Ohne jetzt genaueres zu wissen, halte ich es für höchst unwahrscheinlich, allerdings nicht für unmöglich, dass es eine solche Reise gegeben hat.
Viele Deutsche, vor allem solche, die man verdächtigte mit den Nationalsozialisten zu sympathisieren, wurden in Internierungslager verbracht. Andere arbeiteten für die US-Streitkräfte. Schon das dürfte die Reisen zwischen dem Reich und den Staaten erschwert haben. Kriegsbedingt dürfte auch ein interkontinentaler Passagierverkehr, der über Drittstaaten lief - etwa USA > Argentinien > Spanien > besetztes Frankreich > Deutschland - eher rar gewesen sein. Evtl. als Passagier oder Matrose auf einem Frachtschiff. Man müsste also für eine solche Reise, die zudem im höchsten Maße illegal gewesen sein dürfte und womöglich als Akt der Spionage oder des Hochverrats gewertet worden wäre, einige Wochen Dauer ansetzen.
Mögliche Fehler, die als Ursache für die Geschichte deiner Mutter möglich sind:
1. Sie setzt Erinnerungsversatzstücke falsch zusammen. Das passiert vielen Zeitzeugen. Ich habe das an mir selbst schon bemerkt: In meiner Erinnerung wollten meine Eltern mit mir (damals 12) am 40. Jahrestag der DDR von West- nach Ostberlin reisen (warum meine Eltern das hätten tun sollen, weiß ich nicht, die hatten keine Sympathien für die DDR). Ich habe das Jahre später mal überprüft und festgestellt, dass die Herbstferien, in denen wir in Berlin waren, Wochen vor dem 40. Jahrestag waren. Ich habe also in meiner Erinnerung die Ereignisse mehrerer Wochen zu einem zusammengezogen (wir kamen nicht nach Ostberlin, weil die Grenzbeamten willkürlich zählten: 1-2-3-rein-1-2-3-raus. Mein Vater und ich waren "2 und 3 rein", meine Mutter "1 raus". Insofern reisten wir natürlich nicht in die DDR ein und in meiner Erinnerung gab es keine Diskrepanz...)
2. Es waren nicht die USA, sondern ein anderes amerikanisches Land, welches zu diesem Zeitpunkt noch nicht im Krieg mit dem 3. Reich war (einige Länder Lateinamerikas erklärten Dtld. erst 1945 den Krieg, die meisten Kriegserklärungen aus Lateinamerika geschahen eh nur pro forma). Deine Mutter hätte dann "aus Amerika" mit "aus den USA" gleichgesetzt, was in Dtld. üblich ist, aber nicht in anderen Ländern, vor allem nicht im hispanophonen Bereich.
3. Er war nicht auf der anderen Seite des Atlantik, sondern in einem der Orte, in Deutschland, die Amerika heißen (unwahrscheinlich, da die alle sehr, sehr klein sind).
4. Er war irgendwo, aber es war nicht angezeigt, dies öffentlich zu sagen. Z.B. Gefängnis, KZ etc. Daher für die Kinder eine Legende, welche die Kinder glauben würden < allerdings auch nicht ganz wahrscheinlich, was wäre, wenn ein Kind der falschen Person erzählt hätte: "Opa aus Amerika ist zu Besuch."?
5. Er hat in Frankreich oder Italien gegen die Amerikaner gekämpft und war auf Heimaturlaub oder verletzt (aber dafür wird er wahrscheinlich, wenn deine Mutter alt genug war, sich zu erinnern, zu alt gewesen sein.)