Dann wäre Arminius ein gänzlich blonder, großer, vollbärtiger Germane in der Serie gewesen. Das ist nicht der Fall. Und ganz davon abgesehen ist es sicherlich nicht gewagt zu behaupten, dass man auch vor 2000 Jahren, je weiter man in den Norden kam, auch hellere Menschen (sowohl Haar- als auch Hautfarbe) gesehen haben dürfte.
Laurence Rupp, der Darsteller von "Ari" Arminius hat stahlblaue Augen und blasse Haut. Obwohl er Schauspieler Rupp aus Wien stammt, würde ich ihn nie für einen mediterranen Typen halten - besonders wenn der Klischee-Sizilianer Gaetano Aronica als Varus danebensteht. (Der echte Varus stammte übrigens gar nicht aus dem fernen Sizilien aus Cremona in der Po-Ebene.)
Nikolai Kinski ist eine der wenigen Italienier, die einen Römer spielen dürften - den dazu erfundenen Pelagaios, der vielleicht auch Grieche sein sollte. Das hat den Vorteil, dass ich sein Latein schon deutlicher verstehen konnte. Den fehlenden italienischen Akzent kann Kinski jedoch durch seine tiefschwarzen Augen angleichen, die er von seiner vietnamesischen Mutter geerbt hat.
Was hier beim Casting gemacht wurde, ist, dass man für die Römer gezielt möglichst fremdländische und pseudomediterrane Gesichter gesucht hat.
Und man hat sich ziemlich viel Mühe dabei gegeben. Es ist schon auffällig, dass ein international bisher unbekannter Sizilianer, der vorher nur in italienischen Mafia-Krimis den Capo mimte, plötzlich in dieser deutschen Produktion in der ungarischen Wildnis eine Hauptrolle spielte.
Bei den Germanendarstellrn hat man sich bei der Verfremdung weniger Mühe gegeben. Bei den Haarfarben gibt es ein breites Spektrum und blonde Hünen sucht man vergebens. Stattdessen haben einige Cherusker, denen die Römer gerade die letzte Ziege gestohlen haben, erstaunliche Wohlstandbäuche.
Wenn in der "taz" steht, die Verfilmung sei so unnötig wie ein Suebenknoten, muss ich leider wiedersprechen. Kein Filmgermane trägt diesen sorgsam gezwirnten Dutt an der Schläfe. Stattdessen gibt es unzählige schmuddelige Vokuhila-Varianten, die in den 1980ern sicher besser aufgehben wären als im 1. Jahrhundert. Aber immerhin gibt es so dem Germanendorf den Charme einer Kleingartenanlage: Dicke Männer mit Vokuhila, die in der Datsche ein paar Ziegen halten und gelegentlich von den dunkelhäutigen Schlägertrupps des Capo aufgemischt werden.
Stimmt und der Präsentator hebt auch ausdrücklich hervor, dass der Schauspieler nicht Tschäsar sagt.
Ansonsten sortiere ich das alles in die große Schublade "Western", egal ob 300 vor oder 3000 nach Chr. angesiedelt und mit Eisen- oder Lichtschwert oder Schießeisen kämpfend.
Im "echten" Western im engeren Sinn, reden die Eindringlinge geschliffene Schriftsprache und die Eingeborenen brabbeln mehr oder weniger unverständlich. Hier ist es umgekehrt, aber auch nicht ungewöhnlich. Insofern halte ich die Bedenken @El Quijotes in Post #47 für durchaus bedenkenswert.
Es ist gar nicht so umgekehrt. Die Römer, die armen Bauern überfallen, ihre Kinder rauben oder umbringen oder ans Kreuz nageln, entsprechen voll und ganz den bösen Indianer des klassischen Western. Das Kreuz ersetzt hier den Marterpfahl.
In den meisten dieser Filme sprechen die Bösen die komische Sprache - egal ob die Monster nun Klingonisch oder Quechua. Die Römer üben maßlose Gewalt wie Mingos in der Lederstrumpf-Reihe. Das ganz wird natürlich noch mit Themen wie rassistische Diskriminierung von Barbaren und Völkermordtopoi garniert ... Zwischen den Zeilen kann man
White Lifes matter lesen.
Rom tötet unsere Kinder! Deutsche wehrt euch!
Dass diese Serie in die Schublade Western ohne Weltraum gehört, erkennt man ganz deutlich an den Kampfszenen.
Wenn die Römer dekorativ herumstehen, haben sich noch brave den Schild am Mann und den Helm auf dem Kopf, viele sogar Speere. Manchmal sind sogar die Germanen ansehnlich bewaffnet. Sobald es aber zum Kampf kommt, trägt niemand mehr einen Helm oder Schild, das Schwert wird zweihängig geführt oder es wird mit der Faust zu geschlagen. Dabei haben die doch alle halbwegs ordentliche pakistanisce Waffe aus dem Mittelaltermarkt-und-Reenactment-Versanhandel.
Die größte Schwäche der Serie ist den wirklich interessanten historischen Charakteren kein Raum eingeräumt wird? Wo bleibt Marbod? Wo bleibt Flavus? Was ist mit Inguimerus?
Die
stirps regia ist voller interessanter Charaktere, aber stattdessen wird ganz andere Geschichte ezählt. Plötzlich gibt es ein funktionierendes Königtum bei den Cheruskern, Thusnelda macht auch Veleda und Arminius auf Brutus und Wilhelm Tell ist ein Manta-Fahrer, aber ich will ja nicht weiter spoilern.