kleine Geschichte der Atombombe..

Wegen der Nähe zum "Doppelbeschluss" auch der Hinweis auf den entsprechenden Link und die teilweise wichtigen Verweise, wie die Begründung von ex Bundeskanzler H. Schmidt für sein Engagement für die Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in West-Europa.

NATO-Doppelbeschluss ? Wikipedia

Der Hinweis von Thane ist wichtig.

Denn die Geschichte der Atombombe ist seit ihrer Entstehung auch unmittelbar verwoben mit dem 'Kalten Krieg' und auch mit dem interessanten Thread: „Planungen für den 3. Weltkrieg“.
Zu beiden gibt es viele bemerkenswerte und erhellende Beiträge.
Beide Threads zeigen eine Sicht auf das Thema grundsätzlich.

Die Technik selbst verneint höhere Ansprüche, indem sie die Folgen ihrer Wirksamkeit willfährig an Andere delegiert.
Eben weil das von der Technik Hervorgebrachte,
Dynamiken entwickelt, deren Lenkung nicht Gegenstand der hervorbringenden Kunst sein kann und will.

hatl
 
U235, Uranhexafluorid und Pu239 ..

Um ein bisserl bei der Technik zu bleiben..

Man darf sich fragen welche die ersten Hürden waren, die es zu überwinden galt um die „Superbombe“ hervorzubringen.
Zunächst brauchte man ja den „Stoff“ selber.
Bereits zu Beginn zeichneten sich zwei grundsätzliche Wege auf:
1. Anreicherung von U235 aus Natururan (Isotopentrennung)
und
2. das Erbrüten eines „Transurans“ (Element 94) welches in der Folgezeit Plutonium (Pu239) genannt werden wird.
Dazu:
Irgendwann in der Zeit zwischen Sommer 1940 und Sommer 1941 hatte
Weizsäcker zwei wichtige Schritte in dieser Richtung unternommen. Zunächst
meldete er ein Patent an, das die militärischen Einsatzmöglichkeiten von
Kernreaktoren und Plutonium hervorhob:
Die Erzeugung des Elements 94 in praktisch brauchbarer Menge ist am besten in
der „Uranmaschine“ möglich [...] Ganz besonders vorteilhaft ist es — und dies
bildet den Hauptgewinn der Erfindung — daß das entstandene Element 94 leicht
chemisch [...] von dem Uran getrennt und rein dargestellt werden kann [...].
Verfahren zur explosiven Erzeugung von Energie und Neutronen aus der Spaltung
des Elements 94, dadurch gekennzeichnet, daß das [...] hergestellte Element 94 in
solcher Menge an einen Ort gebracht wird, z.B. in eine Bombe, daß die bei einer
Spaltung entstehenden Neutronen in der überwiegenden Mehrzahl zur Anregung
neuer Spaltungen verbraucht werden und nicht die Substanz verlassen [...].22
http://www.mpiwg-berlin.mpg.de/KWG/Ergebnisse/Ergebnisse26.pdf

Zu 1.:
Es wurden verschiedene Möglichkeiten der Isotopentrennung versucht und in Betracht gezogen.
So wie ich es verstehe, aber war es in jedem Falle notwendig Natururan in „newtonsches Fluid“, also Flüssigkeit oder Gas, umzuwandeln.
(Einen Backstein etwa kann man ja nicht in einer Zentrifuge in seine Bestandteile zerlegen)
Es wurde sehr bald herausgefunden, dass Uranhexafluorid das geeignete Medium sein könnte.
Nur ist da Zeug halt sehr korrosiv und deshalb musste dieser Umstand sorgfältig beachtet werden:
Deutsches Museum: Dokument 1 von 11; Wilhelm Groth / Paul Harteck: Stand der Arbeiten zur Trennung der Isotope U235 und U238

Nun waren ja beide technische Probleme miteinander verwoben.
Heisenberg hat das, gemäß erster Quelle, in einem Vortrag vom Februar 1942 so zusammengefasst:
Ein großer Teil der Arbeit der Arbeitsgemeinschaft des Heereswaffenamtes ist dem
Problem der Anreicherung bzw. der Reindarstellung des Isotops U235 gewidmet.
Auch die amerikanische Forschung scheint diese Arbeitsrichtung mit besonderem
Nachdruck zu betreiben [...].
Man kommt damit zu einer [Uran-]Maschine, die etwa zum Heizen einer
Dampfturbine geeignet ist und die einer solchen Wärmekraftmaschine ihre ganzen,
großen Energien in Lauf der Zeit zur Verfügung stellen kann. Man kann daher an
die praktische Verwendung solcher Maschine in Fahrzeugen bez. in Schiffen
denken, die durch den großen Energievorrat einer relativ kleinen Uranmenge einen
riesigen Aktionsradius bekommen würden. Daß die Maschine keinen Sauerstoff
verbrennt, wäre bei der Verwendung in U-Booten ein besonderer Vorteil.
Sobald eine solche Maschine einmal in Betrieb ist, erhält auch nach einem
Gedenken von v. Weizsäcker die Frage nach der Gewinnung des Sprengstoffs eine
neue Wendung. Bei der Umwandlung des Urans in der Maschine entsteht nämlich
eine neue Substanz, (Element der Ordnungszahl 94), die höchstwahrscheinlich
ebenso wie reines U235 ein Sprengstoff der gleichen unvorstellbaren Wirkung ist.
Diese Substanz lässt sich aber viel leichter als U235 aus dem Uran gewinnen, da sie
chemisch von Uran getrennt werden kann [...].

Hier sind, bereits Anfang der 40er, die grundsätzlichen Probleme der Kernenergie, welcher Spielart auch immer, rückblickend zutreffend skizziert.
 
Schweres Wasser und Norsk Hydro

Natur-Uran besteht zu 0,7% aus dem spaltbaren Isotop U235.
Ein handelsübliches, wassermoderiertes, Kernkraftwerk benötigt eine Anreicherung dieses Isotops auf ca. 3,5% und zur Herstellung einer Atombombe sind >80% U235-Anteil notwendig.
Man muss also eine Istopentrennung vornehmen, welche man „Anreicherung“ nennt.

Allerdings kann man auch Plutonium „erbrüten“ welches ebenso geeignet ist einen derartigen Nuklarsprengstoff darzustellen.
(siehe Vortrag Heisenberg Februar 1942)
Dieses (Pu239) entsteht in jedem Fall dann, wenn eine Kettenreaktion von Uran 235 zustande kommt und es ist chemisch trennbar.

Hat man aber, statt gewöhnlichem Wasser H2O,
Wasser als Moderator, welches aus D2O besteht, also aus Wasser dessen Wasserstoffatome aus dem Isotop Deuterium des Wasserstoffatoms (Ein Neutron extra, ansonsten chemisch gleich) besteht,
dann ist bereits Natur-Uran ausreichend spaltungsfreudig um Plutonium zu erzeugen.
Siehe auch: Schwerwasserreaktor. Schwerwasserreaktor ? Wikipedia

Am 27. Februar 1943 sprengten norwegische Widerstandskämpfer die Hochkonzentrieranlage für schweres Wasser der Norsk-Hydro-Werke bei Rjukan in die Luft. Der Sabotageakt traf die einzige Industrieanlage im deutschen Machtbereich, die aufgrund ihrer gewaltigen Energieleistung in der Lage war, schweres Wasser (Deuteriumoxid, D2O) in nennenswerten Mengen zu erzeugen. Das brauchten die deutschen Atomphysiker um Otto Hahn, um einen Versuchsreaktor für die Herstellung von waffenfähigem Plutonium zu betreiben. Die Alliierten setzten alles daran, um dies zu verhindern. Plötzlich war Rjukan ein Ort, der die Welt in Atem hielt. Dass es überhaupt so weit kam, lag an dem norwegischen Ingenieur und Unternehmer Sam Eyde. Zwischen 1907 und 1911 ließ er im Auftrag seiner Firma Norsk Hydro in Vemork bei Rjukan ein leistungsstarkes Wasserkraftwerk errichten. Dessen Herzstück bildete eine Maschinenhalle mit zunächst zehn 14.500 PS starken Turbinen der deutschen Maschinenbaufirma Voith in Heidenheim und der Züricher A/G Escher Wyss. Das Hauptgebäude, eine Betonarchitektur mit vorgeblendeter Granitfassade, entstand nach Entwürfen von Olaf Nordhagen. Die ersten Jahre diente das Wasserwerk als Energielieferant für die Salpeterproduktion, seit 1929 unterstützte es die Herstellung von Wasserstoff per Elektrolyse - ein Prozess, bei dem als Nebenprodukt schweres Wasser entsteht.
ERIH - Europäische Route der Industriekultur | Objekt
 
Rodriguez,

es ist interessant was Du im genannten Beitrag schreibst,
es sollte aber einen Link oder eine Quellenangabe geben.

Grüße
Verstehe nicht ganz: einen Link gibt es doch! Nämlich zu einem Beitrag zum Thema mit Inhalten bzw. eines gekürzten Ausschnitts eines Artikels, den u.a. ich im Jahre 1985 für diverse Zeitschriften verfasst hatte.

Da dieser mehrteilige Artikel damals für allgemeine Zeitschriften/Zeitungen//Nachrichtenmagazine verfasst wurde, wo ein Quellenverzeichnis allgemein unüblich ist, habe ich solches auch nicht nachgewiesen oder angeführt ;)

Hier nochmals der Link: Die Geschichte der Atombombe. Teil 1


Saludos!
 
Verstehe nicht ganz: einen Link gibt es doch! Nämlich zu einem Beitrag zum Thema mit Inhalten bzw. eines gekürzten Ausschnitts eines Artikels, den u.a. ich im Jahre 1985 für diverse Zeitschriften verfasst hatte.

Da dieser mehrteilige Artikel damals für allgemeine Zeitschriften/Zeitungen//Nachrichtenmagazine verfasst wurde, wo ein Quellenverzeichnis allgemein unüblich ist, habe ich solches auch nicht nachgewiesen oder angeführt ;)

Hier nochmals der Link: Die Geschichte der Atombombe. Teil 1


Saludos!

Sei mir net bös Rodriguez,

aber wenn Du nicht selber dabei warst braucht es eine Quelle.

Grüße hatl
 
„Das Wesen des Atomzeitalters“

1956 erscheint in der Wissenschaftzeitschrift „Physikalische Blätter“ ein Beitrag von Max Born.
Dieser gibt einen Vortrag desselben vor der Evangelischen Akademie von Loccum vom Juni 1955 wieder.

In diesem umreisst er eine von ihm postulierte geschichtliche Wende durch die Kernkraft.
Den Anbruch eines neuen Zeitalters in der Geschichte, z. B. der Übergang
vom Altertum zum Mittelalter, wird offensichtlich, von denen, die ihn
erlebten, keineswegs als solcher erkannt und gefiihlt. Alles geht kontinuierlich
weiter, das Leben des Sohnes ist gar nicht verschieden von dem des
Vaters. Erst die Geschichtsschreiber haben Einteilungen und Abschnitte erfunden,
um sich in dem Wirrsal der Ereignisse besser zurechtzufinden. Selbst
der Anbruch des naturwissenschaftlich-industriellen Zeitalters, in dem wir
aufgewachsen sind, war ein langsamer Prozeß, der sich über 100 Jahre erstreckte
und den Menschen dieser Zeit kaum bewußt war.
Heute scheint das anders zu sein. Innerhalb weniger Jahre ist etwas
Neues gekommen, das unser Dasein umgestaltet. Dies Neue schließt zugleich
eine fürchterliche Drohung und eine strahlende Hoffnung in sich ein: die
Drohung der Selbstvernichtung der Menschheit, die Hoffnung auf ein Paradies
auf Erden. Und dies ist keine Verkündung religiöser Propheten oder
philosophischer Seher, sondern wir stehen hier vor den beiden Möglichkeiten,
die von der nüchternsten Naturforschung den Menschen zur Wahl .
gestellt werden.
Das Wesen des Atomzeitalters - Born - 2013 - Physik Journal - Wiley Online Library

Typisch für die Zeit des Vortrags durch den großen Physiker Born ist m. E. „die Hoffnung auf ein Paradies auf Erden“ welche zu dieser Zeit mit der Kernkraft verbunden wird.
Denn wenn man so ungeahnt gewaltige Kräfte der Zerstörung entfesseln kann,
könnte dann nicht auch der vernünftige und humane Gebrauch derselben den Menschen von seinem Elend befreien?
Und wenn eine solche Aussicht bestünde, wäre es dann das Recht aller Völker und Nationen Teilhabe daran zu haben?
Und ist es nicht so wie Max Born es gemäß der zitierten Quelle beschreibt?
Alle Materie ist instabil. Ware sie es nicht, würden die Sterne nicht
strahlen, es gabe keine Sonnenwärme, kein Leben auf der Erde. Stabilitat
und Leben sind unvereinbar. Leben ist darum immer ein Abenteuer, das
gut oder schlecht ausgehen kann. Die Frage ist heute, wie das größte Abenteuer
der Menschheit zum Guten gelenkt werden kann.

Allerdings gibt Max Born 1955 in den folgenden Ausführungen zu bedenken,
dass der Grat zwischen Paradies und Vernichtung steil wurde,
und der Erreichung des Paradieses Torheit und Eigennutz entgegenstehen.

hatl

Vielleicht ist gerade die Mischung interessant.
Ein Nobelpreisträger der (Kern)Physik, und freundschaftlicher Weggefährte Einsteins,
versucht sich in Theologie und Geschichte,
und erläutert,
fast nebenbei,
10 Jahre nach der Geburt der Atombombe,
zeitlose Gedanken seiner Zeit.
 
Bleiben wir noch in den 50ern.
In dieser Zeit ist Aufbruchsstimmung bei der zivilen Nutzung der Kernkraft.
Gleichzeitig macht man sich besorgt Gedanken darüber, ob eine ausreichende Trennung von ziviler und militärischer Nutzung der Kernkraft möglich sei.

Dazu nochmals kurz ein Abriss:
Grundsätzlich eröffneten sich zwei Wege zur Gewinnung von Kernsprengstoffen:
1. Das Anreichern von U235 aus Natururan von 0,7% auf >80%.
2. Das Erbrüten von Pu239 in einem Uran-Kraftwerk.
Beide Wege wurden im „Manhatten-Project“ mit sehr hohem Aufwand beschritten.
Ca. 150.000 Mitarbeiter waren hier 1944 gleichzeitig mit diesem beschäftigt.

Beide Wege zur Atombombe sind aufwändig.
Für 1. braucht man sehr große Anlagen um chemisch gleiche Isotope geringer Massedifferenz zu trennen, welche vorher zudem in ein chemisch aggressives Fluid umgewandelt werden müssen (Uranhexafluorid).
Für 2. benötigt man große Urankraftwerke mit geringerer Anreicherung von ca. 3,5% U235 aus Natururan, oder solche mit kostspieligen Moderatoren wie D2O oder extrem reinem Graphit.

Nun stellte sich die Frage, ob es möglich und vernünftig annehmbar sei, dem Weg der Verheißung einer preiswerten und üppigen Energieerzeugung zu folgen,
ohne das Risiko der internationalen Destabilisierung durch eine Verbreitung Atombombe einzugehen.
Für das Betreiben von Kernkraftwerken (mit unvermeidlicher Plutoniumerbrütung) glaubte man die notwendige Trennung militärischer und ziviler Technik gefunden zu haben:
Im Gegensatz zum fortgeschrittenen Stadium der militärischen Kerntechnologie waren sich die Experten aufgrund fehlender Praxis allerdings noch kaum über die Probleme und Implikationen der friedlichen Nutzung von Kernenergie im Klaren. Dies führte zu einer Fehleinschätzung, aus der im Nachhinein ebenfalls eine Begründung des Atoms for Peace-Programms abgeleitet wurde. Bereits im Zuge des Manhattan Projects hatte man herausgefunden, dass das Vorhandensein von Spuren des Isotops 240 in erbrütetem Plutonium die Eigenschaften dieses Kernsprengstoffs entscheidend beeinflusst. Je höher Pu-240 angereichert ist, desto instabiler wird der Spaltstoff. Eine Plutonium-Spaltungsbombe mit einem zu hohen Anteil an Pu-240, so die damalige Auffassung, würde in jedem Fall zünden, bevor die kritische Idealkonfiguration erreicht ist. Die Bombe wäre damit nicht funktionsfähig. Pu-240 entsteht durch die Anlagerung von Neutronen an leichtere Plutonium-Isotope. Für die Produktion von waffenfähigem Plutonium ist es daher notwendig, das in den Brennstäben erbrütete Plutonium möglichst rasch aus dem Reaktor zu entnehmen, um den Anteil an Pu-240-Verunreinigungen gering zu halten. Wird ein Kernreaktor aber ausschließlich für die Erzeugung von Energie benutzt, muss auf die Reinheit des entstehenden Plutoniums keine Rücksicht genommen werden. Die Brennstäbe können so lange im Reaktor verbleiben, bis der Anteil an Pu-240 hoch genug ist, um eine militärische Nutzung unmöglich zu machen. Diese so genannte Denaturierung von Plutonium wurde schon während der Debatte um den Baruch-Plan ins Gespräch gebracht. Sollte sich das so genannte Reaktorplutonium tatsächlich als militärisch nutzlos erweisen, eröffnete sich die Möglichkeit einer Trennung von militärischer und ziviler Nutzung von Kernenergie, die ansonsten nicht möglich war.
Es sollte sich herausstellen, dass dieser Ansatz nicht trägt:
Der Befund erwies sich letztlich als falsch. Auch Reaktorplutonium kann zum Bau von Bomben verwendet werden. Zu dieser Erkenntnis gelangte man aber vermeintlich erst in den Sechziger Jahren.
http://opus4.kobv.de/opus4-fau/frontdoor/deliver/index/docId/3053/file/StephanGeierDissertation.pdf

(Danke an Silesia für diesen Link)
 
Proliferation - eine Betrachtung aus den 70ern

1976 veröffentlicht Albert Wohlstetter in der „Foreign Policy“ einen Beitrag, in dem er behauptet, eine Nation könne innerhalb von Stunden(!) zur Atommacht werden, ohne vorher eindeutig internationale Vereinbarungen gebrochen zu haben.
http://www.strategicstudiesinstitute.army.mil/pdffiles/PUB893.pdf ab Seite 301 (PDF-Seite 269)
The basic problem in limiting the spread of nuclear weapons
is that in the next 10 years or so many countries, including many
agreeing not to make bombs, can come within hours of a bomb
without plainly violating their agreement—without “diverting”
special nuclear material and, therefore, without any possibility of
being curbed by “safeguards” designed to verify whether material
has or has not been diverted
Man darf sich das mal auf der Zunge zergehen lassen und auch mehrfach lesen
(Man darf sich auch fragen inwiefern die Aussage ausreichend interessensfrei war um sie für ernst zu nehmen.)
Im Folgenden geht er darauf ein, dass die indische Atombombe ihre Enstehung auch amerikanischer Hilfe zu verdanken habe, dies jedoch offiziell unzulässig verharmlost werde.
The State Department assures the Congress that such unilateral
understanding is binding enough, but after the Indians
made a nuclear explosive using Canadian and U.S. peaceful
assistance, we denied that the Indians had violated anything
but the Canadian unilateral understanding and went through
extraordinary contortions to hide the fact that they had used U.S.
heavy water.
Er beschreibt 1976 auch die Rolle Frankreichs, das an Pakistan sensible Atomtechnik liefern will,
und die Rolle Deutschlands, welches im 1976 Begriff ist einen Schlüssel zur Bombe an Brasilien zu liefern (und es schließlich tat).
Im folgenden Jahr finden wir eine Artikel des Spiegel zu Letzterem.
DER SPIEGEL*13/1977 - In der Zange

Doch worum geht es hier ab Mitte der 70er?
Kurz gesagt, es ist das alte Thema seit Beginn der 50er.
Es geht darum ob eine Trennung ziviler und militärischer Technik möglich sei,
und darum wie eine solche Trennung gegebenenfalls bewerkstelligt werden könnte.
Wie fundamental solche Fragen von Anbeginn sein mussten, erkennen wir daran,
dass rund alle 10 Jahre eine neue Atommacht entstand.
1945 USA
1949 UDSSR
1953 UK
1960 Frankreich
1964 China
1974 Indien
1979 Israel (mit Fragezeichen)
1998 Pakistan
2006 Nord Korea

Eine wesentliche Rolle hierbei spielte stets Plutonium.
(siehe auch Figure 1, Table 1 und Figure 2 – Seite 312ff der ersten Quelle, ...und siehe auch http://www.mpiwg-berlin.mpg.de/KWG/Ergebnisse/Ergebnisse26.pdf Seite 11ff )
Es geht dabei um das „Transuran“-Element, nach alter Bezeichnung (1940), und um die entstehenden Mengen, welche stets nebenbei durch die Nutzung ziviler Kernreaktoren entstehen.

Die Eignung dieses Plutoniums aus Reaktoren für den Bombenbau muss separat betrachtet werden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Schauen wir uns nochmal das Plutonium (Pu) als Kernsprengstoff an:

Dieses entsteht ganz von selbst in jedem Uranreaktor, der, je nach Bauart und Aufwand, mit geringer Anreicherung oder auch mit dem Naturstoff (U-238 und U-235 Anteil von 0,7%) aus Bergbau betrieben werden kann.
(Also in jedem Kernreaktor, für welchen Zweck auch immer.)

Nun erkannte man bereits im Rahmen des Manhatten-Projects, dass bei diesem Reaktorbetrieb zunächst Plutonium in Form von Pu-239 entsteht.
Bereits dieser Stoff ist im Zündungsverhalten weit problematischer als waffenfähiges Uran (U-235 >80%) .
Die Rückschau auf die zwei Atombomben („Litlle Boy“ und „Fat Man“), die im August 1945 dem Krieg mit Japan ein Ende setzten, spiegelt diese Tatsache. Denn nur die Plutoniumbombe wurde vorher überhaupt getestet.
Die Uranbombe hingegen erfuhr tatsächlich ihren ersten Test über Hiroshima.

Das Prinzip der Zündung war grundsätzlich verschieden.
Bei der Uranbombe wurde innerhalb eines Druckbehälters, durch eine Art Kanone, eine knapp unterkritische Masse U-235, in eine zweite eben solche geschossen.
Eine durchaus „hausbackene“ Methode,
(ganz im Gegensatz zur Gewinnung dieses Kernsprengstoffs selbst).

Bei der Pu-Bombe war das so nicht möglich, da sie sehr viel spontaner zündet und dergestalt keine ausreichend zeitlich lange Vereinigung der einzelnen knapp unterkritischen Massen bewerkstelligt werden konnte,
um einen brauchbaren Wirkungsgrad zu erreichen.
Daher schien es nützlich eine Hohlkugel aus Pu-239 mit einer darüberliegenden Schicht aus konventionellem Sprengstoff so zu verdichten, dass die Hohlkugel mit sehr exakter zeitlicher Synchronisierung zur überkritischen Masse kollabiert.
(Im Zentrum der Implosion wurde zudem ein Neutronenstrahler platziert.)

Das aber bringt erhebliche technische Probleme mit sich.
Denn es ist einerseits eine besondere und genaue Gestaltung der Schichten (Sprenglinsen) zu gewährleisten,
und andererseits muss eine große Anzahl von Auslösern über der äusseren Hohlkugelschicht zeitlich exakt synchronisiert werden.
Und es gab viele weitere Probleme mehr.
Ein besonderes Problem beim Bau der Pu-Bombe aber machte die Sache noch schwieriger.
Denn kaum, dass im Uran-Reaktor Pu-239 entstanden ist, fängt dieses, hin und wieder, ein weiteres Neutron ein und es entsteht das Isotop Pu-240 (und in geringerem Maße auch andere).

Dieses Pu-240 wiederum verschlechtert die, ohnehin schwer zu beherrschenden, Zünd-Eigenschaften dieses Kernsprengstoffs derart gravierend,
dass es notwendig war die Brennstäbe bereits nach kurzer Zeit (einige Wochen) dem Reaktor zu entnehmen um ausreichend reines Pu-239 zu gewinnen.
Eben dies machte man beim Manhatten-Project.

Für die gebräuchlichen zivilen Reaktortypen indes, musste das ein durchaus schwieriges und, je nach Reaktortyp, auch ein sehr unwirtschaftliches Unterfangen sein.
Zwar war die Plutoniumbombe alsbald das vorherrschende Prinzip, weil man ja Plutonium viel einfacher gewinnen konnte.
In einem zivilen Reaktor jedoch, würde das gefährliche Plutonium schnell für den Zweck des Bombenbaus dauerhaft verderben.

Und daher hatte auch der Gedanke Bestand, dass eine Trennung zwischen ziviler und militärischer Nutzung der Kernkraft möglich sei,
und man es daher wagen dürfte, den Verlockungen einer reichen Energiegewinnung zum menschlichen, nationalen, internationalen, oder sonstigem Wohle, zu folgen.

Man unterschied also zunächst pragmatisch zwischen Reaktorplutonium (reactor-grade) mit einem Anteil von mehr als 7% Pu-240 und Waffenplutonium (weapons-grade) mit einem Anteil kleiner 7%.
Oberhalb dieser Schwelle, … keine Bombe.

Das ist Stand der Einschätzungen bis Anfang der 60er ?
1962 wird eine Bombe aus „reactor-grade“ Plutonium in Nevada unterirdisch zur Detonation gebracht.
„Additional Information Concerning Underground Nuclear Weapon Test of Reactor-Grade Plutonium“
https://www.osti.gov/opennet/forms.jsp?formurl=document/press/pc29.html

Der Effekt war mit einer Sprengkraft kleiner 20 Kilotonnen TNT bescheiden, lag aber möglicherweise in der Größenordnung der Hiroshima-Bombe.
Bombs, Reprocessing, and Reactor Grade Plutonium

In der Folgezeit (70er) werden dann allgemein drei „grades“ unterschieden: weapons-grade, fuel-grade (7-19% Pu-240) und reactor-grade (20% und mehr).

Bemerkenswert ist die Unklarheit die das „reactor-grade-Experiment“ von 1962 hinterlässt.
1962 wurden insgesamt 96 (unterirdische) experimentelle Kernexplosionen in den USA durchgeführt.
Zwar hob die Carter-Administration diesbezüglich die Geheimhaltung teilweise auf, es blieben aber
die Details hierzu unveröffentlicht.
The U.S. has not revealed which test in 1962 was the test that used reactor-grade plutonium. The U.S. conducted the most nuclear tests in 1962 of any year—96. 4) Even if one selects only those tests where the yield is described as being less than 20 kilotons, was conducted underground in Nevada, and was weapons related, one finds that there are 36 such tests, the earliest was January 30 and the latest was December 14.
http://nuclearpolicy101.org/wp-content/uploads/2013/05/Reactor-grade-plutonium.pdf

Vergleiche hierzu „"Reactor-grade" plutonium nuclear tests and typical burnup“ Reactor-grade plutonium - Wikipedia, the free encyclopedia

Während es zu politischen Implikationen der genannten Zeit zahlreiche Quellen gibt,
wird die technische Geschichte hierzu umso nebulöser, je mehr man sich der Gegenwart annähert.

Das ist leider ebenso naheliegend wie unbefriedigend.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die "Wasserstoffbombe"

1952,
7 Jahre nach der ersten Atombombenexplosion, die auf der Kernspaltung beruhte,
wurde eine „Fusionsbombe“ gezündet,
die erste „Wasserstoffbombe“ oder genauer gesagt eine Deuteriumbombe, denn dieses Wasserstoffisotop (vergleiche „schweres Wasser“) fand Verwendung.

Das Grundprinzip des Massendefekts (E=m*c^2) ist das gleiche.
Dennoch sind die Unterschiede frappierend.

Bei der Uran- oder Plutoniumbombe entsteht der Massendefekt durch die Spaltung von Atomen,
bei der Fusionsbombe durch das Verschmelzen.

Massendefekt: Wandelt man Elemente in andere um, so haben die Folgeprodukte, trotz gleicher Anzahl an Grundbausteinen, eine etwas andere Masse.
Quadriert man diese Differenz mit der Naturkonstante Lichtgeschwindigkeit, dann erhält man eine die Energie, die man entweder in den Prozess reinstecken muss, oder die Energie die frei wird.
(... die Lichtgeschwindigkeit ist so groß, dass das selbst bei einem kleinen Massenunterschied, eine richtig große Nummer macht)

Das mit dem „reinstecken“ ist so energieintensiv, dass es nur bei kosmischen Nova- und Supernova-Ereignissen vorkommt.
Und eben dabei entstehen die schweren Elemente in der Periodentafel, oberhalb des Eisens,
die bei der Spaltung einen Massendefekt, also eine geringere Masse gegenüber dem Ausgangselement, aufweisen.
Unterhalb des Eisens ist es umgekehrt.
Verschmilzt man Atome zu einem neuen Element, höherer Ordnung tritt eben dann der Massendefekt auf.

Damit, aufbauend auf die spezielle Relativitätstheorie, die Einstein 1915 veröffentlichte (u.a. E=m*c^2), schlug der Astrophysiker Arthur Eddington 1920 erstmals eine einleuchtende Erklärung für das ungeklärte Rätsel der großen, und vor allem anhaltenden, Sonnenleuchtkraft (Energieabgabe) vor.
Denn im gleichen Jahr hatte Ashton eben diesen Massendefekt zwischen Wasserstoff und Helium erstmals bestimmt.
(Kombiniert man die Atombausteine des Wasserstoffs zu Helium, dann ergibt sich eine etwas geringere Masse)
The importance of Aston's measurements was immediately recognized by Sir Arthur Eddington, the brilliant English astrophysicist. Eddington argued in his 1920 presidential address to the British Association for the Advancement of Science that Aston's measurement of the mass difference between hydrogen and helium meant that the sun could shine by converting hydrogen atoms to helium. This burning of hydrogen into helium would (according to Einstein's relation between mass and energy) release about 0.7% of the mass equivalent of the energy. In principle, this could allow the sun to shine for about a 100 billion years. In a frighteningly prescient insight, Eddington went on to remark about the connection between stellar energy generation and the future of humanity:

If, indeed, the subatomic energy in the stars is being freely used to maintain their great furnaces, it seems to bring a little nearer to fulfillment our dream of controlling this latent power for the well-being of the human race — or for its suicide.
Fusion - The Physics Hypertextbook

Bereits 1941 weist Fermi seinen Kollegen Teller auf die Möglichkeit der Wasserstoffbombe hin.
It was Enrico Fermi who first suggested the notion of a hydrogen bomb to Teller. Even before the first atomic bomb, in September 1941, Fermi thought that an atomic bomb might heat a mass of deuterium sufficiently to ignite a thermonuclear reaction.
This Month in Physics History

Zunächst jedoch werden keine Anstrengungen in diese Richtung unternommen.
Es entwickelte sich zudem ein grundsätzlicher Dissenz zwischen Teller, der die Verwirklichung der Fusionsbombe anstrebte und seinen Kollegen Fermi und Oppenheimer, die ein solches Tun für verantwortungslos hielten.

Als im August 1949 die Sovietunion unerwartet früh eine Atombombenexplosion (Spaltungsbombe) zuwege bringt, beginnt eine hitzige Debatte hinter verschlossenen Türen über die „Superbombe“.
Schließlich setzen sich die Befürworter der „Super“ durch und Truman kündet am 31. Januar öffentlich die Entwicklung der Wasserstoffbombe an.
It is part of my responsibility as Commander in Chief of the Armed
Forces to see to it that our country is able to defend itself against
any possible aggressor. Accordingly I have directed the Atomic
Energy Commission to continue its work on all forms of atomic
weapons, including the so-called hydrogen or superbomb. Like all
other work in the field of atomic weapons, it is being and will
be carried forward on a basis consistent with the over-all objectives
of our program for peace and security.
http://faculty.virginia.edu/nuclear/vault/readings/york_advisors.pdf
(hier findet sich auch eine detallierte Behandlung der Auseinandersetzungen im Vorfeld)

Vergleicht man die Energiefreisetzung der zuerst verwirklichte Spaltungsbombe (Hiroshima, Nagasaki) mit der Fusionsbombe, dann hat man es nicht mit Optimierung zu tun, sondern mit Größenordnungen.
Und es stellt sich natürlich die Frage, ob sich der Aufwand hierfür vergleichbar gestaltete.

Die Antwort ist: Nein.
Nicht einmal ansatzweise!
Auch wenn die technischen Hürden groß waren, ..
The MIKE Test | Cold War: A Brief History | History of the Atomic Age | atomicarchive.com
..man brauchte nun schon eine „konventionelle“ Atombome auf Spaltungsprinzip als Zünder, und musste den eigentlichen Kernsprengstoff auf extrem niedrige Temperaturen kühlen (-250°C) ,
so zeigt sich doch die Überwindbarkeit der Hürden in schlichter Weise aus der Zeitschiene.
Zwischen dem Beschluss die Superbombe zu entwickeln bis zur ersten Verwirklichung liegen weniger als zwei (Friedens-)Jahre.

Der wirklich wesentlich Aspekt ergibt sich aus der erzielten Wirkung.
Hatte die erste Spaltungsbombe noch eine Sprengkraft von ca 20 kT TNT-Äquivalent,
so lag die erste Fusionsbombe, 7 Jahre später,
grob gesagt, beim fünfhundertfachen.
Und noch ein weiterer Unterschied ist bemerkenswert:
Die Bombe auf dem Prinzip der Kernspaltung ist grundsätzlich in ihrer Größe beschränkt durch eine kritische Masse die nicht überschritten werden kann.
Eine Steigerung der Wirkung ist nur durch die Optimierung der Energieausbeute (Wirkungsgrad) zu erreichen und findet eine natürliche Grenze.
Eine Fusionsbombe kennt eine solche Einschränkung nicht.
 
Wasserstoffbombe - nebenbei...

Sozusagen nebenbei, etwas was man als kurios ansehen kann.

Nehmen wir mal an, in 2000 Jahren buddelt ein Archäologe einen „junggebliebenen“ Homo Sapiens aus, der im Jahre 1970 unserer Zeitrechnung, seinen Stoffwechsel, nach kurzer Lebenszeit bendet hat, also verstorben ist.
Nun macht er sich dran (derArchäologe) das Alter dieses H.S. per C14-Methode zu bestimmen.

Das Erstaunen des Archäologen könnte groß sein, denn er käme womöglich zu dem Schluss, dass der Verstorbene noch garnicht tot sein kann.

Wie das?
Die Anwendung der C14-Methode geht in guter Näherung von einem ungefähr konstanten C14-Gehalt der Atmosphäre aus.
Nachdem C14 eine Halbwertszeit von rund 5730 Jahren hat, könnte man annehmen, dass es dieses Isotop nicht mehr messbar geben sollte.
Jedoch entsteht eben dieses Kohlenstoffisotop fortlaufend in den oberen Atmosphärschichten und korrelliert in natürlicher Weise mit der Sonnenaktivität.
http://www.people.fas.harvard.edu/~phuybers/Doc/McCormick_RomanClimate2012.pdf Grafik PDF-Seite 8.

Deren Schwankung lässt sich über die Jahrtausende anhand eines Vergleichs von jahresgenauen Baumringanalysen mit guter Näherung bestimmen. Es sind rund +- 10 Promille.
(siehe Quelle)
Und auch die Kalibrationskurve der C14-Methode spiegelt eben diesen Effekt.
Was also könnte unseren Archäologen der fernen Zukunft so verwirren?
Since about 1955, thermonuclear tests have added considerably to the C14 atmospheric reservoir. This C14 is 'artificial' or 'bomb' C14, produced because nuclear bombs produce a huge thermal neutron flux. The effect of this has been to almost double the amount of C14 activity in terrestrial carbon bearing materials (Taylor, 1987).
Corrections to radiocarbon dates.

Dies als Grafik: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/e/e2/Radiocarbon_bomb_spike.svg

Begriffe:
"theromunkleare Bombe", "Fusionsbombe" (fusion-bomb) und "Wasserstoffbombe" beschreiben die gleiche Erscheinung.
Das ist zu unterscheiden von dem, was ursprünglich als "Atombombe" genannt wurde und auch "Spaltungsbombe" oder "fission-bomb" hieß.

Die "Superbombe" war zunächst der Begriff für die Atombombe auf Spaltungsprinzip und wurde dann als Steigerung ab ca. 1950 für die Fusionsbombe usw. verwendet..
 
Nochmals kurz zurück zur Ersten Fusionsbombe („Wasserstoffbombe“) namens „Mike“ oder besser 'mike-test',
und was daraus geworden ist.

Nachdem im August 1949 die UDSSR früher als erwartet eine Atombombe (Spaltungsbombe auf Plutoniumbasis(?) ) zündet, zeigt sich die bisher einzige Atommacht USA unangenehm überrascht.
Nach eifriger Erörterung lässt der amerikanischen Präsidenten Truman am 31. Januar 1950 Folgendes veröffentlichen:
„It is part of my responsibility as Commander in Chief of the Armed forces to see to it that our country is able to defend itself against any possible aggressor. Accordingly, I have directed the AEC to continue its work on all forms of atomic weapons, including the so-called hydrogen or Superbomb. –
„Es gehört auch zu meinen Aufgaben als Oberbefehlshaber der Streitkräfte dafür Sorge zu tragen, dass sich unser Land gegen jeden möglichen Aggressor wehren kann. Demgemäß habe ich die Atomenergie-Behörde [AEC - Atomic Energy Comission, Vorsitz Oppenheimer 1947-1952] beauftragt ihre Arbeiten an Atomwaffen jeder Art fortzuführen, einschließlich der sogenannten Wasserstoff- oder Superbombe“ (Übersetzung und Anmerkung durch mich)
https://trumanlibrary.org/publicpapers/index.php?pid=642&st=&st1=

(Das Presse-Echo wäre ein interessanter Aspekt, vielleicht findet jemand dazu etwas)

Am 1. November 1952 ist es schließlich soweit, und auf Ewitok, welches zu den Marschall-Inseln zählt, wird die erste Fusions-Bombe gezündet.
Diese hat die Größe eines mehrstöckigen Gebäudes und die entsprechende Masse.
http://nuclearweaponarchive.org/Usa/Tests/IvyMikeDevB640c20.jpg
Sie ist keine Bombe im eigentlichen Sinn, sondern eine Testvorrichtung auf Basis der „Teller-Ulam principles of staged radiation implosion“
Operation Ivy
Das physikalische Prinzip jedenfalls funktioniert und die erste fusionsgespeiste Explosion bringt rund 10 Megatonnen TNT-Äquivalent Energiefreisetzung ( ca. 700 „Hiroschimas“)
Also es geht, nur ist das Teil halt nicht transportabel.

Im August des Jahres darauf zündet die Sovietunion ebenfalls eine Art Fusions-Explosion [oder Vorstufe dazu – RDS-6, Anmerkung durch mich] Die hat zwar „nur“ rund 30 „Hiroschimas“ (400 Kilotonnen TNT-Äquivalent), aber es handelt sich eine transportable Bombe. [D.h. man muss sie nicht an Ort und Stelle errichten, sondern kann sie im ganzen dorthin schaffen.]
(Rhodes, Arsenals of Folly - S.70)

Eine echte Fusions-Bombe (also auch transportabel) wird von den USA Februar 1954 auf dem Bikini-Atoll gezündet: Castle Bravo Test. Der Effekt dieser Bombe (15MT) übertrifft die Erwartungen um mehr als das doppelte und entsprechend unzulänglich sind die Sicherheitsmaßnahmen und verheerend die Auswirkungen.
"Bravo" Both Triumphs and Fails | Quest for the Hydrogen Bomb | History of the Atomic Age | atomicarchive.com
November 1955 wird von den Soviets eine Fusions-Bombe erstmals von einem Flugzeug abgeworfen (1,5 MT). Damit ist UDSSR sozusagen wieder vorn mit ihrem RDS-37 https://www.ctbto.org/specials/testing-times/22-november-1955-rds-37

Im Gegensatz zum Mike-Experiment brauchen diese Bomben kein bei -253°C verflüssigtes Tritium (Wasserstoff-Isotop mit 2 Neutronen und einem Proton) sondern bedienen sich des Feststoffs Lithium.
Lithium Production - Nuclear Weapons
Wie bei Mike wird als Zünder eine herkömmliche Atombombe (Spaltungsbombe) verwendet.
Das Lithium wird durch den Neutronenbeschuss der Spaltungsbombe auf der Stelle in Helium und Tritium zerlegt.
Das Tritium selbst,welches mit Massedefekt (E=mc^2) zu Helium verschmolzen werden soll, muss vorher nicht mehr bereitgestellt werden. (Und damit entfällt auch der extrem hohe Aufwand dieses in brauchbare Dichte zu bringen)
The Hydrogen Bomb: The Basics | Nuclear Fusion | Science | atomicarchive.com

Aus dem Testgebäude Mike ist mittlerweilen eine Bombe geworden die man durch die Luft verfrachten kann.
Und das in drei Jahren,
.. und nur zehn Jahre nach Hiroschima besteht die Möglichkeit eine Bombe mit dem Verheeren von 100 „Hiroschimas“ von einem Bomber aus zu platzieren und sehr bald werden es 1000 sein.

Ebenso erwerben diese Fähigkeit 1957 Großbritannien, 1967 China, Frankreich 1968 (jeweils Fusions-Bombe, = Thermonukleare Bombe)
(Rhodes, Arsenals of Folly - S. 70)

Das Rennen um ungebremste Vernichtungsfähigkeit scheint ungebremst,
und als Gorbatschow 1985 sein Amt als Staatschef antritt, sieht er sich einem weltweiten Arsenal gegenüber, das auf 'ungefähr 1,5 Millionen „Hiroschimas“' angewachsen ist.
(Rhodes, Arsenals of Folly S. 69)
 
Zuletzt bearbeitet:

@Thane,

Aus dem von Dir verlinkten Artikel:
„So unterschiedlich sie auch sein mögen, der General und sein Forschungsdirektor sind ein Dream-Team. Groves erkennt, dass Oppenheimer von einem "maßlosen Ehrgeiz" angetrieben wird, und nutzt das für sich. Der Physiker ist enttäuscht, weil ihm seine Forschungsbeiträge nicht die gewünschte Anerkennung verschafft haben. Das Bombenprojekt eröffnet ihm nun überraschend die Chance auf Unsterblichkeit. Und er nutzt sie. So wie Groves.“

Oppenheimer und Groves sind wohl ein seltsames Paar.

Und weiter in der angegebenen Quelle: „Der General traut den schwatzhaften Wissenschaftsprimadonnen nicht und will die einzelnen Forschungsgruppen strikt voneinander trennen. Physiker, Chemiker, Mathematiker, Metallurgen, Theoretiker, Waffentechniker und Sprengstoffexperten sollen ihre Erkenntnisse auf keinen Fall untereinander austauschen. Sie könnten sonst die Geheimnisse der Bombe ausplaudern. Zudem besteht Groves darauf, die Forscher für die Dauer des Projekts als Armeeangehörige zu verpflichten.
Oppenheimer ist strikt dagegen. Er weiß, dass nur ein offener wissenschaftlicher Diskurs am Ende zur Bombe führen wird. Er wirbt für ein zentrales Labor, "wo man frei miteinander reden könnte, wo theoretische Ideen und experimentelle Ergebnisse zueinander in Beziehung treten, wo Ineffizienz und Frustration und Irrtum, wie aus so vielen voneinander abgegrenzten experimentellen Studien bekannt, vermieden werden".


Oppenheimer selbst erinnert es 1966 in einem Interview etwas anders, aber der Grundkonflikt der Verantwortlichkeiten ist auch hier erkennbar:
„the first meeting with Groves was at the house of the President of the University for California. It was called Sproul and we had lunch there, I think. And after lunch, I said, “This thing will never get on the rails unless there is a place where people can talk to each other and work together on the problems of the bomb. And this could be at Oak Ridge, it could be some California desert, but someplace, there has got to be a place where people are free to discuss what they know and what they do not know and to find out what they can.” And that made an impression on him.“
Übersetzung durch mich:
„Das erste Treffen mit Groves war im Haus des Präsidenten der University for California. …
Nach dem Essen sagte ich: „Die Sache wird nie ins Rollen kommen, wenn es nicht einen Platz gibt, an dem sich die Leute treffen um miteinander zu reden und zusammen an den Problemen der Bombe arbeiten können. Das könnte in Oak Ridge sein, in einer Kalifornischen Wüste. Aber irgendwo muss es einen Platz geben, an dem die Leute frei darüber diskutieren können, was sie wissen, und was nicht, und so herausfinden was sie können.“ Und das beinduckte ihn“

Das ganze Interview findet sich hier: J. Robert Oppenheimer's Interview | Manhattan Project Voices
(Oppenheimers Rückblick auf das Manhattan Project umreisst dessen Geschichte in angenehmer Sachlichkeit)

Man kann vielleicht sagen, Groves verstand, dass er die Welt der Physik nicht verstand. Und damit auch nicht wie diese Welt organisiert sein müsse. (Wenn dem so war, war er gewiss ein kluger Mensch. )
Der geniale Oppenheimer, der ihm fremd sein musste, versprach diese zu verstehen, und er hatte fundierte Organisationsvorschläge.
.. zudem als junger Mann auch eine der brauchbaren Wüsten (unvermeidlich) zu Pferde bereist, die er nun ins Auge fasste und vorschlug.

… auch so eine verrückte Story..

Was mir wesentlich erscheint, ist die erkannte Dynamik der Grundlagenforschung im Hinblick auf die ultimative Waffentechnik.
 
NSC-68

Ich will nochmal zurück, bzw. voran, in das Jahr 1950.
September 1949 gelangt es den Regierenden der USA zu Kenntnis, dass die UDSSR eine Atombombe (Spaltungsbombe) gezündet hatte (August).
Dies ergibt sich aus den Analysen der Rückstände in Luftfiltern der Antriebe von US-Flugzeugen welche zu fraglicher Zeit das entsprechende Gebiet überflogen hatten.

Truman verkündet am 31. Januar 1950 seine Direktive zur Entwicklung der H-Bombe (Fusionsbombe).
Er erteilt auch den Auftrag an den Aussenminister Dean Acheson und den Verteidigungsminister Louis A. Johnson eine Neubewertung der US-Amerikanischen Interessen vor dem Hintergrund der anzunehmenden Fähigkeit der UDSSR im Besitz der Spaltungsbombe zu sein, und der Möglichkeit der UDSSR auch eine Fusionsbombe (H-Bombe) zu bauen.
Acheson überträgt die Aufgabe der Recherche und Formulierung an Paul Nitze (während des Krieges in leitender Funktion bei der Planung strategischer Bombardierungen).
Nitze ist frisch ernannter Chef des PPS (Policy Planing Staff) und Nachfolger von George F. Kennan (ehemaliger US-Botschafter in der Sovietunion).
[1]
Nach knapp zweieinhalb Monaten liegt der Bericht (NSC-68) [2], der unter Aufsicht der beiden Minister federführend von Nitze erstellt wird, dem Präsidenten vor. Dieser kann als Basis des folgenden Aufrüstungsprogramms auf amerikanischer Seite gesehen werden.
[3]
In gewisser Weise ist NSC-68 auch eine Blaupause für den Kalten Krieg, die mindesten bis in die 70er Jahre wirken wird. [4].
NSC-68, der drei Folgeberichte haben wird (bis NSC-68/4 nach dem Eingreifen Chinas in den Koreakrieg) setzt jedenfalls Maßstäbe. (der geforderten Vervierfachung des US-Verteidigungshaushalts jedenfalls wird ungefähr entsprochen werden.)

Zum einen betreiben er und Acheson „threat inflation“ also die Übertreibung einer bestehenden Gefahr, um die politischen Entscheidungsträger zu, als notwendig erachteten, Maßnahmen zu drängen (blundgeon). [1] [3]
Zum anderen beschreibt er die Sovietunion als ein Reich, das sich nur in aggressiver Ausdehnung mit dem Zweck der Versklavung der gesamten Welt erhalten könne. [2]
Das „Reich des Bösen“, eine Perzeption die noch der Hollywood-Schauspieler Ronald Reagan bemühen wird, findet im NSC-68 eine auffallend zahlreiche Wiederholung.

Zurück zur Technik:
Nitze prognostiziert 1950 in NSC-68, dass die UDSSR bis 1954 ca. 200 Atombom angehäuft haben würde und deshalb dieses Jahr einen gefährlichen Wendepunkt für die Sicherheit de USA darstellen müsse.
Die Schätzung liegt nicht weit daneben, ca. 150 werden es 1954 sein.
In diesem Jahr indes verfügen die USA über mehr als 1400 strategische nukleare Atomwaffen mit einer Gesamtsprengkraft von 600 Mt TNT-Äquivalent. [1]
Das sind ca 4.000 Hiroshimas 9 Jahre nach 1945.
Künftig wird man beiderseits noch ein paar Zehnerpotenzen hinzufügen.

[1] Richard Rhodes – The Arsenals Of Folly – Seite 103 ff
[2] https://www.trumanlibrary.org/whistlestop/study_collections/coldwar/documents/pdf/10-1.pdf
[3] https://kclpure.kcl.ac.uk/portal/files/9896867/Young_Revisiting_NSC_68.pdf
[4] Anne Hessing Cahn – Killing Detente - Seite 136
 
Zuletzt bearbeitet:
@hatl:
Vorab einen Dank für die interessante Serie. Stützt Du Dich iW auf Rhodes?

Wenn man das Thema zeitlich dreiteilst und auf die strategische Komponente beschränkst, wie würdest Du das sehen:

1. der quantitative Wettlauf im Kalten Krieg bzgl. der nuclear warheads
2. technologischer Wettlauf der Trägersysteme
3. Entwicklungen der strategischen Doktrin, Defensiv- und Zweitschlagskapazitäten?

Insbesondere der zweite Punkt scheint mir nach der Phase, die NWs in großer Zahl und exponential gesteigerter Wirkung verfügbar machte, von großer Bedeutung (und mit Einfluss auf 3.) für die Entwicklungen.

Ein ergänzender Apekt wäre noch, wie die Perzeption der konventionellen Kapazitäten (als Einschnitte würde ich hier den Koreakrieg und die Nahostkriege 1967/73 sehen) den Wettlauf beeinflusste.
 
Stützt Du Dich iW auf Rhodes?
Nein, eigentlich nicht. Rhodes ist aber sicher eine gute Quelle.

Angefangen hab ich mit Mark Walker – Die Uranmaschine, Mythos und Wirklichkeit der deutschen Atombombe -
Hier sind die Grundprobleme physikalischer Natur und technischer Art gut beschrieben.
Diese zwei Themen sind einer Internet-Recherche sehr gut zugänglich.
Ich hab das eigentlich so entwickelt, dass ich, wenn ich zum Sachverhalt etwas Neues und Brauchbares finde und einordnen kann, etwas dazu schreib.

Wenn man das Thema zeitlich dreiteilst und auf die strategische Komponente beschränkst, wie würdest Du das sehen:

1. der quantitative Wettlauf im Kalten Krieg bzgl. der nuclear warheads*
2. technologischer Wettlauf der Trägersysteme
3. Entwicklungen der strategischen Doktrin, Defensiv- und Zweitschlagskapazitäten?
Das wäre dann eher das Thema Kalter Krieg und ich hab mir überlegt ob ich meinen letzten Beitrag besser dort platziere.
Es ist nicht einfach eine Trennlinie zwischen der Technikgeschichte und der des kalten Kriegs zu finden.
Deiner Dreiteilung vor dem strategischen Hintergrund kann ich zustimmen, will sie aber ergänzen:

0. der Wettlauf um die strategisch fundamental wichtige Möglichkeit eine Spaltungsbombe und dann Fusionsbombe, zu bauen. Das ist zu Beginn des kalten Kriegs mehr qualitativ als „quantitativ“
1. quantitativer Wettlauf mit dem nuklearen Monopolverlust der USA (stockpiling).
2. der technologische Wettlauf um die Trägersysteme findet insbesonders im Bereich der Raketentechnik statt. Das Trägersystem Flugzeug ist bereits hochentwickelt und erprobt.
Die Raketentechnik ist der Ausweg der UDSSR aus einer nachteiligen geostrategischen Lage und erweist sich zudem als überlegen.
3. „Entwicklungen der strategischen Doktrin, Defensiv- und Zweitschlagskapazitäten? „
Das wäre dann die letzte(?) Stufe des Spiels im kalten Krieg. Sie nennt sich recht zutreffend MAD.

Ein ergänzender Apekt wäre noch, wie die Perzeption der konventionellen Kapazitäten (als Einschnitte würde ich hier den Koreakrieg und die Nahostkriege 1967/73 sehen) den Wettlauf beeinflusste.

So wie ich es verstehe, ist der Koreakrieg, und insbesondere das wirksame Eingeifen Chinas in diesen, ein Wendepunkt der amerikanischen Rüstungsanstrengungen, auch im konventionellen Bereich, und veranlasst Truman den Empfehlungen des NSC-68 bei der Budgetplanung zu folgen.
Diese beinhalten eine konventionelle Aufrüstung, weil es nach dem nuklearen Monopolverlust naheliegend erschien unterhalb der Schwelle eines Atomkriegs handeln zu können.
Damit sind wir etwas von der Technikgeschichte abgekommen und haben den Bereich des Kalten Krieges betreten.
(Hier beziehe ich mich „ iW auf Rhodes“ - Arsenals of Folly)
 
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