Niederländische Marine des 17. Jhrdt.

Das ist zwar lange vor der hier diskutierten Periode, aber bei den Galeeren länger beibehalten.
Galeeren waren nie für Feuergefechte konstruiert worden. Mit der Einführung der Kanonen, änderte sich am gesamten Aufbau des Schiffes nicht viel. Fuhren zwei Galeeren aufeinander zu, boden sie, auf Grund ihrer schmalen und niedrigen Bugsilouette kaum ein anvisierbares Ziel. Meist erfolgte der Schuss kurz vor dem Zusammenprall um möglichst viele, der am Bug versammelten Gegner außer Gefecht zu setzen. Traf man den Mast, und dieser fiel um, richtete das auch ein Chaos auf dem schmalen Schiff an. Auch wenn die äußersten Geschütze und Relingbüchsen, eine Ladung Eisenschrott in die Reihen der Ruderer schossen, war der Gegner schnell manövrierunfähig. Bei Segelkriegsschiffen besaßen die Geschütze eine wesentliche Rolle im Kampf und beim abfeuern einer Breitseite, auch aus größerer Distanz trafen garantiert ein paar Kugeln den Rumpf oder die Takelage des Gegners .
 
Der Anlass der Englisch-Niederländischen-Seekriege war mehr oder minder die Navigationsakte, oder besser gesagt die Navigationsgesetzte. Die ersten Gesetzte wurden unter der Lord-Protector Oliver Cromwell erlassen.
Sie besagten mehr oder minder das waren nach England nur eingeführt werden durften, wenn sie auf englischen Schiffen oder dem Land der Herkunft der Waren transportiert werden durften. Damit wollte Cromwell den Niederländischen Handel und die Seefahrt wohl schwächen. Die Niederländer wurden zum Teil als wohl als Fuhrleute Europas tituliert. Getreide aus dem Baltikum oder auch Holz und dessen Nebenprodukte wurden meist auf Holländischen Schiffen transportiert. Salz aus Spanien ebenso. Ein Teil des Salzes wurde auch für die Niederländische Wirtschaft benötigt, für die Fischerei. Und noch einiges anderes wurde von den Niederländern quer durch Europa transportiert.
Ebenso wurden von den Niederländern waren aus den Kolonien, sprich Westindien und den Kolonien in den Neuenglandstaaten auf der einen Seite und England transportiert. Mit den Gesetzen wurde also die direkte Konkurrenz zu den Englischen Reeder mit einem Federstrich ausgeschaltet. Die Niederländer durften nur noch eigene Produkte wie Käse, Bier, Fischerzeugnisse und Produkte aus den eigenen Kolonien nach England transportieren.
Zur Kontrolle wurde die Navy des Commonwealth of England heran gezogen.
Nichtenglische Handelsschiffe mussten die eigene Flagge streichen und beidrehen oder die Segel bergen sobald sie Englische Kriegsschiffe sichteten und eine Durchsuchung durch die Marine erwarten. Das hat natürlich keinen Nichtenglischen Kapitän erfreut.
Die Navigation Acts wurden erst unter Queen Victoria zurück gezogen.
Im Nachgang der Glorious Revolution wurden die Navigations Acts auch nicht für die Niederländer ausser kraft gesetzt, kurioser weise.

Aber 1689 wurde wohl ein Vertrag (?) geschlossen zwischen dem Britischen Königreich und der Republik der Vereinigten Niederlande das die Niederländische Flotte nur 3/5 der Britische Flotte betragen sollte. Hat da jemand was zu gefunden?

Navigation Acts - Wikipedia, the free encyclopedia
Navigationsakten ? Wikipedia

In der Melasse Act und den nachfolgenden Sugar Acts wurde wohl mit der Beschränkung der Schifffahrt zwischen den Kolonien und England, sowie das der Handel zwischen den Kolonien über Britannien laufen musste der wahre Grundstein zur Amerikanischen Revolution gelegt worden sein.

Apvar
 
Nochmals zurück zu den Vorläufern der Niederländischen Flotte.
Die Kaiserliche Flotte wurde nach dem Rücktritt von Kaiser Karl V verkauft. Und an stelle der Kaiserlichen Flotte wurden die Städte dazu aufgefordert Schiffe zu leihen und als Kriegsschiffe aus zu rüsten.
Die Seeländer hatten zu diesem Zeitpunkt nur sehr kleine Schiffe ausgerüstet mit etwa 100 Last pro Schiff. Die Holländer haben dagegen einige größere Schiffe ausgerüstet, aber auch hier waren die kleinen Schiff in der Mehrheit.
Der Herzog von Alba, welcher als Stadthalter in den Niederlanden tätig war zu diesem Zeitpunkt, nachdem Wilhelm der Schweiger abgesetzt worden ist, hatte auch kein Interesse an der Flotte. Statt dessen wurden Garnisonen in die Städte gelegt, mit Söldnern, um die Städte und das umliegende Land zu verteidigen. Nur, die Städte sollten die Söldner bezahlen und wurden bei den Bürgern in den Häusern einquartiert. Und sie haben sich daneben benommen. Also geplündert, geraubt und vergewaltigt. Sie waren also sehr schnell bei den Bürgern unten durch.
Wilhelm der Schweiger hat sich aber nicht damit abgefunden absetzt zu werden. In Seeland, oder besser gesagt den Seeländern hat er Kaperbriefe ausgegeben. Die Inhaber der Kaperbriefe haben sich nach Repressalien des Herzogs von Alba ins Ausland abgesetzt. Nämlich nach England, Emden und nach La Rochelle. Das französische La Rochelle war zu diesem Zeitpunkt wohl eine Hochburg für Kaperkapitäne und schon zu diesem Zeitpunkt auch eine Hugenottische Hochburg.
Die Seeländischen Kaperkapitäne sind in die Geschichte als Wassergeussen eingegangen. Im Raum Friesland wurden sie im Auftrag von Herzog Alba von Holländischen Schiffen bekämpft, aber ohne Erfolg. Der friesische Bereich der Niederlnde war für die Holländer wichtig, da der Ostseehandel der Holländer an der friesischen Küste lang lief. Und hier durch die Wassergeussen empfindlich gestört werden konnte.

Apvar
 
Mit dem Tod der englischen Königin Mary, genannt Bloody Mary, im Jahre 1558 besserte sich langsam die Lage der Protestanten in England. Ihrer Schwester, Elisabeth I, ging erst vorsichtig wieder in Richtung der Protestanten. Und sie unterstützte Glaubensflüchtlinge aus anderen Ländern
Einer der Nutznießer dieser Situation waren die Calvinistischen Wassergeusen aus Seeland. Sie konnten sich in den Hafenstädten von England niederlassen. Dies führte im laufe der Zeit natürlich zu Spannungen mit dem Kaiserlichen Hof und dem Spanischen Hof.
Zum 1. März 1572 wurden die Wassergeusen aufgefordert, England zu verlassen. Dies war erst einmal ein schwerer Schlag für die Wassergeusen. Oder von später betrachtet ein Glücksfall. Sie hatten nämlich in der Zwischenzeit gelernt im Verband zu agieren und sich abzustimmen.
Und so kam es wie es kommen musste, am 1. April 1572, also 1 Monat nach der Vertreibung aus England, tauchte eine Flotte der Wassergeusen vor Den Briel auf. Und nahm die Stadt ein. In kurzer Zeit wurden weitere Städte eingenommen, auch in Holland, beziehungsweise dort wurden die Spanischen Besatzungstruppen aus den Städten geschmissen.
Damit erklärt sich für mich das kurze Wirken der Wassergeusen, da sie nun wieder in den Städten integriert worden sind. Und der nächste Vorteil war, das sie wieder zugriff auf die Infrastruktur hatten die sie benötigten und kannten.

Apvar
 
Bisher war ich davon ausgegangen das die Kiel-Linie oder auf englisch Line of Battle eine englische Erfindung war. Dies scheint jedoch nicht der Fall zu sein.
Der deutsche Artikel bei Tante Wiki muss man leider als eher schwach bezeichnen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Kiellinie_(Formation)
Line of battle - Wikipedia, the free encyclopedia

Was bei den Engländern oder besser Britten gesagt werden kann, ist das sie unter Robert Blake, General at Sea, die Kiel-Linie als Gefechtstaktik festgeschrieben haben, und dies erst im Grunde mit den 2 Kiellinien bei Trafalgar 1805, welche mehr oder minder in einem Melee endete gebrochen haben.

http://en.wikipedia.org/wiki/Robert_Blake_(admiral)
http://nl.wikipedia.org/wiki/Robert_Blake_(admiraal)
http://de.wikipedia.org/wiki/Robert_Blake_(Admiral)

Das Verdienst von Blake wahr wohl, das er als Artillerist der New Modell Army den Vorteil des konzentrierten Beschusses durch die Kiellinie erkannt hat. Und diese dann in seinen Gefechtsinstruktionen festgeschrieben hat.
Sailing ship tactics - Wikipedia, the free encyclopedia

Maarten Tromp soll schon 1639 in der Schlacht vom 18. September gegen Überlegene Spanische Kräfte die Kiellinie eingesetzt haben und sie in der Gegend von Calais geschlagen haben, so das über den Kanal setzten und sich an der Kentischen Küste sammelten.

Action of 18 September 1639 - Wikipedia, the free encyclopedia

Nur hier wurden sie direkt von den Holländern blockiert und angegriffen. Dabei sollen sie wiederum die Kiellinie eingesetzt zu haben. Diese Schlacht war wiederum ein voller Erfolg für die Niederländer. Nur schienen sie noch nicht den Taktischen Vorteil der Kiellinie begriffen zu haben. So das sie später in den Niederländisch-Englischen Seekriegen doch überrascht worden sind von der Schlagkraft der Kiellinie.
Seeschlacht bei den Downs ? Wikipedia
Battle of the Downs - Wikipedia, the free encyclopedia
Zeeslag bij Duins - Wikipedia

Aber für die Niederländer war eins wichtig, nämlich die spanische Flotte zu schlagen und zu vertreiben, da sie eine Invassionsstreitmacht auf den Begleitschiffen mitführten.

Es gibt aber auch hinweise das die Portugiesen in Kalikut die Kiellinie schon angewandt haben, also deutlich früher.

http://en.wikipedia.org/wiki/4th_Portuguese_India_Armada_(Gama,_1502)
Wobei bei diesem Artikel nicht ganz sicher bin er ganz geheuer ist.

Apvar
 
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Dazu ein paar Mittagspausenthesen:

1. Ein Gefecht in einer Kiellinie ist zu allen Zeiten (der Segelschiffe) ein eher theoretisches Konstrukt geblieben. Unterschiedliche Segeleigenschaften und unterschiedliches seemännisches Können sowie bereits minilokal unterschiedliche Wind-, Seegangs- und Strömungsverhältnisse taten nebem der Ausgangsformation das ihrige, um eine saubere Kiellinie zu erschweren. (Vergleiche Wunsch und Wirklichkeit beider Formationen bei Trafalgar.)
Kamen dann noch Gefechtsschäden hinzu oder das Wetter, dann war der Ausgang oft genug ein konfuses Chaosgeschieße wie der Glorious First of June (1794) oder Calder's Action vor Ferrol (1805).

2. Vor diesem Hintergrund würde ich so manche Darstellung mit wie Perlen an der Schnur aufgezogen parallel dahinsegelnden Flotten - insbesondere bei den Massenseeschlachten des 17. Jh. - eher als romantische Seestücke bezeichnen...

3. ... sowie als hoch akademische Angelegenheit - siehe die taktischen Schriften des John Clerk of Eldin - eines Zivilisten, dem so mancher gestandene Seeoffizier eben darum auch ein gerüttelt Maß an Praxisferne unterstellte.

4. Die Kiellinie ist mehr ein Mittel der Defensive als der Offensive. Ich kenne aus meinem 18./19. Jh. nicht eine britische Seeschlacht, die in der Kiellinie geschlagen und gewonnen wurde. Aber viele "rote" Unentschieden: Chesapeake Bay, Toulon, Minorca oder die formalen Gefechte, die sich in Ostindien Hughes und Suffren lieferten. Pierre André de Suffren - Wikipedia, the free encyclopedia

5. Alle wirklich energischen Admirale (Suffren bei Praya, Rodney bei den Saintes, Hawke bei Quiberon Bay, Duncan bei Camperdown, Jervis bei der Schlacht von St. Vincent, Nelson bei Aboukir und Trafalgar (übrigens auch Villeneuve bei Trafalgar) gaben einen Sch... auf formale Gefechte à la Kiellinie, weil damit - siehe Clerk of Eldin - kein Blumentopf und keine Schlacht zu gewinnen war. Deswegen lauteten die einschlägigen Signale auch nicht "nach Stb. auf SWzS gehen", sondern "Free Chase" und "Engage enemy more closely" ("Ran an den Feind"). Und dass eine Kiellinie auch zur Verteidigung gegen eine wirklich wilde Sau nicht taugte, mussten die Holländer bei Camperdown ebenso bitter erfahren wie es Villeneuve schon bald ein Jahr vor Trafalgar wusste. Seine taktischen Gegenmaßnahmen scheiterten allerdings an der Unzulänglichkeit der operativen Gesamtlage seiner Vereinigten Flotten.

6. Auch Unterführer kümmerten sich oft genug nicht um die Kiellinie und retteten damit häufig genug den Tag. (Nelson bei St. Vincent oder Inglis) bei Camperdown
The flurry of orders was so quick and contradictory that at least one captain gave up entirely: the Scottish captain, John Inglis, of HMS Belliqueux threw his signal book to the deck in frustration and shouted "Up wi' the hel'lem and gang into the middle o't."
(Sinngemäß: Die Flut häufig widersprüchlicher Befehle veranlassten mindestens einen Kommandanten, die Flinte ins Korn zu schmeißen. Inglis warf sein Signalbuch frustriert zu Boden und befahl "Abfallen und mittig reinhalten!") Battle of Camperdown - Wikipedia, the free encyclopedia
Aus der selben Quelle auch das Zitat des unterlegenen Admiral de Winter:
De Winter, who wrote that "Your not waiting to form line ruined me: if I had got nearer the shore and you had attacked, I should probably have drawn both fleets on it, and it would have been a victory for me, being on my own coast.
(Sinngemäß: Dass Sie nicht gewartet haben, bis ihre (Kiel-)Linie formiert war, hat meinen Plan ruiniert...)

7. Ein starres Festhalten an der Kiellinie konnte - Vorschrift oder nicht - einem Admiral die Karriere versauen (Thomas Mathes nach Toulon 1744) oder ihn gleich mal das Leben kosten, wie John Byng nach Minorca: Dieser wurde für seine Zurückhaltung erschossen
... pour encourager les autres.
(Voltaire: ... um die anderen zu ermutigen)
8. Vor diesem Hintergrund öffnet sich die ketzerische (!) Frage, ob die Kiellinie für das Gefecht (NICHT als Marschformation!) vielleicht doch ein zu sehr gehätscheltes Kind von navalisierten Festungsbauern und -eroberern aus der Branche der Stoppelhopser war (nicht böse gemeint - sind halt doch verschiedene Welten, wie auch Napoleon feststellen musste :friends: ), die von den wirklichen Profis zur See niemals als das Dogma anerkannt wurde, als das es ihnen zeitweilig vorgeschrieben worden war...
 
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Danke sehr, das sieht sehr interessant aus. Werde es mal die Tage durcharbeiten.

Zu den Mittagspausenthesen:

Die Kiellinie war wohl eher ein Gedankenkonstrukt. Der Wind alleine ist ja schon nicht konstant. Drehungen von etwa 15°, Böen sind ganz normal. Und dann noch der Unterschied vom beherrschen des Schiffes durch die Mannschaften, das kann nur zu einem Wunschbild führen.
Nicht um sonst sind in den Niederländischen Kiellinien immer auch Ausbuchtungen überliefert.
Aber zu diesem Zeitpunkt war die klare Beherrschung der Natur durch den Menschen was man sich vorstellte. Siehe Barockgärten.

Apvar
 
Im letzten Sommer war ich u.a. in Vlissingen und damit natürlich auch am Denkmal des berühmten Admirals; vllt. interessieren die Fotos ja jemanden:
de ruyter 1.JPG

de ruyter 2.JPG

de ruyter 3.JPG

de ruyter 4.JPG

Grüße
excideuil
 
Danke sehr für die Bilder. Muss zu meiner Schande gestehen, das ich es noch nicht nach Vlissingen geschafft habe. Amsterdam, die Ijsselmeerstädte, und die Reede vor Den Helder, Texel, Vlieland und Terschelling sind mir bekannt. Oder auch Dokum und Harlingen. Aber leider nicht Vlissingen.

Apvar
 
Dann wollen wir den Thread mal wieder aufwecken :winke:

Bin mal wieder von J.D. Davies das Buch „Pepys’s Navy“ am durchlesen. Dabei sind mir einige Sachen aufgefallen, unter anderem warum die Englische Marine nach 1588 nicht die große, Rolle gespielt hat, obwohl die spanische Flotte geschwächt war. Nein danach konnten die Niederländer eine sehr wichtige Rolle spielen.

Zuerst einmal zur „Schlacht“ im Ärmelkanal von 1588. Die Engländer hatten mit ihren schnellen Galeonen und der relativ einheitlichen Bewaffnung auf den Batteriedecks ein neues zukunftweisendes Waffensystem entwickelt, welches vom reinen Enterkampf der Jahrtausende zuvor deutlich abwisch. Das Problem war nur, das nur ein kleiner Teil der Englischen Flotte der Virgin Queen gehörte. Nämlich nur 34 Schiffe gehörten der Krone, von insgesamt 197 Schiffen, welche auf Englischer Seite an den kämpfen teilnahmen. Dies erklärt auch der relativ geringe Erfolg der neueren Schiffe mit ihrer Artillerie an Bord. Die schlagkräftigen Schiffe waren in der Minderheit. Der „Rest“ gehörte anderen Adeligen, Städte wie den „Cinq Ports“, Händlern und auch Handelsgesellschaften. Und die Schiffe der anderen Eigner waren wohl zum Teil deutlich kleiner als die königlichen Schiffe und auch schlechter bewaffnet. Und die nächste Frage wäre nun, ob die Dockanlagen der englischen Marine auch für eine größere Flotte gerüstet gewesen währen, aber das ist Spekulatius.

England hat wohl unter Elisabeth I versucht denn Krieg mit Spanien, auf kleiner Flamme zu kochen. Um die Kosten für die Marine gering zu halten. Dies gelang nur zum Teil. Trotz Kaperbriefen „Merchantadventurers“ und ähnlichen konstrukten.
Da die neuen Schiffe auch unterhalt kosteten wurde die Marine aus Sicht der Krone zu teuer und die Schiffe verwahrlosten. Dies wurde auch in einem historischen Roman von Wolfram zu Mondfeld angedeutet. Nur konnte ich es nicht glauben.

Mit dem Wechsel der Dynastie von Tudor auf das Hause Stuart änderte sich erst mal nicht viel für die Marine, das die Lage erst mal noch prekärer wurde, auch vom Sold für die Mannschaften her. Aber rechtlich änderte sich etwas. Und zwar gab es in England bis unter die Dynastie der Tudor kein Heimatgewässer. Dies wurde erst mit den Stuarts aus Schottland nach England mit gebracht. Und damit mussten dann andere Schiffe die Schiffe des Königs grüßen. Die „Navigations Act“ lässt schon vom Horizont her grüßen.

Die Lage für die Marine, oder besser gesagt für die Schiffe der Marine änderte sich erst unter Karl I. Mit seinem Schiffsgeld, einer Steuer zum Unterhalt und Bau der Schiffe, konnte die Marine erstmalig vernünftig finanziert werden. Das Problem am Schiffsgeld war, das es erstmalig Landesweit eingetrieben wurde. Davor wurde es nur in Küstenstädten eingetrieben. Das nächste Problem war wohl, das die Mannschaften noch immer nicht regelmäßig die Heuer ausbezahlt bekamen.
Eins führte zum anderen, neben den Problemen im Parlament, kam es dadurch zu den Bürgerkriegen in England. Die Flotte wechselte auf die Seite Cromwells und Karl I verlor seinen Kopf.

Während dessen wurden die Flotten in den Niederlanden nicht abgerüstet. Und die Mannschaften blieben in Übung, beziehungsweise im Kampf gegen die Spanische Armada.

Apvar
 
Habe die Tage ein neues Buch über die Niederländische Flotte des 17. Jahrhunderts in die Hand bekommen :D
Was sehr interessant ist sind die Vergleiche der Flotten der Niederlande, Britannien und Frankreichs. Hier fällt auf das die Niederländische Flotte einen Sprung der großen Schiffe (>1000 Tonnen) von 1660 auf 1670 von 62 Schiffen auf 102 hat und 1680 nur noch 66. Während gleichzeitig in Britannien von 1670 auf 1680 ein wahnsinniger Sprung zu beobachten ist, nämlich von 84 Schiffen auf 132.
Frankreich hatte 1650 21 große Schiffe, 1660 20 und dann plötzlich 1670 114 große Schiffe und 1680 sogar 135 große Schiffe. Kein Wunder also das De Ruyter im 3. Englisch-Niederländischen Seekrieg plötzlich sehr defensiv vorgehen musste, wenn man sich die Zahlen ansieht.
Und ab 1688 hatte wohl der Statthalter-König Wilhelm III verfügt das auf 5 Britische Schiffe 3 Niederländische Schiffe in der vereinten Flotte dienen sollten, zumindest in dem Kräfteverhältnis.
Und mit der Thronfolgeregelung von 1714 in Britannien war ja Katholische Thronfolge ausgeschossen. Damit war für Frankreich ein Verbündeter gegen die Niederlande ausgefallen. Schlimmer noch, es war schon 1688 mit der Thronbesteigung von Wilhelm III in Britannien ein über 100 Jahre währendes Kräfteringen mit Frankreich ausgebrochen.

Apvar
 
"Dutch Warships in the Age os Sail 1600-1714" von James Bender. Erschienen bei Seaforth Publishing.
ISBN 978-1-84832-157-1

Übrigens Deine Empfehlung von weiter ober "Dutch Ships in Tropical Waters" ist auch im zulauf. Habe also einiges zu lesen in nächster Zeit.:D

Apvar
 
Eins führte zum anderen, neben den Problemen im Parlament, kam es dadurch zu den Bürgerkriegen in England. Die Flotte wechselte auf die Seite Cromwells und Karl I verlor seinen Kopf.

Während dessen wurden die Flotten in den Niederlanden nicht abgerüstet. Und die Mannschaften blieben in Übung, beziehungsweise im Kampf gegen die Spanische Armada.

Apvar

Dazu kann ich noch Empfehlungen anfügen:

Junge. Flottenpolitik und Revolution. Die Entstehung der englischen Seemacht während der Herrschaft Cromwells, 1980

sowie zu den holl.-engl. Beziehungen drei Ausarbeitungen:

Poot: Anglo-Dutch relations - a political and diplomatic analysis of the years 1625-1642
https://repository.royalholloway.ac.uk/items/34c208d4-e029-7a27-6d8d-dbddb674e0aa/6/

Grayson, J. C.: From Protectorate to Partnership: Anglo-Dutch Relations 1598-1625.
British Library EThOS : Thesis Details - From Protectorate to Partnership: Anglo-Dutch Relations 1598-1625.

und - nicht digital verfügbar:

Groenveld, Simon: Verlopend Getij – De Nederlandse Republiek en de Engelse Burgeroorlog 1640-1646
Prof.dr. S. (Simon) Groenveld (Emeritus) - Staff - Humanities - Geesteswetenschappen - Universiteit Leiden
 
Ich habe mich lange gefragt was den wirtschaftlichen Niedergang der Vereinigten Provinzen ausgelöst hat. Zum einen klar die langen und teuren Kriege mit England/Britannien und Frankreich, auf der einen Seite. Das konnte aber nicht alles sein, da die Republik ja auch während der Kriege eigentlich immer schlagkräftiger wurde. Der Wendepunkt war wohl im 3. Niederländisch-Englischen Seekrieg erreicht, als Frankreich auch mit Truppen in den Niederlanden einmarschierte und die Niederländer wieder viele Polder fluten mussten um Holland und Seeland zu schützen. Damit vielen Steuereinnahmen weg. Und auch Nahrungsmittel für die Bevölkerung. Und erst Recht Geld für den Unterhalt der Truppen und der Flotte.
Aber der eigentliche Grund war wohl der um sich greifende Merkantilismus. Dadurch wurden Handelsnationen wie die Niederlande oder auch die Italienischen Republiken stark geschwächt, da sie nicht mehr als Zwischenhändler auftreten konnten.
Ab etwa 1670 wurde die Landwirtschaftliche Fläche in den Niederlanden nicht mehr grösser. Die Löhne stagnierten in etwa auf dem Niveau während sich die Steuerlast der Firmen und der Bevölkerung bis etwa 1710 verdoppelt haben soll. Und 1713 etwa, mussten die Niederlande den Staatsbankrott erklären.
Vorher konnten sie auch ihre Bündnisverpflichtungen gegenüber Britannien mit der zu stellenden Flotte schon nicht mehr einhalten, da sie nicht mehr genug seegehende Kriegsschiffe vorhalten konnten.
Das Problem wurde auch dadurch verstärkt das die Kriegsschiffe immer größer und stärker wurden und damit auch teurer. Der Rüstungswettlauf wurde von Frankreich in gang gesetzt und Britannien konnte mit gehen, die Niederlande nicht mehr.
Der erste Gruß des Merkantilismus der die Niederlande traf wahren wohl die Navigationsakten, da die Niederlande nicht mehr so stark als Zwischenhändler in Erscheinung treten konnten. Aber dies konnte noch kompensiert werden.

Apvar
 
Du hast da die große Entwicklungslinie aufgerissen, vielen Dank.

Man müsste die Verschiebungen im globalen Handel weiter betrachten, die "Tropic Waters" geben da Aufschlüsse,* und mit den Kriegsfolgen, den größeren Verschiebungen im europäischen Handel und den Staatsbudgets der Niederlande kombinieren.

*Edit: über den Aufstieg und seine Faktoren, da die Statistiken bis 1660 reichen. Ich habe einiges speziell zur niederl. Wirtschaftsgeschichte, schlage ich mal nach.
 
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"Dutch Ships in Tropical Waters" ist leider noch nicht eingetroffen, hoffe aber das es in den nächsten Tagen beim Buchhändler um die Ecke aufschlägt.

Habe gerade mal bei Tante Wiki geguckt. Lorient war ja der Haupthafen der Französischen Ostindiengesellschaft. Lorient wurde erst für die Ostindienkompanie gegründet. Und das erst in den 1660'ern. Und da passt das damit das Niederländer den Gewürzhandel nach Frankreich verloren haben. Und damit jede menge einnahmen verloren gegangen sind.

Französische Ostindienkompanie ? Wikipedia
French East India Company - Wikipedia, the free encyclopedia
Lorient - Wikipedia, the free encyclopedia
Jean-Baptiste Colbert ? Wikipedia

Apvar
 
Man müsste die Verschiebungen im globalen Handel weiter betrachten, die "Tropic Waters" geben da Ausschlüsse, und mit den Kriegsfolgen, den größeren Verschiebungen im europäischen Handel und den Staatsbudgets der Niederlande kombinieren.

Welche Rolle spielt denn die geographische Lage der Niederlanden innerhalb der Nordsee, gegenüber den Briten oder Franzosen, die uneingeschränkt Zugang zum Atlantik hatten. Und Handelspolitisch, welche Rolle/Anteil spielen die Navigationsakten auch nach den Kriegen zwischen England und den Niederlanden, an dem Niedergang des niederländischen Welthandel/Kolonialismus?
 
Die Navigation-Gesetze (Navigation Acts) wurde im 18. Jhdrt. sogar noch erweitert. Und erst Mitte des 19. Jhrdt aufgehoben.
In der Englischen Wikipedia werden sie unter anderem auch für die Amerikanische Revolution verantwortlich gemacht. Der Kernpunkt war ja das Waren nur auf Schiffen eingeführt werden durften, die den Heimathafen im Herkunftsland der Waren hatten oder von Englischen/Britischen Schiffen.
Und hier haben wir schon einen Streitpunkt. Galt Amsterdam als Heimathafen aus dem Herkunftsland der Gewürze die aus dem Gebiet der VOC kamen?

Für den Handel in die Ostsee hatte es wohl keinen negativen Einfluss das die Niederlande an der Nordsee lagen. Gehe aber trotzdem davon aus, das die Niederländischen Schiffe meist über Schottland in den Atlantik fuhren. Aus zweierlei Gründen. Meist sind in der Nordsee westliche Winde. Und dann mit einem Rahsegler aus dem Kanal kreuzen macht kein Spass.
Zum anderen waren mit St. Malo und Dünnkirchen im Kanal auch noch stark befestigte Stützpunkte der französischen Korsaren gelegen.

Apvar
 
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