischt und am Abend zusammen gefeiert? Ich halte die gemeinsame Feier für wahrscheinlicher.

Wir haben keine Ahnung, wie regelmäßig und wie intensiv Kontakte zwischen den Gruppen waren. Deshalb können wir auch nur mutmaßen, ob man bereit war, sich zu gemeinsamen Unternehmungen zusammenzutun oder nicht. Was spricht dagegen, dass bei solchen Treffen Informationen über mögliche lohnenswerte neue Jagdgründe weitergegeben wurden? In dem Zusammenhang verweise ich wieder auf Siedlungsbewegungen, die mittels Schiffen/Booten stattgefunden haben müssen. Solche Siedlungsbewegungen können keine Clan-Angelegenheit gewesen sein. Sie setzen eine gemeinsame Willensbildung größerer Gruppen voraus.

Allerdings würde auch ich ausschließen, dass Clanchefs am Abend voll des guten Lachses mit Fliegenpilzkruste ganz anlasslos entschieden haben: "Morgen machen wir uns auf und gehen gaaanz, gaaanz weit weg an einen Ort, den keiner von uns je gesehen hat und von dem keiner von uns weiß, ob es dort was zu beißen gibt..." Ich vermute eher, dass man feststellte, dass sich im laufenden Jahr zu viele Clans an der Lachs-Stromschnelle eingefunden hatten und dass einige Clans dann entschieden, sich im nächsten Jahr an einer anderen Stromschnelle zu versammeln, die ein eingeheirateter Jäger aus seiner frühen Jugend kannte.

So breitete sich die Population immer weiter aus. Eine bloße "Wanderung per Drift" schließe ich aus, weil diese Vorstellung zu sehr auf unserer heutigen sesshaften Lebensweise beruht. Es war nicht so, dass die Kinder sich jeweils ein paar Kilometer von ihren Eltern entfernt niederließen und diese Kilometer sich dann im Laufe der Generationen so weit summierten, dass der Mensch schließlich die Distanz von Afrika bis zum Nordkap überwand. Die Leute waren Nomaden. Die ließen sich überhaupt nicht nieder.

MfG
 
Daraus schließen wir gern, dass es zwischen den einzelnen Clans wenig bis gar keine Kontakte gab. Daraus wiederum schließen wir, dass eine "Clan-übergreifende" Willensbildung nicht stattgefunden haben kann.
Wer schließt das?


In dem Zusammenhang verweise ich wieder auf Siedlungsbewegungen, die mittels Schiffen/Booten stattgefunden haben müssen. Solche Siedlungsbewegungen können keine Clan-Angelegenheit gewesen sein. Sie setzen eine gemeinsame Willensbildung größerer Gruppen voraus.
Eine gemeinsame Willensbildung ist keine Voraussetzung.
Clan A beschließt, rüberzufahren.
Clan B: Ohne uns.
10 Jahre später überlegt es sich Clan B anders.


Allerdings würde auch ich ausschließen, dass Clanchefs am Abend voll des guten Lachses mit Fliegenpilzkruste ganz anlasslos entschieden haben: "Morgen machen wir uns auf und gehen gaaanz, gaaanz weit weg an einen Ort, den keiner von uns je gesehen hat und von dem keiner von uns weiß, ob es dort was zu beißen gibt..." Ich vermute eher, dass man feststellte, dass sich im laufenden Jahr zu viele Clans an der Lachs-Stromschnelle eingefunden hatten und dass einige Clans dann entschieden, sich im nächsten Jahr an einer anderen Stromschnelle zu versammeln, die ein eingeheirateter Jäger aus seiner frühen Jugend kannte.
So sehe ich das auch.

So breitete sich die Population immer weiter aus. Eine bloße "Wanderung per Drift" schließe ich aus, weil diese Vorstellung zu sehr auf unserer heutigen sesshaften Lebensweise beruht. Es war nicht so, dass die Kinder sich jeweils ein paar Kilometer von ihren Eltern entfernt niederließen und diese Kilometer sich dann im Laufe der Generationen so weit summierten, dass der Mensch schließlich die Distanz von Afrika bis zum Nordkap überwand. Die Leute waren Nomaden. Die ließen sich überhaupt nicht nieder.
Nomaden irren aber auch nicht ziellos auf dem Planeten hin und her. Sie bewegen sich innerhalb vertrauter Jagd- oder Weidegründe, und das viele Generationen lang.
Wer weiß, wo die Steinpilze wachsen, ist im Vorteil.
 
Wer schließt das?
Ohne jetzt Namen nennen zu wollen, ist in der hier laufenden Diskussion schon die Auffassung vertreten worden, dass Hss und Hsn beim Anblick des jeweils anderen sofort aufeinander losgegangen wären. Dann gibt es da Wissenschaftler, die ernsthaft die Meinung vertreten, dass Hss den Hsn als Jagdbeute betrachtet habe. Und dann gab es in unserer Diskussion noch die Haltung, dass ein Stammeshäuptling nichts habe entscheiden können, weil es gar keine Stämme gab. Und schließlich ist mir keine wissenschaftliche Theorie bekannt, die davon ausgehen würde, dass prähistorische Menschen eine Sozialstruktur hatten, die über die Grenzen der wandernden Jagdgruppen hinausgegangen wäre.

Aber so spezifisch wollte ich gar nicht werden. Mir ging es nur darum, dass es zwischen den einzelnen versprengten Menschengruppen mehr Kontakte gegeben haben muss, als mit Mitteln der Archäologie nachweisbar sind.

Eine gemeinsame Willensbildung ist keine Voraussetzung.
Clan A beschließt, rüberzufahren.
Clan B: Ohne uns.
10 Jahre später überlegt es sich Clan B anders.
Zwei Clans in einem neuen Lebensraum sind keine Grundlage für die Ausbreitung einer Art in einem neuen Lebensraum. Besiedelung neuer Gebiete, die längerfristig Bestand hat, ist nur denkbar, wenn genug Individuen beteiligt sind, um Inzucht auszuschließen.

Ich will ja jetzt keine religiösen Gefühle verletzen, aber die Adam-und-Eva-Theorie ist Blödsinn.

Nomaden irren aber auch nicht ziellos auf dem Planeten hin und her. Sie bewegen sich innerhalb vertrauter Jagd- oder Weidegründe, und das viele Generationen lang.
Eben. Genau das schrieb ich ja. Auch Nomaden sind allerdings nicht auf Gedeih und Verderb an die Jagd- und Weidegründe gebunden, in denen sich viele Generationen ihrer Vorfahren bewegt haben. Sie können aus vielleicht nur ihnen bekannten Gründen entschieden haben, andere Jagd- und Weidegründe zu suchen. Diesen "Konjunktiv" muss man nicht mal beweisen, denn wäre es anders, hätte die Menschheit sich nicht in prähistorischer Zeit über den ganzen Planeten ausgebreitet.

Wer weiß, wo die Steinpilze wachsen, ist im Vorteil.
Genau! Und wer darüber hinaus weiß, wo außerdem noch mehr Steinpilze wachsen, ist noch mehr im Vorteil.

Übrigens bin ich ein begeisterter Pilzjäger, meine tiefgekühlten Bestände aus dem Vorjahr schrumpfen bedenklich und derzeit wächst bei uns nichts pilziges. Kennst Du vielleicht eine gute Stelle? Wenn Du sie mir verrätst, verleihe ich Dir meine beiden Hunde. Der eine kann wunderbar Rehe aufstöbern und der andere hat beste körperliche und mentale Voraussetzungen, um die Viehcher dann zu fangen.

Das mit den Hunden war natürlich ein Scherz. Verrat mir die Pilzstelle bitte trotzdem... :devil:

MfG
 
Ich versuche euch zu sagen: Menschen verhalten sich nicht durchgehend vernünftig. Natürlich hat die angepasstere Entscheidung in der Tendenz die besseren Überlebenschancen zur Folge. Gelegentlich kommt aber auch ein Hazardeur durch. Es gab bestimmt immer Auch vernünftige Entscheidungen, gewiss aber nicht Nur.

Die Frage ist also nicht so sehr: Was wäre im wohlverstandenen Interesse der Gruppe vernünftig gewesen? - Selbst wenn sich die Masse der Menschen danach verhalten hätte.

Die Frage ist vielmehr: Was war möglich? Denn was Menschen tun können, tun sie auch; die einen oder die anderen.

Wenn dann die eigentlich im Ansatz schwer bescheuerte Wanderung ins Ungewisse stattgefunden hat und sich dort reichlich Wild und essbare Pflanzen fanden, hat sich die eigentlich bescheuerte Entscheidung im Nachhinein rentiert.
 
Aber so spezifisch wollte ich gar nicht werden. Mir ging es nur darum, dass es zwischen den einzelnen versprengten Menschengruppen mehr Kontakte gegeben haben muss, als mit Mitteln der Archäologie nachweisbar sind.
Da ist doch mit Mitteln der Archäologie einiges nachweisbar und nachgewiesen. Flint wurde weitab vom Herkunftsort gefunden. Ähnliche Werkzeugmacharten oder weit verbreitete Schmuckperlen und Kleinkunstwerke.
Zwar hauptsächlich aus der HS-Phase, weswegen dem HS manchmal als Vorteil die bessere Vernetzung attestiert wird.
Man kann aber genausogut wie Maelon argumentieren, dass gerade Jäger/Sammler sich immer wieder an bevorzugten Orten getroffen haben müssen, an Wasserstellen z.B. Und Jäger/Sammler waren die HN auf jeden Fall, also müssen sie sich auch getroffen haben, vielleicht nicht gerade an der Maelonschen Steinpilzstelle.:winke:
 
Da ist doch mit Mitteln der Archäologie einiges nachweisbar und nachgewiesen. Flint wurde weitab vom Herkunftsort gefunden. Ähnliche Werkzeugmacharten oder weit verbreitete Schmuckperlen und Kleinkunstwerke.
Ja, das ist richtig, aber wissen wir, wie sich Werkstoffe und Techniken verbreitet haben? Es kann durchaus sein, dass ein Clan im Laufe der jährlichen "Verfolgung" der wandernden Beutetierherden im Spätherbst bei Düsseldorf Flintgestein gesammelt und dann im Frühjahr nahe der französischen Mittelmeerküste die Verarbeitungsspuren hinterlassen hat. Genauso kann es sein, dass ein und dieselbe Menschengruppe Schmuckperlen im Rheintal und im Rhonetal verloren hat.

Ich spiele gerade den "advocatus diaboli". Man kann das alles problemlos erklären, ohne einen regelmäßigen Kontakt zwischen einzelnen Menschengruppen konstatieren zu müssen. Und genauso wird das heute erklärt. Mir ist keine einzige Theorie bekannt, die davon ausgehen würde, dass es zwischen den einzelnen wandernden Menschengruppen jener Zeit "institutionalisierte" Kontakte gegeben haben könnte. Was Du beschreibst, deutet eigentlich sogar auf Handelskontakte hin. Ich kenne aber keine einzige Theorie, nach der es sowas gegeben haben könnte.

Wir finden nur die Knochen der Leute. Finden wir Spuren von sowas wie einer übergeordneten Sozialstruktur? Nein. Nichts dergeleichen. Deshalb nehmen wir an, dass es eine übergeordnete Sozialstrukur nicht gab.

MfG
 
Ohne jetzt Namen nennen zu wollen, ist in der hier laufenden Diskussion schon die Auffassung vertreten worden, dass Hss und Hsn beim Anblick des jeweils anderen sofort aufeinander losgegangen wären.
Nach meinen Begriffen wäre das auch ein Kontakt, nur eben kein friedlicher. :pfeif:

Und dann gab es in unserer Diskussion noch die Haltung, dass ein Stammeshäuptling nichts habe entscheiden können, weil es gar keine Stämme gab.
Das bedeutet nicht, dass es (so gut wie) keine Kontakte zwischen den Clans gegeben hat.
Das bedeutet auch nicht, dass das eine aus dem anderen zu schließen ist.

Und schließlich ist mir keine wissenschaftliche Theorie bekannt, die davon ausgehen würde, dass prähistorische Menschen eine Sozialstruktur hatten, die über die Grenzen der wandernden Jagdgruppen hinausgegangen wäre.
Mir auch nicht. (Was aber nichts heißen muss.) Aber wird deswegen vorausgesetzt, es habe wenig bis keine Kontakte gegeben?

Zwei Clans in einem neuen Lebensraum sind keine Grundlage für die Ausbreitung einer Art in einem neuen Lebensraum. Besiedelung neuer Gebiete, die längerfristig Bestand hat, ist nur denkbar, wenn genug Individuen beteiligt sind, um Inzucht auszuschließen.
Du kannst gern noch einen Clan C hinzudenken, der nochmals 10 Jahre oder 50 Jahre später kommt.
Unabhängig davon: Es reicht auch schon ein Clan.
Inzucht ist kein Hindernis für die Ausbreitung einer ursprünglich sehr kleinen Population.
Eine sehr kleine Population, die sich durch Inzucht vermehrt, ist natürlich im Nachteil gegenüber einer größeren Population. Ist keine Konkurrenz da, gibt es auch keinen Nachteil gegenüber einer Konkurrenz.

Ich will ja jetzt keine religiösen Gefühle verletzen, aber die Adam-und-Eva-Theorie ist Blödsinn.
Von Religion war bisher nicht die Rede. Adam und Eva habe ich auch nicht erwähnt.
Das hinreichende Minimum für die Gründung einer beliebig großen Population beträgt bei Säugetieren einschließlich Homo sapiens 1 Weibchen + 1 Männchen. Das ist kein Blödsinn, sondern Biologie.*


Ich gehe natürlich nicht davon aus, dass die Besiedlung eines Kontinents von einem einzigen Stammelternpaar ausgegangen ist. Da waren schon mehrere Mütter beteiligt, wie die heutige Verteilung der mtDNA zeigt.

Eben. Genau das schrieb ich ja. Auch Nomaden sind allerdings nicht auf Gedeih und Verderb an die Jagd- und Weidegründe gebunden, in denen sich viele Generationen ihrer Vorfahren bewegt haben. Sie können aus vielleicht nur ihnen bekannten Gründen entschieden haben, andere Jagd- und Weidegründe zu suchen. Diesen "Konjunktiv" muss man nicht mal beweisen, denn wäre es anders, hätte die Menschheit sich nicht in prähistorischer Zeit über den ganzen Planeten ausgebreitet.
Dann sind wir uns in der Sache restlos einig.
Mein Missverständnis lag wohl in der Bezeichnung. Dass sich der Aktionsradius einer Gruppe verändert, indem z. B. neue Lachs-Stromschnellen oder Pilzstellen erschlossen werden, würde ich schon unter "Wanderung per Drift" verbuchen.




*Siehe z. B.
Fast alle britischen Rennpferde stammen von einem Hengst ab - bild der wissenschaft
Zahlen und Fakten Biologie: Nager
 
Da ist doch mit Mitteln der Archäologie einiges nachweisbar und nachgewiesen. Flint wurde weitab vom Herkunftsort gefunden. Ähnliche Werkzeugmacharten oder weit verbreitete Schmuckperlen und Kleinkunstwerke.
Zwar hauptsächlich aus der HS-Phase, weswegen dem HS manchmal als Vorteil die bessere Vernetzung attestiert wird.

Gibt es eine wissenschaftliche Arbeit, in welcher dem Homo sapiens eine bessere Vernetzung attestiert wird?

Mir ist keine einzige Theorie bekannt, die davon ausgehen würde, dass es zwischen den einzelnen wandernden Menschengruppen jener Zeit "institutionalisierte" Kontakte gegeben haben könnte. Was Du beschreibst, deutet eigentlich sogar auf Handelskontakte hin. Ich kenne aber keine einzige Theorie, nach der es sowas gegeben haben könnte.

Gibt es eine wissenschaftliche Arbeit, in welcher die Möglichkeit von Handelskontakten zwischen Clans bestritten wird?

Und für das "weitab vom Herkunftsort" bitte ich auch noch um einen Beleg. Von welcher Größenordnung sprechen wir? 100 km? 1000 km?
 
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