Fulcher

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Jetzt gibt es ja bald eine Serie über Arminius und die Schlacht im Teutoburger Wald auf Netflix zu sehen. Dem Trailer zufolge ist zumindest die Ausstattung besser als der Durchschnitt, was "Historienfilme" anbelangt (man sieht dort u.a. eine Maske, die jener gleicht, welche man in Kalkriese gefunden hat). Interessant ist, dass die Germanen (heutiges) deutsch, die Römer hingegen lateinisch sprechen. Hauptdarsteller ist der Österreicher Laurence Rupp. Gedreht wurde, wohl aus Kostengründen, in Ungarn.

Barbaren | Netflix – offizielle Webseite
Barbaren (TV Series 2020– ) - IMDb
 
Bin jetzt schon gehyped. Sieht aber wirklich schon besser aus, als die Tierfell-Tattoo-Hollywoodgrinsen-Wikinger in Vikings. Mal unter Vorbehalt- aber durchaus mit Vorfreude - abwarten.
 
Positiv fällt mir am Trailer auf, dass Arminius nicht als Hüne mit wehenden langen blonden Haaren dargestellt wird. Ich frage mich aber, ob man es bei der Darstellung seiner römischen Sozialisierung nicht übertrieben hat, vor allem die Mär von seiner Erziehung in Rom aufgegriffen hat. Im Trailer wirkt er mir jedenfalls allzu römisch, eher wie ein Römer und regulärer Offizier als wie der Führer von Bundesgenossen.
Negativ fällt mir auf, dass es haufenweise wild schreiende und kämpfende Frauen zu geben scheint. Das hat wohl eher mit der Anbiederung an heutige Gender-Erwartungen zu tun als mit einem Versuch einer seriösen Darstellung fallweise belegter germanischer Kriegerinnen.
 
Während die Spannung steigt, möchte ich auf ein kleines Video aufmerksam machen. Hierin schildert einer der Archäologen von Katorga (der Firma die für die Kostüme und Rüstungen in Barbaren verantwortlich zeichnet) sehr anschaulich die Schwierigkeiten mit der Erwartungshaltung der Produzenten solcher Filme.

Einfach auf einem bekannten Videoportal nach "Vikings vs. Archaeology" suchen — es lohnt sich (Die englische Version mit der Schreibweise "VIKINGS vs. Archaeology" treibt es noch etwas mehr auf die Spitze). ;)
 
Zuletzt bearbeitet:
Hab heute mal reingeschaut. Sieht zunächst ganz gut aus. Was mir spontan gefallen hat, ist, dass die Römer nicht mit so einem gesteltzten Schul-Latein um die Ecke kommen. Aber ich würde mich wundern, wenn da nicht bald die einen oder anderen Ungereimtheiten auftauchen! :rolleyes:
 
Was mir spontan gefallen hat, ist, dass die Römer nicht mit so einem gesteltzten Schul-Latein um die Ecke kommen.
Nach der Meinung einiger Fachleute in einem anderen Forum soll es sich tatsächlich um recht authentisches umgangssprachliches Latein der Zeitenwende handeln. Dass man für die Darstellung der Römer italienische Schauspieler gewählt hat, macht es um so glaubwürdiger.

Nachdem auch ich kurz hereingeschaut habe, bin ich positiv überrascht. Ein dickes Lob an Katorga für die Kostüme und Rüstungen. Und auch an den deutschen Dialogen habe ich bislang nichts zu mäkeln: unprätentiöse, zuweilen derbe Sprache, wie man sie von Bauern erwarten würde — so ist auch das moderne Hochdeutsch erträglich, an dem schließlich kein Weg vorbei führte, weil die Sprachen der Cherusker, Marser etc. im Dunkeln liegen und Schauspieler die Walliserdeutsch mit isländischem Akzent sprechen (oder umgekehrt) eher selten sind. ;)
 
Aber ich würde mich wundern, wenn da nicht bald die einen oder anderen Ungereimtheiten auftauchen! :rolleyes:
Was die Ausstattung betrifft, sind hier vor allem die für die Epoche zu groß geratenen Pferde und die wohl damit einhergehenden anachronistischen Steigbügel (!) anzumerken. Und, vermutlich auf Wunsch der Produktion, hat man es wieder mit den Pelzen der Germanen übertrieben, noch dazu im Sommer — aber die werden von einem internationalen Publikum halt erwartet bei nördlichen Barbaren.

Zur Story sage ich lieber nichts — es weiß ja ohnehin jeder, wie es ausgeht.
 
ACHTUNG SPOILER

Nach der letzten Folge:

Obwohl ich die Serie insgesamt gut fand, hab ich die Black-Metal-Panda-Bemalung der Cherusker und verbündeter Stämme nicht begriffen. Das Acting der Schauspielerin von Thusnelda war sehr übertrieben und erinnert nun wirklich an die schlimmsten Momente in Vikings. Wie haben die Barbaren übrigens das flüssige Brennmaterial dahinbekommen, wenn da literally 3 Legionen auf der gerodeten Schneise stehen?
 
guter Anfang - mäßiges Ende
Was mir aber auch noch ein wenig gefehlt hat und ich gern verarbeitet gesehen hätte, ist das, was Velleius Paterculus schreibt: Varus als Bringer römischen Rechts ist zwar vorgekommen und auch die in den Quellen geschilderte Ablehnung des selbigen durch germanische Stämme. In der Serie kam es aber vor wie eine Sache von Tagen. Velleius Paterculus schreibt ja, dass die Cherusker über längere Zeit Rechtsstreitigkeiten vorgetäuscht hätten, um Varus das Gefühl zu geben, unter dem römischen Recht angekommen zu sein. Ich finde, das wäre in einer Serie lebendiger erschienen, als eine fast schon mittelalterliches Abgabeszenerie vom Zehnten.
 
Ich habe die Serie nicht gesehen (wird die irgendwann mal im FreeTV gezeigt?), aber darüber gelesen. Ich warte eigentlich nur auf den Tag, wann der erste hier aufschlägt und irgendwas zur Beziehung zwischen Folkwin(?) und Tussi erfragt oder mit der Beziehung zwischen Folkwin(?) und Tussi argumentiert, warum die Varusschlacht...
"Ari" habe ich richtig verstanden, soll Arminius sein?
 
Ich habe die Serie nicht gesehen (wird die irgendwann mal im FreeTV gezeigt?)
Da es sich um eine Netflixproduktion handelt, wohl nicht.


Ich warte eigentlich nur auf den Tag, wann der erste hier aufschlägt und irgendwas zur Beziehung zwischen Folkwin(?) und Tussi erfragt oder mit der Beziehung zwischen Folkwin(?) und Tussi argumentiert, warum die Varusschlacht...
"Ari" habe ich richtig verstanden, soll Arminius sein?
Gib dem ganzen noch 2 Wochen, dann wird Besucher „Odin39“ empört bemängeln, dass dieses linksgrüne Forum nicht mit der Sprache rausrücken will, warum die 68er Generation der Historiker Folkwin und Ari aus den Quelleditionen von Paterculus, Cassius Dio und Tacitus herausgestrichen hat.
 
Da es sich um eine Netflixproduktion handelt, wohl nicht.

Gib dem ganzen noch 2 Wochen, dann wird Besucher „Odin39“ empört bemängeln, dass dieses linksgrüne Forum nicht mit der Sprache rausrücken will, warum die 68er Generation der Historiker Folkwin und Ari aus den Quelleditionen von Paterculus, Cassius Dio und Tacitus herausgestrichen hat.

... und warum wurde uns bislang verschwiegen, das Varus der angenommene Vater des Arminius war? :confused:

@El Quijote ist nicht schlimm, wenn du diese Serie verpassen solltest! Wie gesagt, der Anfang machte Hoffnung, aber dann drifftete das Ganze doch arg ab.
 
@El Quijote ist nicht schlimm, wenn du diese Serie verpassen solltest! Wie gesagt, der Anfang machte Hoffnung, aber dann drifftete das Ganze doch arg ab.
So empfand ich es auch. Dass man Thusnelda als cheruskische Jeanne D'Arc interpretierte, ließ ich noch zähneknirschend als dichterische Freiheit durchgehen. Aber spätestens die letzte Episode war einfach nur noch ärgerlich: Der Feuerzauber mittels klarer Brandbeschleuniger (Alkohol, Benzin?), die in der Antike nicht bekannt gewesen sind. Und dann die albernen Gesichtsbemalungen, die vielleicht am Antoniuswall glaubhaft wären.

Es bleibt zu hoffen, dass diese Serie, die tatsächlich Maßstäbe in der Ausstattung neu gesetzt hat und zudem mit Latein sprechenden Römern positiv überraschte, dennoch zum Erfolg wird, weil sonst der Trend wieder zurück zur Fantasy-Kostümierung laufen könnte.

Überaus erfolgreich ist die Serie übrigens in der Türkei, dank einer exzellenten türkischen Synchronisation, die kraftvoller als das hochdeutsche Original daherkommt. Da ich Türkisch etwa so gut verstehe wie Protogermanisch, hat es einen Reiz, sich einzelne Szenen oder Episoden einmal in der türkischen Version anzuschauen — man wird so mehr zum neutralen Beobachter.
 
Was die Ausstattung betrifft, sind hier vor allem die für die Epoche zu groß geratenen Pferde und die wohl damit einhergehenden anachronistischen Steigbügel (!) anzumerken. Und, vermutlich auf Wunsch der Produktion, hat man es wieder mit den Pelzen der Germanen übertrieben, noch dazu im Sommer — aber die werden von einem internationalen Publikum halt erwartet bei nördlichen Barbaren.
Als ungeheurer Pedant teile ich persönlich die künstlerischen Freiheiten in drei Gruppen ein: Notwendige, die mich nicht stören; notwendige, die mich ärgern; und unnötige, die mich ärgern.

Steigbügel etwa! Selbst wenn die Schauspieler bereit wären, zu lernen, wie man ohne Steigbügel reitet, was gar nicht einfach ist, wird der Versicherer der Produktion wahrscheinlich sein Veto einlegen; zu groß ist die Verletzungsgefahr.

Es handelt sich also um eine notwendige Einschränkung, mit der man leben kann und muss. In diese Kategorie fallen bspw. auch Zusammenlegungen von Ereignissen oder Protagonisten, dem Medium Film geschuldet; man kann in zwei Stunden nicht die komplexe Wirklichkeit abbilden, ohne dass selbst dem geschichtlich versiertesten Zuschauer der Kopf platzt.

Ein großes Ärgernis für mich sind Beobachtungen wie die angesprochenen Pelze; dennoch fallen sie in die Kategorie des Notwendigen. Das Publikum hat über Jahrzehnte hinweg Erwartungen ausgebildet, wie eine Epoche auszusehen und sich anzuhören habe.

Selbst wenn die Produktion einen Berater engagiert hat, der weiß, was er tut, wird sie trotzdem den Erwartungen des Publikums folgen, das sonst den Trailer sehen und sich denken würde: Was ist das denn für ein Quatsch? Immerhin wollen die Leute vom Film Geld verdienen.

Aus diesem Grund werden wir niemals z.B. "Wikinger" sehen, wie sie wirklich aussahen: den Landsknechten ähnlicher als diesen pelzbehangenen Schmutzfinken aus dem Fernsehen, farbenfroh gekleidete Kerle, die sich flamboyant gaben und auf ihr schönes Haar stolz waren.

Immerhin gibt es hier, ausgerechnet auf Netflix, einen Silberstreif am Horizont.

Immer mehr Filmemacher sehen ein Publikum für historische Akkuratesse. So hat "Outlaw King" wahrscheinlich die realitätsgetreuste Ausstattung aller Mittelalter-Filme. Aber auch andere Epochen werden abgedeckt, wie in "Jadotville".

Hoffen wir, dass der Trend anhält.

Unter die ärgerlichen und unnötigen Änderungen fallen solche, die die Zuschauer für dümmer halten, als sie sind.

Etwa, wenn das Leben und Wirken historischer Personen verleugnet wird, um auf Teufel komm raus einen Helden oder Bösewicht zu konstruieren – wie in "Da Vincis Demons", wo man aus Friedrich von Urbino, dem wahrscheinlich fortschrittlichsten und (zumindest gegen seine Untertanen) gutmütigsten Fürsten seiner Zeit einen tumben, blutrünstigen Triebtäter gemacht hat.

Dazu gehört auch die Anbiederung an moderne Befindlichkeiten und politische Einstellungen (wobei ich gar nicht an solche Extreme zum Fremdschämen denke wie die ahistorische ethnische Diversität, die auf einmal in angeblich historischen Filmen Einzug hält).

Woher kommt z.B. in "Braveheart" all das Gerede von Freiheit? Oder selbst in "Kingdom of Heaven" (ein Film, den ich dennoch liebe)? Waren den Zuschauern die Motive früherer Epochen wirklich nicht vermittelbar: religiöse Frömmigkeit, Lehnstreue, das Verdienen des Lebensunterhalts?

Dass es auch anders geht – dass man dem Publikum durchaus historische Akkuratesse zumuten kann –, beweist wiederum "Outlaw King".

Eine der stärksten und ganz und gar bewundernswertesten Personen im Film ist Elizabeth de Bruce, obwohl sie auf die Rolle der Frauen ihrer Zeit reduziert gezeigt wird und gerade nicht zur ahistorischen, Schwerter schwingenden und gegen die Benachteiligung der Frauen aufbegehrenden Heroine mutiert.
 
Ein großes Ärgernis für mich sind Beobachtungen wie die angesprochenen Pelze; dennoch fallen sie in die Kategorie des Notwendigen. Das Publikum hat über Jahrzehnte hinweg Erwartungen ausgebildet, wie eine Epoche auszusehen und sich anzuhören habe.
Naja, gerade was (Zuschauer)Gewohnheiten anbelangt, so kann man diese auch mal einfach durchbrechen. Kognitive Dissonanzen regen das Gehirn an.
 
Freilich, aber darüber denkt man wohl anders, wenn man eigenes Geld investiert hat. Der Koch muss kochen, wie es den Gästen schmeckt.
Mir schmeckt das nicht und ich „muss“ dennoch essen, was auf auf den Tisch kommt. (Nee, ich habe weder Vikings, noch die Fantasy Soap Game of Thrones (bis auf den Anfang des Piloten) gesehen.)
 
Naja, gerade was (Zuschauer)Gewohnheiten anbelangt, so kann man diese auch mal einfach durchbrechen. Kognitive Dissonanzen regen das Gehirn an.
Von einer gebührenfinanzierten Verfilmung primär für den deutschen Zuschauer hätte man das erwarten können. Aber hier wurde für ein sehr internationales Publikum produziert.
Mir schmeckt das nicht und ich „muss“ dennoch essen, was auf auf den Tisch kommt. (Nee, ich habe weder Vikings, noch die Fantasy Soap Game of Thrones (bis auf den Anfang des Piloten) gesehen.)
Ich auch nicht. Aber in diesem Fall war ich doch neugierig geworden und habe den Anbieter mal für einen Monat abonniert. Und auch wenn ich jetzt nicht auch noch einen Haufen anderer Filme endlich einmal im Original anschauen könnte, wäre ich über die Ausgabe nicht gram. Die Schwächen in der Handlung werden von der wegweisenden Ausstattung und dem Latein der Römer allemal aufgewogen.

Die historisch-archäologische Beraterfirma nennt sich nebenbei Kaptorga (das 'p' hatte ich oben unterschlagen). Die betreiben auch einen YT-Kanal, in den es sich hereinzuschauen lohnt wenn man an "History-Filmen" interessiert ist. Bin gerade vor Lachen fast vom Stuhl gefallen, als ich mir deren Song "Sven Schlammlederson" reinzog. ;)
 
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