Hindenburgs Rolle beim Untergang der Weimarer Republik

Mauritiu

Neues Mitglied
Hallo! :)
Ich schreibe gerade eine Hausarbeit, in der ich mich kritisch mit der Rolle Hindenburgs beim Untergang der Weimarer Republik auseinandersetzen möchte.
Ich habe erstmal eine Einführung der Ereignisse in das Thema gegeben, jetzt fehlt mir aber eine weitere Gliederung..:confused:
Was ich bisher gedacht habe:
-Darstellung der Rolle Hindenburgs in der Forschung (dabei würde ich Wolfram Pyta einigen anderen Forschern gegenüberstellen, jedoch weiß ich nicht wie ich dabei genau vorgehen soll.. Erörterung?)
Dann noch die möglichen Eigeninteressen Hindenburgs an der Machtübernahme Hitlers
.. Was haltet ihr davon?
.. Wie würdet ihr die Bearbeitung angehen?

Vielen lieben Dank schon mal an alle! ::winke:
 
Man sollte sich Hindenburgs Herkunft und Karriere auch vor der Weimarer Republik ansehen, seine Rolle in der WR als "Ersatzkaiser", als Konkurrent Hitlers bei der Wahl zum Reichstagspräsidenten, der plötzlich sogar für die SPD wählbar wurde, der Hitler abfällig als "böhmischen Gefreiten" titulierte und schließlich die Senilitätsdiskussion anschauen, die Rolle der Konservativen Revolution, seines Sohnes etc.
Meine These ist ja, dass Hindenburg gar nicht anders konnte, als Hitler zum Reichskanzler zu machen. Nur Hitler konnte seit dem Sommer '32 noch eine Parlamentsmehrheit hinter sich bringen, trotz der Novemberverluste. Die Präsidialkabinette der Jahre zuvor waren alles andere als demokratisch. Schlimm halt, dass annähernd 40 % der Deutschen (und wenn man die KPD-Wähler miteinbezieht auch mehr) antidemokratisch wählten und Hindenburg somit nach demokratischen Maßstäben gezwungen war einen Antidemokraten die Regieurng anzuvertrauen.
NSDAP - Juli 37,3 - Nov. 33,1
DNVP - Juli. 5,9 = 43,2 - Nov. 8,3 = 41,4 (rechtes Lager gesamt)
KPD Juli 14,3 = 57,5 - Nov. 16,9 = 58,3 (antidemokrat. - links+rechts - gesamt)
Hindenburg war m.E. zwar selbst weit entfernt davon ein Demokrat zu sein, aber Hitler zum Reichskanzler zu machen, scheint ihm doch sehr widerstrebt zu haben.
 
Hindenburg war m.E. zwar selbst weit entfernt davon ein Demokrat zu sein, aber Hitler zum Reichskanzler zu machen, scheint ihm doch sehr widerstrebt zu haben.

Das ist sicherlich richtig, aber es verweist m.E. eher auf Standesunterschiede von beiden.

Seine Rolle, die Weimarer Republik zu Fall zu bringen, sollte aber nicht unterschätzt werden.

@ Mauritiu: Vergleiche Ausführungen unter folgendem Link:

http://www.geschichtsforum.de/f63/w...schen-epoche-oder-neuanfang-42794/#post678470
 
@Sepiola: Vielen Dank für den Hinweis. Vielleicht habe ich dieses Zitat als plausibel angenommen, weil diese beiden Männer, jeder für sich auf unterschiedliche Art, bemerkenswert talentiert waren, wenn man ihre Fähigkeiten wertneutral beschreiben möchte. Aber zwei so extrem charismatische Führungspersonen konnten keinen Modus vivendi für ihren Führungsansprüche finden. Und mußten so zwangsläufig zu Gegnern werden. Fast analog zur Konfliktsituation nach 1918 zwischen Hindenburg und Ludendorff.

Meine These ist ja, dass Hindenburg gar nicht anders konnte, als Hitler zum Reichskanzler zu machen. Nur Hitler konnte seit dem Sommer '32 noch eine Parlamentsmehrheit hinter sich bringen, trotz der Novemberverluste.

Ich folge Dir in dieser Sicht insofern, als beispielsweise v. Hammerstein die Durchsetzung von politischen Interessen auf der Basis der Waffen der Reichswehr für nicht durchführbar einschätzte.

Um dennoch das Ziel einer konservativen präsidialen, anti-demokratischen, Regierung durchzusetzen, war die massenhafte Legitimation als plebiszitäres Element durch die NSDAP notwendig. Insofern sollte Hitler lediglich die Rolle des "nützlichen Idioten" spielen.

Vor diesem Hintergrund der Intrigen sollte die NSDAP das Gegengewicht bilden gegen den möglichen Widerstand des linken Parteienspektrums gegen eine befürchtete autokratische Herrschaft und die damit antizipierten Gefahr eines Bürgerkriegs (vgl. die ambivalente Haltung von Hammerstein).

Kurt von Hammerstein-Equord ? Wikipedia
 
Zuletzt bearbeitet:
El Quijote schrieb:
Meine These ist ja, dass Hindenburg gar nicht anders konnte, als Hitler zum Reichskanzler zu machen. Nur Hitler konnte seit dem Sommer '32 noch eine Parlamentsmehrheit hinter sich bringen, trotz der Novemberverluste. /QUOTE]

Niemand konnte Hindenburg zwingen Hitler zum Reichskanzler zu machen. Er hätte einfach ein wenig zuwarten müssen und die NSDAP hätte an Bedeutung, so meine These, verloren. Den Zenit hatte sie jedenfalls schon überschritten gehabt. Und Hindenburg hätte einen demokratischen Politiker für eine Übergangszeit mit den Vollmachten des artikel 48 ausstatten können.

Hindenburg ist eine ganz trübe Figur der deutschen Geschichte. Man muss hierzu nur ein Blick auf die ganzen sogenannten Gesetze werfen, die Hitler ihm vorglegt hat und Hindenburg unterzeichnet hat. Oder sein tollldreisten Lügen nach dem Kriege oder nach seiner Wahl zum Reichspräsidenten.
 
Er hätte einfach ein wenig zuwarten müssen und die NSDAP hätte an Bedeutung, so meine These, verloren. Den Zenit hatte sie jedenfalls schon überschritten gehabt.
Die nicht falsifizierbar ist, weil es nach dem November keine freien Wahlen mehr gab. Unsere Erfahrungen aus der Bundesrepublik zeigen doch, dass Wahlergebnisse sehr heterogen sein können. Nachdem die FDP beispielsweise 1994 durch eine unbedacht ehrliche Äußerung ihres Außenministers und Spitzenkandidaten Kinkel schon einmal um ihren Wiedereinzug in den Bundestag fürchten musste, wurde sie 2005 wieder zur drittstärksten Partei und erlangte 2009 sogar fast 15 %, um zuletzt dann tatsächlich erstmals aus dem Bundestag herauszufliegen. Warum das so gekommen ist, darüber möchte ich auch angesichts der Forenregeln nicht raisonnieren und auch nicht spekulieren, wie die weitere Zukunft dieser Partei aussehen wird. Wir sehen aber, dass die Wählergunst durchaus wandelbar ist. Die Partei, welche - trotz Verlusten - immer noch die meisten Wählerstimmen auf sich vereinigen konnte - immerhin knapp 13 % mehr als die zweitstärkste Partei, die SPD - als "ihren Zenit überschritten" zu charakterisieren, halte ich jedenfalls für mutig.
Man sehe sich auch mal die Wahlergebnisse der CSU an, da gibt es teilweise Wahlergebnisse von bis zu 11 % Unterschied. Hier nur mal Bundestagswahlergebnisse der CSU:

1976 - 60,0 %
1980 - 57,6 %
1983 - 59,5 %
1987 - 55,1 %
1990 - 51,9 %
1994 - 51,2 %
1998 - 47,7 %
2002 - 58,6 %
2005 - 49,2 %
2009 - 42,5 %
2013 - 49,3 %


Niemand würde allen ernstes behaupten, weil in Bayern gerade keine Wahleregnisse á la Strauß oder Stoiber eingefahren werden, dass die CSU ihren Zenit überschritten habe.

Und Hindenburg hätte einen demokratischen Politiker für eine Übergangszeit mit den Vollmachten des Artikel 48 ausstatten können.
Wenn er denn gewollt hätte. Das Problem aber bleibt bestehen: Die Präsidialkabinette der frühen 1930er Jahre waren Regierungen am Wählerwillen vorbei, die Reichskanzler dieser Zeit konnten keine Parlamentsmehrheit hinter sich vereinigen, die Mehrheit der Deutschen wollte in den 1930er Jahren offenbar keine Demokratie und die NSDAP war die Partei, die nach demokratischen Spielregeln eigentlich schon im Juli 1932 mit der Regierungsbildung hätte beauftragt werden müssen.
Wir können da die Wähler der 1930er Jahre leider nicht entlasten.
 
Ich denke nicht, das sich die Situation von Bayern in der Bundesrepublik mit der der Endphase der Weimarer Republik so ohne Weiteres vergleichen läßt. Die Republik von Weimar war durch politischen Terror, einen katatastrophalen wirtschaftlichen Lage und mit den damit verbundenen sozialen Verwerfungen in einer äußerst schwierigen Situation. Die Nazis schwammen genau auf diese Welle des Wirtschaftskrise und der nationalen Befindlichekeiten der Nation; das war und ist bei der CSU doch einwenig anders. Und zum Zeitpunkt der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler gab es auch schon erste Anzeichen dafür, dass das Tal der Tränen, wirtschaftlich betrachtet, durchschritten war und es langsam bergauf gehen würde. Ich denke, das hätte auch Rückwirkungen auf das Wahlverhalten der Bürger gehabt.
 
Ich denke nicht, das sich die Situation von Bayern in der Bundesrepublik mit der der Endphase der Weimarer Republik so ohne Weiteres vergleichen läßt.

Das Auf und Ab der Wählerstimmen aber sehr wohl.
Die Republik von Weimar war durch politischen Terror, einen katatastrophalen wirtschaftlichen Lage und mit den damit verbundenen sozialen Verwerfungen in einer äußerst schwierigen Situation. Die Nazis schwammen genau auf diese Welle des Wirtschaftskrise und der nationalen Befindlichekeiten der Nation; das war und ist bei der CSU doch einwenig anders.
Darum ging es aber nicht. Es ging um das Auf und Ab der Wählerzustimmung. Um zu verdeutllichen, dass aufgrund eines Wahlergebnisses nicht die Rede davon sein kann, dass eine Partei ihren Zenit überschritten habe.
 
...
Niemand würde allen ernstes behaupten, weil in Bayern gerade keine Wahleregnisse á la Strauß oder Stoiber eingefahren werden, dass die CSU ihren Zenit überschritten habe.

...

Bei allem Respekt, aber hier findet sich ja in keiner Weise eine angemessene Analogie.
Man kann doch nicht im Ernst das Auf und Ab des Wählerverhaltens der (bayerischen) BRD-Geschichte, die weder ähnliche Instabilitäten noch Radikalität aufweist, mit der Situation der letzten Tage der WR vergleichen.

Man darf auch zur Kenntnis nehmen, dass die allgemeine Einschätzung (von Links bis Rechts) Ende 1932 eben davon ausging, dass die Hitlerpartei ihren Zenit überschritten habe.
Einerseits weil die Überwindung der wirtschaftlichen Krise bereits begonnen hatte, und andererseits, weil die NSDAP unmittelbar von der Spaltung bedroht war.
Es spricht auch Einiges dafür, dass diese Einschätzung zutreffend gewesen wäre, hätte Hindenburg nicht Hitler seine letzte Chance gewährt, die dieser in überraschend gekonnter Weise nutzte.

Und zu #2:
Meine These ist ja, dass Hindenburg gar nicht anders konnte, als Hitler zum Reichskanzler zu machen
würde mich interessieren welcher Historiker diese These teilt.

...dünnes Eis. :pfeif:
 
Und zu #2:
würde mich interessieren welcher Historiker diese These teilt.
...dünnes Eis. :pfeif:

Nein, vermutlich ist es nicht so dünn (vgl. Link, #24). Von Hindenburg und seiner Umgebung war die Abkehr von Weimar eingeleitet worden und Hitler sollte nur eine "Übergangsfigur" sein.

In diesem Sinne ist die These durchaus korrekt.

Dabei brauchte man nicht Hitler, sondern die SA. Die Reichswehr befürchtete in einen Bürgerkrieg gezogen zu werden, den sie nicht duchstehen kann.

http://www.geschichtsforum.de/f63/w...schen-epoche-oder-neuanfang-42794/#post678470
 
Nein, vermutlich ist es nicht so dünn (vgl. Link, #24). Von Hindenburg und seiner Umgebung war die Abkehr von Weimar eingeleitet worden und Hitler sollte nur eine "Übergangsfigur" sein.

In diesem Sinne ist die These durchaus korrekt.

Dabei brauchte man nicht Hitler, sondern die SA. Die Reichswehr befürchtete in einen Bürgerkrieg gezogen zu werden, den sie nicht duchstehen kann.

http://www.geschichtsforum.de/f63/w...schen-epoche-oder-neuanfang-42794/#post678470

Dein Beitrag #24.
Hat Hindenburg nicht anders gekonnt, oder war es seiner Haltung entsprechend?
Ich vermute, dass die Fehleinschätzung Hitlers als "Übergangsfigur" ebenso verbreitet war, wie die Einschätzung, dass die Hitlerpartei ihren Zenit überschritten hatte.
Man kann ja vermuten, dass die Kombination der eigenen Neigung mit einer unklaren Erkenntnislage, zur Haltung Hindenburgs führte.
Und wenn er schon vor einem militärischen politischen Verband wie der SA, die, so wie ich es glaube zu verstehen, stärker war als die militärische Staatsmacht, kapitulieren wollte, dann lag ihm das wohl näher als andere Optionen.

Ich kann aber nicht verstehen, warum er keine andere Wahl gehabt haben soll.
 
Bei allem Respekt, aber hier findet sich ja in keiner Weise eine angemessene Analogie.
Man kann doch nicht im Ernst das Auf und Ab des Wählerverhaltens der (bayerischen) BRD-Geschichte, die weder ähnliche Instabilitäten noch Radikalität aufweist, mit der Situation der letzten Tage der WR vergleichen.

Es ging nicht um die Instabilität der späten Weimarer Zeit, sondern darum zu zeigen, dass ein Auf und Ab von Wahlstimmen kein Beleg dafür ist, ob eine Partei ihren Zenit überschritten hat, zumal diese Partei, die angeblich ihren Zenit überschritten gehabt haben soll, immer noch die stärkste Fraktion im Reichstag bildete und in Lippe auf Landtagswahlebene noch einen weiteren beachtlichen Erfolg erringen würde.

Man darf auch zur Kenntnis nehmen, dass die allgemeine Einschätzung (von Links bis Rechts) Ende 1932 eben davon ausging, dass die Hitlerpartei ihren Zenit überschritten habe.
Davon weiß ich nichts. Aber solche Einschätzungen kennen wir auch aus der Gegenwart zur Genüge, einige Jahre später stellen sie sich häufig als vorschnell heraus. Da wir durch den Naziterror ab dem 31. Januar 1933 der Möglichkeit beraubt sind, solche Einschätzungen zu verifizieren bzw. falsifizieren, wäre ich also mit solchen Postulaten sehr, sehr vorsichtig.

Meine These ist ja, dass Hindenburg gar nicht anders konnte, als Hitler zum Reichskanzler zu machen
würde mich interessieren welcher Historiker diese These teilt.

...dünnes Eis. :pfeif:

Das sehe ich nicht so, aber aus anderen Gründen als Thanepower. Wie schon erwähnt, entspricht es demokratischen Gepflogenheiten, dass die stärkste Parlamentsfraktion mit der Regierungsbildung beauftragt wird. Sie muss dafür sorgen, notfalls durch Koalitionsbildung, eine Parlamentsmehrheit herzustellen, um eine mehrheitsfähige Regierung zu bilden. Die Weimarer Verfassung hatte keine prozentuale Hürde, was dazu führte, dass zeitweilig sehr viel Parteien ins Parlament kamen und dadurch die Regierungsbildung erschwert wurde. Auch das führte zu den im Grunde undemokratischen Präsidialkabinetten, denen es nie gelang, Regierungsmehrheiten im Reichstag herzustellen.

Die Deutschen hatten gewählt, Im Juli 1932 machte die NSDAP einen gewaltigen Satz nach vorne in der Wählergunst, mit 19 Prozentpunkten Zugewinn gegenüber der vorhergehenden Wahl 1930 (bei der sie schon beachtliche 15 Prozentpunkte Zugewinn gemacht hatte!). Im November machte sie 5 Prozentpunkte Verlust, war aber immer noch die stärkste Fraktion mit 13 % Vorsprung gegenüber der SPD als zweitstärkster Partei.

Natürlich konnte, wenn wir das Wort können auf die Goldwaage legen, Hindenburg anders. Das hatte er ja in den letzten drei Jahren mit den Kabinetten Brüning, Papen und Schleicher wiederholt bewiesen. Der Sinn einer Regierungsbildung in einem demokratisch verfassten Staat ist aber nun mal der, dass eine mehrheitsfähige Regierung entsteht. Und da hat ein Präsident nicht nach dem eigenen Gusto eine Partei mit der Regierungsbildung zu beauftragen, sondern danach, welche Partei die stärkste Fraktion stellt. Und wenn es dieser nach Verhandlungen nicht gelingt, eine stabile Mehrheit zu gewährleisten, dann ist eben die nächste Fraktion dran und ggf. muss es dann eben auch - als letztes Mittel - Neuwahlen geben, wenn es partout nicht möglich ist, eine Regierung zu bilden.
Aber das Mittel der Neuwahlen war verbraucht. Zwei Reichstagswahlen in einem Jahr! 1919 und 1920, das hatte gewissermaßen noch einen Sinn, aber die jeweils zwei Wahlen 1924 und 1932 zeigten ja, wie problematisch die Gesamtsituation war.
Wie lange sollte Hindenburg den Wählerwillen noch ignorieren, zumal die NSDAP auch bei der Landtagswahl in Lippe Mitte Januar gegenüber der vorhergehenden Landtagswahl 36 Prozentpunkt hinzugewann und damit aus einer vernachlässigbaren Kleinpartei aus dem Stand zur stärksten Fraktion im lippischen Landtag wurde, von 3,4 auf 39,5 %?

Also ja, rein technisch hätte Hindenburg anders können. Aus Sicht des Verfassungssinns - auch wenn in der Weimarer Verfassung nirgends explizit steht, dass die stärkste Fraktion mit der Regierungsbildung beauftragt werden soll - aber hatte er sich viel zu lange geweigert. Denn die NSDAP als Terrororganisation dauerhaft zu verbieten, dazu konnte man sich ja nicht durchringen (Aufhebung des Parteiverbots nach dem Hitlerputsch schon im Januar 1925), selbst das SA-Verbot Brünings vom April 1932 wurde nach Regierungswechsel im Juni 1932 schon wieder aufgehoben.
 
Der Sinn einer Regierungsbildung in einem demokratisch verfassten Staat ist aber nun mal der, dass eine mehrheitsfähige Regierung entsteht. Und da hat ein Präsident nicht nach dem eigenen Gusto eine Partei mit der Regierungsbildung zu beauftragen, sondern danach, welche Partei die stärkste Fraktion stellt. Und wenn es dieser nach Verhandlungen nicht gelingt, eine stabile Mehrheit zu gewährleisten, dann ist eben die nächste Fraktion dran und ggf. muss es dann eben auch - als letztes Mittel - Neuwahlen geben, wenn es partout nicht möglich ist, eine Regierung zu bilden.

Die Verfassungseltern des Grundgesetzes haben daraus im Übrigen gelernt. Zwar ist es immer noch die Aufgabe des Bundespräsidenten, die stärkste Fraktion mit der Regierungsbildung zu beauftragen, aber er ernennt den Kanzler nicht mehr, sondern schlägt ihn nur noch formal vor. Der Bundestag wählt ihn und der Präsident darf ihn dann noch vereidigen. Sprich: Die Präsidialkabinette sind im bundesrepublikanischen System gar nicht mehr möglich. Eine Regierung ohne eigene Mehrheit ist zwar denkbar, aber sie muss von mindestens einem Teil der Oppositionsparteien toleriert werden, der bei der Wahl des Kanzlers oder Ministerpräsidenten eine Regierungsmehrheit durch Zustimmung oder Enthaltung ermöglicht. Das Problem einer solchen tolerierten Regierung ist natürlich immer, dass sie nur unter großen Zugeständnissen an die Opposition überhaupt gestalterisch tätig werden kann.
 
Davon weiß ich nichts.

Solche Einschätzungen gab es:

Die liberale Frankfurter Zeitung verbreitete Optimismus. "Der gewaltige nationalsozialistische Angriff auf den demokratischen Staat ist abgeschlagen", schrieb Rudof Kircher in der Neujahrsausgabe. "Millionen von Anhängern sind dieser Bewegung verlorengegangen." Auf allen Gebieten, in der Wirtschaft, in der Innenpolitik, in der Außenpolitik, und vor allem auch in der "geistigen Gesamtlage der Nation" seien zum ersten Mal "deutliche Sympthome einer beginnenden Konsolidierung" zu beobachten. Die politische Gurndtendenz werde "durch die Tatsache der Entzauberung der NSDAP und durch die große staatspolitische Erkenntnis dieses Jahres bestimmt bleiben, daß es in Deutschland kein Diktieren gegen die öffentliche Meinung geben kann. Das Leben selbst hat uns gezwungen, zu dem zurückzukehren, was viele so leichten Herzens über Bord zu werfen bereit waren: zur Vernunft." Andere Blätter zeigten zu Jahresanfang 1933 noch deutlicher Zuversicht, und der satirische Simplicissimus höhnte gar in Versen: "Eins nur läßt sich sicher sagen, und das freut uns ringsherum: Hitlern geht es an den Kragen, dieses 'Führers' Zeit ist um!"
Quelle

Ob diese Einschätzung "allgemein" war, kann man trotzdem bezweifeln.

Aber das Mittel der Neuwahlen war verbraucht.

:grübel:
Hmm, so ziemlich das erste, was Hitler nach seinem Amtsantritt mit Hindenburg vereinbarte, war: Die Auflösung des Reichstags und Neuwahlen.
Die neue Regierung hatte nämlich keine Mehrheit im Reichstag und hoffte, diese durch Neuwahlen zu erreichen. (Wenige Tage vorher hatte Hindenburg Schleicher gegenüber noch die Auflösung des Reichstags verweigert...)
Um ganz sicher zu gehen, ließ man sich schon mal einige Wettbewerbsvorteile "legalisieren".
 
Solche Einschätzungen gab es:


Quelle

Ob diese Einschätzung "allgemein" war, kann man trotzdem bezweifeln.

Danke.


Aber das Mittel der Neuwahlen war verbraucht.
:grübel:
Hmm, so ziemlich das erste, was Hitler nach seinem Amtsantritt mit Hindenburg vereinbarte, war: Die Auflösung des Reichstags und Neuwahlen.
Die neue Regierung hatte nämlich keine Mehrheit im Reichstag und hoffte, diese durch Neuwahlen zu erreichen. (Wenige Tage vorher hatte Hindenburg Schleicher gegenüber noch die Auflösung des Reichstags verweigert...)
Um ganz sicher zu gehen, ließ man sich schon mal einige Wettbewerbsvorteile "legalisieren".

Diese Wahlen waren aber, wie du selber deutlich machst, von Anfang an nicht mehr als freie Wahlen gedacht. Versammlungen konnten aufgelöst werden, wenn jemand oder etwas geschmäht wurde - eigentlich eine Spezialität der SA, die aber zur Hilfspolizei aufgewertet wurde. Der Bock wurde vor aller Augen staatsoffiziell zum Gärtner gemacht.
 
Trotzdem bin ich der Meinung, dass die Rolle des Reichspräsidenten in der Weimarer Verfassung besser geregelt ist als die Rolle des Bundespräsidenten in der Bonner.

Die grundsätzliche Frage ist : Wer steht über dem höchsten ? Wenn der höchste Amtsträger (Kanzler) die Verfassung bricht, muss es einen noch höheren (Präsidenten) über ihn geben, der ihn absetzen kann. Hier ergibt sich ein Paradoxon, dass jemand, der mächtiger ist als der mächtigste ja seinerseits der mächtigste wäre und dann erst recht die Verfassung brechen könnte.

Also wird ein Präsident instituiert, der keinerlei operative Macht hat, aber das Recht, den obersten zu entlassen (bzw. seine Gesetze abzulehnen), wenn der verfassungswidrig handelt. Dieser Präsident darf in keiner Weise vom Kanzler oder dessen Partei abhängig sein, sondern muss durch den Souverän, das Volk, legitimiert, also direkt gewählt werden.

Dies war der Reichspräsident. Der Bundespräsident hingegen geht in der Regel - Ausnahmen sind möglich - aus dem Parteienklüngel hervor und ist daher von diesen nicht unabhängig (heutige KanzlerInnen sprechen vom Präsidenten durchaus nicht so, als sei es ihr Chef, eher umgekehrt); daran ändert auch die Wahl durch die Bundesversammlung nichts, denn es hat sich in der BR'anischen Wirklichkeit ergeben, dass die Landtage aus denselben Parteien hervorgehen wie der Bundestag.

Natürlich hat eine Demokratie langfristig keine Chance, wenn der Souverän, das Volk, sie abwählen will. Jedoch sollte eine Verfassung so beschaffen sein, dass sie sich selbst eine möglichst große Stabilität verleiht und die Demokratie zumindest über eine zeitlich limitierte anti-demokratische Stimmung hinwegretten kann.

Auch wenn das 1933 letztlich gescheitert ist, sehe ich doch, dass es vom Grundsatz her eine (zu kurze) Zeit lang funktioniert hat.
 
Solche Einschätzungen gab es:


Quelle

Ob diese Einschätzung "allgemein" war, kann man trotzdem bezweifeln.

Laut dem Artikel "Wie hieß er doch schon mit Vornamen, Adalbert?" - Nachrichten DIE WELT - DIE WELT war diese Einschätzung in der Presse um den Jahreswechsel 1932/33 weit verbreitet:

Das "Berliner Tageblatt" höhnte: "Überall, in der ganzen Welt, sprachen die Leute von ... wie hieß er doch schon mit Vornamen: Adalbert Hitler. Später? Verschollen!"

Die "Kölnische Volkszeitung" merkte an, ihre Prognose von Neujahr 1932, die NSDAP werde nie an die Macht kommen, sei inzwischen ein Gemeinplatz geworden. Noch 29 Tage bis Hitler.

Mit ihrem Optimismus standen diese drei Blätter keineswegs allein
 
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