Datierung der Evangelien

Ganz gewiss werde ich kein neues Thema eröffnen.

Noch gewisser werde ich in einem Geschichtsforum nicht dabei behilflich sein, dem Christentum seine über die Person Jesu vermittelte Heilsbotschaft abzusprechen.

Die Heilsbotschaft kannst Du in einem Theologieforum diskutieren. Hier geht es nicht um Glauben, hier geht es um die Suche nach historischen Fakten, um sich Jesus zu nähern. Dabei lässt Du andere Auffassungen - und seien sie auch noch so plausibel dargelegt - noch nicht einmal zur Diskussion zu.
Dabei habe ich durchaus verstanden, Du meinst, wir seien Deiner Ansicht gegenüber verschlossen, weil wir durch die Amtskirchen verblendet seien.

Was würdest Du denn sagen, wenn hier im Thread auch Angehörige anderer Konfessionen Deinen Thesen nicht folgen mögen?
Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass Du versuchst via Geschichtsforum an den Grundfesten des christlichen Glaubens zu rütteln.
Netter Versuch am falschen Ort. :gaehn:

Mein Kuchen muss jetzt aus dem Ofen geholt werden, denn gleich kommt mein Feiertagsbesuch. Frohe Pfingsten allen hier im Thread, die sich trotz der Radikalkritik noch trauen dieses Fest zu feiern...
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich habe versucht, die Namen von Alexander, Hymenäus und Philetus irgendwo anders zu finden, das war aber vergeblich. Bemerkenswert ist, dass ihnen ziemlich eindeutig gnostische Ideen angehängt werden. Ich vermute, es handelt sich um Phantasienamen, die nur der damit verbundenen Häresie wegen erfunden wurden.
Erstens: Welchen Sinn sollte das haben? Um vor Irrlehren zu warnen, muss man keine Namen nennen, man kann eine Warnung auch allgemein halten. Im Gegenteil: Es wäre völlig sinnlos, vor namentlich genannten Häretikern zu warnen, von denen niemals jemand etwas gehört hat (weil sie erfunden sind). Das wäre sogar kontraproduktiv, weil dann die Warnung in der Wahrnehmung der Leser auf die genannten Häretiker (vor denen eigentlich gar nicht gewarnt zu werden braucht, wenn sie fiktiv sind) verengt wird, statt die Leser ganz allgemein zur kritischen Wachsamkeit aufzurütteln.
Zweitens: Was erwartest Du? So reichhaltig ist das erhaltene, aus dem 1. Jhdt. stammende, christliche Schrifttum über Häretiker nun auch wieder nicht, dass massig weitere Erwähnungen zu erwarten wären.
Drittens: Wo siehst Du schon wieder "ziemlich eindeutig gnostische Ideen"? In 1 Tim 1,20 werden Hymenäus und Alexander nur ganz allgemein als Personen genannt, die im Glauben Schiffbruch erlitten und Gott gelästert haben. In 2 Tim 2,17-18 wird Hymenäus und Philetus angelastet, behauptet zu haben, die Auferstehung sei schon geschehen.

Ich postuliere nicht sondern vermute nur, dass sie nicht existierten. Sie haben vermutlich eine Stellvertreterrolle für Markion inne. Das finde ich plausibel.
Welchen Sinn soll es haben, vor einer namentlich nicht genannten Person zu warnen, indem an ihrer Stelle gegen erfundene Personen gelästert wird? Welchen belehrenden Nutzen sollte das für den Leser haben? Ein warnender Hinweis auf erfundene Personen ist nutzlos, denn wer von den Genannten noch nie gehört hat, wird durch ihre Nennung auch nicht berührt. Den angeblich gemeinten Markion soll der Leser aber gar nicht erkennen können, denn sonst würde er ja auch erkennen, dass der Brief nicht von Paulus stammt.
Daran ist überhaupt nichts plausibel.

Wann ist eine Fälschung subtil genug, wann nicht? Das hängt von den geschichtlichen Umständen ab, in der sie akzeptiert wurde. An sich sind die 3 Pastoralbriefe schon ziemlich plumpe Schöpfungen.
Ich nehme an, dass Du nicht behaupten würdest, die Pastoralbriefe seien echte Paulusschöpfungen? Eigentlich schade, ich würde mich sehr über diese frühe Bezeugung der Gnosis freuen.
Dann sind es also Pseudoepigraphien einer späteren Zeit. Da beginnt der Rahmen aber zu schwimen. Was nagelt die Redaktion auf das 1. Jh. fest? Ich bin generell kein Lüdemann-Anhänger (ich bin nicht einmal ganz sicher, ob es primär seine Idee war), es war nur dieser Geistesblitz, der mir sofort einleuchtete. Neben dem Schiffbruch (zugegeben etwas allgemein) hat mich die Erwähnung der "Antithesen" (Tertullian Adversus Marcionem I,19) überzeugt. Es gibt aber noch mehr: Die Betonung der Bedeutung einer Ehe für kirchliche Würdenträger. Das kann man auf die Forderung der Ehelosigkeit Markions beziehen (Tertullian Adversus Marcionem I,29). Die Erwähnung von Leugnern der Auferstehung passt zu Markions Doketismus (Tertullian Adversus Marcionem III,8). Insgesamt hätte zusammen mit der Ablehnung der Askese Tertullian selbst der Autor sein können, aber ich will nicht übertreiben. Eine Abfassung um 150 n. Chr. erscheint mir plausibel.
Wenn man will, dass eine Fälschung nicht erkannt wird, dann muss man alles vermeiden, wodurch sie auffliegen könnte. Völlig abwegig wäre es dann, bewusst irgendwelche Anspielungen aufzunehmen, die, wenn sie erkannt und verstanden werden, die Fälschung als solche kenntlichmachen würden. Wenn man aber will, dass der Leser merkt, worum es geht, muss man sich nicht mit vagen Anspielungen (die er vielleicht überliest) behelfen, sondern gleich Klartext schreiben. Es ergibt überhaupt keinen Sinn, dass der Verfasser des 1. Timotheusbriefes bewusst Anspielungen eingebaut haben sollte, in der Hoffnung, dass sie niemand bemerkt und versteht. Ebensowenig Sinn ergibt es, dass er bewusst vor Markion warnen wollte, aber das so verklausuliert getan haben soll, dass die Leser nur mit viel Aufmerksamkeit und Glück die Warnung verstehen.
 
Noch gewisser werde ich in einem Geschichtsforum nicht dabei behilflich sein, dem Christentum seine über die Person Jesu vermittelte Heilsbotschaft abzusprechen.
Keiner verlangt das. Du hattest nur etwas angekündigt...
Nebenbei interessiert mich Religion nicht sehr und ich habe keine Weltanschauung außerhalb der Logik. Und die teilen wir doch alle, hoffe ich.
Dein Post verteidigt eine Religion ohne Anklage. Aber das stört mich auch nicht.
Ich hätte mich gefreut, von Dir einen sachlichen Beitrag zu lesen. Das ist alles. Ich kenne einige Zitate aus der rabbinischen Tradition, z.T. über die Kirchenväter transportiert (Stichwort Panthera), mir fehlt aber ein tieferer Einblick. Es wäre interessant, etwas darüber zu diskutieren.
 
...der im Glashaus sitzt, wirft mit Steinen:
Ich hätte mich gefreut, von Dir einen sachlichen Beitrag zu lesen. Das ist alles.
(jetzt den Denkmuskel stramm anspannen) einer, der hier mit selbsterfundenen verschörungstheoretischen Manipulationen und der-wahre-Jesus-beim-Gnostiker-Thomas-Spekulierereien herumhampelt, sollte erstmal selber wenigstens einen einzigen sachlichen und diskutablen Beitrag*) leisten, ehe er dergleichen von anderen fordert!
________
*) möglichst einen, der nicht sogleich widerlegt wird.
 
Der Kuchen erkaltet...

Bevor ich den lieben Besuch vom Bahnhof abhole, eine Empfehlung für Judas Phatre, die aber stark theologische Elemente aufweist. Vielleicht ist dennoch etwas Brauchbares für ihn dabei, nur um endlich von der einseitigen Sichtweise wegzukommen...
Shmuley Boteach: "Kosher Jesus" ...und bitte kritisch lesen!!!

Werter Judas Phatre: Ich könnte Dich mit Literaturtipps und Argumenten theologischer Art zuschmeißen, tue das in einem Geschichtsforum aber nicht, da ich mich hier wohlfühle und bleiben möchte :D.

Liebe Mods: Falls der Literaturtipp hier nichts verloren haben sollte, Beitrag einfach löschen.
 
Hallo Ravenik,
Du hast nicht zu meiner Frage Stellung genommen, ob die Pastoralbreife echte Paulusbriefe seien.
Erstens: Welchen Sinn sollte das haben? Um vor Irrlehren zu warnen, muss man keine Namen nennen, man kann eine Warnung auch allgemein halten. Im Gegenteil: Es wäre völlig sinnlos, vor namentlich genannten Häretikern zu warnen, von denen niemals jemand etwas gehört hat (weil sie erfunden sind).
Die Nennung von Personennamen erhöht den Eindruck der Authentizität, egal ob echt (Timotheus) oder erfunden.
Es wäre denkbar (reine Spekulation), dass die genannten Personen Markioniten bezeichnen, die weniger bekannt waren, aber gleiche oder ähnliche Namen trugen.
Zweitens: Was erwartest Du? So reichhaltig ist das erhaltene, aus dem 1. Jhdt. stammende, christliche Schrifttum über Häretiker nun auch wieder nicht, dass massig weitere Erwähnungen zu erwarten wären.
Die Stecknadel im Heuhaufen. Die findet nur jemand, der auch sucht. Es werden ja auch Priska (für Priskilla?), Aquila, Lukas und Markus genannt.
Drittens: Wo siehst Du schon wieder "ziemlich eindeutig gnostische Ideen"? In 1 Tim 1,20 werden Hymenäus und Alexander nur ganz allgemein als Personen genannt, die im Glauben Schiffbruch erlitten und Gott gelästert haben. In 2 Tim 2,17-18 wird Hymenäus und Philetus angelastet, behauptet zu haben, die Auferstehung sei schon geschehen.
Die Briefe haben die Aufgabe vor Häretikern zu warnen, oder? Wir befinden uns entweder 90-100 AD oder 150 AD. Die Häretiker sind Teil der Gemeinde. Auf was soll sich das denn sonst beziehen? Die Behauptung, die Auferstehung sei schon da und käme nicht erst in der Zukunft ist eines der Hauptunterscheidungsmerkmale der Gnosis, die in 1 Tim 6,20 auch genau so bezeichnet wird. Wie gesagt, ich habe die Idee von Lüdemann.
Wenn man will, dass eine Fälschung nicht erkannt wird, dann muss man alles vermeiden, wodurch sie auffliegen könnte.
Du gehst davon aus, dass gutmeinende Christen vielleicht zu Irenäus' Zeiten einen Kanon aufgestellt haben und geschaut haben, welches Zeugnis verfälscht sein könnte? Das ist die typische Herangehensweise der Religionswissenschaft, ähnlich wie beim Synoptischen Problem. Das bestreite ich. Hier ist Betrug und Fälschung am Werk.
Die Leute, die an dieser Triage teilgenommen haben, müssen Schwierigkeiten gehabt haben, 1 und 1 zusammenzuzählen, wenn sie die Pastoralbriefe haben gelten lassen. Dort ist von einer vollständigen kirchlichen Hierarchie mit Gemeinderegeln die Rede zu einer Zeit als die Gemeinden gerade gegründet worden sind. Meine Erklärung:
- entweder waren diese Typen wirklich so blöd, dann hätte sie auch der Markionhinweis nicht gestört
- oder sie wollten diese Briefe einbeziehen und sind Komplizen oder Urheber der Täuschung.
Meine Präferenz liegt bei der 2. Auswahl.
 
Hallo Hulda,
ich werde Dich nicht weiter drängen und wünsche angenehme Ausschüttung des heiligen Geists (den koptischen Begriff kann man mit "reine Vernunft" wiedergeben).
 
Hallo Ravenik,
Du hast nicht zu meiner Frage Stellung genommen, ob die Pastoralbreife echte Paulusbriefe seien.

Die Nennung von Personennamen erhöht den Eindruck der Authentizität, egal ob echt (Timotheus) oder erfunden.
Es wäre denkbar (reine Spekulation), dass die genannten Personen Markioniten bezeichnen, die weniger bekannt waren, aber gleiche oder ähnliche Namen trugen.

Die Stecknadel im Heuhaufen. Die findet nur jemand, der auch sucht.
Mittels Spekulation?
Es werden ja auch Priska (für Priskilla?), Aquila, Lukas und Markus genannt.

Die Briefe haben die Aufgabe vor Häretikern zu warnen, oder? Wir befinden uns entweder 90-100 AD oder 150 AD.
Das ist nicht korrekt, die echten Paulusbriefe (Röm, 1., 2. Kor, Gal, Phil, 1. Thess, Phlm datieren zwischen 50 (1. Thess) und 56 n. Chr (Röm)

Die Häretiker sind Teil der Gemeinde. Auf was soll sich das denn sonst beziehen? Die Behauptung, die Auferstehung sei schon da und käme nicht erst in der Zukunft ist eines der Hauptunterscheidungsmerkmale der Gnosis, die in 1 Tim 6,20 auch genau so bezeichnet wird. Wie gesagt, ich habe die Idee von Lüdemann.

Du gehst davon aus, dass gutmeinende Christen vielleicht zu Irenäus' Zeiten einen Kanon aufgestellt haben und geschaut haben, welches Zeugnis verfälscht sein könnte? Das ist die typische Herangehensweise der Religionswissenschaft, ähnlich wie beim Synoptischen Problem. Das bestreite ich. Hier ist Betrug und Fälschung am Werk.
was sich leichter behaupten, als belegen lässt, zumal wenn einem die einfachsten Standardwerke unbekannt sind

Die Leute, die an dieser Triage teilgenommen haben, müssen Schwierigkeiten gehabt haben, 1 und 1 zusammenzuzählen, wenn sie die Pastoralbriefe haben gelten lassen. Dort ist von einer vollständigen kirchlichen Hierarchie mit Gemeinderegeln die Rede zu einer Zeit als die Gemeinden gerade gegründet worden sind. Meine Erklärung:
- entweder waren diese Typen wirklich so blöd, dann hätte sie auch der Markionhinweis nicht gestört
- oder sie wollten diese Briefe einbeziehen und sind Komplizen oder Urheber der Täuschung.
Meine Präferenz liegt bei der 2. Auswahl.

Die Chronologie der Paulusbiographie ergibt sich aus der Erwähnung des Statthalters L. Iunius Gallio, dem Bruder Senecas (Apg 18, 12) Gallios Proconsulat in Achaia lässt sich durch eine delphische Inschrift für die Zeit Frühjahr 51-Frühjahr 52 n. Chr belegen.
Für das Verständnis seiner Theologie sind die Auseinandersetzungen mit innerchristlichen Gegnern von Bedeutung: Gnostiker in Korinth und Philippoi, "Judaisten" in (Süd)Galatien und Lykaonien und griechische Wanderprediger jüdischer Provenienz in Korinth (Dazu D George Die Gegner des Paulus im Korintherbrief 1964, W. Schmitthals Die Gnosis in korinth 1965 und ders Paulus und die Gnostiker 1965)
Die unechten und außerkanonischen Paulusbriefe sind als Quellen eher unbrauchbar, ebenso wie die bei Schoeps Paulus 1959, 44 ff aufgelisteten rabbinischen Aussagen. Material aus der Apg ist kritisch an den Aussagen der echten Paulusbriefe zu prüfen.
 
Die Chronologie der Paulusbiographie ergibt sich aus der Erwähnung des Statthalters L. Iunius Gallio, dem Bruder Senecas (Apg 18, 12) Gallios Proconsulat in Achaia lässt sich durch eine delphische Inschrift für die Zeit Frühjahr 51-Frühjahr 52 n. Chr belegen.
Für das Verständnis seiner Theologie sind die Auseinandersetzungen mit innerchristlichen Gegnern von Bedeutung: Gnostiker in Korinth und Philippoi, "Judaisten" in (Süd)Galatien und Lykaonien und griechische Wanderprediger jüdischer Provenienz in Korinth (Dazu D George Die Gegner des Paulus im Korintherbrief 1964, W. Schmitthals Die Gnosis in korinth 1965 und ders Paulus und die Gnostiker 1965)
Die unechten und außerkanonischen Paulusbriefe sind als Quellen eher unbrauchbar, ebenso wie die bei Schoeps Paulus 1959, 44 ff aufgelisteten rabbinischen Aussagen. Material aus der Apg ist kritisch an den Aussagen der echten Paulusbriefe zu prüfen.
Vielen Dank für die Unterstützung bezüglich der frühen Gnostiker. Ich sehe das ganz genauso!
Als weiteres, nicht ganz sicheres Datum im Leben des Paulus käme noch die Vertreibung von Aquila und Priskilla im Jahr 41 (oder 49?) n Chr in Betracht. Ich fürchte aber, das geht im Moment am Thema vorbei. Wir sprechen gerade über die Pastoralbriefe. Wenn nicht irgendjemand behauptet, sie seien echte Paulusbriefe, dann sind die 7 vermutlich echten Werke nur als das Fälschungsziel anzusehen und dann sind die Reibungspunkte mit der Apg nicht so entscheidend.
Ich kenne auch keine wichtigen Erwähnungen aus der rabbinischen Tradition, diesbezügliche Neuigkeiten wären interessant gewesen.
 
Hallo Scorpio,
ich sehe gerade, dass die Formatierung Deiner Antwort etwas missglückt ist.
Ich habe aufgrund einer Hypothese nur recherchiert. Es ist aber richtig, dass wir alle angesichts der fehlenden Belege bezüglich der Namen nur spekulieren können.
Das ist nicht korrekt, die echten Paulusbriefe (Röm, 1., 2. Kor, Gal, Phil, 1. Thess, Phlm datieren zwischen 50 (1. Thess) und 56 n. Chr (Röm)
Für 1 Thess gibt es eine Frühdatierungshypothese, aber die meine ich nicht, sondern die Pastoralbriefe.
was sich leichter behaupten, als belegen lässt, zumal wenn einem die einfachsten Standardwerke unbekannt sind
Nette Unterstellung, kommt auf den Haufen...
Hilfreicher wäre eine Richtigstellung mithilfe der Literatur, die ich außer acht gelassen habe. Für mich sind der nur vage datierbare Canon muratori und die Liste bei Irenäus die Fixpunkte, vor denen die Kanonisierung stattgefunden haben muss. Einwände?
Viel interessanter ist aber das Dokument davor, was sich auf die Evangelien bezieht und auf dem meine Hypothese der Evangelien basiert: Die Papiaszitate in Eusebius' Kirchengeschichte. Sie können vorsichtig auf 110-120 AD taxiert werden:
Matthäus hat die Logien <von Jesus> also in hebräischer/aramäischer Sprache zusammengestellt; es interpretierte sie ein jeder aber so gut er es vermochte (Eusebius Hist eccl III, 39, 15).
und:
Clemens von Alexandria sagt über Marcion, er habe sich auf Matthias berufen (Strom VII, 108, 1). Hieronymus sagt:
Im Hebräerevangelium — manche nennen es auch Apostel-, sehr viele Matthäusevangelium, welches in chaldäischer und syrischer Sprache, jedoch mit hebräischen Buchstaben geschrieben ist, dessen sich die Nazarener bis heute bedienen ... (Hieronymus Adv Pelag III, 2).
und:
[FONT=&quot]Markus hat die Worte und Taten des Herrn, an die er sich als Dolmetscher des Petrus erinnerte, genau, allerdings nicht ordnungsgemäß, aufgeschrieben. Denn nicht hatte er den Herrn gehört und begleitet; wohl aber folgte er später, wie gesagt, dem Petrus, welcher seine Lehrvorträge nach den Bedürfnissen einrichtete, nicht aber so, dass er eine zusammenhängende Darstellung der Reden des Herrn gegeben hätte. Es ist daher keineswegs ein Fehler des Markus, wenn er einiges so aufzeichnete, wie es ihm das Gedächtnis eingab [/FONT][FONT=&quot](Eusebius Hist eccl III, 39).[/FONT]
Papias war zwar nach Eusebius ein Idiot, aber sicher kein Gnostiker. Er gilt als Freund des Polykarp, des berühmten Markiongegners.
Wir haben hier also eine Art Konkurrenzkanon mit einem hebräischen, eher aber aramäischen "Matthäusevangelium", das nicht infrage gestellt wird und einem fragwürdigen Markusevangelium als erste Schriften. Man kann vermuten, dass dies der Grund dafür ist, dass in unseren Bibeln das Matthäusevangelium am Anfang steht - obwohl es ein anderes sein muss. Meines Wissens behauptet kaum einer, dass unser Matthäusevangelium anders als auf Griechisch verfasst worden ist oder dass es nicht von Markus abhängig sei.
(Da Chan nicht mehr teilnimmt, erlaube ich mir, meine Version zur Diskussion zu stellen)
 
Die Nennung von Personennamen erhöht den Eindruck der Authentizität, egal ob echt (Timotheus) oder erfunden.
Findet sich diese Überlegung samt ihrem Inhalt (Authentizität evozieren, egal wie) irgendwo bei Cicero oder Quintilian oder in anderen rhetorischen Lehrschriften der Antike?
Falls nicht, dann ist diese Überlegung zur textimmanenten Deutung von außen hineinprojiziert und muss folglich am antiken Text samt seiner Intention vorbeigehen.
(wir benötigen bei dieser Frage übrigens keine Subdiskussion darüber, ob die Autoren der neutestamentlichen Texte Rhetorik studiert hatten - gänzlich ungebildet waren sie nicht; auf jeden Fall werden sie eher innerhalb antiker Denk- und Verstehensmuster gedacht haben als innerhalb "moderner heutiger")
 
Da ein paar Tage nichts Erwähnenswertes gepostet wurde, ist es vielleicht erlaubt, meine Sicht zu Chans Thesen zusammenzufassen:

1. Angesichts der massiven Manipulationen, Fälschungen und der vermutlichen Vernichtung von Dokumenten ist eine kriminologische Betrachtung der kirchlichen Geschichtsversion nachvollziehbar.

2. Es gibt mit den Pastoralbriefen gefälschte Dokumente, die wahrscheinlich erst um 150 nChr erstellt und direkt in den Kanon übernommen wurden. Etwas Ähnliches für die Evangelien anzunehmen ist an sich nicht abwegig. Das kann sich auf die Erstellung aber auch auf die Abänderung dieser Dokumente beziehen.

3. Die vernichteten Werke von Markion, der den ersten Kanon erstellt hat, und von Papias sowie der 1. Clemensbrief legen nahe, dass zumindest das heute bekannte Markusevangelium und wohl auch das Lukasevangelium zu deren Zeit existiert haben. Damit ist auch für das sehr ähnliche Matthäusevangelium eine Abfassung vor 100 nChr wahrscheinlich.

4. Das früheste erhaltene Dokument ist Papyrus 52 (EvJoh) vermutlich aus der Zeit Kaiser Hadrians.

4. Eine Reihe weiterer Evangelien scheint vernichtet worden/verloren gegangen zu sein. Das interessanteste ist wohl das Matthäusevangelium, was wohl unterschiedliche Namen trug, u.a. Matthias- und Hebräerevangelium. Nach Papias handelt es sich um die authentischen Worte des Jesus von Nazareth auf Hebräisch/Aramäisch.

Darüberhinaus verweise ich auf den Tochterfaden mit den Bauerhypothesen, der viel spannender ist als der dröge Titel vermuten lässt.
 
Da ein paar Tage nichts Erwähnenswertes gepostet wurde, ist es vielleicht erlaubt, meine Sicht zu Chans Thesen zusammenzufassen:

1. Angesichts der massiven Manipulationen, Fälschungen und der vermutlichen Vernichtung von Dokumenten ist eine kriminologische Betrachtung der kirchlichen Geschichtsversion nachvollziehbar.

2. Es gibt mit den Pastoralbriefen gefälschte Dokumente, die wahrscheinlich erst um 150 nChr erstellt und direkt in den Kanon übernommen wurden. Etwas Ähnliches für die Evangelien anzunehmen ist an sich nicht abwegig. Das kann sich auf die Erstellung aber auch auf die Abänderung dieser Dokumente beziehen.

3. Die vernichteten Werke von Markion, der den ersten Kanon erstellt hat, und von Papias sowie der 1. Clemensbrief legen nahe, dass zumindest das heute bekannte Markusevangelium und wohl auch das Lukasevangelium zu deren Zeit existiert haben. Damit ist auch für das sehr ähnliche Matthäusevangelium eine Abfassung vor 100 nChr wahrscheinlich.

4. Das früheste erhaltene Dokument ist Papyrus 52 (EvJoh) vermutlich aus der Zeit Kaiser Hadrians.

4. Eine Reihe weiterer Evangelien scheint vernichtet worden/verloren gegangen zu sein. Das interessanteste ist wohl das Matthäusevangelium, was wohl unterschiedliche Namen trug, u.a. Matthias- und Hebräerevangelium. Nach Papias handelt es sich um die authentischen Worte des Jesus von Nazareth auf Hebräisch/Aramäisch.

Darüberhinaus verweise ich auf den Tochterfaden mit den Bauerhypothesen, der viel spannender ist als der dröge Titel vermuten lässt.

Ich erlaube mir folgende Thesen zur Diskussion zu stellen:

1) Es ist denkbar, dass in Wirklichkeit die Gnostiker gefälscht haben, damit alle denken, dass es die Katholen waren, und in Wirklichkeit war es jemand ganz anders vielleicht die Katharer oder die Templer- denen ist alles zuzutrauen. Meine Kristallkugel flimmert,aber ich stelle diese These zur Diskussion.

2) Alternativ ist aber auch denkbar, dass Paulus, der alte Rauschebart eine falsche Spur gelegt hat. Um von massiven Kannibalismusfällen im "rechtgläubigen" Christentum abzulenken, könnte er in die Kollekte eingesackt haben, um gemeinsam mit den Weisen von Zion die "rechtgläubige" Kirche der Scheinheiligen der letzten Tage zu infiltrieren, denn Geld ist Macht und es gab schon immer Leute, die unglaublich reich an Phantasie waren.

3) Dass massiv Evangelien gefälscht und vernichtet wurden, ist denkbar. Ich tippe mal auf die Katholen. In meinem Modell lösen sich alle Widersprüche auf, dazu in mehreren Tagen mehr

4) es ist denkbar, dass es denkbar ist, ich nehme an, es waren die Katholen.

5)Die Stecknadel im Kothaufen findet nur, wer danach sucht.

6) Schon im leider verschollenen apokryphen Judas Phrasendrescher-Evangelium stehen die ergreifenden "wahren Jesus Worte" "Selig sind die da Scheiße reden, denn der Herr Zebaoth wird Manna und Erkenntnis auf sie regnen lassen.

7) Die Widersprüche lösen sich in meinem Modell von alleine. In einigen Tagen werde ich meine Argumente und Offenbarungseide, äh Offenbarungen in einem neuen "Bauer_sucht_Sau Thread vorstellen. Einstweilen erlaube ich mir, diese meine Platitüden zur Diskussion zu stellen:

8) Blablablablabla
 
Scorpios satirischer Einwurf zeigt überdeutlich, dass Betrachtung der Forschungsliteratur notwendig ist, um - noch höflich ausgedrückt - ausufernde Privatdeutungen oder cherry-picking "genehmer" Thesenschnipsel zu begrenzen und angebliche Plausibilitäten diverser Verschwörungstheorien auf den Prüfstand zu stellen.

Solche Mischungen von Faktenstand (P52) und Hypothesen (Papias), die ein unbedarfter Leser nicht auseinander halten kann, sollten vermieden werden. Seriös wäre, auf gegebene Dispute hinzuweisen:
4. Das früheste erhaltene Dokument ist Papyrus 52 (EvJoh) vermutlich aus der Zeit Kaiser Hadrians.

4. Eine Reihe weiterer Evangelien scheint vernichtet worden/verloren gegangen zu sein. Das interessanteste ist wohl das Matthäusevangelium, was wohl unterschiedliche Namen trug, u.a. Matthias- und Hebräerevangelium. Nach Papias handelt es sich um die authentischen Worte des Jesus von Nazareth auf Hebräisch/Aramäisch.

Zu 4.1: Papyrus 52 wird so vertreten.

Zu 4.2:
"The question has been raised if what Matthew wrote in “the Hebrew language” acc. to Papias was a collection of the sayings of Jesus that Irenaeus and Origen speak of as the text of “Matthew in Hebrew.” Scholars have debated this issue at length, and the literature on this question is voluminous. See, at least, C.B. Amphoux, L’évangile selon les Hé- breux: Apocrypha 6 (1995) 67-77; A.D. Baum, Ein aramäischer Urmatthäus im kleinasiatischen Gottesdienst: ZNTW 12 (2001) 257-272."

Zusammenfassung aus EoAChr, III, S. 58

Zu Baum und den bestehenden Hypothesen, bei denen es eben unseriös ist, eine zu greifen:"scheint" vernichtet worden/verloren gegangen zu sein - das interessanteste "ist" - nach Papias "handelt es sich" um die authentischen Worte ...

Es handelt sich nicht nach Papias um die authentischen Worte, sondern nach einer älteren Interpretation der Papias-Worte aus dem 19. Jahrhunderts. Daneben gibt es andere Interpretationen und erhebliche Dispute über die Auslegung von Papias, was in einer Diskussion redlicherweise erwähnt werden sollte.
http://www.armin-baum.de/wp-content...im-kleinasiatischen-Gottesdienst-Abstract.pdf

Dass die ständigen notwendigen Korrekturen und Hinweise allmählich das Bild erzeugen, dass hier methodisch selektiert wird, um "Verschwörungen" zu suggerieren oder zu "plausibilisieren", ist wohl nachvollziehbar.

Für ein seriöses Geschichtsforum sind solche Halbwahrheiten und tendenziösen Darstellungen jedenfalls ärgerlich. Wenn schon solche Thesen dargestellt werden, ist eine ausgewogene Daratellung Pflicht und Regel. Wir sind hier nicht im Illuminati-Band 2.
 
Werter Judas Phatre,
mir geht zunehmend auf den Zwirn, dass die umstrittene und einseitige Sichtweise des Jesus Seminars hier mehr oder weniger stringent untergejubelt werden soll.
Auf meinen Einwand, doch auch einmal die Sicht auf den jüdischen Jesus (beispielsweise bei Ed Parish Sanders) zu wagen, wird erst gar nicht eingegangen. Stets stehen das Thomasevangelium, wahlweise das Johannesfragment oder auch andere im Vordergrund samt irgendwelcher nicht beweisbarer Umstände...
Es geht mir um eine Annäherung an den historischen Jesus von einem anderen Ausgangspunkt aus...
...und um Diskussion in einem Forum. Die kann nur spannend sein, wenn unterschiedliche Sichtweisen zur Diskussion zugelassen werden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich erlaube mir folgende Thesen zur Diskussion zu stellen:

1) Es ist denkbar, dass in Wirklichkeit die Gnostiker gefälscht haben, damit alle denken, dass es die Katholen waren, und in Wirklichkeit war es jemand ganz anders...
Die Gnostiker haben mindestens genauso gefälscht wie die rechtgläubige Kirche. Niemand bezweifelt das. Es hatte nur kaum eine Auswirkung auf die Geschichte.

2) Alternativ ist aber auch denkbar, dass Paulus, der alte Rauschebart eine falsche Spur gelegt hat.
Du bist nahe dran...

6) Schon im leider verschollenen apokryphen Judas Phrasendrescher-Evangelium stehen die ergreifenden "wahren Jesus Worte" "Selig sind die da Scheiße reden, denn der Herr Zebaoth wird Manna und Erkenntnis auf sie regnen lassen.
Ich verbiete niemandem, mich zu beleidigen. Allein, weil ich sicher bin, dass solche Beleidigungen auf den zurückfallen, der sie ausspricht.
 
Solche Mischungen von Faktenstand (P52) und Hypothesen (Papias), die ein unbedarfter Leser nicht auseinander halten kann, sollten vermieden werden.
Weder ist Papyrus 52 exakt zu datieren (m.W. gibt es nur eine Zuweisung nach der Handschrift), noch sind die Papiaszitate eine Hypothese. Beides sind Fakten, die in Einklang gebracht werden müssen.

Zu 4.2:
"The question has been raised if what Matthew wrote in “the Hebrew language” acc. to Papias was a collection of the sayings of Jesus that Irenaeus and Origen speak of as the text of “Matthew in Hebrew.” Scholars have debated this issue at length, and the literature on this question is voluminous. See, at least, C.B. Amphoux, L’évangile selon les Hé- breux: Apocrypha 6 (1995) 67-77; A.D. Baum, Ein aramäischer Urmatthäus im kleinasiatischen Gottesdienst: ZNTW 12 (2001) 257-272."

...
Zusammenfassung aus EoAChr, III, S. 58

Es handelt sich nicht nach Papias um die authentischen Worte, sondern nach einer älteren Interpretation der Papias-Worte aus dem 19. Jahrhunderts. Daneben gibt es andere Interpretationen und erhebliche Dispute über die Auslegung von Papias, was in einer Diskussion redlicherweise erwähnt werden sollte.
http://www.armin-baum.de/wp-content...im-kleinasiatischen-Gottesdienst-Abstract.pdf
Ich werde nie behaupten, jede Meinungsäußerung zu diesem Thema zu kennen. Dies ist ein Diskussionsforum. Jeder darf meine Sicht kommentieren und eine bessere Erklärung einstellen. Der Hinweis darauf, dass es andere Meinungen gibt, ist m.E. sehr kurz gesprungen. Warum nennst Du die Argumente nicht, sondern ziehst Dich auf Allgemeinplätze und Anschuldigungen zurück. Das ist unredlich, so handle ich nicht.
 
Auf meinen Einwand, doch auch einmal die Sicht auf den jüdischen Jesus (beispielsweise bei Ed Parish Sanders) zu wagen, wird erst gar nicht eingegangen. Stets stehen das Thomasevangelium, wahlweise das Johannesfragment oder auch andere im Vordergrund samt irgendwelcher nicht beweisbarer Umstände...
Es geht mir um eine Annäherung an den historischen Jesus von einem anderen Ausgangspunkt aus...
...und um Diskussion in einem Forum. Die kann nur spannend sein, wenn unterschiedliche Sichtweisen zur Diskussion zugelassen werden.
Nun eigentlich geht es um die Radikalkritik an den kanonischen Evangelien. Ich habe mein Modell eingebracht, weil Chan den Faden nicht weiter betrieben hat, und weil mein Modell eine Art Mittelweg darstellt.
Wenn ich mich recht erinnere, hast Du zurückgezogen, als ich um Deine Daten und Meinungen bezüglich der jüdischen Sicht gebeten habe...
Ich bin nach wie vor sehr interessiert, nichts was Du vorbringst, wird von mir ins Lächerliche gezogen werden. Ich weiß, dass wir sehr unterschiedliche Ansichten haben, aber ich habe das Gefühl, dass Du die Aggressivität nicht teilst, die dieses Forum so prägt.
 
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