Haus Habsburg und die Eidgenossen

Gedankenübertragung.
Ich hab vorhin locker gegoogelt (probier mal "Doppeldeutsche Spielkarten, Schweizer Blatt" od. so), aber leider nur die 4 Assen gefunden.
Für die "Unter" stehen Figuren des Schweizer Freiheitskampfes (Kuoni der Hirt, Stüssi der Flurschütz zB.), für die "Ober" die (habsburgischen bzw. adeligen) Gegner: Gessler u.a.

Auf den Zahlen VI-IX/X sind Schweizer Landschaften, die wohl wichtig waren (Tells Fluchthütte) und Begebenheiten, der aufgepflanzte Gesslerhut, Gessler mit dem Armbrustbolzen im Herz...

Witzig. Wir schnappsen und "herzeln" mit Schweizer Geschichte... ;-)
 
Ich habe mir noch nie Gedanken darüber gemacht was auf unseren Jasskarten drauf ist. Ist aber noch ganz interessant dies weiterzuverfolgen. Diese historischen Karten (ca. 1500 Jahrhundert) habe ich mal gefunden. Ob wir nun beim Jassen wohl mit den Habsburgern spielen, diese Frage ist noch offen.
 

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Scheinen noch ganz einfache Standesfiguren zu sein, so nach dem Motto "bürger, Bauer, Edelmann ...)

Die ich meine, sind aus den alten deutschen Karten hervorgegangen personifizierte Darstellungen w.o. beschrieben. Von der Illustration her passen sie eben sehr gut zu eurer Einigkeit punkt "liberales Antihabsburgbild und tell-Mythos", illustratorisch schätz ich sie mal rund um das Rev.-Jahr 1848 ein.
Ich werd weitersuchen ;-)

edit: Juchhe!:

http://www.altacarta.com/deutsch/collect/suits/german/tell.html
 
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Also ich bin sprachlos! Das wusste ich nicht dass wir mit Schweizer Motiven spielen!
Werde mal wieder mein Tarock auffrischen um das im Spiel zu überprüfen.
 
Lieber Freund, für Tarock brauchst du Tarockkarten, aber wir können gerne mal einen Runde 3er-Schnapsen oder preferanzen ;-)
Die Schnapskarten mit dem Tell-Motiv werden fachspezifisch übrigens "Ungarisches" bzw. "österr. Blatt" genannt. Hie wie da war ja bekanntlich auch nicht alles und jeder habsburgfreundlich ;-)

Zu ganz oben möcht auch noch berichtigen, was auch bei den schönen Anschauungsbildern hervorgeht: Freund und Feind des Tell'schen Wiederstands sind über Ober und Unter gleichmäßig verteilt.
 
Ich finde das Thema sehr interessant, ursi, vor allem auch, weil man eine authentische Schweizer Sicht der Dinge erfragen kann. Meine beiden Fragen lauten also wie folgt:

Wie stand eigentlich die Schweiz während der der Revolution von 1848 zur Frage des Einbezugs Österreichs in einen deutschen Nationalstaat (Großdeutsche Lösung) bzw. zu einer deutschen Führung durch Preußen unter Ausschluss Österreichs (Kleindeutsche Lösung)? Gibt es hierzu irgendwelche Erkenntnisse, oder war es eine Thematik, welche die Schweiz wenig interessierte?

Ferner würde es mich interessieren, warum die Eidgenossenschaft die Abnabelung Heiligen Römischen Reich erstrebte und souverän werden wollte, was ja dann 1648 auch erfolgte. Genauer gesagt: Wieso hatte sich gerade bei der Schweiz eine solche Abspaltungstendenz vollzogen, nicht jedoch z.B. bei Württemberg oder Bayern, wo doch - zumindest was Bayern betrifft - eine gleich starke autonome regionale Komponente im Spiel war?
 
Dieter schrieb:
Ich finde das Thema sehr interessant, ursi, vor allem auch, weil man eine authentische Schweizer Sicht der Dinge erfragen kann. Meine beiden Fragen lauten also wie folgt:

Wie stand eigentlich die Schweiz während der der Revolution von 1848 zur Frage des Einbezugs Österreichs in einen deutschen Nationalstaat (Großdeutsche Lösung) bzw. zu einer deutschen Führung durch Preußen unter Ausschluss Österreichs (Kleindeutsche Lösung)? Gibt es hierzu irgendwelche Erkenntnisse, oder war es eine Thematik, welche die Schweiz wenig interessierte?

Der heutige Schweizerische Bundesstaat besteht seit der ersten Bundesversammlung vom 6. November 1848, davor war die Schweiz noch eine Republik, dies als Infos.

Die Revolutionen des Frühjahrs 1848 brachten die liberale Republik in die Versuchung, sich an der Seite dieser Revolution aussenpolitisch zu engagieren. Doch Tradition der Neutralität und der eigene Selbsterhaltungstrieb war stärker, wenn auch der linke radikale Flügel gerne "Revolution" gespielt hätte. Die Schweiz besetzte 1848/49 ihre Grenzen durch das Militär um die Neutralität zu schützen.

In dieser Zeit gab es Spannungen zwischen den Deutschen Staaten und der Schweiz, dieses erhöhte sich noch mit dem Badischen Aufstand von 1848-49. An diesem Aufstand waren auch republikanisch gesinnte deutsche Emigranten in der Schweiz beteiligt. Und die Freischäler im Süddeutschen Raum benutzen die Schweiz als Basis. Das hatte zur Folge, dass Preussen eine Interventionstruppen an die Grenzen schickte. Mehrere tausend Soldaten der regulären badischen Armee, die sich der Revolution angeschlossen hatten, flüchteten in die Schweiz. Österreich war jedoch nicht bereit, eine Allianz mit Preussen zur Massregelung der Schweiz einzugehen.


Die Lage der Schweiz wurde durch die nationalen Zusammenschlüsse Italiens und Deutschland wesentlich verändert. Neben den Grossmächten Frankreich und Österreich traten als Nachbar die zwei neuen: Das Deutsche Reich anstelle der Kleinstaaten Baden, Württemberg und Bayern und das Königreich Italien anstelle von Sardinien-Piemont.

Die Einigung Italiens wurde vor allem von den Tessinern begrüsst, die deutsche Einigung stiess auf gegenteilige Meinungen, Ablehnung aus republikanisch-kleinstaatlichen Überlegungen einerseits, Bewunderung der diplomatischen-militärischen Leistungen andererseits.

Was aber die Schweiz zu den beiden Lösungen genau meinte, kann ich noch nicht beantworten, da muss ich tiefer graben.

Über deine zweite Frage muss ich noch nachdenken.
 
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ein recht aktuelles Geo Epoche Heft behandelt als Thema die Geschichte der Schweiz:
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Der heutige Schweizerische Bundesstaat besteht seit der ersten Bundesversammlung vom 6. November 1848, davor war die Schweiz noch eine Republik, dies als Infos.

Die Revolutionen des Frühjahrs 1848 brachten die liberale Republik in die Versuchung, sich an der Seite dieser Revolution aussenpolitisch zu engagieren. Doch Tradition der Neutralität und der eigene Selbsterhaltungstrieb war stärker, wenn auch der linke radikale Flügel gerne "Revolution" gespielt hätte. Die Schweiz besetzte 1848/49 ihre Grenzen durch das Militär um die Neutralität zu schützen.

In dieser Zeit gab es Spannungen zwischen den Deutschen Staaten und der Schweiz, dieses erhöhte sich noch mit dem Badischen Aufstand von 1848-49. An diesem Aufstand waren auch republikanisch gesinnte deutsche Emigranten in der Schweiz beteiligt. Und die Freischäler im Süddeutschen Raum benutzen die Schweiz als Basis. Das hatte zur Folge, dass Preussen eine Interventionstruppen an die Grenzen schickte. Mehrere tausend Soldaten der regulären badischen Armee, die sich der Revolution angeschlossen hatten, flüchteten in die Schweiz. Österreich war jedoch nicht bereit, eine Allianz mit Preussen zur Massregelung der Schweiz einzugehen.


Die Lage der Schweiz wurde durch die nationalen Zusammenschlüsse Italiens und Deutschland wesentlich verändert. Neben den Grossmächten Frankreich und Österreich traten als Nachbar die zwei neuen: Das Deutsche Reich anstelle der Kleinstaaten Baden, Württemberg und Bayern und das Königreich Italien anstelle von Sardinien-Piemont.

Die Einigung Italiens wurde vor allem von den Tessinern begrüsst, die deutsche Einigung stiess auf gegenteilige Meinungen, Ablehnung aus republikanisch-kleinstaatlichen Überlegungen einerseits, Bewunderung der diplomatischen-militärischen Leistungen andererseits.

Was aber die Schweiz zu den beiden Lösungen genau meinte, kann ich noch nicht beantworten, da muss ich tiefer graben.

Über deine zweite Frage muss ich noch nachdenken.

Auch wenn die Diskussion hier schon Jahre alt ist, mich würde das ganze auch brennend interessieren, zumal vor der Hintergrund des Problemfeldes Neuenburg/Neuchâtel.
Da würde mich auch interessieren, wie man in der Schweiz die spezielle kleindeutsche Lösung unter Preußen als Führungsmacht auffasste und ob da die Reichseinigung 1871 gegebenenfalls wegen der ehemaligen Verbandelung Neuenburgs/Neuchâtels mit Preußen noch entsprechende Befürchtungen hoch kamen oder ob sich dieses Thema bereits erledigt hatte.
1848 führte diese Frage ja durchaus noch zu einer handfesten Krise zwischen der Eidgenossenschaft und dem Kgr. Preußen und als es dann 1871 zur Reichseinigung kam, war der Verzicht Driedrich Wilhelms IV. ja noch keine 15 Jahre alt und Frankreich und Österreich/Ungarn als Großmächte, die prinzipiell in der Lage gewesen wären Preußen Einhalt zu gebieten in ihrer Handlungsfähigkeit durch die jeweiligen Niederlagen militärisch ja außer Kurs gesetzt.
 
Auch wenn die Diskussion hier schon Jahre alt ist, mich würde das ganze auch brennend interessieren, zumal vor der Hintergrund des Problemfeldes Neuenburg/Neuchâtel.
Da würde mich auch interessieren, wie man in der Schweiz die spezielle kleindeutsche Lösung unter Preußen als Führungsmacht auffasste und ob da die Reichseinigung 1871 gegebenenfalls wegen der ehemaligen Verbandelung Neuenburgs/Neuchâtels mit Preußen noch entsprechende Befürchtungen hoch kamen oder ob sich dieses Thema bereits erledigt hatte.
1848 führte diese Frage ja durchaus noch zu einer handfesten Krise zwischen der Eidgenossenschaft und dem Kgr. Preußen und als es dann 1871 zur Reichseinigung kam, war der Verzicht Driedrich Wilhelms IV. ja noch keine 15 Jahre alt und Frankreich und Österreich/Ungarn als Großmächte, die prinzipiell in der Lage gewesen wären Preußen Einhalt zu gebieten in ihrer Handlungsfähigkeit durch die jeweiligen Niederlagen militärisch ja außer Kurs gesetzt.

Auf die Schnelle: Schweizer Geschichte - Der Neuenburger Handel

Mehr folgt noch
 
Hier noch ein Dokument aus 1871. (Die Datei ist zu Gross, deshalb kopiere ich es rein.):

dodis.ch/41916 schrieb:
Le Président du Conseil d ’Etat du Canton de Neuchâtel, G. Guillaume, au Conseil fédéral

Confidentielle Neuchâtel, 5 octobre 1871

J’ai l’honneur de répondre à votre lettre confidentielle du 2 et.1, concernant les prétendues manifestations de «royalistes» neuchâtelois en faveur des Prussiens, à Pontarlier. M. Eugène Borel, Conseiller d’Etat, s’est rendu hier à Pontarlier, sans caractère officiel, afin d’obtenir privément [sic]des renseignements exacts et précis, et il se rendra demain à Berne pour vous en rendre un compte détaillé. Mais je suis heureux de pouvoir dès à présent, et sans attendre son retour, vous rassurer complètement, Monsieur le Président, sur la portée des faits dont les journaux ont parlé. Le jour du Jeûne fédéral, les établissements publics étant fermés, beaucoup d’habitants de notre canton, surtout ceux qui résident près de la frontière, ont l’habitude d’aller se promener sur territoire français; ceux des Montagnes vont à Morteau, et ceux du Val-de-Travers à Pontarlier. Cette année-ci, la présence de troupes allemandes dans cette dernière ville, y attira un beaucoup plus grand nombre de promeneurs, désireux de profiter de cette occasion unique de voir de près des troupes dont on avait tant parlé depuis un an. Le bruit qui se répandit qu’il devait y avoir une revue et de grandes manœuvres militaires, y attira encore les deux jours suivants un grand nombre de curieux, non seulement des Verrières, mais de tout le Val-de-Travers et même d’autres parties du canton. Mais on peut hardiment affirmer que le mobile unique qui attirait tout ce monde à Pontarlier, c’était la curiosité; que ces curieux, à très peu d’exceptions près, étaient d’excellents républicains, et qu’il n’y a rien eu, absolument rien, qui pût ressembler à une manifestation. Mais la population française a pu être froissée de voir des Suisses venir contempler l’armée allemande, et plus encore de voir les Suisses connaissant la langue allemande s’entretenir avec des militaires prussiens et leur adresser des questions auxquelles ces soldats répondaient, heureux de trouver des étrangers à qui ils pussent parler. Les Français auraient voulu que les Suisses regardassent les Allemands avec la même froideur hostile avec laquelle ils les regardent eux-mêmes. On peut reprocher, sous ce rapport, à quelques individus isolés, de n’avoir pas observé toute la réserve qu’ils auraient dû s’imposer pour ne pas froisser la susceptibilité assez légitime de la population française; ainsi, quelques-uns ont payé à boire à des soldats prussiens et quelques demoiselles, dit-on, leur ont offert des cigares. Mais ces faits isolés et sans importance n’ont eu pour résultat que de faire rire, aux dépens de leurs auteurs. Pour mieux les tourner en ridicule, un plaisant du Val-de-Travers a imaginé d’insérer dans une feuille d’avis (Courrier du Valde-Travers, N°38) un communiqué qui remerciait, au nom des soldats prussiens, leurs «loyaux et fidèles compatriotes des Verrières et des Bayards» qui étaient allés les voir. Cette pièce apocryphe, qui a beaucoup amusé les lecteurs du Courrier, a été prise au sérieux par quelques journaux qui l’ont reproduite comme authentique. Dans nos populations, où chacun sait comment les choses se sont passées, personne ne s’en est préoccupé. Notre Grand Conseil, qui a été réuni les trois premiers jours de cette semaine, n’a vu se produire dans son sein aucune interpellation, ni aucune allusion à ces faits. En terminant, Monsieur le Président, je puis vous affirmer, comme nous avons déjà été dans le cas de le faire dans une précédente occasion, que tous les Neuchâtelois sont maintenant attachés de cœur à nos institutions. Les désastres de la guerre Franco-Allemande, dont ils ont pu voir de près les tristes résultats, leur ont fait sentir et apprécier le bonheur d’être Suisses et républicains, et il n’en est pas un qui ne rende grâces à Dieu de ce que notre position actuelle nous ait préservés des horreurs de la guerre.
 
Da würde mich auch interessieren, wie man in der Schweiz die spezielle kleindeutsche Lösung unter Preußen als Führungsmacht auffasste und ob da die Reichseinigung 1871 gegebenenfalls wegen der ehemaligen Verbandelung Neuenburgs/Neuchâtels mit Preußen noch entsprechende Befürchtungen hoch kamen oder ob sich dieses Thema bereits erledigt hatte.
1848 führte diese Frage ja durchaus noch zu einer handfesten Krise zwischen der Eidgenossenschaft und dem Kgr. Preußen und als es dann 1871 zur Reichseinigung kam, war der Verzicht Driedrich Wilhelms IV. ja noch keine 15 Jahre alt und Frankreich und Österreich/Ungarn als Großmächte, die prinzipiell in der Lage gewesen wären Preußen Einhalt zu gebieten in ihrer Handlungsfähigkeit durch die jeweiligen Niederlagen militärisch ja außer Kurs gesetzt.

Die Schweiz gratulierte dem neuen Deutschen Kaiser. Dazu gibt es ein Dokument. Bis jetzt habe ich nichts mehr gefunden, dass speziell Neuenburg als Thema hatte. Die Beziehungen zu Frankreich hingegen waren präsenter. Vor allem wegen der Internierung der französische Bourbaki-Armee.

Hier noch eine Auszug aus dem Historischen Lexikon der Schweiz zu Preussen:

1857 verzichtete der preuss. König auf seine Herrschaftsansprüche über Neuenburg. Vor dem Jahre 1805 war P. mit keiner offiziellen Gesandtschaft in der Schweiz vertreten, und nach ihrer Installation hatten die zuständigen preuss. Diplomaten zumeist nicht einmal Wohnsitz in der Schweiz. Die Aussenpolitik wurde über Neuenburg und das mit ihm verbündete Bern abgewickelt. Zwischen 1859 und 1871 war ein bevollmächtigter Minister P.s und des Norddt. Bunds in Bern akkreditiert, 1867-71 hatte auch die Schweiz einen Gesandten für P. und den Norddt. Bund in Berlin.

In der Zeit der 1848er Revolution fanden Flüchtlinge aus P. Aufnahme in der Schweiz, die zuvor schon, z.T. ebenfalls aus polit. Motiven, von preuss. Reisenden besucht worden war. Aus der Schweiz in die preuss. Heimat zurückkehrende Handwerksgesellen wurden ab 1834 zeitweise polizeilich überwacht, weil die Regierung polit. Umtriebe befürchtete. Akadem. Kontakte kamen im 19. Jh. durch die Schweizer Universitäten (v.a. Zürich) zustande, wo an versch. Fakultäten preuss. Lehrkräfte tätig waren. In den ersten Jahrzehnten des Bundesstaats nahmen die kulturellen Beziehungen zu P. einen weiteren Aufschwung, weniger ausgeprägt die wirtschaftlichen und politischen. Auch nach der Gründung des Kaiserreichs 1871 spielten die Verbindungen in allen Bereichen, v.a. in der Wirtschaft und in der Wissenschaft, zum nunmehr nicht mehr selbstständigen, aber innerhalb Deutschlands führenden P. und zur Hauptstadt Berlin eine nicht unbedeutende Rolle.

Preussen
 
1870 gab es noch eine kleine Krise im Kanton Neuenburg, als vermeintliche royalistische Provokateure in La Sagne zu nächtlicher Stunde "Es lebe der König" riefen. Es stellte sich schnell heraus, dass es sich um eine kleine Anzahl betrunkener Jugendlicher aus La Chaux-de-Fonds handelte. Sie wurden der Justiz überstellt und bestraft. Die Angelegenheit war eigentlich geregelt, als dann im November die Schweizerische Militärzeitschrift fälschlicherweise berichtete, dass Truppenverschiebungen in den Kanton Neuenburg zur Abschreckung von royalistischen Provokateuren im Gange seien, war die Aufregung gross. Die Abgeordneten von La Sagne, Les Ponts-de-Martel und La Brévine sahen sich veranlasst, im Grossen Rat ein Bekenntnis zur Schweiz abzulegen.
La RMS, le colonel Philippin et les prétendues menées de royalistes neuchâtelois en automne 1870

Ich würde sagen, mit der Ernennung von Eugène Borel – Wikipedia 1872 zum Bundesrat, war die Sache dann erledigt.
 
Da würde mich auch interessieren, wie man in der Schweiz die spezielle kleindeutsche Lösung unter Preußen als Führungsmacht auffasste
Gottfried Keller 1872 an die Basler Nachrichten:
....möchte die Straßburger von ihren alten Freunden den Zürchern grüßen und ihnen sagen, sie möchten sich nicht allzu unglücklich fühlen im neuen Reiche. Vielleicht käme eine Zeit, wo dieses deutsche Reich auch Staatsformen ertrüge, welche den Schweizern nothwendig seien und dann sei eine Rückkehr der letztern wohl denkbar. Selbstverständlich kann nicht von der Form bloßer freier Städte hiebei die Rede sein, da diese ja schon da sind, sondern nur von dem Bestehen größerer Volksrepubliken.

Der deutschfreundliche Adolf Guyer-Zeller zu Annektionsbefürchtungen:
..dazu ist Deutschland zu klug und wir Schweizer können ruhig schlafen; der deutsche Adler hackt der Schweiz die Augen nicht aus.

1871 war die Sympathie der Bevölkerung mMn mehrheitlich auf der Seite Frankreichs. Beispiel dazu: Tonhallekrawall
Militärisch sah das unter dem Einfluss deutschfreundlicher Offiziere und wegen der Fehleinschätzung des Nachrichtendienstes anders aus.
Nach dem Bau des Séré de Rivières Systems 1874 sah der Generalstab der Schweizer Armee die grösste Gefahr in einem Rachefeldzug Frankreichs gegen Deutschland durch die Schweiz.
 
Auch wenn die Diskussion hier schon Jahre alt ist, mich würde das ganze auch brennend interessieren, zumal vor der Hintergrund des Problemfeldes Neuenburg/Neuchâtel.
Da würde mich auch interessieren, wie man in der Schweiz die spezielle kleindeutsche Lösung unter Preußen als Führungsmacht auffasste und ob da die Reichseinigung 1871 gegebenenfalls wegen der ehemaligen Verbandelung Neuenburgs/Neuchâtels mit Preußen noch entsprechende Befürchtungen hoch kamen oder ob sich dieses Thema bereits erledigt hatte.
1848 führte diese Frage ja durchaus noch zu einer handfesten Krise zwischen der Eidgenossenschaft und dem Kgr. Preußen und als es dann 1871 zur Reichseinigung kam, war der Verzicht Driedrich Wilhelms IV. ja noch keine 15 Jahre alt und Frankreich und Österreich/Ungarn als Großmächte, die prinzipiell in der Lage gewesen wären Preußen Einhalt zu gebieten in ihrer Handlungsfähigkeit durch die jeweiligen Niederlagen militärisch ja außer Kurs gesetzt.

1857 stand man nahe vor dem Abgrund. Die königstreuen Neuenburger hatten die demokratische Regierung mittels Putsch abgesetzt. Neuenburg war zwar ein Kanton der Schweiz, war aber auch gleichzeitig in Personalunion mit Preußen verbunden. Viele der Königstreuen wurden verhaftet. Das rief Preußen auf dem Plan. Die Krise drohte in einem Krieg einzumünden.
Die europäischen Großmächte akzeptierten allerdings nicht den Anspruch Preußens, eben die Monarchie wiederherzustellen, und so wurde in Paris der förmliche Verzicht Preußens auf Neuenburg vereinbart. Preußen war ganz klarer Verlierer.

Schon 1848 wurde in Neuenburg die Republik ausgerufen. Komisch ist nur, das, nach dem sich die Lage wieder stabilisiert hatte, man nicht gegen die Schweiz vorging. Es war ja wohl kaum im Sinne der Monarchie Preußen, das in Neuenburg demokratische Verhältnisse hergestellt worden waren, sondern man bis 1857 gewartet hatte. Interessant ist, das Bismarck sich in seiner Einschätzung der Mächte zunächst ziemlich vergriffen hatte und das Österreich von Anfang an, im Gegensatz zu den anderen Mitglieder des Deutschen Bundes, gegen Preußens Forderungen war.
 
Komisch ist nur, das, nach dem sich die Lage wieder stabilisiert hatte, man nicht gegen die Schweiz vorging.
Das ist tatsächlich verwunderlich. 1849, nach der Niederschlagung der badischen Revolution, wäre m.E. der günstigste Zeitpunkt für eine gemeinsame Intervention gegen die Schweiz gewesen. Die Truppen des Deutschen Bundes standen ja an der Schweizer Grenze und man hätte, aus ihrer Sicht, allen Grund gehabt, die in die Schweiz geflüchteten badischen Revolutionstruppen und andere Flüchtlinge zu verfolgen. Auch Radetzky war in der Lombardei erfolgreich, stand an der Tessiner Grenze und war alles andere als glücklich mit der republikanischen Infiltration "seiner" Lombardei aus der Schweiz. Die Schweizer Armee war noch nicht vollständig zentralisiert und obwohl die Beurteilungen der militärischen Beobachter gewisse Zweifel an einem schnellen Erfolg gegen sie hatten, wäre sie gegen einen gemeinsamen Angriff chancenlos geblieben.
Die Schweizer Armee im 19. Jahrhundert aus der Sicht der süddeutschen Staaten, Vortrag von Josef Inauen, 2015 in VSAM Bulletin.
Auch die Schweizer Führung war sich dessen sehr bewusst, wie ein Brief des Bundesrats Jonas Furrer an den damaligen Nationalratspräsidenten Alfred Escher zeigt.
Wir halten aber dafür, daß die Nachbarstaaten das vollste Recht haben, dieses nicht zu leiden, sowenig wir ähnliches leiden würden. Würden aber diese Zustände fortdauern, so sind die Folgen unzweifelhaft; sie bestehen mindestens darin, daß wir eine lange dauernde Grenzbesetzung haben müssen u daß wir beständigen Streit u Chicanen hätten. Am Ende, wenns in solchen Sachen aufs äußerste kam, hat die Schweiz immer schmählich nachgegeben;
Brief Jonas Furrer an Alfred Escher, Bern, Samstag, 21. Juli 1849
Doch selbst das recht mutige Vorgehen der Schweiz beim Büsinger Handel Büsinger-Handel – Wikipedia reichte für eine Intervention nicht.

Vielleicht auch, weil die im Wiener Kongress verordnete bewaffnete Neutralität der Schweiz im europäischen Kontext noch nicht getestet war und die Grossmächte sich über deren Nutzen nocht nicht ganz im Klaren waren. Dieser bestätigte sich erst 1870/71. Zudem gab es zuerst das dänische bzw. schleswig-holsteinsche Problem zu lösen.
Als sich die Lage danach beruhigt hatte, war es eigentlich bereits zu spät, denn dann fürchteten sich vor allem die süddeutschen Staaten vor einem erneuten republikanischen Flächenbrand, wenn man gegen die Schweiz vorginge. Auch deren Handelsbeziehungen mit der Schweiz waren bereits so wichtig, dass ein Konflikt beiden Seiten zu sehr geschadet hätte.
Beim Neuenburger Handel waren dann offensichtlich die Rivalität zwischen Preussen und Österreich und die freundschaftlichen Beziehungen zwischen den süddeutschen Staaten und der Schweiz stärker als jegliche günstige Gelegenheit gemeinsam gegen diesen "Hort der Demagogie", was die Schweiz in den Augen der Monarchen und deren konservativen Regierungen zweifellos war, vorzugehen.

Zur Schweizer Sicht auf das Verhältnis zwischen Deutschem Reich und Österreich fand ich noch eine bezeichnende Karikatur von 1875 im damals neu gegründeten Satiremagazin Nebelspalter.
bismarck.JPG
 
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