Hat die Revolution in der Weimarer Republik

Dani1983

Neues Mitglied
Hallo zusammen,

ich habe eine Frage zur Revolution in der Weimarer Republik.
Konnte der Wunsch der Bevölkerung nach Frieden durch eine Revolution erfüllt werden?

Ja, weil ...

oder

Nein, weil ...

Danke im Voraus für Eure Hilfe.

Ich meine nein, denn die Revolution konnte niedergeschlagen werden, außerdem brach später der zweite Weltkrieg aus. Ist das so richtig?
 
Welche Revolution konnte niedergeschlagen werden? Die der Matrosen? Der Januaraufstand 1919?

Der Zweite Weltkrieg ist für mich erstmal kein Thema, da sind so viele Schritte dazwischen, dass ich nicht sagen würde, ein Aspekt der Weimarer Republik (sei es nun Versailles oder die Revolution) führe zwingend zum Zweiten Weltkrieg.
 
Der Matrosenaufstand hat sich ergeben, sie haben die weiße Fahne gehisst. Der Januaraufstand wurde doch durch die einrückenden Freikorps beendet, soviel ich weiß.

Wir sollen die Frage im Geschichtsunterricht beantworten, die da lautet:
Wurde für die deutsche Bevölkerung der Wunsch nach Frieden durch eine Revolution erfüllt?

Eigentlich war dem doch nicht so, weil beide Revolutionen beendet wurden und die Situation der Bevölkerung danach nicht besser, sondern schlechter wurde. Oder sehe ich das falsch?
 
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Da greifst Du mit dem Matrosenaufstand zu kurz ... wie ging es denn weiter? Arbeiter- und Soldatenräte in vielen deutschen Städten ... der Kaiser wird abgedankt ... die Ausrufung von deutschen Republiken ... eine sozialdemokratische Regierung ... Reichskongress der Räte ... ich würde die Revolution nicht als "gescheitert" bezeichnen. Die Revolution wurde beendet ... ja, das könnte man so sagen.
 
Hat sich denn "die" Bevölkerung eine Revolution gewünscht?

Natürlich. Wie an den Reichstagswahlen der Stimmenanteil für die SPD es ja mehr als deutlich macht. Ansonsten wurde die Revolution, wenn man den Vergleich zu der in Russland ziehen möchte, weil die Komplexität der Aufgaben so enorm war, dass es einen politischen Neuanfang als Demokratie bedurft hatte und dennoch eine handlungsfähige Regierung, inklusive Exekutive und eine Legislative bedurft hatte.

An diesem Punkt waren sich die meisten realistischen Politiker von der zentralen und wichtigsten Parteien von Weimar einig.

Und vor allem die SPD, das Zentrum und eine Reihe liberaler Parteien stand für diesen Neuanfang.
 
Eigentlich wollte ich nur darauf hinweisen, dass es immer ehr platt und vereinfachend ist, von 'der' Bevölkerung zu reden: Da es 'die' Bevölkerung auch damals nicht gab, kann sie sich auch nichts gewünscht haben.

Im übrigen zeigt der Wahlerfolg der SPD gegenüber radikaleren Parteien doch eher, dass eine Revolution von der Mehrheit eben nicht gewünscht war, im Gegensatz zu Veränderungen natürlich.
 
Thanepower hat recht, wenn er sagt dass die Revolution in Deutschland zum größten Teil gewünscht war. Anders lässt sich auch die breite Ablehnung des Offizierskoprs nicht erklären und die Wahlbeteiligung war mit 83% die höchste bis zur Wahl des 6. Reichstags im Jahre 1932.

Den Vergleich mit Russland würde ich hinsichtlich der Bedingung für eine Demokratie außen vor lassen, da die russische Revolution ja nicht das Ziel einer Demokratie hatte.

Die deutsche Revolution muss man in zwei Phasen einteilen. Die erste Phase geht bis spätestens zu den Wahlen zur Nationalversammlung am 19. Januar 1919, als die Arbeiter- und Soldatenräte die Repräsentanten einer von den Arbeitern und Soldaten getragenen Volsbewegung waren und deren Träger auf die baldige Wahl zur Nationalversammlung drängten.
Die zweite Phase setzt dann im Januar ein und diese war durch die Radikalisierung und Resignation, welche auch durch die Politik der SPD, die auf die Loyalität der alten Machteliten mit den neuen Machthabern setzte, ausgelöst wurde.
 
Für die Beantwortung der Frage soll man demnach klar machen, welchen Frieden man meint? Nimmt man das Ende des Ersten Weltkrieges, dann ist die Antwort ein Ja. Die Soldaten und Arbeiter meuterten aufgrund der Aussichtslosigkeit der Weiterführung und der horrenden Belastung für die deutsche Bevölkerung (nicht nur der Soldaten im Krieg).
Nimmt man Frieden als Maßstab für ein "normales" ziviles Leben, dass nicht durch Gewalt geprägt ist, dann ist die Antwort "nein". Die jüngere Forschung (Jones, Gerwarth) haben die Gewalt in den (Verlierer-)Nachkriegsgesellschaft untersucht. Jones kam dabei zu dem Ergebnis, dass die Gewalt am Anfang der Weimarer Revolution prägend für die politische Kultur war und Gerwarth hat in einem größeren, internationalen Vergleich herausgearbeitet, dass der Krieg in den Verliererstaaten in Form von blutiger Gewalt fortgesetzt wurde.
Demnach befriedete die deutsche Revolution das Bedürfnis nach dem Ende des Ersten Weltkrieges, führte aber keineswegs zu einer besseren Lage (zumindest bis 1923).

Robert Gerwarth: The Vanquished. Why the First World War Failed to End, 1917–1923, London 2016.
Mark Jones: Am Anfang war Gewalt, Berlin 2017.
 
Den Sturz der alten Ordnung, die Beseitigung aristokratischer Machtstrukturen in den Ländern, den Übergang zur Republik kann man sicher als Revolution ansehen, wie Thane und Waldi das herausstellen.

Dass die breite Mehrheit der Bevölkerung den Friedensschluss herbeisehnte, ist greifbar gewesen. Dieser Wille war bis in die ehemals Kaiserliche Armee überdeutlich in der Masse der Desertionen, wenn in paar Tagen ganze Divisionen verschwanden bzw. sich schlicht auflösten.

Daneben ist die Frage plausibel, ob diese revolutionären Umwälzungen (und die Situation im Reich) ein Aspekt waren, den Friedensvertrag zu akzeptieren.
 
Was hat die Meinung des Offizierskorps und die Wahlbeteiligung mit den Ansichten 'der' Bevölkerung zu tun? Gar Nichts.

Das Wahlergebnis selbst ist da hingegen sehr wohl aussagekräftig.

Und das ergab 7,6 % für die USPD -die junge KPD hatte sich gegen eine Teilnahme entschieden-, 52,9 % für Zentrum, Liberale und Konservative und 37,9 % für die SPD.

Damit waren es 90,8 %, die nicht für die Revolution, sondern für einen demokratischen Wandel stimmten.

Dabei von einer Zustimmung 'der' Bevölkerung zu einer Revolution zu reden, ist damit kontrafaktisch. Oder geht ihr von einer Wahlfälschung aus?

Ich bezweifele nicht, das die Novemberrevolution stattfand. Ich bezweifele auch nicht, dass das Volk, wie es korrekt heißen muss, wenn es um Wahlen geht, für einen Wandel war. Ich bezweifele nur, dass das Volk für einen revolutionären Wandel war, wie die USPD (und die KPD, die sich gegen eine Teilnahme an den Wahlen entschieden hatte, ) ihn wollten. Dagegen hatte sich schon die SPD klar für einen demokratischen Wandel ausgesprochen und den Übergang dazu auf dem Reichsrätekongress eingeleitet. Hier muss klar zwischen Sozialdemokratie und Sozialismus unterschieden werden.

Es ging bei der Wahl nicht in erster Linie darum, was stattgefunden hatte, sondern wie man weiter vorgehen wollte. Hier mag man trotz der fehlenden 12,1 % wohl tatsächlich von einer Mehrheit für die Haltung der SPD sprechen, da diese Haltung ja auch Zustimmung bei Anhängern und Wählern anderer Parteien, wie z.B. des Zentrums fand. Nur war diese Haltung eben nicht revolutionär.
 
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Was hat die Meinung des Offizierskorps und die Wahlbeteiligung mit den Ansichten 'der' Bevölkerung zu tun? Gar Nichts
Was war denn der Auslöser und die Voraussetzung für die Revolution? War das nicht die ablehnende Haltung der Fortführung des Krieges? Ich sprach nicht, dass das Offizierskorp irgendeine Meinung hatte, sondern dass das Offizierskorp durch das Volk abgelehnt wurde. Das spielt dann schon eine Rolle.

Wenn man allerdings betrachtet, dass das Kaiserreich abdankt und man ein parlamentarisches System, mit Frauenwahlrecht, Anerkennung der Gewerkschaft durch die Unternehmen, eine demokratische Verfassung etabliert - dann kann man aber auch von einer Revolution sprechen? Und wenn angesichts der Bedeutung der Nationalversammlung, 83% der wahlberechtigten Bevölkerung zur Wahl gehen, kann man schon davon sprechen, dass diese die Entwicklung so weit unterstützt wurde - und 90,8% wollten vielleicht gar nicht das Weitertreiben der Revolutoin mit der Perspektive einer Räteherrschaft?
 
Eben.

Wenn ich Riothamus richtig verstanden habe, wird über die Novemberrevolution (als Revolution) nicht kontrovers diskutiert. Haken dahinter.

Und die Wahl zur Nationalversammlung wird wohl kaum anders interpretierbar sein, als das die Masse der Bevölkerung die Beseitigung des alten Systems unterstützte. Nichts anderes wurde in den Raum gestellt. Wieso das von Riothamus problematisiert wird, habe ich nicht verstanden.

Um eine Ausweitung der Revolution ging es in der Fragestellung nicht.

Was die Unterscheidung Volk/Bevölkerung soll, habe ich auch nicht verstanden.
Dass "die" Bevölkerung in der Themenfrage Mehrheiten (der Bevölkerung) anspricht, ist auch klar.
 
Wenn man allerdings betrachtet, dass das Kaiserreich abdankt und man ein parlamentarisches System, mit Frauenwahlrecht, Anerkennung der Gewerkschaft durch die Unternehmen, eine demokratische Verfassung etabliert - dann kann man aber auch von einer Revolution sprechen? Und wenn angesichts der Bedeutung der Nationalversammlung, 83% der wahlberechtigten Bevölkerung zur Wahl gehen, kann man schon davon sprechen, dass diese die Entwicklung so weit unterstützt wurde - und 90,8% wollten vielleicht gar nicht das Weitertreiben der Revolutoin mit der Perspektive einer Räteherrschaft?

Diese Darstellung kann man wohl problemlos unterschreiben. Ebert, und damit Teile der Parteien von Weimar, waren sich im klaren, dass die Rückführung des Heeres, der Übergang in eine Zivilgesellschaft und der zivile Friede durch Integration auch der konservativen monarchistischen Teile zentrale Ziele des zukünftigen politischen Systems waren.

Es sein zudem an Bernstein erinnert, der die SPD vor "Maschinenstürmerei" gewarnt hatte. Es war der "marxistischen Sozialdemokratie" klar, dass sie einen so komplexen Industriestaat wie Deutschland nur gemeinsam mit anderen "Klassen", inklusive der wirtschaftlichen, der politischen und sozialen Eliten des Kaiserreichs, weiter entwickeln konnte.

Im Sinne des aufklärerischen Impulses des Marxismus ging es nicht um Revolution, sondern es ging um die Modernisierung der Gesellschaft. Das war das Ziel. Es ging um die Erhöhung der Chancen von Personen aus der Arbeiterklasse, der Verbesserung der Situation der Frauen (vgl. Hinweis Wali61 auf Frauenwahlrecht) und dem Ausbau eines modernen Sozialstaates (vgl. Sozialcharta der Weimarer Verfassung).

Mit diesem Programm paßte sich Weimar bzw, die "Parteien von Weimar" in den Demokratisierungsschub ein, der im Anschluss an den WW 1 in Europa insgesamt eingesetzt hatte.

http://www.bpb.de/apuz/169563/arbeiterbewegung

und aktuell:
http://www.bpb.de/shop/zeitschrifte...918-19?pk_campaign=nl2018-09-26&pk_kwd=275442
 
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Es sein zudem an Bernstein erinnert, der die SPD vor "Maschinenstürmerei" gewarnt hatte. Es war der "marxistischen Sozialdemokratie" klar, dass sie einen so komplexen Industriestaat wie Deutschland nur gemeinsam mit anderen "Klassen", inklusive der wirtschaftlichen, der politischen und sozialen Eliten des Kaiserreichs, weiter entwickeln konnte.

Im Sinne des aufklärerischen Impulses des Marxismus ging es nicht um Revolution, sondern es ging um die Modernisierung der Gesellschaft. Das war das Ziel. Es ging um die Erhöhung der Chancen von Personen aus der Arbeiterklasse, der Verbesserung der Situation der Frauen (vgl. Hinweis Wali61 auf Frauenwahlrecht) und dem Ausbau eines modernen Sozialstaates (vgl. Sozialcharta der Weimarer Verfassung).
Bernsteins Thesen sind übrigens widerlegt. (Vgl. Axel Schildt: Zur Historisierung des langen November, in: Alexander Gallus (Hrsg.): Die vergessene Revolution, Göttingen 2010, S. 227.; Eberhard Kolb: 1918/19: Die steckengebliebene Revolution, in: Carola Stern/ Heinrich A. Winkler (Hrsg.): Wendepunkte deutscher Geschichte 1918-1945, Frankfurt am Main 1979, S. 89.)
 
Bernsteins Thesen sind übrigens widerlegt. (Vgl. Axel Schildt: Zur Historisierung des langen November, in: Alexander Gallus (Hrsg.): Die vergessene Revolution, Göttingen 2010, S. 227.; Eberhard Kolb: 1918/19: Die steckengebliebene Revolution, in: Carola Stern/ Heinrich A. Winkler (Hrsg.): Wendepunkte deutscher Geschichte 1918-1945, Frankfurt am Main 1979, S. 89.)

Interessant, wie man die Thesen von Bernstein widerlegen kann. Kautsky hat ihnen widersprochen, aber sicherlich nicht widerlegt.

Wie kann man Bernstein "widerlegen" angesichts des empirisch vorhandenen Erfolgs des sozialdemokratisch geprägten Sozialstaatsmodells in der Weimarer Republik bzw. in der Bundesrepublik?

Das Programm der Sozialdemokratie, die sich theoretisch auf ihn u.a. berufen hat, war insgesamt sehr erfolgreich und hat mit Beginn der Weimarer Republik und dann in der Bundesrepublik u..a. zu einer erhöhten Aufwärtsmobilität aus dem Proletariat bzw. der Arbeitschicht geführt, und damit die Forderung nach "Wissen ist Macht" - eine zentrale Prämisse der proletarischen Bildungseinrichtungen - erfüllt. Ein Arbeiterkind ist via zweiter Bildungsweg Bundeskanzler geworden.

Ansonsten bezog sich meine Erinnerung an Bernstein z.B. auf sein Buch "Evolutionärer Sozialismus", in dem er sich - unter anderem - gegen die Vorstellung ausspricht, dass der Zusammenbruch des kapitalistischen Systems, wie bei Marx&Engels im "Kommunistischen Manifest" , betont, zur sinnvollen Ausgangsbasis für die Übernahme der Macht durch das Proletariat führt.

Und dieser These ist mit der oben ufgeführten Literatur widersprochen worden? Na denn, ich kann es nicht nachprüfen und Waldi61 hat wenig inhaltlich dazu gesagt

Im Kern schreibt Bernstein (ich habe nur eine englische Version vorliegen): "I have denied it and deny it again, because in my judgement a greater security for lasting succes lies in steady advance than in the possibilities offered by a catastrophic crash." (ebd. Pos. 82)

Und nach der Revolution:
"Das Volk werde die Regierung nach ihren »Wirkungen« beurteilen, und wenn es mit den Leistungen nicht zufrieden sei, werde es auch diese Regierung früher oder später stürzen. Das entscheidende Bewertungskriterium ergebe sich aus der Tatsache, dass das Volk »vor allem leben« wolle; ob also »unter der neuen Regierung die Volkswirtschaft eine gute Entwicklung nimmt«, sei der ausschlaggebende Maßstab für die Qualität der Regierung. Es gebe nun, nach der erfolgten Änderung der Staatsform, die Alternative zwischen einer destruktiven »Gewaltpolitik der Volkswirtschaft gegenüber« nach russischem Vorbild oder einer konstruktiven Politik, die »systematisch und konsequent, schrittweise und organisch das Sozialisierungswerk betreiben« werde. Das bolschewistische Experiment in Russland habe den Kapitalismus dort nicht unschädlich gemacht, sondern nur außerstande gesetzt, seine volkswirtschaftlichen Funktionen zu erfüllen, Funktionen, die dem Kapitalismus von Marx und Engels ausdrücklich zuerkannt worden seien. Mit statistischem Zahlenmaterial belegt er nun den enormen Rückgang der russischen Staatseinnahmen, um mit Bebel eine Grundwahrheit der bürgerlichen Wirtschaft zu verkünden: »Wo kein Profit ist, raucht kein Schornstein.« Neben dem Profit müsse aber in der komplexen, stark durch Vorausplanung und Zulieferverpflichtungen geprägten modernen Wirtschaft unbedingte »Sicherheit im Rechtszustand« bestehen. Deshalb sei die erste Aufgabe der Revolution die Herstellung der Rechtssicherheit-" (Teresa Löwe: Der Politiker Eduard Bernstein : eine Untersuchung zu seinem politischen Wirken in der Frühphase der Weimarer Republik 1918 - 1924, Bonn, 2000, S. 68)

Und die Begründung für seine Haltung liegt in der Anerkennung, dass es "Managerial-Skills" bedarf, um eine Volkswirtschaft - unter der Ägide des Proletariats - zu leiten. Ohne diese Kompetenz führt die Entwicklung in die politische Katastrophe. Und darauf bezog sich mein Hinweis auf die "Maschinenstürmerei".
 
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Mir ging es darum, dass Eduard Bernstein, der zur USPD gehörte, den relativ unblutigen Verlauf der Revolution mit dem hohen Modernitätsgrad und der weitgehenden Demokratisierung des vorherigen Kaiserreichs versuchte zu erklären. (Die Diskussion in diesem Thread geht doch um die "Friedfertigkeit" und nicht um politische Programme)
Und diese These von Bernstein überzeugt nicht mehr. Die geringe Zahl der Opfer zeigt, wie wenig Rückhalt das kaiserliche Deutschland hatte (Winkler, S. 39) und mit Blick auf den Ausbruch der Revolution wird dadurch das Fehlen eines "überschwenglichen Kraftgefühls einer zur Macht drängenden Klasse, die sich ihrer selbst und ihrer Stärke bewusst geworden wäre."(Kolb, S. 89) Und bevor du diese These jetzt mit der russischen Revolution gleichsetzt: "Der Deutsche Umsturz war im Gegesatz zur russischen Revolution nicht der entscheidende Sieg einer Gesellschaftsklasse über eine andere, sondern die Ersetzung der politischen Vorherrschaft der Fürsten, Junker und Generale durch eine Volksherrschaft unter anfänglicher Fürhung der Sozialdemokratie". (Hoegner, Vorwort).

Und jetzt kommen wir zur nächsten These Bernsteins, nämlich dass Deutschland wirtschaftlich und politisch 1918 bereits zu weit differenziert war, als dass man eine sozialisitsche Politik hätte einführen können. Doch die Einführung des Sozialismus stand nicht einmal für die Kommunisten im Mittelpunkt ihres Handelns.(Kolb, S.9-11.)

Eduard Bernstein: Die deutsche Revolution von 918/19. Geschichte der Entstehung und ersten Arbeitsperiode der deutschen Republik, Berlin 1921;
Wilhelm Hoegner: Die verratene Republik. Geschichte der Deutschen Gegenrevolution, München 1958 (geschrieben 1934).
Eberhard Kolb: 1918/19: Die steckengebliebene Revolution, in: Carola Stern/ Heinrich A. Winkler (Hrsg.): Wendepunkte deutscher Geschichte 1918-1945, Frankfurt am Main 1979, S. 89.
Eberhard Kolb: Die Weimarer Republik, München 2013.

http://www.gbv.de/dms/faz-rez/F1999020835973.pdf
 
Bernsteins These zusammengefasst lautet, dass Deutschland für eine radikale Umwälzung zum einen zu industrialisiert und zum anderen zu demokratisch war. Der Zusammenhang zwischen Moderne und beispiellosen Gewaltexzessen widerlegt die Gültigkeit dieser These. Nicht nur in der Nachkriegszeit gab es viele Gewaltexzesse (siehe Gerwarth#9), auch die Revolutionen die zuvor statt fanden (amerikanische, französische) stehen im Zusammenhang zwischen Moderne und Gewalt.
Andererseits trifft die These eines gewaltlosen Umbruchs im Zusammenhang mit der Abkehr der Masse von der alten Elite eher zu.
 
Nun ja, dass bezieht sich ja auf Gewaltexzesse, weniger auf Revolutionen, die ja auch friedlich verlaufen können. Ich würde die These anhand der vielfältigen friedlichen Revolutionen ebenfalls ablehnen.
 
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