Städte im Mittelalter - Gründungsorte

Der Name Berlin deutet, wenn die Deutung des Namens von Brl + in zutrifft, auf eine frühe Besiedlung von Alt-Berlin durch Slawen hin. Alt-Cölln wird ebenso eine Ableitung des Namens aus einer westslawischen Sprache nachgesagt. Die Doppelstadt wäre demnach von Slawen gegründet worden. Altertumskundliche Funde gibt es dafür bisher nicht.

Die Gründung Berlins liegt tatsächlich an der Querung zweier Fernhandelswege, wobei Berlin den Handel von den slawischen Orten Spandau und Köpenick abzog. Dieser Umstand deutet auf eine bewußte Gründung der Doppelstadt durch deutsche Siedler hin. Die Besiedlung dieses Gebietes durch rheinländische Händler soll zu dem Namen Colonia, entsprechend Colonia am Rhein (vgl. Frankfurt a. Main und Frankfurt a. d. Oder), geführt haben. Ein sogenannter Kietz war Berlin wohl nicht.

Rudolf de Weddinghe, das Adelsgeschlecht derer von Wilmerstorff, ein Mann namens Reinhard sind namensgebend für einige Bezirke Berlins. Es ist nicht ungewöhnlich, daß deutsche Siedlungen in der Mark Brandenburg nach dem Namen des Gründers der Siedlung benannt wurden. Es gibt auch Orte, denen die Eigenschaft klein bzw groß beigelegt wurden. Eine Benennung nach einem Namen, der Bär bedeutet, ist nicht abwegig.

Selbstverständlich waren mit den alten Lateinern nicht die Römer gemeint, obwohl die Feldzüge der Römer an der Elbe in den Siedlungsraum der Semnonen führte. Eine Besiedlung Alt-Berlind durch die Semnonen ist nicht belegt. Eine indogermanischen Bezeichnung entfällt damit.

Da Alt-Berlin im Siedlungsgebiet der Slawen lag, sind slawische Ortsnamen in der Umgebung Berlins nicht ungewöhnlich. Stettin ist aber beispielsweise ein deutscher Name einer slawischen Benennung. Fehrbellin leitet sich von dem Ländchen Bellin (also nicht Berlin) am Rande des Rheinluchs (slaw. Luch = sumpfige Niederung) ab. Der Name Stechlin leitet sich von dem ("indogermanischen") Stechlinsee ab.

Berlin liegt im Urstromtal. Die Eiszeit hat dort viele Seen und Überflutungsgebiete geschaffen. Berlin hat auch deshalb einen hohen Grundwasserstand. Die Gegend ist eher wasserarm. Der sandige Boden ne der Höhe Grundwasserspiegel erforderten die Abstützung der Gebäude. Die Gegend war wohl auch wie der Spreewald und das Rhinluch von zahlreichen Wasserläufen durchzogen. Würde man aber deshalb einen slawischen Ort, der an einem Fluß liegt, nicht nach dem slawischen Luch oder Loch benennen? Die Âhnlichkeit von Bellin m Rhinluch, Berlin in Holstein und Berlin an der Spree ist auffällig. Es gibt aber viele Benennungen, die gleich aufgezeichnet worden sind oder gleich lauten, die aber keinen gemeinsamen Ursprung in einer slawischen Sprache haben.

Wenn es sich bei der Doppelstadt um eine slawische Gründung handelt, dann war die Handelsverbindung offensichtlich nicht der Ursprung für die erste Besiedlung von Berlin. Berlin wurde erst zur Stadt aufgrund der Handelsverbindung; von daher würde Berlin auch eine Hansestadt.
 
Der Name Berlin deutet, wenn die Deutung des Namens von Brl + in zutrifft, auf eine frühe Besiedlung von Alt-Berlin durch Slawen hin. Alt-Cölln wird ebenso eine Ableitung des Namens aus einer westslawischen Sprache nachgesagt. Die Doppelstadt wäre demnach von Slawen gegründet worden.
Das ist ein Denkfehler.
Der Name Berlin ist ursprünglich kein Siedlungsname, sondern ein Flurname.

Wenn ein bisher unbesiedelter Flecken Landes besiedelt wird, wird häufig der Geländename auf die Siedlung übertragen. Beispiele wären Grünheide, Oberacker, Aichach ("Eichenwald"), Brake (ursprünglich eine Deichbruchstelle), Wilstermarsch, Finkenheerd, Brühl, Dürrenberg, Birkenfeld (und etliche weitere Ortsnamen mit -berg, -feld usw.)

Ein deutschsprachiger Flurname, der genau dasselbe bedeutet wie altpoblabisch berlin, wäre Horw ("beim sumpfigen Gelände"):

"um 1269 (1490 K): von einem acher zuͦ Horwen, heist zuͦm Suͦmpf (Olte Ub 1 1,5–7 (Urk 1))"
ortsnamen.ch - Suche

"Horw ist ein sekundärer Siedlungsname, der auf einen Flurnamen zurückgeht. Der Name beruht auf dem althochdeutschen Gattungswort horo, mittelhochdeutsch hor «Sumpf, Kot, Sumpfboden». Als ursprüngliche Grundform ist ein lokativischer Dativ *ze horwe «beim Sumpf» anzusetzen (Brandstetter 1903: 346; 1919: 13; Hubschmied 1944b: 52; Bruckner 1945: 128; Sonderegger 1972: 16)."
https://search.ortsnamen.ch/de/record/802001058


Eine Benennung nach einem Namen, der Bär bedeutet, ist nicht abwegig.
Abwegig ist eher die Ableitung mittels eines Diminutivs, der dem Personennamen angehängt wird. So gibt es z. B. zahlreiche Ortsnamen wie Karlsdorf, Karlshafen, Karlsfeld, Karlstadt, aber keinen Ortsnamen *Karlchen.

Ortsnamen mit Verkleinerungsform kenne ich zwar, diese werden aber in der Regel zur Unterscheidung von gleichnamigen größeren Orten gebildet, jedoch nie direkt von einem Personennamen. Es gibt sogar ein Berlinchen:
Berlinchen – Wikipedia

Siehe auch: Ortsnamenkunde
 
Es gibt übrigens noch ein weiteres Berlin im hohen Norden:

Seedorf (Kreis Segeberg) – Wikipedia

Ist mit 600 Einwohnern kleiner als das Berlin an der Spree, aber einige Jahre älter (zumindest älteste urkundliche Erwähnung). Da es sich dabei um ehemals slawisches Sprachgebiet handelt, vermute ich ein ähnliches Benennungsmotiv wie bei den anderen Berlins.
 
Irgendwie widerspricht sich das:

Alt-Cölln wird ebenso eine Ableitung des Namens aus einer westslawischen Sprache nachgesagt.

Die Besiedlung dieses Gebietes durch rheinländische Händler soll zu dem Namen Colonia, entsprechend Colonia am Rhein (vgl. Frankfurt a. Main und Frankfurt a. d. Oder), geführt haben.

Was denn jetzt? Entweder Ableitung aus dem Slawischen oder Ortsnamenverlagerung aus dem Westen?

Nach Alt-Kölln – Wikipedia ist wohl von einer Ortsnamenverlagerung auszugehen. Slawische Funde liegen dort nicht vor.
 
Irgendwie widerspricht sich das:

Was denn jetzt? Entweder Ableitung aus dem Slawischen oder Ortsnamenverlagerung aus dem Westen?

Das muss sich nicht zwingend widersprechen. Ein slawischer Ortsname kann nach dem Vorbild eines geläufigen deutschen Ortsnamens "eingedeutscht" werden. Ein Beispiel habe ich in einem anderen Thread mal gebracht:

Koblenz (Thüringen) sowie Koblenz und Coblenz (beide Oberlausitz) haben nichts mit Confluentes/Koblenz zu tun. Die Endung -enz ist erst neuzeitlich aufgekommen; die mittelalterlichen Namenformen sind Kobliz, Chobliz, Koblitz u.ä., die Lausitzer Orte heißen obersorbisch beide Koblicy.
Hier dürfte die Stute (kobyla) Pate gestanden haben.

Im Fall von Cölln gibt es also zwei Möglichkeiten:
- Die deutschsprachigen Neusiedler fanden einen slawischen Namen *Kolno (oder so ähnlich) vor, der sie an die wohlbekannte Stadt Köln erinnerte.
- Die deutschsprachigen Neusiedler (unter denen vielleicht ein paar Kölner waren) wählten bewusst einen neuen Ortsnamen, der sie an die alte Heimat erinnerte.

Für den zweiten Fall gibt es auch Beispiele. Ein besonders prominentes:

An der amerikanischen Ostinsel gibt es eine Insel, die von den Einheimischen Manahatta oder Manaháhtaan genannt wurde. Dort gründeten die Niederländer im 16. Jahrhundert ein Fort, das sie nach der heimatlichen Stadt Amsterdam benannten. Darum herum entwickelte sich ein Städtchen. Dieses wurde später von den Engländern erobert, und die fanden den niederländischen Siedlungsnamen "Nieuw Amsterdam" wohl nicht so toll und benannten den Ort um, diesmal nach der englischen Stadt York. (Der Oberbefehlshaber der britischen Flotte im englisch-niederländischen Krieg, der spätere König James, trug damals den Titel des Duke of York.)
 
Eine slawische Benennung für Brandenburg an der Havel ist nicht bekannt. Die auf eine westslawischen Sprache zurückgeführte Herleitung geht von Br = Sumpf, Morast (also nicht von Brl, Berl oder Berlo).

Im Fall des Ortes Berlinchen bei Potsdam ist die deutsche Endsilbe -chen zur Unterscheidung von Berlin an der Spree entstanden.

Die heute allgemein bevorzugte Deutung des Ortsnamens Berlin als Siedlung bei einem Sumpf oder Morast weißt keinen Bezug zu gleichlautenden bzw verwandten Namen in der Niederlausitz auf.

Der Zeitraum zwischen den ersten Siedlungsspuren und dem ältesten Siegel der Stadt Berlin beträgt etwa 50 Jahre; eine Entwicklung des Namens ist nicht erkennbar.

Eine slawische, germanische oder indogermanische Flurbezeichnung setzt vermutlich ältere Siedlungsspuren in der Nähe des Spreeübergangs der Doppelstadt voraus.

Der Name Bärlin kommt auch als Personenname vor. Die Bedeutung und die Ableitung sind mir allerdings nicht bekannt.
 
Eine slawische, germanische oder indogermanische Flurbezeichnung setzt vermutlich ältere Siedlungsspuren in der Nähe des Spreeübergangs der Doppelstadt voraus.

Nicht unbedingt:

Der Name Berlin ist ursprünglich kein Siedlungsname, sondern ein Flurname.

Wenn ein bisher unbesiedelter Flecken Landes besiedelt wird, wird häufig der Geländename auf die Siedlung übertragen. Beispiele wären Grünheide, Oberacker, Aichach ("Eichenwald"), Brake (ursprünglich eine Deichbruchstelle), Wilstermarsch, Finkenheerd, Brühl, Dürrenberg, Birkenfeld (und etliche weitere Ortsnamen mit -berg, -feld usw.)
 
Die auf eine westslawischen Sprache zurückgeführte Herleitung geht von Br = Sumpf, Morast (also nicht von Brl, Berl oder Berlo).
Nein, das -l gehört mit zum Wort. Vergleiche serbisch brljav 'schmutzig, schmuddelig'.
Die urslawische Form wäre *bъrl-.

Die heute allgemein bevorzugte Deutung des Ortsnamens Berlin als Siedlung bei einem Sumpf oder Morast weißt keinen Bezug zu gleichlautenden bzw verwandten Namen in der Niederlausitz auf.
???
Schall listet zehn Berlin-Ortsnamen (meist Flur- oder Wüstungsnamen) in der Niederlausitz auf.

Eine slawische, germanische oder indogermanische Flurbezeichnung setzt vermutlich ältere Siedlungsspuren in der Nähe des Spreeübergangs der Doppelstadt voraus.
Eine slawische Flurbezeichung setzt eine slawische Besiedlung irgendwo in der Nähe voraus. Auf dem Stadtgebiet Berlins wimmelt es von einstigen slawischen Flur- und Siedlungsnamen, viele davon mit den typischen Endungen auf -ow und -itz.
Slawische Besiedlung haben wir beispielsweise in Kladow, Lankwitz, Köpenick, Schmöckwitz, Treptow, Spandau (vormals Spandow) oder Rudow.
Dazu kommen etliche slawische Flurnamen, die zu Siedlungsnamen geworden sind, z. B. Steglitz, Marzahn, oder Buckow.

- Manfred Niemeyer, Deutsches Ortsnamenbuch, Berlin/Boston 2012

- Hermann Schall, Berlin - ein slawobaltischer Flurname, in: Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung auf dem Gebiete der Indogermanischen Sprache 78, Heft 1/2 (1963)
 
Die heute allgemein bevorzugte Deutung des Ortsnamens Berlin als Siedlung bei einem Sumpf oder Morast weißt keinen Bezug zu gleichlautenden bzw verwandten Namen in der Niederlausitz auf.

???
Schall listet zehn Berlin-Ortsnamen (meist Flur- oder Wüstungsnamen) in der Niederlausitz auf.
Ganz unabhängig davon, ob Horst Recht oder Unrecht hat: Er behauptet hier verschiedenen Etymologien für Berlin und Berlin. Theoretisch wäre das möglich. So wie etwa bei Köln < Colonia oder Kölln < kol-. Oder das von mir so gerne bemühte Beispiel Calahorra(1) in Nordspanien und Calahorra(2) in Südspanien (1. kelt. Calagurris, 2. arab. Qala'at al-Hurra), gleichlautende Ortsnamen, unterschiedliche Herkunft. Das ist bei Berlin freilich sehr unwahrscheinlich.
 
Die am nächsten slawisch benannten Fluren an der Panke (Pankow) und an der Halbinsel Stralau (Treptow) sind vermutlich schon zu weit von der Doppelstadt entfernt für eine slawische Benennung einer ansonsten unbedeutenden sumpfigen Stelle in der Nähe der Fischerinsel.

Der auffälligste Ort in der Gegend der Doppelstadt wäre die Fischerinsel oder Museumsinsel selbst gewesen; für die gerade keine Flurbezeichnung überliefert ist.

Wäre die Fischerinsel schon von Slawen besiedelt gewesen, hätte eine Bezeichnung für eine nahe sumpfige Stelle Bedeutung. Spuren einer Besiedelung der Insel durch Slawen gibt es bisher nicht.

Die wahrscheinlichste Deutung einer slawischen Benennung Berlins wäre ein sogenannter Kietz; was aber eine Entstehung der Stadt Berlin mit eigenständigen Stadtrechten verhindert hätte.

Für den Fall, daß Berlin vor der Stadt Cölln entstanden ist, was geschichtlich und sagenhaft nicht der Fall ist, fehlt es an Spuren einer slawischen Vorbesiedelung der Doppelstadt.

In der Sage ist die Gründung der Stadt Berlin durch Albrecht den Bären als Gegengewicht zur Halbinsel Stralau erfolgt. In diesem Fall hätte man sicherlich keine slawische Benennung der Stadt gewählt oder fortgeführt.

Die sorbischen Orte mit Namen Berlin sollen einen anderen Ursprung als die mutmaßlich slawischen Orte mit Namen Berlin im Nordwesten Deutschlands haben. Ein unterschiedlicher Ursprung von Berlin und Berlin ist von daher nicht ganz so sehr unwahrscheinlich.
 
In der Sage ist die Gründung der Stadt Berlin durch Albrecht den Bären als Gegengewicht zur Halbinsel Stralau erfolgt. In diesem Fall hätte man sicherlich keine slawische Benennung der Stadt gewählt oder fortgeführt.
Als die Zīrīden 1013 Iliberris/Ilbīra aufgaben und Granada (Ġarnāṭa(t) al-Yahūd) gründeten bzw. ausbauten, da wählten sie auch keinen arabischen (oder berberischen*) oder hebräischen** Namen, sondern einen romanischen.

*Die Zīrīden waren Ṣanhāǧa-Berber
** Ġarnāṭa al-Yahūd, Granada der Juden
 
Die am nächsten slawisch benannten Fluren an der Panke (Pankow) und an der Halbinsel Stralau (Treptow) sind vermutlich schon zu weit von der Doppelstadt entfernt für eine slawische Benennung einer ansonsten unbedeutenden sumpfigen Stelle in der Nähe der Fischerinsel.

Wie bitte?
Von Stralau oder Treptow zur Doppelstadt sind es gerade mal fünf Kilometer (und von dort zur Mündung der Panke nicht mal 2 km) - und die slawischen Siedler sollen nicht mal gewusst haben, dass einen Spaziergang flussaufwärts ein Sumpf liegt?

Die sorbischen Orte mit Namen Berlin sollen einen anderen Ursprung als die mutmaßlich slawischen Orte mit Namen Berlin im Nordwesten Deutschlands haben.

Und gibt es für diese Meinung auch Argumente?
 
Die Begründung geht dahin, daß wenn ein slawischer Name für die Fischerinsel nicht überliefert ist, wieso die Slawen für das kleine sumpfige Gebiet nördlich von Alt-Berlin einen Flurnamen vergeben haben sollten, nach dem Berlin benannt worden sein soll.

Dieses unbesiedelte und unbedeutende Sumpf- und Überflutungsgebiet der Spree lag eine Stunde Fußweg von den nächsten slawischen Siedlungen entfernt.

Es stellt sich die Frage, ob die Slawen der Gegend Namen gegeben haben, schon bevor die deutsche Besiedelung einsetzte; nicht ob sie sich dort auskannten. Nur in diesem Fall könnten die deutschen Siedler der neuen Stadt eine slawische Flurbezeichnung zu Grunde gelegt haben.

Im Grunde handelt es sich um einen kleinen Teil des Handelswegs von Spandau nach Köpenick an der Spree entlang.

Das morastige Gebiet, an dem Berlin gegründet worden sein soll, lag zudem auf der anderen Seite der Spree.

Erst nach der Gründung der Stadt Berlin wurde der Handelsweg auf die gegenüberliegende Seite der Spree verlegt, wodurch fortan der Weg von Spandau nach Köpenick durch die Stadt Berlin führte.

Zu den sorbischen Orten: Leitfaden für Ortschronisten in Brandenburg von Peter Bahl, darin Ziff. 3.3 Geographische Namen: Orts- und Flurnamen (nach Fritz Bönisch weisen die Ortsnamen Berlin in der Niederlausitz keinen Bezug zu Sumpf auf)
 
Die Begründung geht dahin, daß wenn ein slawischer Name für die Fischerinsel nicht überliefert ist, wieso die Slawen für das kleine sumpfige Gebiet nördlich von Alt-Berlin einen Flurnamen vergeben haben sollten, nach dem Berlin benannt worden sein soll.

Dieses unbesiedelte und unbedeutende Sumpf- und Überflutungsgebiet der Spree lag eine Stunde Fußweg von den nächsten slawischen Siedlungen entfernt.

Eine Stunde Fußweg ist natürlich eine unüberbrückbare Distanz. So viel man weiß, waren die Menschen ja früher an ihren Behausungen angeleint und kamen von da nicht weg. [/Ironie off]


Bei Pahl steht nur:

So hat Fritz Bönisch gegenüber der heute allgemein bevorzugten Deutung des Ortsnamens Berlin als Siedlung bei einem Sumpf/Morast zeigen können, daß Orte mit gleichlautendem bzw. verwandtem Namen in der Nie-derlausitz keinen Bezug zu Sumpf aufweisen.
Eine Begründung bietet Pahl nicht, ebensowenig bibliographische Angaben, wo man Bönischs Argumentation nachlesen kann. Ersters muss Pahl nicht, letzteres ist unbefriedigend. Wenn man dann sieht, dass manche seiner Literaturangaben aus dem 30er bis 50er Jahren stammen, dann ist Vorsicht geboten, was nicht generell heißt, dass alle Literatur aus den 30er Jahren schlecht sein muss, nicht einmal alle aus dem Umfeld des Ahnenerbes muss generell schlecht sein, aber es ist doch schon bemerkenswert, wie er hier Ideologie relativiert:

Während beispielsweise in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts germanische bzw. deutsche Wurzeln bevorzugt wurden, hat nach 1945 mancher Forscher in zu vielen Fällen slawische Wörter als Grundlage sehen wollen. Inzwischen sind die dahinter erkennbaren ideologischen Prägungen nicht mehr entscheidend, was aber nicht bedeutet, daß nicht bestimmte Deutungsmuster hier oder da mehr oder weniger beliebt wären. So gilt es auf der Hut zu sein gegenüber Namenserklärungen (Etymologien) sowohl in der älteren Literatur als auch in der populären neueren. Man sollte zwar auch die dort angebotenen Deutungsangebote kennen und im Hinterkopf behalten.

Kommen wir nun zu Fritz Bönisch: Der hat als Autodidakt über 150 Arbeiten veröffentlicht. Dafür muss man ihm Respekt zollen! Aber wo hat er nun über den Ortsnamen Berlin geschrieben und begründet warum für das bekannte Berlin nicht gilt, was für die anderen Berlin gilt?

Halten wir noch mal fest:
- Berlin liegt an der Spree im Urstromtal der Spree
- der Name lässt sich mit dem polabischen Sumpfbegriff in Verbindung bringen, was mit der Umwelt absolut in Einklang zu bringen ist
- die nächste bekannte polabische Siedlung war gerade mal eine Stunde Fußweg entfernt.
 
KVK-Recherche:

Bönisch, Fritz: Berlin, Berline und Berlinchen in der Niederlausitz, in: Ausgrabungen im Niederlausitzer Braunkohlenrevier. - Wünsdorf : Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum: Brandenburgisches Landesmuseum für Ur- und Frühgeschichte, 1998-. - Bd. 1998 (1999), S. 144-159.
 
Da erlaube ich mir, mich auch an dieser Diskussion zu beteiligen.

Berlin – genauer die Hauptstadt der DDR – war so bis 1990 und danach bis so 2000 meine 2. Heimat.

Ich war dort während der DDR Zeit in 2 AG’s tätig.
Nach dem Untergang war ich dann ab und zu beim Gesellschafter der seinem Sitz in Berlin hat.

1987 - das war vielleicht ein Rummel – 750 Jahre Berlin.

Und dabei hatte man sogar noch gemogelt.
Berlin 1244 und Kölln 1237. Also die 750 Jahre trafen für Kölln zu.

Bei so manchen PKW sah man 1987 in der Heckscheibe einen Aufkleber.
(750 Jahre Berlin und meine Stadt 1283 Jahre (Arnstadt/Thüringen), oder meine Stadt 1245 Jahre (Erfurt usw.)).

Hier mal eine Karte von Johann Gregor Memhard – Doppelstadt Berlin-Cölln 1648.

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wenn ein slawischer Name für die Fischerinsel nicht überliefert ist
... dann heißt das nur, dass er nicht überliefert ist. Und nicht, dass es keinen gegeben haben kann. Weitere Schlussfolgerungen lassen sich daraus nicht ziehen.

wieso die Slawen für das kleine sumpfige Gebiet nördlich von Alt-Berlin einen Flurnamen vergeben haben sollten

Weil Menschen, wo immer sie siedeln, ihre Umgebung benennen. Flüsse, Bäche, Inseln, Wälder, Hügel, Auen und so weiter.

Manchmal genügt zur Bestimmung der Örtlichkeit ein Grundwort ("Berg", "Moor", "Wald"), meist benötigt man noch ein Bestimmungswort, um Verwechslungen zu vermeiden ("Hohenberg", "Großes Moor", "Niederwald"). Bei der Gründung von Siedlungen geht der Geländename oft auf die Siedlung über. So gibt es Siedlungen mit Namen wie "Berg", "Moor" bzw. "Moos", "Wald" etc.

Es stellt sich die Frage, ob die Slawen der Gegend Namen gegeben haben, schon bevor die deutsche Besiedelung einsetzte
Nein, diese Frage stellt sich nicht ernsthaft.
 
Die vorherrschende Ansicht über die Entstehung Berlins lautet demnach nicht ganz ernsthaft gemeint:

Brl, Birl, Berl oder so ähnlich und Col waren slawische Flurnamen, die jeweils eine der Inseln in der Spree bezeichneten. Die eine Insel zeichnete sich durch Pfâhle in sumpfigem Gelände aus, die die slawischen Fischer von der nahen Halbinsel Stralau dort zum Fischfang errichtet hatten, während die andere Insel, die vorwiegend aus Sand bestand, durch den nahen morastigen Untergrund allseits bekannt war, denn schon die Römer waren auf dem Fernhandelswege zu den Bernsteinstätten im Baltikum von hier mit schmutzigen Füßen auf der anderen Seite des Flusses weitergezogen.

Fernhändler vom Rhein, die sich in diese Gegend verirrt hatten, weil sie auf dem Weg zum Spreeübergang in Spandau oder in Köpenick vom Weg abgekommen waren, fanden diese seichte und sandige Stelle im Sumpf der Spree wieder, die ihnen einen leichten Übergang über den damals in jener Gegend wegen seiner "Stromschnellen" berüchtigten Fluß ermöglichten. Sie erreichten ihr Ziel im Osten schneller. auf dem Weg, vielleicht im nahen Pankow, oder erst am Ziel ihrer Reise, erfuhren sie wie die Inseln in der Spree von den Slawen genannt wurden. Die geschäftstüchtigen Händler beschlossen an dieser Stelle eine gewinnbringende Brücke zu errichten, damit die Reisenden keine schmutzigen Füße mehr bekamen, wenn sie über den Fluß gingen, und überhaupt auch schneller an ihr Ziel kamen. An dieser Mautbrücke entwickelten sich so zwei deutsche Ansiedlungen, die eine mit einem Anger und die andere mit einer Handelsstätte im immer noch slawischen Einflußgebiet des nahen Stralau.

So wurden diese Ansiedlungen wegen der zwei Enden der Brücke zu einer Doppelstadt, die die inzwischen seßhaften Fernhändler in Erinnerung an die slawischen Namen der Inseln durch das Anhängsel der slawischen Endsilbe -in Berlin und Colin später Colina, Colonia nannten.

Da sowohl der Markgraf von Brandenburg als auch der Markgraf von Sachsen an jeweils eine der Inseln Stadtrechte vergeben hatten, kamen sie in Streit. Nachdem der Markgraf von Brandenburg, der kleine Bär, über beide Städte die Oberhoheit erlangt hatte und die slawischen Fischer von der Halbinsel Stralau ohnehin schon durch Albrecht den Bären besiegt worden waren, wurden die ältesten bekannten Stadtsiegel der Städte mit dem markgräflichen brandenburgischen Adler versehen und dem lateinischen Namen Colonia, weil der Name so schön an Köln am Rhein erinnerte, und Berlin, weil der Name an den kleinen Bären erinnern sollte, der auch bald ins Stadtsiegel aufgenommen wurde. Der Fernhandel würde fortan über diese Städte gelenkt.

In der Sage wandelte sich diese Geschichte dahingehend ab, daß Albrecht der Bär, der auch einfach nur der Bär genannt wurde, im Streit mit den Fischern von der Halbinsel Stralau die Stadt Berlin gründete, um ein kleines, aber mächtiges Bollwerk gegen den heidnischen Glauben der Slawen auf der anderen Seite der Spree zu errichten.

Und tschüß!
 
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