Besiedlung Amerikas: solutréische Hypothese, Beringia, oder Südpazifik?

na ja, der Monsun wirkt sicher nicht so dass er im Bab al-Mandab von einer Küste zur anderen bläst sondern er wird je nach Jahreszeit eine Strömung ins oder aus dem roten Meer erzeugen, ist also für unsere Altvorderen eher eine Gefahr als eine Hilfe gewesen.

Gemeint war nicht um das Queren der Strömung, ohne abgetrieben zu werden.

Gemeint war das schräge Queren der Strömung, und dabei den Abtrieb etwas zu nutzen.
 
Bleiben wir im biblischen Kontext, und schauen mal auf den Exodus. Ich meine hier nicht Moses, auch wenn der ein schönes Beispiel für die Tücken des Landwegs bietet (40 Jahre in der Wüste).
[So als Frage eines Flachlandindianers von der Waterkant an die unter den Skeptikern ja scheinbar gut vertretene Hoch- und Mittelgebirgsfraktion: Wie trekkt man eigentlich mit Kind, Kegel, Lederzelt und (steinbestücktem!) Waffenarsenal durch aride Gebirgslandschaften? Schnallt man sich da zur Sicherheit zusätzlich noch einen 20-Liter Wasserschlauch auf den Rücken?
An wen richtet sich die Frage? Behauptet hier jemand Trecks durch aride Gebirgslandschaften?

Selbst bei tiefstem glazialen Wasserstand war der Bab al-Mandeb zwischen Djibouti und Jemen immer noch 11 km breit.
Und was willst Du damit beweisen?

Die Straße von Gibraltar ist heute 14 km breit. Da sind schon Hunderte durchgeschwommen, trotz Meeresströmungen und ohne sich an ein Stück Treibholz zu klammern.

Damit will ich nicht behaupten, dass die Paläolithiker die in Frage stehenden Meerengen schwimmend überquert haben.

Aber klar ist, dass dazu keine Hochseeschifffahrtstechnologie erforderlich war.

In meinem letzten Beitrag schrieb ich:

Hat irgendjemand Seefahrt bezweifelt?

Einige Diskussionsteilnehmer bezweifeln, dass paläolithische Seefahrer gezielt Seefahrten über Distanzen weit außerhalb jeglicher Sichtweite unternommen haben.


 
Gemeint war nicht um das Queren der Strömung, ohne abgetrieben zu werden.

Gemeint war das schräge Queren der Strömung, und dabei den Abtrieb etwas zu nutzen.
So werden es die frühen "anatomically modern humans" wohl auch gemacht haben. Nichtsdestotrotz bieten solche Strömungen natürlich Anlaß, sich mit Meeres-und Wetterbeobachtung, auch der Entwicklung einfacher Mittel der Kursbeeinflussung, intensiver zu beschäftigen. Über 50.000 Jahre kann, wenn die "Altvorderen" nicht ganz blöd waren, solch "Testlabor" schon einiges an technischer Kompetenz hervorbringen. [Man beachte auch den Selektionseffekt: Die guten Navigierer schaffen es auf die andere Seite, die schlechten dagegen..]
An wen richtet sich die Frage? Behauptet hier jemand Trecks durch aride Gebirgslandschaften?
Die Frage ging an niemand speziellen. Es war ein gedanklicher Vorgriff auf ein Thema, das uns sicherlich auch noch beschäftigen wird, nämlich die Besiedlung Mittel- und Südamerikas. Zwischen Rockies und Appalachen finden wir spät-/postglazial relativ ebene Tundren. Da folgt Mensch den Tierwanderungen, und kann/ wird so recht schnell recht weite Distanzen überbrücken. Dies steht im Einklang mit der ziemlich uniformen und schnellen Verbreitung der Clovis-Kultur.
So von Nord-Mexico südwärts ändern sich sowohl Terrain als auch Vegetation/ Fauna. Nichts mehr mit Großwildjagd. Zunächst muß ein anderes Kulturmodell entwickelt werden, das vermutlich sehr viel stärker auf das Sammeln pflanzlicher Ressourcen abzielt. Strategien, die sich bei der Bisonjagd in der Tundra bewähren, stoßen bei Affen o.ä. im Wald wohl bald an Grenzen. Sprich - neben dem traditionellen Waffenarsenal stehen vermutlich auch ein paar Elemente der Sozialstruktur, Geschlechtsrollenverteilung etc. zur Disposition. Die Umstellung dürfte schon einige Jahrhunderte dauern.
Anders ausgedrückt: Sofern die Mammut-jagenden Bewohner von Monte Verde in Südchile (14.800 BP) der gleichen Kultur/ Migrationswelle wie die Clovis-Leute entstammten, scheint mir ein Weg über Land unwahrscheinlich. Nach Clovis NM sind es von Monte Verde über Land knapp 14.000 km, davon vielleicht 11.000 außerhalb der Tundren-/ Großwildzone. Die mir prähistorisch bekannten Expansionsraten liegen zwischen 1 km (Südexpansion Trichterbecherkultur aus Holstein zum Harz) und gut 2 km (Bandkeramiker) pro Jahr. Die mittel-paläolithische Aurignacien-Kultur brauchte etwa 5-6.000 Jahre von Israel bis in die Pyrenäen, da sind wir auch ungefähr bei 1 km/ Jahr. Mit Zuschlägen für Kulturumstellung von Tundra- auf Wald-/ Berglandmodus wäre da "zu Fuß" also locker mit 6.000, vermutlich eher über 10.000 Jahren Wanderzeit zwischen Chile und Neu Mexico zu rechnen.
Also gings nach Südchile offenbar per Boot - von Kamchatka immer schön die Aleuten und den Kontinentalschelf entlang etwa 18,600 km (ich habe zur Vereinfachung angenommen, daß nicht den Gulf of California entlang gechippert wurde, sondern von Baja California direkt gut 300 km über offene See nach Isla Maria Madre und weiter nach Puerto Vallarta übergesetzt wurde, ansonsten wird es noch mal einiges länger). Wie lang fährt man da? 1 km/h, 25 km/ Tag im Schnitt? Mit Pausen zum Fischen, Robbenjagen, Boot trocknen/ reparieren vielleicht pro Jahr insgesamt 100 Tage & Nächte auf See, ~ 2.500 km/ Jahr? Wer zügig dabei ist, kann die Strecke in 8 Jahren schaffen. Ein paar Generationen, und "Zwischenlager" unterwegs, sind wahrscheinlicher, aber deutlich schneller als zu Fuß geht es wohl allemal.
Eindeutige Belege für die Route gibt es nicht. Die Manis Mastodon Site (WA) und die Paisley Caves (OR) passen, obwohl etwa 500 - 1.000 Jahre jünger als Monte Verde, zumindest halbwegs in die Zeitstellung. Auch an der kalifornischen Küste finden sich Belege - immer noch jünger als Monte Verde, aber zeitgleich/älter als Clovis
https://uonews.uoregon.edu/archive/...ifornia-islands-give-evidence-early-seafaring
Aber südlich davon ist bislang Ende. Vor allem wirft die jetzige Chronologie die Frage auf, ob nicht die Pazifikküste von Süden nach Norden besiedelt wurde. Dazu später mehr.
Erstmal zurück zum Treck durch Gebirgslandschaften: Wenn Seefahrer vor 15.000 Jahren an der US-amerikanischen Westküste landeten und siedelten (bislang sind sie erst knapp 1.000 Jahre später belegt), hätten sie ihr Kulturmodell ändern, neue Werkzeuge erschaffen und durch Sierra Nevade und Rockies in die Great Plains wandern müssen. Mal ganz abgesehen von der Frage, warum sie die Mühe auf sich nehmen und sunny California hätten verlassen sollen - zwischen Sierra Nevada und Rockies wird es bekanntermaßen verdammt arid, und der während der Eiszeit südwärts verlagerte jet stream hat die Niederschlagsbildung nicht gefördert (ein Grund, warum die Vergletscherung relativ nördlich aufhörte). British Columbia und der Norden Washingtons waren noch vereist, und südlich davon produzierte der Lake Missoula alle 40-50 Jahre nette kleine Ice Age 2-Dammbrüche, die das Tal des Columbia Rivers erst in die Form brachten, die es heute hat. Die Bonneville flood noch weiter südlich war auch alles andere als migrationsfördernd, und was danach an Wasser verblieb, trägt heute den Namen "Great Salt Lake". Also, wenn überhupt, doch eher weiter südlich längs, und da wirds halt ziemlich arid...
Insofern habe ich etwas Schwierigkeiten mit der Vorstellung, die Clovis-Kultur der plains sei innerhalb von weniger als 2.000 Jahren aus einer maritim orientierten Kultur an der Westküste hervorgegangen, hätte mal eben gut 1.600 km Mix aus Hochgebirge und Wüste durchquert, und anschließend fix Waffen zur Großwildjagd in bekannter Präzision hergestellt.
Plausibler erscheint mir da schon eine Verbindung zu pre-Clovis Fundorten wie Cactus Hill (VA), Meadowcroft Rockshelter (PA), Page-Ladson prehistory site (FL), Saltville (archaeological site) (VA) oder Topper Site (SC). Nur - die häufen sich doch ziemlich an der Atlantikküste, und da kommt man von der Kamchatka nicht wirklich gut hin, v.a. wenn die Beringstraße verlandet ist. Entweder brauchen wir Erklärungsansätze für Besiedlung schon vor dem LGM, oder wir denken ernsthaft über eine Azoren-Route nach, oder wir landen bei Packeis- und Eisberge-durchkreuzenden Robbenjägern. Bei letzteren herrscht freie Auswahl zwischen Abfahrt aus Westeuropa, oder aus dem Norden Beringias (oder Jennissej-Mündung?) via die Nordwest-Passage. Kürzer ists aus Europa...
 
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@augusto

Ein Einwand bezüglich der von dir angeführten Ausbreitungsraten von 1-2 km/p.a. bei Keramik produzierenden Kulturen (Bandkeramiker/Trichterbecher), da handelt es sich jeweils um Ackerbau betreibende Gruppen, was einen gewissen Hang zur Sesshaftigkeit mit sich bringt. Den Mobilitätsdrang eines neolithischen Bauern als Maßstab für den eines paläolithischen Jägers/Sammlers heran zu ziehen, erachte ich für gewagt.
Darüberhinaus habe ich auch großes Magengrummeln entlang der Fundlage des europäischen Mittel-Paläolithikums und der mitunter kontrovers diskutierten Datierungen derselben übertragbare Aussagen über Ausbreitungsdynamiken andernorts treffen zu wollen.
Wenige Puzzleteile kitzeln da den detektivischen Geist des "Ermittlers", immer wieder mussten "Verdächtigungen" revidiert werden, die "Tatorte" erneut inspiziert werden. Zudem war Europa nicht unbesiedelt, wie die Begegnungen zwischen HSS Neandertaler abgelaufen sein könnten wird vielfältigst diskutiert. Ohne da jetzt tiefer eingestiegen zu sein, auch die Datierungen der mittel- wie südamerikanischen Funde sind meines Wissens doch durchaus umstritten.

Gleichfalls will mir nicht ganz einleuchten, warum du paläolithischen Entdeckern den Mut zugestehst, mal eben in Baja California mit Kind und Kegel eine 300-km-Seefahrt ins Blaue in Angriff nehmen zu wollen, während sie als Jäger zu Lande ein Jahr lang immer wieder auf die selbe Bergkuppe steigen und schmachtend ins nächste Tal blicken, bis sie sich letztlich doch entscheiden da mal genauer nachzuschauen.
Ich erachte küstennahe Bootsfahrten - allerdings auf Sicht - keineswegs für ausgeschlossen, kann mir darüberhinaus auch vorstellen, dass damit größere Distanzen auch mal schneller überwunden werden konnten als zu Land. Ob allerdings ein bewegtes Meer (Strömungen, Stürme) zwingend die risikoärmere Variante darstellt als der Weg zu Land? Ganz zu schweigen von der Verfügbarkeit von Trinkwasser.
 
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In meinem letzten Beitrag schrieb ich:

Hat irgendjemand Seefahrt bezweifelt?

Einige Diskussionsteilnehmer bezweifeln, dass paläolithische Seefahrer gezielt Seefahrten über Distanzen weit außerhalb jeglicher Sichtweite unternommen haben.
Ich hab Deinen "letzten Beitrag" schon zur Kenntnis genommen, keine Bange. Was die von Dir genannten Zweifel angeht, hat die Archäologie sie inzwischen wiederlegt. In folgender, sehr schönen und lesenswerten Zusammenfassung der aktuellen Forschungsergebnisse für Ozeanien, erstellt als Hintergrundmaterial für die Bewertung von "UNESCO World Heritage"-Anträgen, findet sich im Kapitel "Near Oceania" ab S. 37:
http://www.international.icomos.org/world_heritage/TS_Pacific_20101210_final.pdf
At Buang Merabak [New Ireland], marine-shell midden material dates to 43,500 years ago (calibrated radiocarbon). This is the oldest precisely-dated site in the island Pacific. With the most ancient estimates for Kupona na Dari, Buang Merabak indicates that people moved out well beyond Sahul almost as soon as they arrived there. A drilled tiger-shark tooth from the site dates between 32,000 and 43,500 years old, making it the oldest human ornament known in Near Oceania. Other finds in these sites reflect gathering of marine shellfish and fishing that includes deep-water species in addition to the tiger shark. While it is possible these latter species were caught by accident close to shore, their presence in these sites may also indicate that people were capable of building watercraft suitable for deep sea angling. If so, the finds from New Ireland constitute the earliest evidence in the world for ocean fishing. (..)​
The oldest date presently available for Pamwak [Manus (Insel)] is only about 14,600 years (calibrated radiocarbon), from a depth of 1.7m. The depth of deposit below this determination suggests that an age of more than 25,000 years for first occupation is not unreasonable, but this must await confirmation. Even so, the astounding thing about Pamwak is that a site of Pleistocene and possibly pre-Ice Age antiquity is present in Manus. As Spriggs (1997:29) puts it: "The settlement of Manus may represent a real threshold in (human) voyaging ability as it is the only island (anywhere on the planet) settled in the Pleistocene beyond the range of one-way intervisibility. Voyaging to Manus involved a blind crossing of some 60-90 km in a 200-230 km voyage, when no land would have been visible…These would have been tense hours or days on board that first voyage…"
The 14,600 date marks an important shift in the human behaviour recorded at the site. (..) There is evidence for more postglacial faunal introductions in the form of the bandicoot Echimpera kalubu [s. Anlage]
, and perhaps a second species of phalanger. The bandicoot must have been brought from mainland New Guinea because it is not present in New Ireland. (..) In addition, remains of the galip nut (Canarium spp.) are present in some quantity in these same layers. Today, galip is an important dietary item and in some parts of Near Oceania it has been domesticated. (..)
The site [Kitu, Buka, Salomonen] is 30,000 years old (calibrated radiocarbon). Like Pamwak, the human presence in Kilu demonstrates that the earliest colonists of Near Oceania had substantial voyaging skills. Although never completely out of site of land, the crossing was between 140-175 km, depending on the route, and the crew would have had to travel 40-55 km out to sea before the northern tip of the Solomons would have been visible. (..) Specialist analysis of residues on stone artefacts from Kilu found traces of Alocasia and​
Colocasia taro on stone tools from Kilu Cave on Buka (Wickler 2001). (..) Allen and O’Connell (2010) hypothesise that “Such a pathway might have diminished coastal dependence and whether this reflects people arriving on Buka with the knowledge of root vegetable exploitation or developing it there (Colocasia probably being endemic) these data indicate manipulations of the environment before c. 25 kya”. In addition, as at Pamwak there is evidence for Pleistocene galip nut use (Wickler 2001: 234, Table 8.11), though at Kilu dating very much earlier, to around 27,000 years ago (calibrated radiocarbon). The coconut Cocos nucifera has also been tentatively in the same layers.
Da strandeten offenbar nicht irgendwelche unbedarften Flößer, die ja vorher auch schon die Wallace-Linie und die Weber Linie, letztere mit mindestens 100 km Seefahrt, überqueren mußten, um nach Sahul (Australien - Neuguinea) zu gelangen, und sich dort plötzlich in einer (von Fledertieren abgesehen) säugetierlosen Welt wiederfanden. Da wurde bewußt expandiert und kolonisiert, vielleicht auch schon gezielt Landwirtschaft getrieben. Einer der Expansionsgründe ist gut bekannt und erforscht -Obsidian. In paläolithischer Zeit wurde er "nur" über etwa 400 km Distanz (einschließlich Seequerungen) verhandelt. Die bronzezeitliche Lapita-Kultur (erste polynesische Expansion) erweiterte den Radius vom Bismarck-Archipel auf 3.000 km Richtung Südosten (Fiji) und 6.000 km Richtung Nordwesten (Nord-Borneo). [Auch die Leidenschaft für Obsidian gehört scheinbar zum Kollektiverbe der "anatomically modern humans". Zum Muscheltausch über lange Distanzen im mesolithischen Europa hatte ich andernorts (Bernstein-Thread) schon geschrieben, über Kauri-Muscheln im Pazifik muß ich wohl nicht weiter reden.]​
In der oben verlinkten ICOMOS (UNESCO)-Studie findet sich u.a. ein schöner Abriß der Entwicklung seefahrerischer Fähigkeiten ab der Expansion "out of Africa" übers Rote Meer (S. 20ff). Zu lang zum Zitieren, bitte selbst lesen! Nachfolgend noch ein paar Fundstücke aus dem "Navigation and Seafaring"-Kapitel, das ebenfalls im Ganzen für alle Skeptiker lesenswert ist, (v.a. die Teile zu Navigation und Explorationsstrategien - "gegen die normale Strömung" sichert "safe returm") und im Übrigen auf S.60 und S. 65 den Forschungsstand zu den (nicht mehr in Zweifel gezogenen!) polynesisch-südamerikanischen Kontakten wiedergibt.
The consensus view is that early watercraft in the region were rafts, probably made of bamboo, and while they may have been technologically simple they were substantial enough to carry founder populations of viable size. (..)
Rafts are well suited to drifting and steering with the wind and current, but rafts large enough to carry a founder population would have too much drag to paddle effectively or easily. Nevertheless, rudimentary drifting, poling and paddling are sufficient to account for the early penetration of Wallacea and Near Oceania. Simple rafts with sails blow readily with the wind. (..) In fact, any simple structure built for shade or shelter on top of a raft would create enough windage to function in the same way, and this would be plain to see. The point is not crucial because the longest distances to be covered were only about 100 km and favourable currents and winds could carry a raft over such a gap at 2 km per hour in just 50 hours even without a sail.​
The dugout canoe was undoubtedly a major technological advance and its ancient origins are unknown; however, it could hardly have appeared before the invention of suitable tools to hollow-out logs. In the northern Moluccas and in the Bismarck Archipelago hafted and ground adzes made of Tridacna and Hippopus shell first made an appearance in coastal sites in the early Holocene after 10,000 BC.(..)
Direct archaeological evidence
Wooden components of canoe types associated with the settlement of East Polynesia have been found preserved in wetland sites in the Society Islands and New Zealand (..) At the Fa’ahia site on Huahine, Society Islands the finds included two seven-metre planks with lashing holes, a steering paddle and a bailer (Sinoto 1979, 1983). The site was initially dated to the period AD 900-1000 (Anderson and Sinoto 2002), but now appears to be later (A. Anderson pers.comm 2009). At Waitore Swamp, New Zealand there was a decking plank, an outrigger float, and parts of paddles, thwarts and other fittings possibly dating to around AD 1500 (Cassels 1979).​
Soweit zur "Arche Noah". Die, sagen wir mal, nicht ganz befriedigende Befundlage deutet ein paar grundlegende Probleme der regionalen Archäologie an, die an diversen Stellen der Studie weiter ausgeführt werden. So als Stichworte: Vulkanismus, Tsunamis, Meeresspiegelanstieg und -senkung (mit der Konsequenz zeitweiliger Riffüberflutung und starker Küstenerosion, sowie schwankender Grundwasserstände), meterdicke Guanoschichten in Höhlen/ "rockshelters" (scheinbar das Schlimmste, was Knochen und Fossilien passieren kann) bzw. langjähriger dortiger Guanoabbau - von Atomtests gar nicht zu reden. Als Konsequenz wird, trotz erheblicher Forschungsanstrengung, in jeder Region/ Zeitstellung noch über "numerous blanks in the picture", "the Lapita history of a significant number of important islands remains totally unknown", "most East Polynesian archipelagos remain poorly sampled with respect to the early settlement period" etc. geklagt. Daß die inzwischen untergegangenen eiszeitlichen Küstenlinien (im Extremfall Fiji bis zu 100 km nördlich der heutigen Hauptinseln) bisher kaum intensiv untersucht wurden, vielleicht auch wenig Hoffnung auf Fundkonservierung bieten, erstaunt da kaum. Einen Eindruck zu Stand und Fokus der aktuellen Unterwasserarchäologie gibt folgende UNESCO-Dokumentation:



 

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Schwerwiegender ist, daß inzwischen eine weitere Kultur gefunden wurde, die sich ähnlicher Steinbearbeitungstechnik wie Clovis und Solutrean bediente, nämlich die südafrikanische Still Bay-Kultur (ca. 75.000-68.000 v. Chr.)
http://www.eva.mpg.de/evolution/staff/soressi/pdf/Villa Soressi et al 2009 JAS.pdf
Entweder haben also die Solutrean-Leute ein südafrikanisches Rad neu erfunden, oder die Technik wanderte schon mit den ersten homo sapiens nach Indien, und von dort weiter ins westliche Mittelmeer. [Hier könnte ein Blick auf frühe indische Funde um 40.000 BC interessant sein. Möglicherweise war die Technologie immer präsent, trat aber nur bei bestimmter Beute (Großwild in Savanne/ Tundra) in den Vordergrund.]​
Der Link überfordert leider mein eingerostetes Schulenglisch. Kannst Du sagen ob dort was über die Wirksamkeit von Waffen, die auf diese spezielle Weise bearbeitet wurden, steht? Eine höhere Wirksamkeit wäre ja anzunehmen, wenn die Waffen auf eine bestimmte Beute wie Großwild in der Savanne ausgelegt gewesen wäre.

Warum diese Frage? Ich meine irgendwo gelesen zu haben, das zweifelhaft ist ob die flachen und vermutlich ziemlich zerbrechlichen Solutreen-Spitzen wirklich Waffen waren oder vielleicht nur kultische Bedeutung hatten.


Übrigens: Mit diesem Beitrag stellt sich euch ein Bottroper vor. Ich versuche aber hier hochdeutsch zu schreiben. ;)
 
Hat irgendjemand Seefahrt bezweifelt?

Einige Diskussionsteilnehmer bezweifeln, dass paläolithische Seefahrer gezielt Seefahrten über Distanzen weit außerhalb jeglicher Sichtweite unternommen haben.


Was die von Dir genannten Zweifel angeht, hat die Archäologie sie inzwischen wiederlegt.

Inwiefern?

In folgender, sehr schönen und lesenswerten Zusammenfassung der aktuellen Forschungsergebnisse für Ozeanien, erstellt als Hintergrundmaterial für die Bewertung von "UNESCO World Heritage"-Anträgen, findet sich im Kapitel "Near Oceania" ab S. 37:

Da steht über Manus, es sei die einzige Insel auf diesem Planeten, die außerhalb Sichtweite im Pleistozän besiedelt wurde:

"The settlement of Manus may represent a real threshold in (human) voyaging ability as it is the only island (anywhere on the planet) settled in the Pleistocene beyond the range of one-way intervisibility. Voyaging to Manus involved a blind crossing of some 60-90 km in a 200-230 km voyage, when no land would have been visible…These would have been tense hours or days on board that first voyage…"

Dass diese Insel gezielt angesteuert wurde, steht da nicht.


Augusto schrieb:
Da wurde bewußt expandiert und kolonisiert

Wo bitte steht das denn?

Da strandeten offenbar nicht irgendwelche unbedarften Flößer

Nicht?
Mit was wurde denn gefahren?

Du zitierst es ja selber:

The consensus view is that early watercraft in the region were rafts, probably made of bamboo, and while they may have been technologically simple they were substantial enough to carry founder populations of viable size. (..)
Rafts are well suited to drifting and steering with the wind and current, but rafts large enough to carry a founder population would have too much drag to paddle effectively or easily. Nevertheless, rudimentary drifting, poling and paddling are sufficient to account for the early penetration of Wallacea and Near Oceania. Simple rafts with sails blow readily with the wind. (..) In fact, any simple structure built for shade or shelter on top of a raft would create enough windage to function in the same way, and this would be plain to see. The point is not crucial because the longest distances to be covered were only about 100 km and favourable currents and winds could carry a raft over such a gap at 2 km per hour in just 50 hours even without a sail.​


Also Flöße simpler Bauart mit rudimentären Steuerungsmöglichkeiten, mit denen man normalerweise nicht weiter als 100 km kam.



 
Der Link überfordert leider mein eingerostetes Schulenglisch. Kannst Du sagen ob dort was über die Wirksamkeit von Waffen, die auf diese spezielle Weise bearbeitet wurden, steht? Eine höhere Wirksamkeit wäre ja anzunehmen, wenn die Waffen auf eine bestimmte Beute wie Großwild in der Savanne ausgelegt gewesen wäre.

Warum diese Frage? Ich meine irgendwo gelesen zu haben, das zweifelhaft ist ob die flachen und vermutlich ziemlich zerbrechlichen Solutreen-Spitzen wirklich Waffen waren oder vielleicht nur kultische Bedeutung hatten.
Dir erstmal ein herzliches "Moin", Bottroper!
Das ganze Steinbearbeitungs-Fachchinesisch von flaking, knipping, retouching etc. durchschaue ich auch nicht richtig. Ich verlaß mich da im wesentlichen auf Aussagen von Leuten, die jahrelang solch Zeug aus dem Boden geholt, abgezeichnet und verglichen haben.
Wichtig bei Pfeil- und Speerspitzen ist die Spitze. Die muß spitz und scharf sein, sonst dringt das Geschoß nicht ein. Sie darf sich auch nicht zu schnell verbreitern und an Schärfe verlieren, ansonsten bleibt sie in den oberen Hautschichten stecken. Und eiszeitliches Großwild hatte bekanntermaßen dickes Fell und wohl auch eine ordentliche Fettschicht darunter. Die von mir verlinkte Studie enthielt eine Tabelle (ich meine Tab. 5), in der entsprechende Parameter (u.a. Spitze-Breite-Verhältnis) für die Projektile diverser Kulturen, bis hin zu mittelalterlichen Preilspitzen, verglichen wurden. Solutrean und Clovis schnitten da, wenn ich mich richtig erinnere, ziemlich gut ab.
Scharfe Kanten, was für Werkzeuge (Messer, Schaber, Sensen, Äxte, Stemmeisen etc.) reicht, kann man mit einfachen Abschlägen erzeugen. Die Erfahrung dürfte jeder, der schon mal ein Glas oder eine Flasche hat fallen lassen, gemacht haben. Um eine scharfe Spitze herzustellen, braucht es konplexere Bearbeitungstechnik - zunächst beidseitige ("bi-facial") Bearbeitung, um den Querschnitt zu verkleinern, dann das Herausarbeiten der Spitze, schließlich sorgfältiges "Abknapsen" der Ränder, um scharfe, gleichmäßig zulaufende Kanten zu erzeugen. Die Cluvis-Leute haben zusätzlich noch die der Spitze entgegengesetzte Seite konkav ausgehöhlt ("fluted"), um Montage auf Speere bzw. Pfeile zu vereinfachen.
Zerbrechlichkeit liegt bei Projektilen in der Natur der Sache. Wenn ein Knochen getroffen wird, bleibt die Spitze halt stecken und verbiegt sich oder bricht auch mal ab. Fehlschüsse kann man aufsammeln, bei Treffern ist das Projektil üblicherweise hin. Fürs nächste Mammut oder Bison muß also ein neuer Satz angefertigt werden. Ich denke, deshalb werden die Spitzen auch so häufig gefunden, und gelten als "kulturprägend" für Großwildjäger-Kulturen. [Harpunen - Dein Punkt weiter oben, Lukullus - dürften, wenn nicht gerade für Wal- und Robbenfang gebraucht, sehr viel öfter wiederverwendbar sein, und sind deshalb vielleicht auch im Fundgut nicht so häufig.]
In der Spitzenherstellung steckt einige Kunstfertigkeit. Vermutlich konnte das nicht jeder, und es gab ausgemachte Spezialisten. Das eine oder andere besonders gut gelungene Stück wurde deshalb vielleicht auch aufbewahrt - auch wir kennen ja Waffensammler und Lehrmaterialien.
In vielen paläo-, meso- und neolithischen Kulturen ist Steintransport über lange Distanzen belegt (Bonner Chalcedon am Oberrhein bei Karlsruhe etc.). Er wird als Austauschmuster gedeutet, das Nachbarn sowohl Friedfertigkeit ("wir geben Euch unsere Waffen"), als auch Wertschätzung ("unser bestes Stück") demonstriert, vielleicht auch Brautpreise darstellt. Daß solche Gaben von weither nicht auf den nächsten Bison oder Auerochsen verballert, sondern aufbewahrt und in Ehren gehalten werden, versteht sich von selbst. Analog mag das eine oder andere Stück auch den Göttern dargebracht worden sein.
Nebenbei ist solch Austausch auch ein effektives System des Technologietransfers - die eigenen Spezialisten sehen sich genau an, wie die Nachbarn das eine oder andere hinbekommen haben, und was sich davon zu übernehmen lohnt. In diesem Sinne wird die kontinentweite Verbreitung der Clovis-"fluted points" zunehmend nicht als Indiz für weiträumige Wanderung einer, ethno-linguistisch homogenen Gruppe gesehen, sondern als Kontaktphänomen und schneller Übernahmeprozeß einer Technologie, die sich im Kulturmodell "Großwildjäger" als besonders effektiv zeigt. Wo diese Technologie ihren Anfang nahm, ist ungeklärt und Gegenstand der aktuellen US-amerikanischen Forschung.
 
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In der oben verlinkten ICOMOS (UNESCO)-Studie findet sich u.a.
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ein paar Fundstücke aus dem "Navigation and Seafaring"-Kapitel, das ebenfalls im Ganzen für alle Skeptiker lesenswert ist, (v.a. die Teile zu Navigation und Explorationsstrategien - "gegen die normale Strömung" sichert "safe returm") und im Übrigen auf S.60 und S. 65 den Forschungsstand zu den (nicht mehr in Zweifel gezogenen!) polynesisch-südamerikanischen Kontakten wiedergibt.
...

Ich denke wahrlich gern gemäß folgendem Zitat:
"Die Ordnung ist die Lust der Vernunft, aber die Unordnung ist die Wonne der Phantasie." (P. Claudel)
Aber die Unordnung will dann auch gefüttert werden!

Habe die ICOMOS-Studie mal gesichtet, da jedoch nichts wirklich Neues zur Besiedlungs-Dynamik im Pazifik finden können. Zu den Flößen und der weltweit wohl einmaligen Sonderstellung von Manus folge ich Sepiola - wir reden da von bestenfalls knapp hundert Kilometern ohne Sicht, nicht von mehreren Hundert oder gar Tausend!
Weder bronzezeitliche Ausbreitung nach Polynesien noch zeitlich deutlich später gestellte Kontakte zwischen Polynesiern und Südamerikanern wie auch Planken- und Paddelfunde in Neuseeland helfen mir hinsichtlich der Möglichkeiten paläolithischer Seefahrer wirklich weiter. Das Zeitfenster das sich dabei öffnet um alternative Routen bei der Besiedlung Amerikas in Betracht zu ziehen umfasst dann mal locker 10.000 Jahre und mehr, im Vergleich dazu ist die Solutreen-Clovis-Lücke ja fast schon ein Klacks.
Der Verweis auf die grundlegenden Probleme der archäologischen Fundlage im Pazifik, im Besonderen Meeresspiegel-Veränderungen, gilt in ähnlicher Weise für alle pleistozänen Ozeane. Bis auf Duselfunde wird das Meer uns wohl kaum mehr was von dem offenbaren was es ehedem mal verschluckt hat. Die Paläolithiker verblieben aber sicher nicht nur im heutzutage abgesoffenen Küstenbereich, wenn sie irgendwo ankamen, breiteten sie sich aus.
 
Zuletzt bearbeitet:
Größere Strecken haben Segel vorausgesetzt, ältester Nachweis wohl bei den Ägyptern um 5000 BC.

Hier die Besiedlungsdynamik und das "Vorrücken" bzgl. längerer Steecken im Pazifik, speziell der Sonderfall Marianen.

Nach Carson, First Settlement of Remote Oceania Earliest Sites in the Mariana Islands, 2014.
 

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Größere Strecken haben Segel vorausgesetzt, ältester Nachweis wohl bei den Ägyptern um 5000 BC.
Um bei dieser Gelegenheit wieder nach Europa zu blicken:
Das Segeln blieb sehr lange auf den Mittelmerrraum beschränkt. Bis sich das Segel auch in Nordeuropa durchgesetzt hatte, verging noch viel Zeit, bis ins Mittelalter.


Und auch im Mittelmeerraum ist der Nachweis des Segels noch lange nicht mit dem Beginn der Hochsee-Schifffahrt gleichzusetzen:
Hochsee-Sch[iffahrt] wird als längere Fahrt über die offene See ohne Landsicht definiert. Sie war nur mit Segelschiffen von ausreichender Größe und Seetüchtigkeit möglich. Für das Mittelmeer wurde schon im frühen 1. Jt. v. Chr. eine partielle Hochsee-Navigation entwickelt. Auf Nordsee und Nordatlantik wurde die weiterreichende Hochsee-Sch. erstmals im 8. Jh. nach ir. Anregungen von den Wikingern durchgeführt.
Reallexikon der germanischen Altertumskunde 27 (2004)

Partielle Hochsee-Schifffahrt bedeutet: Außerhalb der Küstenstrecken wurden nur bestimmte Routen von beschränkter Reichweite befahren, diese auch nur zu bestimmten Jahreszeiten und dann oft nur in einer Richtung.

Die antike Route "mit der besten Quellenlage", nämlich die Route Rom-Alexandria, wo sich "der größte Massengutverkehr der antiken Handelsgeschichte" (Gelsdorf) abspielte, verdeutlicht die Schwierigkeiten und Einschränkungen:
Als sicher kann aber gelten, daß der Überseeverkehr von Alexandria nach Rom einerseits den kretischen Seeraum und andererseits die Meerenge von Messina passierte. Denkbar wäre nun die Direktüberquerung des Ionischen Meeres von Kreta nach Sizilien. Aber bei dieser immerhin 430 sm (ca. 800 km) langen Strecke befindet sich mehr als die Hälfte des Weges außerhalb Landsicht. Infolgedessen war das Risiko immenser Kursabweichungen zu groß, denn die antiken Seefahrer, die sich auf dem offenen Meer mangels moderner Navigationshilfen (z. B. Kompaß) nur nach den Gestirnen richten konnten, benötigten für eine halbwegs exakte Kursbestimmung deutliche Landmarken, insbesondere hohe küstennahe Berge.
...
Der Seeweg von Alexandria nach Rom war schwieriger zu bewältigen als dieselbe Route in Gegenrichtung, denn im zentralen Mittelmeerraum herrschen kräftige Winde aus nordwestlichen Richtungen vor. Deshalb liegt die Vermutung nahe, die antiken Seefahrer hätten von der Meerenge von Messina aus das Ionische Meer mit südöstlichem Kurs in Richtung Ägypten direkt überquert. Es soll hier nicht bestritten werden, daß einzelne tollkühne Segler diese gut 800 sm (ca. 1500 km) lange Direktroute ohne Umweg und Zwischenlandung bewältigt haben, aber das Gros der ostwärts segelnden Schiffe, vor allem die Kriegs-, Nachschub- und Getreideflotten, steuerten von Sizilien kommend zunächst auf die weithin sichtbare Insel Kephallenia zu.
Obwohl die antiken Seefahrer bei der West-Ost-Überquerung des Ionischen Meeres die günstigen Nordwestwinde für die direkte Fahrt in Richtung Kreta und Ägypten nutzen konnten, wählten sie denselben Seeweg wie die in Gegenrichtung fahrenden Schiffe: Als z. B. "in den Kämpfen zwischen Syrern und Römern" der berüchtigte Pirat Hybristas mit seiner "kephallenischen Räuberbande die römischen Proviantschiffe aufbrachte und die Zufuhr aus Italien sperrte, auf die man angewiesen war", wurde "die Lage der römischen Flotte dadurch fast unhaltbar". Dieser Vorgang zeigt nicht nur, daß im kephallenischen Inselraum operierende Piraten den Seeweg von Sizilien zur Levante blockieren konnten, sondern darüber hinaus, daß die oft postulierte Südroute Sizilien-Malta-Cyrenaica gar nicht zur Alternative stand!
Heinz Warnecke, Der Lebensnerv Roms. Der antike Seeweg über das Ionische Meer. In: Offenheit und Interesse. Studien zum 65. Geburtstag von Gerhard Wirth. Hrsg. Rüdiger Kinsky, Amsterdam 1993

... ist es sehr wichtig zu bedenken, daß alle diese Routen nicht wie heutzutage gleichmäßig in beiden Richtungen befahren wurden, sondern oft nur in jeweils einer Richtung benutzbar waren. Das hat seinen Grund in der Abhängigkeit der Segelschiffe von den Windrichtungen. Diese wechseln nicht einfach nach dem Zufallsprinzip, sondern unterliegen im Mittelmeer, wie anderswo auch, bestimmten Gesetzen. Im Sommer ist das System der Winde sehr stabil; das gilt besonders für den Osten des Mittelmeerraums. Dort herrschen in der Ägäis Nordwinde vor, während im übrigen Ostmittelmeer und im Ionischen Meer vorwiegend Nordwestwinde wehen. Dieses allgemeine Windsystem wird modifiziert durch lokale Winde, die für bestimmte küstennahe Gebiete charakteristisch sind.
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Im Winter gerät der Mittelmeerraum in den Einflußbereich der atlantischen Tiefdrucksysteme mit entsprechend unsicheren Wetterbedingungen. Damit war das Risiko der Schiffahrt, zumindest über größere Strecken, mit den Mitteln der Antike nicht mehr kalkulierbar. So ruhte die Schiffahrt im Winter weitgehend, mare clausum war angesagt.
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Wesentlich schwieriger gestaltete sich die Ägyptenroute. Die natürlichen Verhältnisse auf dieser Route brachten es mit sich, daß ein Segelschiff die Strecke nur einmal im Jahr hin- und zurückfahren konnte. Im Sommerhalbjahr herrschen Nordwestwinde vor, so daß man relativ rasch nach Ägypten kam; günstigstenfalls in 10, durchschnittlich in 14 Tagen. Auf dem Rückweg aber mußten die Schiffe, die nun auch noch voll beladen waren, zeitraubend gegen den Wind ankreuzen, so daß sie jetzt 50 bis 70 Tage brauchten.
Friedrich Gelsdorf, Antike Schiffahrtsrouten im Mittelmeer. In: Das Wrack. Der antike Schiffsfund von Mahdia, Band 2 (Hrsg. Gisela Hellenkemper Salies u. a.), Köln 1994
 
Um bei dieser Gelegenheit wieder nach Europa zu blicken:
Das Segeln blieb sehr lange auf den Mittelmerrraum beschränkt. Bis sich das Segel auch in Nordeuropa durchgesetzt hatte, verging noch viel Zeit, bis ins Mittelalter.
Kann ich mir schwer vorstellen. Cäsar hat von engen Kontakten zwischen den Küsten-Galliern und den Leuten in Britannien berichtet. Ist jetzt keine Riesenstrecke, aber mit Paddelbooten wurde die eher nicht zurückgelegt. Also müssen die Gallier schon Segel gekannt und gekonnt benutzt haben. Noch eins drauf: Wer in der Nordsee und im Atlantik Segel benutzt, muß auch schon Schiffe mit Kiel gekannt haben. Im Mittelmeer konnte man auch mit Galeeren rumfahren. Im Atlantik und der Nordsee ging das nur nahe an der Küste. So gesehen müßten die Gallier bessere Seeleute gewesen sein als die Römer.

Das Dumme ist daß Segel aus Stoff und Schiffe aus Holz sind. Das Zeug vergammelt so schnell. Deshalb kann man heute nicht sagen ab wann Segel in Gebrauch waren. Daß die Ägypter sowas schon kannten weiß man aus Felszeichnungen. Andere Völker müssen Segel aber auch schon benutzt haben. Sogar viel früher. Menschen haben den ganzen Planeten besiedelt und mußten dazu oft übers Wasser.

Das soll natürlich nicht heißen daß schon Steinzeitrobbenjäger bis Amerika segeln konnten.
 
Zumindest die antiken Veneter verwendeten eindeutig Segelschiffe. Caesar beschreibt sie ausführlich (Commentarii de bello Gallico 3,13) und auch, dass sie in einer Seeschlacht ausgeschaltet wurden, indem die Römer mit Sicheln an Stangen die Segel kappten (3,14). Dadurch wurden die venetischen Schiffe manövrierunfähig; sie hingen also offenbar völlig von den Segeln ab.
 
Die Gallier hatten bereits Segel.
Insbesondere die gallischen Veneter: https://de.wikipedia.org/wiki/Veneter_(Gallien)

Im Nord- und Ostseeraum sollen Segel laut dem Reallexikon der Germanischen Altertumskunde 28 (2005) aber erst im Frühmittelalter in Gebrauch gekommen sein.

Daß die Ägypter sowas schon kannten weiß man aus Felszeichnungen. Andere Völker müssen Segel aber auch schon benutzt haben.
Nicht nur die Ägypter konnten Felszeichnungen anfertigen.
Skandinavische Felszeichnungen gehen bis in die Bronze- und Steinzeit zurück.
Da sind auch jede Menge Boote abgebildet.
Nur keine Segel.


https://en.wikipedia.org/wiki/Rock_carvings_at_Alta
https://en.wikipedia.org/wiki/Rock_Carvings_in_Tanum
 

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Für das Mittelmeer wurde schon im frühen 1. Jt. v. Chr. eine partielle Hochsee-Navigation entwickelt. Auf Nordsee und Nordatlantik wurde die weiterreichende Hochsee-Sch. erstmals im 8. Jh. nach ir. Anregungen von den Wikingern durchgeführt.
Das ist natürlich eine Frage der Definition von Hochseeschiffahrt, aber in dieser Absolutheit wie es aus dem Text klingt, würde ich das nicht unterzeichnen. Schon vor dem 1. Jahrhundert v.U.z. haben die Phönikier und die Griechen sogar mit den britischen Inseln Handel getrieben und von den Kelten weiss man, dass es direkte Kontakte zwischen Britannien und dem heutigen Galicien gab. Das geht nicht ohne eine gewisse Hochseenavigation. Die Friesen, Sachsen, Angeln und Juten sind auch bereits vor dem 8. Jahrhundert über offene See gesegelt.

Aber trotzdem, glaube ich nicht, dass man in der Altsteinzeit auch nur annähernd etwas Ähnliches betrieben hat.
 
Nicht nur die Ägypter konnten Felszeichnungen anfertigen.
Skandinavische Felszeichnungen gehen bis in die Bronze- und Steinzeit zurück.
Da sind auch jede Menge Boote abgebildet.
Nur keine Segel.

Hab ich mich wirklich so dumm ausgedrückt? Das ist dann mein Fehler.

Ich meinte daß steinzeitliche ägyptische Felszeichnungen Schiffe oder Boote mit Segeln zeigen. Ich habe nicht behauptet daß Skandinavier keine Felszeichnungen von Booten oder Schiffen gemeißelt haben. Ich habe auch nicht behauptet daß Skandinavier Boote mit Segeln gemeißelt haben. Ich wollte nur sagen: Der früheste Hinweis daß es Schiffe oder Boote mit Segeln gab stammt aus ägyptischen Felszeichnungen.

Jedenfalls kenne ich keine füheren Hinweise. Bin da natürlich auch kein Experte.
 
Das ist natürlich eine Frage der Definition von Hochseeschiffahrt

Schon, aber wie soll man denn Küsten- und Hochseeschiffahrt anders definieren? Moderne Definitionen greifen nicht. Die 12-Meilen-Zone gab es in der Antike nicht, und es gab auch keine Seekarten, auf denen man man solche Zonen oder auch Direktrouten zwischen weit entfernten Küsten hätte einzeichnen können.
Entscheidend war, ob man die Küstenlinie sehen konnte, davon hing die Navigation ab (https://de.wikipedia.org/wiki/Periplus). Wie weit man sich von der Küstenlinie entfernen konnte, hing natürlich von den Erhebungen und vom Wetter ab.

Schon vor dem 1. Jahrhundert v.U.z. haben die Phönikier und die Griechen sogar mit den britischen Inseln Handel getrieben
... und zwar immer die Atlantikküste entlang und dann über den Ärmelkanal.


Das geht nicht ohne eine gewisse Hochseenavigation

Natürlich kannten die antiken Mittelmeervölker eine gewisse Hochseenavigation. Nur war die noch erheblich eingeschränkt und ist nicht mit neuzeitlicher Hochseenavigation zu vergleichen. Das besagt das Stichwort "partielle Hochsee-Navigation". Auf mehr wollte ich gar nicht hinaus.
 
Hab ich mich wirklich so dumm ausgedrückt? Das ist dann mein Fehler.

Ich meinte daß steinzeitliche ägyptische Felszeichnungen Schiffe oder Boote mit Segeln zeigen. Ich habe nicht behauptet daß Skandinavier keine Felszeichnungen von Booten oder Schiffen gemeißelt haben. Ich habe auch nicht behauptet daß Skandinavier Boote mit Segeln gemeißelt haben.

Sorry, das wollte ich Dir nicht unterstellen. Was mir aufgestoßen ist, war eigentlich die Aussage "Andere Völker müssen Segel aber auch schon benutzt haben. Sogar viel früher."
So eine Aussage ist aus den Abbildungsbefunden nicht herzuleiten.
 
Sorry, das wollte ich Dir nicht unterstellen. Was mir aufgestoßen ist, war eigentlich die Aussage "Andere Völker müssen Segel aber auch schon benutzt haben. Sogar viel früher."
So eine Aussage ist aus den Abbildungsbefunden nicht herzuleiten.

Verstehe.

Meine Behauptung daß andere das schon viel früher gekonnt haben müssen, stützt sich auch nur auf die Tatsache daß Menschen Räume besiedelt haben, die sie zufuß oder zufällig mit Paddelbooten nicht erreichen konnten. "Herleiten" wollte ich nichts. Schon gar nicht aus Felszeichnungen. Ich finde es nur erstaunlich, was die Leute damals schon alles konnten.

Beweisen kann auch ich nichts davon. Es gibt keine archäologischen Beweise dafür oder dagegen. Alles längst verrottet. Leider.

Ich denke nur, dass Steinzeitmenschen mehr konnten als wir denen heute zutrauen. Mit ihren aus heutiger Sicht erbärmlichen Mitteln haben die Jungs die ganze Welt besiedelt. Das war schon was!

Wie gesagt: Das ist natürlich kein Beweis daß europäische Robbenjäger Amerika besiedelt haben. So meinte ich das auch nicht.
 
Meine Behauptung daß andere das schon viel früher gekonnt haben müssen, stützt sich auch nur auf die Tatsache daß Menschen Räume besiedelt haben, die sie zufuß oder zufällig mit Paddelbooten nicht erreichen konnten.

Welche vor 5000 v. Chr. besiedelten Räume meinst Du konkret? Wir haben hier ja schon einiges durchdiskutiert: Australien (Sahul), Zypern, zuletzt Manus, "die einzige Insel auf diesem Planeten, die außerhalb Sichtweite im Pleistozän besiedelt wurde"...

Es gibt keine archäologischen Beweise dafür oder dagegen. Alles längst verrottet.
"Beweise gegen" die Kenntnis von Segeln kann es auch nicht geben. Aber es ist nicht alles verrottet.
Das älteste erhaltene Boot der Welt ist immerhin an die 10.000 Jahre alt:
http://www.geschichtsforum.de/748599-post258.html

Die Erhaltungsschancen für ein Stück Segeltuch sind natürlich noch schlechter als die für ein Stück Holz.

Aber wenn ein Bootsrumpf erhalten ist, kann man immerhin sehen, ob da mal ein Mast befestigt war oder nicht. Ohne Mast ist schlecht segeln.

Ich denke nur, dass Steinzeitmenschen mehr konnten als wir denen heute zutrauen. Mit ihren aus heutiger Sicht erbärmlichen Mitteln haben die Jungs die ganze Welt besiedelt.
Der Begriff "Steinzeit" umfasst Kulturgruppen mit sehr unterschiedlicher Technologie. Hier in dieser Diskussion geht es eigentlich ums Paläolithikum. Und die Paläolithiker haben eben noch nicht die ganze Welt besiedelt.

Einige Gegenden wurden erst in den letzten 2000 Jahren entdeckt: Island, Neuseeland, Madagaskar... letzteres "nur" 400 km vom Festland entfernt, die frühen Siedler kamen aber aus dem Osten über eine viel weitere Strecke.
Solange man noch keine entwickelte Segeltechnik hatte, blieben diese Gegenden menschenleer.

Die 100 km übers Meer, die die Vorfahren der Aborigines zu überwinden hatten, waren mit den damaligen Mitteln sicher eine gewaltige Leistung.

Und Hut ab vor den südostasiatischen Seefahrern, die auf dem Indischen und Pazifischen Ozean die erstaunlichsten Entfernungen gemeistert haben.
Aber das war nun mal Zigtausend Jahre später, mit ganz anderen Mitteln.
 
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