Aussterben der Neandertaler

Wenn die allgemeinen Fragen nun geklärt sind, sollte das Thema wieder mit einem Bezug aufgegriffen werden:

die genetische Vermischung ist, so habe ich das in den oben verlinkten Beiträgen verstanden, zT hochgerechnet und als statistischer Wert zu begreifen.

Nach dem Verständnis gibt es derzeit zwei "Fälle":

a) bekannte kodierende Abschnitte (Beispiel für Differenzierung: Spermienbeweglichkeit, Beispiel für Übereinstimmung: Teile des Immunsystems)

b) unbekannte, aber kodierende Abschnitte (mit demnach unklarer Bedeutung)

Gibt es eine Sammlung der derzeit bekannten genetischen Übereinstimmungen mit ihren Auswirkungen?
(-> das zielt auf eine Erweiterung der Diskussion zum Aussterben ab)
 
Wenn die allgemeinen Fragen nun geklärt sind, sollte das Thema wieder mit einem Bezug aufgegriffen werden:
dafür bin ich auch -- wenn ich die ausführlichen Ausführungen über biologisch-genetische Zusammenhänge richtig verstanden habe, dann kann allein eine genetische Überlagerung die Neandertaler schon allein aus demografischen Gründen nicht zum aussterben gebracht haben?! Wenn das so sein sollte, dann muss noch mehr passiert sein als eine gelegentliche/sporadische "Vermischung" mit einwandernden Bevölkerungen?! Oder hab ich da was übersehen?
 
Das "Aussterben" des Neandertalers wird immer wieder in den Zusammenhang mit dem Auftauchen des "anatomisch mordernen Menschen" gestellt und immer wieder auch als "Verdrängung" interpretiert. In unserer Diskussion ist ja auch schon die Theorie vertreten worden, dass Neandertaler nicht friedlich ausgestorben sind, sondern von "uns" ausgerottet wurden. Im Netz habe ich sogar schon die Theorie gefunden, dass der "Sapiens" (ich nenne ihn der Einfachheit halber so, obwohl ich die Bezeichnung für falsch halte) den Neandertaler als Beute betrachtet und gefressen habe.

An solchen Szenarien zweifele ich. Der Prozess, den Spencer und Darwin als "Survival of the fittest" bezeichnet haben, spielte sich praktisch nie in Form eine direkten Konfrontation ab. Gerade bezogen auf Neandertaler und Sapiens halte ich solche direkten Konfrontationen für besonders unwahrscheinlich, da sich diese beiden Gruppen zu ähnlich waren - sowohl was ihr Aussehen als auch was ihre Lebensweise betraf. Es erscheint mir fraglich, ob die beiden Gruppen im Kontakt miteinander überhaupt ein Gefühl von "Andersartigkeit" gehabt haben. Wir wissen auch von späteren Gesellschaften mit niedrigem "Organisationsgrad", dass Kontakte weniger von ethnischen Unterschieden als vielmehr von gemeinsamen Interessen geprägt waren. Archäologisch lässt sich nichts finden, woraus man ableiten könnte, dass die Sapiens anders gelebt oder irgendwelche "Überlebensvorteile" gegenüber dem Neandertaler gehabt hätten.

Aus meiner Sicht spricht deshalb nichts für aktive Verdrängung. Es müssen also andere Faktoren gewesen sein, die zum Verschwinden des Neandertalers geführt haben. Ich vermute, dass die Frage - wenn überhaupt - nur über die Genetik irgendwann zu beantworten sein wird.

Ich entwerfe mal ein Szenario, das ich für möglich halte: Ein Unterschied zwischen Sapiens und Neandertalern lag darin, dass der Sapiens "fruchtbarer" war. Er bekam mehr Nachwuchs und breitete sich schneller aus. Folge: Mit fortschreitender Zeit stieg die Wahrscheinlichkeit, dass Sapiens als Paarungspartner andere Sapiens fanden. Gleichzeitig stieg aber auch die Wahrscheinlichkeit, dass auch Neandertaler als Paarungspartner eher Sapiens fanden. Ohne jetzt wieder in die Genetik abschweifen zu wollen, würde das bedeuten, dass die Neandertaler mehr und mehr in der Sapienspopulation aufgingen. Das würde heißen, dass von "Aussterben" eigentlich gar nicht die Rede sein kann.

Alternativ: Wenn die Theorie der Berner Forscher richtig ist und es starke Paarungshemmnisse gab (z.B. niedrige Fruchtbarkeitswahrscheinlichkeit, weniger lebensfähige oder nicht zeugungsfähige Hybriden), muss die Zahl der Neandertaler wegen der "durch die Umstände erzwungenen falschen Partnerwahl" immer stärker gesunken sein. Das wäre dann eine Form von Aussterben.

Leider haben wir viel zu wenig Informationen, um hier Aufschluss zu zu bekommen. Deshalb hatte ich auch weiter oben der Aussage widersprochen, dass uns "genaue" demografische Erkenntnisse fehlen. Wir haben in Wahrheit gar keine demografischen Erkenntnisse: Wie viele Neandertaler und Sapiens lebten eigentlich in Europa und Asien? Wo genau? Wie alt wurden Neandertaler und Sapiens im Durchschnitt? Wie viele Nachkommen hatten sie jeweils durchschnittlich? Wie hoch war die Kindersterblichkeit? Lebten sie in "Paarbeziehungen" oder gab es "Vielweiberei"?

Um den Versuch zu machen, ein mögliches Missverständnis auszuräumen, erlaube ich mir zum Abschluss doch noch mal einen Ausflug in die Genetik:

Das verstehe ich nicht. Ob wir von einem Gen sprechen oder von einer seiner möglichen Ausprägungen: Gemeint ist ein Code in einem DNA-Abschnitt, der sich an irgendeiner Stelle auf einem Chromosom (oder der mtDNA) befindet.

Ob wir vom Neandertaler ein eigenständiges Gen oder nur ein neandertalertypisches Allel geerbt haben, ist von großer Bedeutung für die Frage der "Haltbarkeit" der Erbinformation. Nehmen wir als Beispiel die Augenfarbe: Neandertaler hatten rote Augen, Sapiens gelbe, grüne, blaue oder braune. Ein Gen (Augenfarbe), fünf Allele. Folge: Niedrige Wahrscheinlichkeit, dass die Ausprägung "rote Augen" sich in der Bevölkerung flächendeckend durchsetzt, da es vier "Konkurrenz-Allele" gibt. Anders sieht es aus, wenn wir von einem eigenen Gen reden, das bei den Neandertalern vorkam, beim Sapiens aber nicht. Überspritztes Beispiel: Neandertaler hatten einen befiederten Schwanz (ich meine HINTEN!), Sapiens nicht. Bei den Paarungsvorgängen ist das Gen "Schwanz wächst" mittels Crossing over oder durch Vireninfektionen oder durch Eingreifen einer Nympfe in den Sapiens-Genpool gewandert. Da hängt es nun und hat kein "konkurrierendes" Allel, setzt sich also immer durch. Und weil der Federschwanz wunderbar geeignet ist, um krankheitsübertragende Mücken wegzuwedeln, werden Schwanzträger seltener krank, haben eine höhere Lebenserwartung... etc.

Das war jetzt ein konstruiertes Beispiel. Wenn ich mich recht erinnere, gibt es aber Beispiele für solche typischen Gene. War da nicht irgendwas, das mit dem Gehirnwachstum zu tun hatte? Finde ich leider gerade nicht mehr.

Ich hoffe, damit konnte ich wenigsten ein bisschen von unseren Differenzen ausräumen.

MfG
 
Zuletzt bearbeitet:
Anders sieht es aus, wenn wir von einem eigenen Gen reden, das bei den Neandertalern vorkam, beim Sapiens aber nicht. Überspritztes Beispiel: Neandertaler hatten einen befiederten Schwanz (ich meine HINTEN!), Sapiens nicht.
Danke, jetzt ist es klar.

Das war jetzt ein konstruiertes Beispiel. Wenn ich mich recht erinnere, gibt es aber Beispiele für solche typischen Gene. War da nicht irgendwas, das mit dem Gehirnwachstum zu tun hatte? Finde ich leider gerade nicht mehr.
Vielleicht meinst Du miR941-1. Das ist beim modernen Menschen und beim Denisova-Menschen nachgewiesen, ist also älter als der Homo sapiens.
Für ein Gen, das erst nach der Trennung des Homo sapiens von Denisova/Neandertaler entstanden ist, kenne ich kein Beispiel.

Macht uns dieses Gen menschlich? - Natur

Die wissenschaftliche Variante:
Evolution of the human-specific microRNA miR-941 : Nature Communications : Nature Publishing Group

Die reißerische Variante:
Sensationsfund: Forscher entdecken erstes Menschen-Gen - Wieso Menschen sprechen können - FOCUS Online - Nachrichten

Ich entwerfe mal ein Szenario, das ich für möglich halte: Ein Unterschied zwischen Sapiens und Neandertalern lag darin, dass der Sapiens "fruchtbarer" war. Er bekam mehr Nachwuchs und breitete sich schneller aus. Folge: Mit fortschreitender Zeit stieg die Wahrscheinlichkeit, dass Sapiens als Paarungspartner andere Sapiens fanden. Gleichzeitig stieg aber auch die Wahrscheinlichkeit, dass auch Neandertaler als Paarungspartner eher Sapiens fanden. Ohne jetzt wieder in die Genetik abschweifen zu wollen, würde das bedeuten, dass die Neandertaler mehr und mehr in der Sapienspopulation aufgingen. Das würde heißen, dass von "Aussterben" eigentlich gar nicht die Rede sein kann.
Einen einzigen Einwand habe ich noch:
Dann müsste allerdings in den ehemaligen Siedlungsgebieten des Neandertalers mehr Neandertaler-Anteil zu erwarten sein als in Fernost.

Ich hoffe, damit konnte ich wenigsten ein bisschen von unseren Differenzen ausräumen.
Ganz meinerseits. :friends:
 
Zuletzt bearbeitet:
Einen einzigen Einwand habe ich noch:
Dann müsste allerdings in den ehemaligen Siedlungsgebieten des Neandertalers mehr Neandertaler-Anteil zu erwarten sein als in Fernost.
Das ist der nächste Unsicherheitsfaktor in der Demografie. Wir wissen nicht, wie weit Neandertaler nach Osten vorgedrungen sind. Ihr Siedlungsgebiet könnte sich bis zum Altai-Gebirge ausgedehnt haben. Vor allem wissen wir auch nur sehr wenig über Art und Umfang der Siedlungsbewegungen, die sich nach dem Verschwinden der Neandertaler abgespielt haben. Die Erwartung, dass es die Genanteile irgendwie mit unseren Vorstellungen über Siedlungsgebiete zusammenpassen, ist nur dann stichhaltig, wenn die Menschen immer dort blieben, wo sie sich einmal angesiedelt haben.

Dass der Anteil an Neandertaler-Genen im fernen Osten angeblich etwas höher liegt, kann mit solchen Wanderungsbewegungen zusammenhängen: Als die Menschen losgezogen sind (nehmen wir aus dem europäisch-asiatischen Grenzgebiet), war der Neandertaler-Anteil an ihren Genen noch höher als heute. In den neuen Siedlungsgebieten gab es dann weniger Zuzug von Leuten, deren Vorfahren nicht mit Neandertalern in Berührung gekommen waren. So blieb mehr vom ursprünglichen Genpool erhalten. Aber das ist jetzt nur eine zusammengeschusterte Erklärung, die sich auf keine Tatsachen gründen kann. Wir wissen einfach zu wenig über prähistorische Demographie.

Ganz meinerseits. :friends:
Freut mich.

MfG
 
Das ist der nächste Unsicherheitsfaktor in der Demografie. Wir wissen nicht, wie weit Neandertaler nach Osten vorgedrungen sind. Ihr Siedlungsgebiet könnte sich bis zum Altai-Gebirge ausgedehnt haben.
Meinetwegen bis zum Altai. Das ist noch nicht einmal die halbe Strecke von Afrika bis Neuguinea.

Vor allem wissen wir auch nur sehr wenig über Art und Umfang der Siedlungsbewegungen, die sich nach dem Verschwinden der Neandertaler abgespielt haben.
So wenig ist das auch wieder nicht. Gerade aus genetischen Untersuchungen lassen sich die hauptsächlichen Siedlungsbewegungen nachvollziehen. Man weiß also im Großen und Ganzen, woher die Vorfahren der heutigen Populationen eingewandert sind.
http://www.roperld.com/graphics/MigrationMap.jpg

Aber was den Neandertaler-Anteil betrifft, vielleicht sind da noch ein paar kleinere Überraschungen drin.
 
Jein. Was man weiß ist mit wem welche Population näher oder weiter verwandt ist.

Und die Wahrscheinlichkeit ist groß dass wenn eine Population in Land X mit einer in Land Y verwandt ist diese Verwandschaft durch Migration von einem in das andere Land entstand.

Tatsächlich wäre natürlich aber auch möglich dass beide aus Land Z kommen oder jegliches andere Szenario bei dem sich die von uns heute erkennbare Situation entwickeln konnte.

Zuviel darf man also auch nicht hineininterpretieren, am Ende reden wir hier von Zeiträumen die über den gewohnten geschichtlichen Rahmen weit hinausgehen.
 
Jein. Was man weiß ist mit wem welche Population näher oder weiter verwandt ist.
Nicht nur das. Man kann auch die Ausbreitung und Verzweigung einzelner Mutationen zeitlich und örtlich ungefähr einordnen.
Beispiel:
http://www.isogg.org/tree/ISOGG_HapgrpD08.html

Aber klar: Eine Haplogruppe ist kein "Volk", und eine Ausbreitung genetischer Merkmale muss nicht immer mit einer Völkerwanderung zusammenhängen.
 
Jenseits aller Haplogruppen und Genzählereien:
Ich hab gelesen,daß der Vulkan, dessen Reste heute die Phlegräischen Felder bilden, vor 40.000 Jahren zum letzten Mal ausgebrochen ist und dieser Ausbruch muß gewaltig gewesen sein. So wurden in Rumänien und Südrussland Ascheschichten von erheblicher Dicke gefunden, die diesem Ereignis zugeordnet werden.Wir hatten also mitten in der Eiszeit noch einen zusätzlichen "vulkanischen Winter" nebst saurem regen,Verdunklung ,weiterem Temperaturrückgang usw.mit erheblichen Rückwirkungen auf Flora und Fauna.
Das könnte die Population des HN soweit geschwächt haben,daß diese nur noch in den Randgebieten der Fallout-Zone existierte, also Westiberien und Zentralasien- und HS hat diese Lücke dann gefüllt.
Der verbliebenen Rest-HN-Population wäre dann garnichts anderes übrig geblieben,als sich zu vermischen oder auszusterben.
 
Die Toba-Katastrophe mit VEI8 hatten wir bereits hier und in dem Stang 2. Welle, Ausbruch ca. 70.000 BP. Die verursachte die weiträumig feststellbaren 5 Meter starken Ascheschichten zB in Indien.

Dann gäbe es in der gleichen Kategorie die Tauro-Eruption ca. 26.500 BP.
Oruanui eruption - Wikipedia, the free encyclopedia

Gab es etwas in der Kategorie VEI7 oder 8 im Zwischenzeitaum?
 
...
Gab es etwas in der Kategorie VEI7 oder 8 im Zwischenzeitaum?

Ja, den "Kampanischen Ignimbrit" auf den zaphodB hinweist. Vor ca. 40.000 Jahren, lt. wiki mit VEI7 eingestuft.

Die Max-Planck-Gesellschaft berichtete am 19. Juni 2013:
Vor etwa 40.000 Jahren wurde ein großer Teil Europas durch einen Vulkanausbruch verwüstet, der in den pflegräischen Feldern (Campi Flegrei) westlich von Neapel stattfand. Vor Ort zeugen noch Ablagerungen von dem Ereignis, die als „Kampanischer Ignimbrit“ bekannt sind. Durch den Vulkanausbruch wurde Asche in die höheren Bereiche der Atmosphäre geschleudert und weit nach Osteuropa getragen. Computermodelle gingen bislang von Ascheschichten von zirka fünf bis zehn Zentimetern Mächtigkeit aus. Neue Daten aus Urluia, Rumänien, zeigen jedoch, dass die Vulkanasche-Ablagerungen in der Steppenlandschaft der Unteren Donau bis zu zehn Mal mächtiger sind als bisher angenommen. Der Ausbruch des Supervulkans, der folglich viel stärker war als berechnet, hatte Auswirkungen auf die Evolution des Menschen in einer Zeit, als moderne Menschen Europa besiedelten und die Neandertaler-Populationen zu schrumpfen begannen.
Weiter im Text gehts hier:
Forschung | Aktuelles | 2013 | Kampanische Ignimbrit-Eruption.
 
a) bekannte kodierende Abschnitte (Beispiel für Differenzierung: Spermienbeweglichkeit, Beispiel für Übereinstimmung: Teile des Immunsystems)

@Silesia: war das ein von dir konstruiertes Beispiel für einen theoretisch möglichen Auslesefaktor oder hast du Belege dafür, dass derartige Nachteile auf HSN zuträfen?

ZU DEN ZAHLENSPIELEN
Im Übrigen bin ich bei den ein bis vier oder auch mal fünf Prozent immer noch nicht weiter, als dass von hundert Vorfahren derselben, weit zurückliegenden Generation 4 Neandertaler und 96 Sapiens gewesen seien (wen ich hier mal beispielhaft die vier annehme). Darauf hin gab es hier diese dagenhafte Formel, die ich nicht verstanden habe, was wohl auch vielen Mitdiskutanten so gegangen sein wird.

Das könnte an meinen beschränkten Kenntnissen der Mathematik liegen. Deshalb habe ich jemanden gebeten, sich das anzusehen, der bis zum Abi immer richtig gut in Mathe war. Leider hat er das auch nicht verstanden. Bei aller Schönhiet von Formeln, sollte sich das in einem mathematischen Ausdruck komprimierte auch so erklären lassen, dass einfache Menschen mit Kenntnissen der Mengenlehre daraus schlau werden.

Danach ist nun inzwischen einiges über 2x 100% durch zwei macht 100% gesagt worden. Das habe ich auch verstanden. Für mich klingt das alles nach 96+4 Ahnen. Nur: Deckt sich das mit dem was in der Formel steht? Denn sonst vergleichen wir ja wirlich Äpfel mit Birnen (s.o.:D) Ich habe auch verstanden, dass die Relation eine Hochrechnung ist, weil man nur einen kleinen Teil hat vergleichen können. Das ist dann eine Frage der Streubreite in der Wahrscheinlichkeit, ändert aber nichts an dem Mittelwert innerhalb der Streubreite. Ich denke mal diese Streubreite äußert sich dann ja in dem recht großzügen Streuwert 1-4% (Deshalb müssten wir dan eigentlich von mittleren 2,5% sprechen; ist mir aber erstmal egal, bis klar ist, was 100% sind). Reden wir nun also von 4 Neandertaler und 96 Sapiens gleich 400 Neandertaler und 9600 Sapiens schmeißen ihre DNAs in einen großen Topf, rühren ganz lange und dann kommen wir raus - oder nicht?

Wer hat die Formel verstanden UND kann das allgemeinverständlich erklären? Lasst mich hier nicht im Dunkeln stehen.
 
Für mich klingt das alles nach 96+4 Ahnen. Nur: Deckt sich das mit dem was in der Formel steht?

Die Formel habe ich schon wieder aus den Augen verloren.:winke:
Ja, so ähnlich wie dein Ahnenbild habe ich das bisher auch verstanden.
Jedenfalls wenn man die relativ einfache Erklärung nimmt, dass diese Vermischung in einem einzigen Zeitfenster vor ca 90000 Jahren in Nahost stattgefunden hat. Weitere Zeitfenster, etwa vor 40000 Jahren in Europa oder zwischen 70000 - 50000 in Südasien funktionieren im Prinzip genauso, nur wird es dann mathematisch komplizierter.
Außerdem müßte man irgendwie den Einfluß der HS berechnen, die keine oder weniger als 4 HN-Ahnen haben. Da hat sich ja in den letzten 40000 Jahren auch noch was verändert.
Auf Anhieb könnte ich nicht sagen, wann jeweils der Vermehrungsanteil der HN-losen Subsahara-Afrikaner nun größer oder kleiner war in der Vergangenheit.
 
@Silesia: war das ein von dir konstruiertes Beispiel

Nein, das ist aus dem Green-Artikel:

Features that occur in all present-day humans (i.e., have been fixed), although they were absent or variable in Neandertals, are of special interest. We found 78 nucleotide substitutions that change the protein-coding capacity of genes where modern humans are fixed for a derived state and where Neandertals carry the ancestral (chimpanzee-like) state (Table 2 and table S28). Thus, relatively few amino acid changes have become fixed in the last few hundred thousand years of human evolution; an observation consistent with a complementary study (57). We found only five genes with more than one fixed substitution changing the primary structure of the encoded proteins. One of these is SPAG17, which encodes a protein important for the axoneme, a structure responsible for the beating of the sperm flagellum (58). The second is PCD16, which encodes fibroblast cadherin-1, a calcium-dependent cell-cell adhesion molecule that may be involved in wound healing (59). The third is TTF1, a transcription termination factor that regulates ribosomal gene transcription (60). The fourth is CAN15, which encodes a protein of unknown function. The fifth is RPTN, which encodes repetin, an extracellular epidermal matrix protein (61) that is expressed in the epidermis and at high levels in eccrine sweat glands, the inner sheaths of hair roots, and the filiform papilli of the tongue.
A Draft Sequence of the Neandertal Genome


Im Übrigen bin ich bei den ein bis vier oder auch mal fünf Prozent immer noch nicht weiter, als dass von hundert Vorfahren derselben, weit zurückliegenden Generation 4 Neandertaler und 96 Sapiens gewesen seien (wen ich hier mal beispielhaft die vier annehme).

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Reden wir nun also von 4 Neandertaler und 96 Sapiens gleich 400 Neandertaler und 9600 Sapiens schmeißen ihre DNAs in einen großen Topf, rühren ganz lange und dann kommen wir raus - oder nicht?
So habe ich das auch verstanden.
 
Zum Beispiel Ascheregen,der ja bis nach Südrussland gelangte oder sauren Regen -dadurch hast Du ein Absterben der Vegetation und ein Umkippen von Binnengewässern nebst möglichem lokalen Artensterben.
Und wenndas ganze auf eine ohnehin labile Ökologie wie die einer Eiszeit trifft,kann man sich die Auswirkungen vorstellen.
 
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Wow, schon Beitrag 900! Und ich habe alle gelesen.

Die Formel habe ich schon wieder aus den Augen verloren.:winke:
Ja, so ähnlich wie dein Ahnenbild habe ich das bisher auch verstanden.
Jedenfalls wenn man die relativ einfache Erklärung nimmt, dass diese Vermischung in einem einzigen Zeitfenster vor ca 90000 Jahren in Nahost stattgefunden hat. Weitere Zeitfenster, etwa vor 40000 Jahren in Europa oder zwischen 70000 - 50000 in Südasien funktionieren im Prinzip genauso, nur wird es dann mathematisch komplizierter.
Außerdem müßte man irgendwie den Einfluß der HS berechnen, die keine oder weniger als 4 HN-Ahnen haben. Da hat sich ja in den letzten 40000 Jahren auch noch was verändert.
Auf Anhieb könnte ich nicht sagen, wann jeweils der Vermehrungsanteil der HN-losen Subsahara-Afrikaner nun größer oder kleiner war in der Vergangenheit.

Das ist doch im Prinzip völlig latte, oder? Ob nun vor x Jahren 400 HSN auf 9600 HSS stießen oder ob 800 fifty-fifty aus HSN und HSS zusammengemischte Menschen auf in etwa die gleiche Zahl reiner HSS trafen: Wenn du das ordentlich durchrührst kommt das gleiche Ergebnis raus. Wir brauchen uns das für nur eine resultierende Population also nicht zu verkomplizieren - vorausgesetzt unsere Annahme über die Kernaussage der Formel stimmt. Interessant wird das dann, wenn wir uns mit anderen Mischpopulationen befassen. Besonders interessant ist dabei natürlich, ob das unabhängige Mischungen sind oder weitergewanderte, bereits in dem entsprechenden Maße gemischte, Gruppen. Um das zu bestimmen, müsste man sich näher mit denen jeweils veränderten Genabschnitten befassen.

Dabei kann es aber auch innerhalb einer einzigen Population gut sein, das mal die einen, mal die anderen Sequenzen von HSN oder HSS sind. Wir sprechen hier ja primär von der Menge, nicht von konkreten Sequenzen.

Wesentlich finde ich, DASS sich offenbar HSS und HSN auf Dauer fruchtbar miteinander fortgepflanzt haben. Interessant ist dann noch ob das unabhängig davon funktionierte, wer von beiden Mann oder Frau war. Ich denke, das Gegenteil wäre kolportiert worden, also ging beides und wirkt bis heute in uns fort.

Interessant finde ich auch die Behauptung, die HSN-Spermien seien langsamer. Dann müssten sie schlechtere Befruchtungschancen haben - öh, je nachdem! Wenn die Frau treu ist und die langsmen Spermien trotzdem die Eizelle gleich gut befruchten können, macht es keinen Untrschied, so lange die Spermien nur lange genug leben, um die Eizelle zu befruchten. Wandert die Frau hingegen schnell von einem Mann zum nächsten, ist Spermiengeschwindigkeit ein erheblicher Fortpflanzungsvorteil. Ich habe in einem Bericht über die Yanomami gehört, dass sich dort mehrere Männer in eine Frau teilen. In solch einem Szenario würde der Mann mit den besonders langsamen Spermien vermutlich kinderlos bleiben.

Die wesentlich langsameren HSN-Spermien mal als Prämisse unterstellt, würde ich dann erwarten, dass man bei uns mehr HSN-mtDNA findet, als HSN-Y-Chromosomen, sich der Neandertaler also hauptsächlich durch seine Frauen in uns erhalten hat. Es sei denn, die fraglichen Frauen waren sehr treu. Wir könnten also womöglich ablesen, ob in der Zeit der Vermischung die in der Fortpflanzung erfolgreichen Frauen eher monogam waren oder nicht. Das wäre natürlich auch so, wenn untreue Frauen getötet wurden, bevor sie Kinder bekamen; auch das führt zu einer Erfolglosigkeit in der Fortpflanzung.


Was die Szenarien von Naturkatastrophen angeht: Ganz klar, es kann ein Gebiet auf solche Weise weitgehend entvölkert werden. Die Frage ist nur, ob sich bei Regenerierung des Lebensraums die verbliebenen Bevölkerungsrest schnell genug wieder so vermehren, dass sie den Lebensraum wieder voll einnehmen oder ob Zuwanderer einfach schneller da sind. Sowas kann man ja schön an Brachflächen beobachten, wo halt nicht die benachbart noch vergleichbar vorhandene frühere Vegetation schnell wieder die Fläche einnimmt sondern erst einmal Arten die Fläche für sich einnehmen, die vorher dort kaum eine Chance hatten, z.B. Brennesseln. Die sind halt viel schneller als z.B. Eichen.

Wir sollten aber auch die Art der "Wanderung" in neue Gebiete noch einmal etwas besprechen. Ich meine, eine allmähliche, eher unwillkürliche Wanderung ist nur ein mögliches Szenario. Seit Menschengedenken, d.h. schon weit vor historischer aber in zumindest mündlich noch einigermaßen überlieferter Zeit, sind immer mal wieder ganze Stämme in Gewaltmärschen in neue Gebiete aufgebrochen. Wenn wir Neandertalern und CroMagnon nicht unterstellen wollen, tumbe Toren und Halbaffen gewesen zu sein, die gar nicht in der Lage waren, solche Entscheidungen zu treffen und ihren Mitmenschen zu kommunizieren, sollten wir ihnen all das zutrauen, was heutige Menschen und Menschen in der schriftlichen und vorschriftlichen Antike so gemacht haben. Besonders was HSS angeht, dürfen wir wohl sicher davon ausgehen, dass die Fähigkeiten längst gleichwertig mit den unseren waren. Warum sollte also nicht auch schon vor 90.000 Jahren oder mehr ein Häuptling oder Stammesrat entschieden haben, den ganzen Stamm oder einen erheblichen Teil davon, ganz weit weg nach Nordwesten wandern zu lassen? Das kann an einem überstrapazierten Lebensraum, an ständigem Kleinkrieg mit einem benachbarten Stamm, an Dürre oder auch ganz doof an Liebeskummer des Häuptlings selbst gelegen haben. Auswandern könnte sogar eine kulturell-religiöse Forderung sein. Ich sage nicht, es war so. Ich sage nur, das ist ebenso möglich wie die so gern beschriebene unabsichtliche Wanderung per Drift.
 
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Wesentlich finde ich, DASS sich offenbar HSS und HSN auf Dauer fruchtbar miteinander fortgepflanzt haben. Interessant ist dann noch ob das unabhängig davon funktionierte, wer von beiden Mann oder Frau war.
Bist Du sicher?
Laut den Daten der mtDNA hat kein heutiger Mensch eine Neandertalerin in seinem Stammbaum.

Interessant finde ich auch die Behauptung, die HSN-Spermien seien langsamer.
Hat jemand diese Behauptung aufgestellt?

Warum sollte also nicht auch schon vor 90.000 Jahren oder mehr ein Häuptling oder Stammesrat entschieden haben, den ganzen Stamm oder einen erheblichen Teil davon, ganz weit weg nach Nordwesten wandern zu lassen?
Welche Gruppengröße assoziierst Du mit einem "Stamm"?
 
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