Lager der Römer in Thüringen

Der Grundriss von Jena wird durch die Lage der Stadt im Saaletal bestimmt. Zwischen Auen und Bergen ergibt sich eine grob rechteckige Form.
 
Das wollte ich nicht bestritten haben, auch mein Regal ist mit vielen hervorragenden Büchern aus der DDR bestückt.

Nur beim Thema der römischen Aktivitäten östlich von Elbe, Harz und Thüringer Wald war man wohl empfindlich. Leider finde ich keinen Beleg, las aber irgendwo von einem Buch zum Thema Römer östlich der Elbe, das in den 1980er Jahren in der DDR erschien, dann aber wohl zurückgezogen wurde; ein zweiter Band wurde nicht mehr aufgelegt. Vielleicht weiß jemand mehr über diesen Fall.

Die Töpferei Haarhausen wurde allerdings ja zu DDR-Zeiten entdeckt und man fand es so interessant, dass ein Töpferofen rekonstruiert wurde und sogar noch ein experimentalarchäologisches Zentrum gegründet wurde (damals gab es noch nicht viel davon). Die Ausgräberin Dusek schrieb damals darüber: "Diese Produktionsstätte arbeitete nach römischem Vorbild. Die Konstruktionen der Töpferöfen und ihre technischen Details sind bisher aus germanischen Siedlungsgebieten unbekannt gewesen. Parallelbefunde im provinzialrömischem Gebiet betreffen Größe und vorwiegend freistehende Bauweise der Öfen, die Verwendung von Wölbtöpfen und Trockenziegeln als Baumaterial für die Wandung, die Benutzung von Brennhilfsmitteln sowie die Formvorlagen der in Haarhausen produzierten Gefäße." (Archäologie in der Deutschen Demokratischen Republik, Bd. 2, S. 572). Ein Problem, dass darin besteht, wenn Haarhausen als römischer Platz gedeutet werden soll, ist, dass die Datierung hier nun sehr spät ausfällt ("Ende des 3.Jh."). Es ist trotz Harzhorn-Ereignis für diese Zeit doch schwer vorstellbar, dass es auf einmal wieder einen römischen Stützpunkt ganz weit im Osten gab. Auch einige der Kleinfunde wie Fibeln verweisen eher auf einen germanischen Platz.
 
Ein Problem, dass darin besteht, wenn Haarhausen als römischer Platz gedeutet werden soll, ist, dass die Datierung hier nun sehr spät ausfällt ("Ende des 3.Jh."). Es ist trotz Harzhorn-Ereignis für diese Zeit doch schwer vorstellbar, dass es auf einmal wieder einen römischen Stützpunkt ganz weit im Osten gab. Auch einige der Kleinfunde wie Fibeln verweisen eher auf einen germanischen Platz.

Sicher, die Vorstellung von Römern im 3. Jh. so weit außerhalb der Reichsgrenzen ist ungewohnt. Aber nur wenige Generationen später entsteht da plötzlich wie aus dem Nichts heraus ein mächtiges Thüringerreich dessen Vorgeschichte bislang völlig unklar ist.

Noch ein persönlicher Eindruck: Seit meinem ersten Besuch dort nimmt es mich immer wieder Wunder, wie viele autochtone Thüringer einen geradezu mediterran anmutenden Teint aufweisen, wie man ihn sonst im deutschen Sprachraum nur links des Limes findet.

Vielleicht sollte man Thietmar von Merseburg ernst nehmen, der vor ziemlich genau 1000 Jahren in seiner Chronik leider zusammenhanglos schrieb:

"Antiquum opus Romanorum muro rex predictus in Mersburg decoravit lapideo, et infra."

Chronicon Thietmari Merseburgensis: Codex Dresdensis, fol. 005r . n18. (10.)
 
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Vielleicht ist es eher der hunnische Einschlag. Oder der Slawische. Ungarn?

Slawisch eher nicht bei dem Typ, den ich im Sinn habe. Gegen Hunnen und Ungarn spricht, dass sich die Erfahrung besonders auf den tiefsten Thüringer Wald bezieht, wo man Reiterkrieger eigentlich am Wenigsten erwarten sollte.

Dort hat mich manche Frau an eine antike Etruskerin oder Griechin erinnert, mit drahtiger Figur und tiefbraun gelocktem Haar. :fs:

Aber ohne belastbare genetische Daten bleibt so etwas nur Bauchgefühl.

[Edit] Die Bemerkung Thietmars zu dem antiken römischen Bauwerk in Merseburg, das der zukünftige König Otto I. mit einer Mauer schmückte "und innerhalb", würde ich aber gern noch diskutieren... um was könnte es sich da gehandelt haben?
 
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Die Besiedelung des Thüringer Waldes ist aber denn schon mehr Hoch und Spätmittelalter als antike und FrühMi...
Da passen denn die Hunnen schon ins Bild.. und die Saale, an der Halle liegt , ein linker Nebenfluß der Elbe, oder irre ich mich jetzt total?
 
Die Römer in den römischen Provinzen in Deutschland waren romanisierte Germanen. Es dürfte nur ein geringer Bevölkerungsanteil tatsächlich aus Italikern bestanden haben. Ich meine, irgendwo gelesen zu haben, dass bei Namen auf Grabsteinen nur 15 % aus fremden Provinzen stammen. Das sind aber auch Gallier, Griechen, Ägypter etc. Die Romanisierung besteht aus Migration und Kulturübernahme.

Aus den physischen Charakteristika der heutigen Bevölkerung in Thüringen auf römische Kolonisten aus dem Mittelmeergebiet zu schließen, halte ich für äußerst gewagt.
 
Also, einen Platz , auf dem man jetzt nach dem 3.Jhdt zivile römische Funde macht, als "römisch" zu bezeichnen, ich weiß nicht.

Italienische Badkacheln und Armani/Gucci im Schrank ist jetzt ja auch kein Zeichen dafür, das der Bewohner italienisch sprechen kann.

Und was das Thüringerreich an geht, um ein Reich zu gründen, braucht man keine römische Hilfe, das hat Marbod ein paar Jahrhunderte vorher ja auch "gegen den Willen" der Römer geschafft. Und Attila und andere in der Zeit des Thüringerreichs auch.
 
Die Besiedelung des Thüringer Waldes ist aber denn schon mehr Hoch und Spätmittelalter als antike und FrühMi...

Durch den Thüringer Wald führen uralte Handelswege, schon seit dem Neolithikum. Man findet Menhire and Hügelgräber, also müssen dort schon vor dem Mittelalter Menschen gelebt haben.


Aus den physischen Charakteristika der heutigen Bevölkerung in Thüringen auf römische Kolonisten aus dem Mittelmeergebiet zu schließen, halte ich für äußerst gewagt.

Das hatte ich ja selber eingeräumt. Hier ließe sich nur genetisch etwas beweisen.


Also, einen Platz , auf dem man jetzt nach dem 3.Jhdt zivile römische Funde macht, als "römisch" zu bezeichnen, ich weiß nicht.

Von den Archäologen wird in Haarhausen eine römische Siedlung bzw. ein Handelsplatz durchaus in Erwägung gezogen.

Und im frühen 11. Jh. berichtet uns Thietmar von Merseburg explizit von einem antiken römischen Bauwerk in seiner Heimatstadt.

Merseburg "Die Ersterwähnung im 9. Jahrhundert als „Mersiburc civitas“ weist auf eine bereits vorhandene befestigte Ansiedlung hin. Tatsächlich lassen sich seit der Jungsteinzeit anhaltende Besiedelungen nachweisen."
 
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Ich spielte darauf an, dass die Ethnie der Thüringer sich aus Überresten des Hunnischen Reiches, welches ja verschiedene Ethnien einschloss, gebildet haben soll. Im frühen Mittelalter sollen zudem Slawen nicht nur bis zur berühmten Elbe-Saale-Linie, sondern, zumindest als Enklaven, auch darüber hinaus bis zum Oberlauf des Mains gesiedelt haben. Und wer weis schon, ob nicht auch Ungarn hängen geblieben sind?

Dabei hatte ich gar nicht daran gedacht, dass der mittelalterliche Bergbau im Harz mit Experten aus Italien begonnen haben soll ...
 
Ich spielte darauf an, dass die Ethnie der Thüringer sich aus Überresten des Hunnischen Reiches, welches ja verschiedene Ethnien einschloss, gebildet haben soll. Im frühen Mittelalter sollen zudem Slawen nicht nur bis zur berühmten Elbe-Saale-Linie, sondern, zumindest als Enklaven, auch darüber hinaus bis zum Oberlauf des Mains gesiedelt haben. Und wer weis schon, ob nicht auch Ungarn hängen geblieben sind?

Dabei hatte ich gar nicht daran gedacht, dass der mittelalterliche Bergbau im Harz mit Experten aus Italien begonnen haben soll ...

Oder aber, was mir jetzt immer wahrscheinlicher vorkommt, es handelt sich um die Nachfahren der Leute, die dort schon Menhire und Hügelgräber errichteten und den Handel über den Rennsteig und die Pässe kontrollierten.

Wie auch immer, zurück zu den harten Fakten. ;)

Da berichtet uns also Thietmar von einem antiken römischen Bauwerk in Merseburg, das im frühen 10. Jh. von den Sachsen durch eine Mauer "geschmückt" wurde. Was kann er damit gemeint haben?
 
Da berichtet uns also Thietmar von einem antiken römischen Bauwerk in Merseburg, das im frühen 10. Jh. von den Sachsen durch eine Mauer "geschmückt" wurde. Was kann er damit gemeint haben?

Vielleicht will er damit die Gründung der Merseburger Königspfalz durch Heinrich I. in das Konzept der ottonischen Renovatio imperii Romanorum einbinden.
 
Ich denke es liegt zunächst nahe, dass er es so gemeint hat wie er es gesagt hat. Mir fiele spontan kein Grund ein, warum er hier flunkern sollte.
So unwahrscheinlich ist ja nun nicht, dass es auch römische Bauwerke weiter im Osten gegeben hat, da man ja eine Provinz gründen wollte.
Dabei ist Merseburg strategisch nicht der schlechteste Standort zur Absicherung gegen Osten. Vielleicht Jena gegen die Marcomannen? Jedenfalls sind Flussübergänge, noch dazu in der Nähe von Straßen sicherlich am ehesten "verdächtig".
Die antiken Autoren schreiben ja auch von Lagerrn und Stadtgründungen, etc.. Warum also nicht in Merseburg?
 
Vielleicht will er damit die Gründung der Merseburger Königspfalz durch Heinrich I. in das Konzept der ottonischen Renovatio imperii Romanorum einbinden.

Das ist sicher nicht ganz auszuschließen. Merseburg war aber offenbar schon vor den sächsischen Baumaßnahmen eine befestigte Stadt, mit der Ersterwähnung 880/899 als "mersiburc civitas".


Die antiken Autoren schreiben ja auch von Lagerrn und Stadtgründungen, etc.. Warum also nicht in Merseburg?

Von Tacitus bis Thietmar: Manchmal glauben wir ihnen jeden Grashalm und dann wieder nicht, wenn es uns nicht ins vertraute Geschichtsbild passt; siehe den Thrax-Feldzug, der lange als abwegig galt.
 
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Thietmar hatte ein handfestes Interesse daran, Merseburg als 'civitas', d.h. einst in etwa 'autonome Stadt', darzustellen, da ein Bistum nur in einer 'civitas' gegründet werden durfte. Einmal war es schon aufgehoben worden, und 1004 wiedergegründet worden. 1009 wurde Thietmar der Bischof. Die Andeutung einer römischen Gründung passte da gut. Immerhin hat er sogar Urkunden fälschen lassen, um alte Rechte zurück zu gewinnen. Die Ersterwähnung zeigt zwar, dass Merseburg als 'civitas' galt, aber vielleicht wollte er auf Nummer sicher gehen.

Aber in Merseburg gibt es ja auch schon Funde aus vorrömischer Zeit, römischer Kaiserzeit und Völkerwanderungszeit. Da mag es gut sein, dass die vorhandenen Befestigungen, die Heinrich I. verstärkt haben soll, tatsächlich sehr alt sind. Nur ein Schuss ins Blaue. Und, dass ein altes Bauwerk den Römern zugerechnet wurde, muss nicht heißen, dass es von Ihnen stammt. Von welcher Stelle reden wir hier genau? Oft bringt der Quellentext ja schnell Klarheit.
 
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Ich denke es liegt zunächst nahe, dass er es so gemeint hat wie er es gesagt hat. Mir fiele spontan kein Grund ein, warum er hier flunkern sollte.
So unwahrscheinlich ist ja nun nicht, dass es auch römische Bauwerke weiter im Osten gegeben hat, da man ja eine Provinz gründen wollte.
Dabei ist Merseburg strategisch nicht der schlechteste Standort zur Absicherung gegen Osten. Vielleicht Jena gegen die Marcomannen? Jedenfalls sind Flussübergänge, noch dazu in der Nähe von Straßen sicherlich am ehesten "verdächtig".
Die antiken Autoren schreiben ja auch von Lagerrn und Stadtgründungen, etc.. Warum also nicht in Merseburg?

Unmöglich ist es nicht, dass Merseburg auf einer römischen Civitas steht - aber was spricht dafür?

Die römische Präsens währte nur einige Jahrzehnte, die einzige bekannte zivile Siedlung ist Waldgirmes, eigentlich ein Acker bei Waldgirmes. Eine Kontinuität zwischen Waldgirmes und der zivilen Römersiedlung besteht nicht.

Falls weitere Römersiedlungen in der Germania Magna existiert haben, so liegen bisher noch keinerlei positiven Belege vor. Nach dem, was wir über dier Germanen der ersten Jahrhunderte nach Christus wissen, siedelten sie in kleineren Dörfern bzw. Gehöften. Größere Siedlungen oder Städte gab es dort nicht. Von daher halte ich es für unwahrscheinlich, dass nicht-romanisierte Germanen eine römische "Geisterstadt" nach Abzug der Römer übernommen haben sollten. Römische Bauwerke hätten auch instand gehalten werden müssen, damit sie bis ins 9. Jhdt. erhalten blieben.

Von daher ist Merseburg als ehemalige Römersiedlung für mich nicht wahrscheinlicher als jeder x-beliebige Hektar in der Germania Magna.
 
Aber in Merseburg gibt es ja auch schon Funde aus vorrömischer Zeit, römischer Kaiserzeit und Völkerwanderungszeit. Da mag es gut sein, dass die vorhandenen Befestigungen, die Heinrich I. verstärkt haben soll, tatsächlich sehr alt sind. Nur ein Schuss ins Blaue. Und, dass ein altes Bauwerk den Römern zugerechnet wurde, muss nicht heißen, dass es von Ihnen stammt. Von welcher Stelle reden wir hier genau? Oft bringt der Quellentext ja schnell Klarheit.

Weiter oben hatte ich das Original schon einmal zitiert, aber hier ist ein Link auf die entsprechende Stelle.
 
Die Besiedelung des Thüringer Waldes ist aber denn schon mehr Hoch und Spätmittelalter als antike und FrühMi...
Da passen denn die Hunnen schon ins Bild.. und die Saale, an der Halle liegt , ein linker Nebenfluß der Elbe, oder irre ich mich jetzt total?

Thüringen war im Frühmittelalter eine wichtige Übergangszone, oft auch ein Kriegsgebiet. Spätestens im 8. Jahrhundert zählte es zu den Gebieten, die ein Ziel karolingischer Aufbauarbeit waren (man denke an Kloster Ohrdruf oder das Bistum Erfurt), und es gehört sozusagen zum ostfränkischen Altreich.
 
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