Gemeint war nicht um das Queren der Strömung, ohne abgetrieben zu werden.
Gemeint war das schräge Queren der Strömung, und dabei den Abtrieb etwas zu nutzen.
So werden es die frühen "anatomically modern humans" wohl auch gemacht haben. Nichtsdestotrotz bieten solche Strömungen natürlich Anlaß, sich mit Meeres-und Wetterbeobachtung, auch der Entwicklung einfacher Mittel der Kursbeeinflussung, intensiver zu beschäftigen. Über 50.000 Jahre kann, wenn die "Altvorderen" nicht ganz blöd waren, solch "Testlabor" schon einiges an technischer Kompetenz hervorbringen. [
Man beachte auch den Selektionseffekt: Die guten Navigierer schaffen es auf die andere Seite, die schlechten dagegen..]
An wen richtet sich die Frage? Behauptet hier jemand Trecks durch aride Gebirgslandschaften?
Die Frage ging an niemand speziellen. Es war ein gedanklicher Vorgriff auf ein Thema, das uns sicherlich auch noch beschäftigen wird, nämlich die Besiedlung Mittel- und Südamerikas. Zwischen Rockies und Appalachen finden wir spät-/postglazial relativ ebene Tundren. Da folgt Mensch den Tierwanderungen, und kann/ wird so recht schnell recht weite Distanzen überbrücken. Dies steht im Einklang mit der ziemlich uniformen und schnellen Verbreitung der Clovis-Kultur.
So von Nord-Mexico südwärts ändern sich sowohl Terrain als auch Vegetation/ Fauna. Nichts mehr mit Großwildjagd. Zunächst muß ein anderes Kulturmodell entwickelt werden, das vermutlich sehr viel stärker auf das Sammeln pflanzlicher Ressourcen abzielt. Strategien, die sich bei der Bisonjagd in der Tundra bewähren, stoßen bei Affen o.ä. im Wald wohl bald an Grenzen. Sprich - neben dem traditionellen Waffenarsenal stehen vermutlich auch ein paar Elemente der Sozialstruktur, Geschlechtsrollenverteilung etc. zur Disposition. Die Umstellung dürfte schon einige Jahrhunderte dauern.
Anders ausgedrückt: Sofern die Mammut-jagenden Bewohner von
Monte Verde in Südchile (14.800 BP) der gleichen Kultur/ Migrationswelle wie die Clovis-Leute entstammten, scheint mir ein Weg über Land unwahrscheinlich. Nach Clovis NM sind es von Monte Verde über Land knapp 14.000 km, davon vielleicht 11.000 außerhalb der Tundren-/ Großwildzone. Die mir prähistorisch bekannten Expansionsraten liegen zwischen 1 km (Südexpansion Trichterbecherkultur aus Holstein zum Harz) und gut 2 km (Bandkeramiker) pro Jahr. Die mittel-paläolithische Aurignacien-Kultur brauchte etwa 5-6.000 Jahre von Israel bis in die Pyrenäen, da sind wir auch ungefähr bei 1 km/ Jahr. Mit Zuschlägen für Kulturumstellung von Tundra- auf Wald-/ Berglandmodus wäre da "zu Fuß" also locker mit 6.000, vermutlich eher über 10.000 Jahren Wanderzeit zwischen Chile und Neu Mexico zu rechnen.
Also gings nach Südchile offenbar per Boot - von Kamchatka immer schön die Aleuten und den Kontinentalschelf entlang etwa 18,600 km (ich habe zur Vereinfachung angenommen, daß nicht den Gulf of California entlang gechippert wurde, sondern von Baja California direkt gut 300 km über offene See nach Isla Maria Madre und weiter nach Puerto Vallarta übergesetzt wurde, ansonsten wird es noch mal einiges länger). Wie lang fährt man da? 1 km/h, 25 km/ Tag im Schnitt? Mit Pausen zum Fischen, Robbenjagen, Boot trocknen/ reparieren vielleicht pro Jahr insgesamt 100 Tage & Nächte auf See, ~ 2.500 km/ Jahr? Wer zügig dabei ist, kann die Strecke in 8 Jahren schaffen. Ein paar Generationen, und "Zwischenlager" unterwegs, sind wahrscheinlicher, aber deutlich schneller als zu Fuß geht es wohl allemal.
Eindeutige Belege für die Route gibt es nicht. Die
Manis Mastodon Site (WA) und die
Paisley Caves (OR) passen, obwohl etwa 500 - 1.000 Jahre jünger als Monte Verde, zumindest halbwegs in die Zeitstellung. Auch an der kalifornischen Küste finden sich Belege - immer noch jünger als Monte Verde, aber zeitgleich/älter als Clovis
https://uonews.uoregon.edu/archive/...ifornia-islands-give-evidence-early-seafaring
Aber südlich davon ist bislang Ende. Vor allem wirft die jetzige Chronologie die Frage auf, ob nicht die Pazifikküste von Süden nach Norden besiedelt wurde. Dazu später mehr.
Erstmal zurück zum Treck durch Gebirgslandschaften: Wenn Seefahrer vor 15.000 Jahren an der US-amerikanischen Westküste landeten und siedelten (bislang sind sie erst knapp 1.000 Jahre später belegt), hätten sie ihr Kulturmodell ändern, neue Werkzeuge erschaffen und durch Sierra Nevade und Rockies in die Great Plains wandern müssen. Mal ganz abgesehen von der Frage, warum sie die Mühe auf sich nehmen und sunny California hätten verlassen sollen - zwischen Sierra Nevada und Rockies wird es bekanntermaßen verdammt arid, und der während der Eiszeit südwärts verlagerte jet stream hat die Niederschlagsbildung nicht gefördert (ein Grund, warum die Vergletscherung relativ nördlich aufhörte). British Columbia und der Norden Washingtons waren noch vereist, und südlich davon produzierte der
Lake Missoula alle 40-50 Jahre nette kleine
Ice Age 2-Dammbrüche, die das Tal des Columbia Rivers erst in die Form brachten, die es heute hat. Die
Bonneville flood noch weiter südlich war auch alles andere als migrationsfördernd, und was danach an Wasser verblieb, trägt heute den Namen "Great Salt Lake". Also, wenn überhupt, doch eher weiter südlich längs, und da wirds halt ziemlich arid...
Insofern habe ich etwas Schwierigkeiten mit der Vorstellung, die Clovis-Kultur der
plains sei innerhalb von weniger als 2.000 Jahren aus einer maritim orientierten Kultur an der Westküste hervorgegangen, hätte mal eben gut 1.600 km Mix aus Hochgebirge und Wüste durchquert, und anschließend fix Waffen zur Großwildjagd in bekannter Präzision hergestellt.
Plausibler erscheint mir da schon eine Verbindung zu pre-Clovis Fundorten wie
Cactus Hill (VA),
Meadowcroft Rockshelter (PA),
Page-Ladson prehistory site (FL),
Saltville (archaeological site) (VA) oder
Topper Site (SC). Nur - die häufen sich doch ziemlich an der Atlantikküste, und da kommt man von der Kamchatka nicht wirklich gut hin, v.a. wenn die Beringstraße verlandet ist. Entweder brauchen wir Erklärungsansätze für Besiedlung schon vor dem LGM, oder wir denken ernsthaft über eine Azoren-Route nach, oder wir landen bei Packeis- und Eisberge-durchkreuzenden Robbenjägern. Bei letzteren herrscht freie Auswahl zwischen Abfahrt aus Westeuropa, oder aus dem Norden Beringias (oder Jennissej-Mündung?) via die Nordwest-Passage. Kürzer ists aus Europa...