Wieso hat sich niemand für die Familie Romanow eingesetzt?

Griffel

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Ein Fakt während des 1. Weltkrieges, hat mich schon immer interessiert! Warum wurden keine Versuche unternommen, das Leben der Zarenfamilie zu retten?

https://de.wikipedia.org/wiki/Romanow
https://de.wikipedia.org/wiki/Februarrevolution_1917
https://de.wikipedia.org/wiki/Oktoberrevolution
Immerhin waren die Romanows, ja mit 2 anderen damals noch existierenden Adelsfamilien in Europa verwandt. Was hätte also dagegen gesprochen, für die Romanows ein Leben im Exil auszuhandeln?
Wobei ich persönlich davon ausgehen, dass den Romanows ein Leben in England besser gefallen hätte, als in Deutschland. Wo ja die Monarchie zwangsweise abgeschafft wurde.:rolleyes::cool:

Mit anderen adeligen Familien, hat man das ja auch gemacht.
 
Ein Fakt während des 1. Weltkrieges, hat mich schon immer interessiert! Warum wurden keine Versuche unternommen, das Leben der Zarenfamilie zu retten?

Was stellst du dir denn vor? Die Briten reaktivieren nochmal eine Hand voll Armeekorps, landen in St. Petersburg an und schlagen sich bis zum Ural durch, um die Zarenfamilie aus Jekaterinburg herauszuholen?
 
Der Frage liegt ja mittelalterliches Denken zugrunde. Adelige sind etwas Besonderes, an einen König (oder Zar) darf man keine Hand legen,es handelt sich eben nicht um normale Menschen.

Aus dem von dir verlinkten Wiki-Artikel:
In den Jahren 1918 bis 1922 kamen auf dem Gebiet des ehemaligen Russischen Kaiserreichs 12,7 Millionen Menschen um, im Ersten Weltkrieg waren es 1,85 Millionen gewesen.

Warum hat man für die nichts getan?
 
Ein Fakt während des 1. Weltkrieges, hat mich schon immer interessiert! Warum wurden keine Versuche unternommen, das Leben der Zarenfamilie zu retten?

https://de.wikipedia.org/wiki/Romanow
https://de.wikipedia.org/wiki/Februarrevolution_1917
https://de.wikipedia.org/wiki/Oktoberrevolution
Immerhin waren die Romanows, ja mit 2 anderen damals noch existierenden Adelsfamilien in Europa verwandt. Was hätte also dagegen gesprochen, für die Romanows ein Leben im Exil auszuhandeln?
Wobei ich persönlich davon ausgehen, dass den Romanows ein Leben in England besser gefallen hätte, als in Deutschland. Wo ja die Monarchie zwangsweise abgeschafft wurde.:rolleyes::cool:

Mit anderen adeligen Familien, hat man das ja auch gemacht.

Wenn Nikolaus II. mit seiner Familie rechtzeitig emigriert wäre, hätte wohl nichts dagegen gesprochen, sich in Frankreich, Großbritannien oder auch in Deutschland niedergelassen hätte. Etliche andere russische Emigranten wie Nikolai Nikolaiwitsch Romanow oder auch der Mörder Rasputins lebten nach dem Weltkrieg in Frankreich.

Die Monarchie ist in Deutschland nicht zwangsweise abgeschafft worden, sie ist zusammengebrochen, der Kaiser hat abgedankt- und er hatte sich selbst und die Monarchie in den 30 Jahren, in denen er versuchte, Deutschland zu regieren so gründlich blamiert und diskreditiert dass eine Restauration der Hohenzollern schlichtweg ein Unding war.

Das Vermögen der Hohenzollern und der anderen deutschen Fürsten wurde nicht angetastet. Der Kaiser ließ sich ganze Zugladungen von Kunstschätzen nach Holland bringen. Berlin war Zentrum einer russischen Kolonie. Es war in den 1920er Jahren die innovativste, fruchtbarste Kulturmetropole in Europa- vielleicht ein bisschen dekadent für Niki und Alix, aber mit einem Teil des Vermögens hätte es sicher für drei warme Mahlzeiten gereicht.

Tja, warum haben die Briten und Franzosen nicht mehr für Niki getan? Er hat immerhin keinen Sonderfrieden geschlossen, und die russischen Armeeen haben zahlreiche deutsche und österreichische Divisionen gebunden.

Er war diplomatisch zu einem Problem geworden. Die provisorische Regierung unter Kriegsminister Kerenski setzte den Krieg fort. Niki war zu einer "lame duck" geworden. Für eine lame duck setzt niemand auch nur eine Kompanie ein. Niki wurde unter Hausarrest gestellt. Wurde dann nach Jekaterinenburg gebracht. Wie hätten Briten und Franzosen, selbst wenn sie gewollt hätten eingreifen sollen? Im Sommer 1917 brach die russische Armee zusammen. Ein Großteil Osteuropas wurde von den Deutschen kontrolliert.

Die Briten und Franzosen waren mit den Deutschen und den letzten deutschen Offensiven beschäftigt. Am 21. März 1918 startete die erste von fünf deutschen Offensiven. Die deutschen Armeen stießen in zwei Wochen über 60 km vor. Seit Kriegsbeginn hatte es an der Westfront keine Offensive mit solchen Raumgewinnen gegeben.

In einer solchen Situation opfert man keine Soldaten für eine Befreiungsaktion in einem Gebiet das man nicht kontrolliert.
 
Die Monarchie ist in Deutschland nicht zwangsweise abgeschafft worden, sie ist zusammengebrochen, der Kaiser hat abgedankt-

Naja, naja.
Er ist von Max von Baden für abgedankt erklärt worden und auf Veranlassung Hindenburgs, die auf Falschinformationen beruhte in die Niederlande geflüchtet, von wo aus er sich dagegen nicht mehr wehren konnte.

Da für die Nachfolge aber auch keiner der Hohenzollern-Prinzen in Aussicht kam, weil entweder durch die eigene Rolle im ersten Weltkrieg untragbar geworden (Kronprinz Wilhelm) oder aus anderen Gründen für ungeeignet befunden, war damit die Monarchie de facto abgeschafft.

Es sei denn, man hätte einen Dynastiewechsel anstreben oder sich, wie man das in Ungarn tat zur "Monarchie mit vakantem Thron" erklären wollen, was bedeutete, das man einen "Reichsverweser" hätte finden müssen.

Ein Wechsel zu einer anderen Dynastie, nachdem deren Monarchen den Krieg mitgetragen und deren Prinzen Teile der Generalität gestellt hatten, wäre auch äußert schwierig gewesen.
 
Nicht so ganz...
Aber ein paar wenige Bemerkungen von mir zur damaligen Situation.

M.E. unterschätzte man den Lenin mit seinen Bolschewiki.
Man wusste sicher auch nichts von den Absprachen Lenins mit Vertretern der deutschen kaiserlichen Regierung.
Wer kannte schon damals einen Alexander Parvus? Eigentlich hieß er ja Israil Lasarewitsch Helphand.
Ursprünglich gehörte er ja zeitweilig zu den Menschewiki, wechselte aber 1918 zu den deutschen Sozialdemokraten.

Und nun Russland:

* da haben wir ein Rußland während des I. WK,

* der Februarrevolution 1917 (julianischer Kalender und die weiteren Daten auch),

* der Bildung der 1.Provisorischen Regierung unter Fürst G.J. Lwow (geb. in Dresden, gest. in Paris). Er selbst war parteilos.
Kerensiki war damals bei ihm verantwortlich für Justiz, er gehörte der Partei der Trudowiki an.
Fürst Lwow hatte weiterhin in seiner Regierung 1 Oktobristen, 1 Zentristen und 5 aus der Partei KD (Konstitutionelle-Demokratische Partei),

* Bildung der einer neuen Regierung in Folge der Aprilkriese
Fürst Lwow blieb im Amt. Neu war in dieser Regierung die Menschewiki, 1 Volkssozialist und neben Krensiki der inzwischen zu den Sozialrevolutionären gehörte ein weiterer aus den Reihen der Sozialrevolutinäre.

· Und dann der Juliaufstand, der zur Machtübernahme von A. Kerenski führte.

Der Zar Nicolaus II. dankte 2 Tage nach der Amtsübernahme der 1. Provisorischen Regierung ab . Seine Abdankung erfolgte 15.03.1917.

· und nach erfolgreicher Oktoberrevolution vom 25.10.1917 übernehmen die Bolschewiki unter W.I. Lenin die Regierung.

Die Zarenfamilie war unter Kerenski nach Puschkin gebracht wurden, von da aus nach Tobolsk und von da aus nach Jekaterienburg wo er und seine Familie mit Wissen von Lenin ermordet wurde.

Eigentlich hatten die Bolschewiki vor, den Zar vor ein Tribunal zu bringen, ähnlich König Karl I./England und König Ludwig XVI./Frankreich
Aber daraus wurde nichts. Daran schuld war der Bürgerkrieg.
Und im speziellen eine Offensive unter General A.W. Koltschak. In Jekaterienburg war gerade zu dieser Zeit einee Evakuierung im Gange wegen Koltschak .

Was nun sein Exil anbelangt liest man bei wiki „Zar Nikolaus II.“ u.a.:

„Erste Überlegungen der Regierung hatten darauf abgezielt, den Ex-Monarchen ins Exil zu schicken. Der britische König George V. bot seinem Cousin zunächst Asyl an, musste aber wegen des Drucks seiner Regierung das Angebot zurückziehen. Mitglieder der königlichen Regierung fürchteten, die Anwesenheit der Zarenfamilie könne in Großbritannien Anlass zu einer Revolution geben."
 
Zuletzt bearbeitet:
Naja, naja.
Er ist von Max von Baden für abgedankt erklärt worden und auf Veranlassung Hindenburgs, die auf Falschinformationen beruhte in die Niederlande geflüchtet, von wo aus er sich dagegen nicht mehr wehren konnte.

Da für die Nachfolge aber auch keiner der Hohenzollern-Prinzen in Aussicht kam, weil entweder durch die eigene Rolle im ersten Weltkrieg untragbar geworden (Kronprinz Wilhelm) oder aus anderen Gründen für ungeeignet befunden, war damit die Monarchie de facto abgeschafft.

Es sei denn, man hätte einen Dynastiewechsel anstreben oder sich, wie man das in Ungarn tat zur "Monarchie mit vakantem Thron" erklären wollen, was bedeutete, das man einen "Reichsverweser" hätte finden müssen.

Ein Wechsel zu einer anderen Dynastie, nachdem deren Monarchen den Krieg mitgetragen und deren Prinzen Teile der Generalität gestellt hatten, wäre auch äußert schwierig gewesen.

Sicher, Max von Baden und selbst Hindenburg haben Wilhelm II. die Abdankung nahegelegt, und der Bade-Max hat Wilhelms Entscheidung nicht einmal abgewartet, sondern ein Fait accomplit arrangiert, ohne Wilhelm selbst darüber entscheiden zu lassen.
Wilhelm II. hat aber spätestens im Verlauf des Weltkriegs das Vertrauen der Mehrheit der Bevölkerung verloren, und die Art wie Wilhelm sich beiseite hat schieben lassen, hat ihn auch unter Monarchisten das letzte Ansehen gekostet.

Ein "weiter-so-wie-bisher" mit der Dynastie Hohenzollern war völlig unmöglich und der Kaiser wie auch "Little Willy" waren untragbar geworden.
Sicher, Wilhelms Abdankung war keine freie Entscheidung Wilhelms, war ein Fait accomplit, Wilhelms Einverständnis zur Abdankung hat man nicht abgewartet.

Die Formulierung es sei die Monarchie zwangsweise abgeschafft worden worden suggeriert, dass die Monarchie gewaltsam durch Einfluss von außen und gegen den Willen der Bevökerung in Deutschland endete. Tatsächlich aber wurde Wilhelm II. schrittweise entmachtet. Zuerst durch die de facto Militärdiktatur des Duumvirats Hindenburg/Ludendorff seit 1916 und als er dann tatsächlich abdankte, besser gesagt abgedankt wurde, hatte er jeden Rückhalt in der Bevölkerung und Armee verloren.

Viele Beobachter, etwa Winston Churchill sagten nachträglich, dass es vernünftiger gewesen wäre, in Deutschland die Monarchie zu erhalten. Mit einem Monarchen an der Spitze, wäre die Weimarer Republik für die politische Rechte leichter akzeptabel gewesen.
Die einzige Persönlichkeit, die allgemein von der Bevölkerung und den Parteien akzeptiert worden wäre, der über Ansehen über alle politischen Lager verfügte, war Rupprecht von Bayern. Das wäre aber mit einem Wechsel des Herrscherhauses von den Hohenzollern zu den Wittelsbachern gewesen. Das Haus Hohenzollern hatte keinen akzeptablen Prätendenten mehr. Mit Wilhelm II., "Little Willy" und dem Rest war nun wirklich kein Staat mehr zu machen. Das war jedem klar, außer Wilhelm selbst-deshalb haben ihn Max von Baden und Hindenburg sanft die Koffer vor die Tür gestellt.

Mit "Gewalt abgeschafft" wurde die Monarchie tatsächlich in Russland-dort wurde die Aristokratie physisch vernichtet. In Deutschland hat sich der führende Vertreter der Monarchie so gründlich als untragbar erwiesen, dass Wilhelm II. selbst in Monarchistenkreisen jeden Rückhalt verloren hatte.
 
Die einzige Persönlichkeit, die allgemein von der Bevölkerung und den Parteien akzeptiert worden wäre, der über Ansehen über alle politischen Lager verfügte, war Rupprecht von Bayern.

Der hätte allerdings als Befehlshaber einer der Armeen im Westen wahrscheinlich ein massives Problem für eine Verständigung mit Frankreich bedeutet.
 
Man wusste sicher auch nichts von den Absprachen Lenins mit Vertretern der deutschen kaiserlichen Regierung.

Natürlich wusste man, dass es da Absprachen irgendeiner Art geben musste.
Ganz einfach weil ohne dem Lenin und Konsorten überhaupt nicht nach Russland hätten reisen können, nachdem ihm die Ententstaaten die Durchreise verwehrt hatten und die kaiserliche Regierungen in Deutschland oder Österreich nun nicht unbedingt als Freunde solchen Gedankenguts gelten konnten.

Entsprechend standen die Bolschewiki in Russland auch unter Beobachtung und entsprechend versuchte die Regierung Kerenskij auch laufend ihnen Verbindungen nach Deutschland nachweisen zu können, um sie als Verräter vor Gericht bringen zu können.
Man wusste vielleicht nicht um die Details der Absprachen, aber das da etwas im Busch sein musste, war sowohl der Regierung Kerenskij, als auch den Entente-Mächten klar.

Weswegen Lenin und Genossen auch im Zug durch Schweden noch reichlich zittern mussten, ob man sie direkt nach Passieren der russischen Grenze festsetzen und inhaftieren würde.
Die Regierung Kerenskij verzichtete mit Rücksicht auf das eigene innenpolitische Image schließlich auf diese Maßnahme.
Das sollte ihr Schaden werden.
 
Der hätte allerdings als Befehlshaber einer der Armeen im Westen wahrscheinlich ein massives Problem für eine Verständigung mit Frankreich bedeutet.

Wer weiß? Gustav Stresemann war während des 1. Weltkriegs überzeugter Anhänger eines Siegfriedens und mit Ludendorff befreundet. Nach dem 1. Weltkrieg arbeitete er mit Aristide Briand zusammen und erhielt gemeinsam mit ihm den Friedensnobelpreis.

Was Rupprecht problematisch für die französische Seite hätte machen können, war die Planung und Durchführung von Unternehmen Alberich, mit dem er betraut wurde. Die Deutschen räumten die Killing Fields an der Somme und zogen sich auf die Siegfriedstellung zurück. Militärisch war das Unternehmen erfolgreich. Den Franzosen wurde völlig der Aufmarsch durcheinander gebracht. Das geräumte Gebiet wurde in eine Wüste verwandelt. Bahnlinien vernichtet und 100.000 Zivilisten deportiert. Im Vorfeld wurden zahlreiche Sprengfallen "von tödlicher Arglist" konstruiert wie Ernst Jünger in Stahlgewittern schrieb.

Rupprecht beobachtete die hohen Verluste an der Somme und glaubte immer weniger an einen Siegfrieden. Er empfahl seinem Vater Friedensverhandlungen aufzunehmen.
 
Dass die Zarenfamilie in Russland alles andere als "beliebt" war, wusste ich natürlich schon! Aber, in der damaligen Zeit, hatten lebende Monarchen und ihre Angehörigen, eben noch gewisse Vorrechte!

Es geht mir bei meiner Fragestellung, nicht darum, das Zarentum in Russland zu retten! Nein, es geht bzw. ging konkret um die Familie und ihre Angehörigen. Zum damaligen Zeitpunkt, war es ausgeschlossen, dass das russische Kaiserreich überlebt. :cool::p Dafür, hätten die Romanows und die Regierung, früher reagieren müssen.

Allerdings, hätte meiner Meinung nach, nichts gegen ein Exil in England gesprochen! Alternativ, hätte sich auch die deutsche Regierung, für die Freilassung der Familie einsetzen können! Wie hier schon zu recht gesagt wurde, wäre ohne die aktive deutsche Unterstützung Lenin, niemals der Mann geworden, der er später war.

Schon der Anstand, hätte es verlangt, dass das Deutsche Reich sich für die Romanows einsetzt oder sie ggf. sogar freikauft. Da wäre Deutschland kein Zacken aus der Krone gebrochen.
 
Schon der Anstand, hätte es verlangt, dass
man keine Marie-Antoinette köpft - hat man aber trotzdem.
Schon der Anstand, hätte es verlangt, dass
man in Sachen Erich vor Gericht ein Urteil zustandebringt - hat man aber nicht hingekriegt.
Schon der Anstand, hätte es verlangt, dass
ein Idi Amin seine vieljährige Restzeit nicht in einer Villa wohlversorgt verbringt - hat man aber nicht hingekriegt.

Diese teils makabre Sorte Spaß ließe sich fortsetzen, bringt aber nichts. Ebenso wenig bringt es, auf Anstand zu pochen oder diesen - sehr gewitzt nach vollendeten Tatsachen - quasi anzumahnen...
 
Allerdings, hätte meiner Meinung nach, nichts gegen ein Exil in England gesprochen!
Außer dem Umstand, dass sie erstmal nach England hätten gelangen müssen.

Schon der Anstand, hätte es verlangt, dass das Deutsche Reich sich für die Romanows einsetzt oder sie ggf. sogar freikauft. Da wäre Deutschland kein Zacken aus der Krone gebrochen.
Welches Interesse hätten die Bolschewiki daran haben sollen, die Romanows ziehen zu lassen?
Die hatten kein Interesse daran den zerstrittenen "weißen Generälen" eine potentielle Integrationsfigur zu liefern, auf die sie sich hätten einigen können.

Schon der Anstand, hätte es verlangt, dass

- man keinen blutigen Kolonialismus betreibt.
- man keine neutralen Nachbarländer überfällt.
- man die Soldaten der Gegenseite nicht mit Giftgas malträtiert.
- man keine Städte von See her beschießt.
- man keine Städte per Zeppelin bombardiert.
- man mit keiner Seeblockade die Bevölkerung anderer Staaten aushungert.
- man keine Passagier- und Handelsschiffe per U-Boot torpediert.
- man keine neutralen Staaten zum Krieg aufhetzt.

[...]

Was soll man sagen?
Die guten Sitten waren etwas auf den Hund gekommen.
 
Viele Beobachter, etwa Winston Churchill sagten nachträglich, dass es vernünftiger gewesen wäre, in Deutschland die Monarchie zu erhalten. Mit einem Monarchen an der Spitze, wäre die Weimarer Republik für die politische Rechte leichter akzeptabel gewesen.

Wohl wahr, war aber für US Präsident Wilson unakzeptabel.
 
Die Republik hat immer noch Scheidemann ausgerufen, nicht die Entente. Ob die Geschichte wirklich erfreulicher verlaufen wäre, wenn die Monarchie weiter bestanden hätte? Die Inflation hätte es trotzdem gegeben, die Arbeiterschaft wäre frustriert gewesen, es wäre trotzdem zur Ruhrbesetzung gekommen und auch an der WWK hätte sich nichts anders verhalten. Die Republik war zehn Jahre lang einigermaßen stabil. Wir sollten froh sein, dass der Holzhacker von Doorn politisch kaltgestellt war.
 
Schon der Anstand, hätte es verlangt, dass das Deutsche Reich sich für die Romanows einsetzt oder sie ggf. sogar freikauft. Da wäre Deutschland kein Zacken aus der Krone gebrochen.

Aber ja doch! Das Deutsche Reich hatte ja auch im Sommer 1918 keine anderen Sorgen, als sich um einen gestürzten Autokraten und seine Familie zu sorgen.
Ein Autokrat, gegen den Deutschland Krieg geführt hatte, der nichts, aber auch gar nichts je für das Reich getan hatte, der der, wenn man ihn denn aufgenommen hätte, ein enormer diplomatischer Ballast gewesen wäre. Um Niki loszuwerden, war dem Deutschen Reich so gut wie alles recht gewesen. Zuletzt hatte man sich selbst mit Lenin und den Bolschewiki verbündet, um Niki endlich loszuwerden.


Nachdem Millionen von Proleten auf den Killing Fields sinnlos verheizt und im Massengrab entsorgt waren; Nachdem man der Zivilbevölkerung seit Jahren verordnet hatte, den Gürtel enger und immer enger zu schnallen; Nachdem man das Volk seit Jahren bearbeitet hatte, seine Ersparnisse in völlig wertlosen Kriegsanleihen anzulegen- war der Freikauf oder die Befreiung eines reaktionären Monarchen, der auf friedliche Demonstranten schießen ließ, der Hunderttausende von Oppositionellen ohne Verfahren nach Sibirien deportieren ließ endlich mal ein Kriegsziel gewesen, das Begeisterung wecken musste

Überhaupt das Deutsche Reich hatte es ja! Es führte nur gegen inzwischen 23 Staaten Krieg, die letzte deutsche Offensive hatte sich festgelaufen, der Einfluss der Amerikaner wurde immer drückender- Aber man hätte ja wohl einen Zeppelin zum Ural schicken können, um Niki abzuholen.

Konnte Niki sich nicht selbst freikaufen- wenn denn Interesse an Lösegeld überhaupt vorhanden gewesen wäre? Waren Niki und Alix schon so pleite, dass sie die Fabergé-Ostereier bei Ebay verkaufen mussten?
 
Dass die Zarenfamilie in Russland alles andere als "beliebt" war, wusste ich natürlich schon! Aber, in der damaligen Zeit, hatten lebende Monarchen und ihre Angehörigen, eben noch gewisse Vorrechte!

Es geht mir bei meiner Fragestellung, nicht darum, das Zarentum in Russland zu retten! Nein, es geht bzw. ging konkret um die Familie und ihre Angehörigen. Zum damaligen Zeitpunkt, war es ausgeschlossen, dass das russische Kaiserreich überlebt. :cool::p Dafür, hätten die Romanows und die Regierung, früher reagieren müssen.

Allerdings, hätte meiner Meinung nach, nichts gegen ein Exil in England gesprochen! Alternativ, hätte sich auch die deutsche Regierung, für die Freilassung der Familie einsetzen können! Wie hier schon zu recht gesagt wurde, wäre ohne die aktive deutsche Unterstützung Lenin, niemals der Mann geworden, der er später war.

Schon der Anstand, hätte es verlangt, dass das Deutsche Reich sich für die Romanows einsetzt oder sie ggf. sogar freikauft. Da wäre Deutschland kein Zacken aus der Krone gebrochen.

Sein Cousin George V. hatte Niki und seiner Familie zunächst Asyl in GB zugesagt- das nahm er allerdings wieder zurück, da man die Provisorische Regierung unter Kerenski (Kriegsminister) nicht brüskieren wollte.

Der Zar hätte sicher nach seiner Abdankung problemlos ausreisen können, wenn er sich wirklich um eine Ausreise bemüht hätte. Anderen Mitgliedern des Hauses Romanow gelang die Ausreise. Nach der Oktoberrevolution und während des Bürgerkrieges musste das Leben von Nikolaus in Gefahr geraten. Er war eben nicht nur Privatmann, er war eine potenzielle Geisel, und er war eine gewaltige Symbolfigur. Solange es einen Zaren gab, gab es einen Anspruch auf die Restauration der Zarenherrschaft. Ein lebender Zar war mit der Symbolkraft und dem Nimbus des Gottesgnadentums, das immer noch mit dem Zarentitel verbunden war immer noch sehr gefährlich.

Es war auch mitnichten klar, dass sich die Monarchie in Russland erledigt war. Weite Gebiete wurden von Weißgardisten gehalten. Eigentlich hatten die Bolschewiki nur die Zentren Petrograd und Moskau sicher in der Gewalt. Wer sich im Bürgerkrieg durchsetzen würde, war 1918 überhaupt noch nicht abzusehen, der Bürgerkrieg zog sich bis 1921 hin, mit beispiellosem Terror auf beiden Seiten.


Das Deutsche Reich brauchte 1917/18 vor allem Ruhe im Osten. Man hatte es mühsam geschafft, den Zweifrontenkrieg zu beenden, Russland war kollabiert, man hatte den Friedensvertrag von Brest-Litowsk diktiert. Die Divisionen die an der Ostfront freiwerden konnten, brauchte man an der Westfront, um dort die Entscheidung herbeizuführen, bevor die Amerikaner ihre Stärke ausspielen konnten. Das war ein Kampf gegen die Zeit, und die Zeit arbeitete gegen die Mittelmächte. Wenn Deutschland überhaupt eine Chance haben wollte, noch eine Entscheidung zu seinen Gunsten herbeizuführen, so war dringend, ganz dringend alles zu vermeiden, was Unruhe im Osten bringen konnte.

Die Aufnahme der Zarenfamilie wäre ein drehen an der Eskalationsschraube, ein stochern im Hornissennest gewesen- wo man dringend Ruhe brauchte. Der Zar war sozusagen der Inbegriff des reaktionären Autokraten. Krieg gegen das reaktionäre Zarenreich war überhaupt nötig gewesen, die Sozialdemokraten ins Boot zu holen und den "Burgfrieden" zu schließen. Alles, aber wirklich alles, hatte die deutsche Regierung und die OHL unternommen, um "Niki" loszuwerden. Zuletzt der Sonderzug mit Lenin und die Förderung der Revolution. Nun, da man ihn endlich glücklich los war, gab es keinen Anlass, dass das DR den Zaren aufnahm.

Wieso hätte das DR das reaktionäre, gestürzte Oberhaupt eines autokratischen Staates aufnehmen müssen, gegen den man über 3 Jahre Krieg geführt hatte. Niki war kein politisches Schwergewicht, er war eine Riesen-Belastung, ein Klotz am Bein, den man so dringend brauchte wie einen Kopfschuss.
Es wäre politisch eine Riesendummheit gewesen.
Moralisch verpflichtet war das DR dem Zaren sicher nicht. Da wäre die 3. Republik oder GB eher in der Pflicht gewesen. Die Armeen des Zaren hatten 3 Jahre deutsche Truppen gebunden, Paris ist dadurch vielleicht 1914 gerettet worden. Ein russisches Expeditionskorps landete Winter 1916 in Marseille und unterstützte die Aisne/Champagne-Offensive Nivelles im Frühjahr 1917.

Nach politischer Logik war es konsequent, dafür zu sorgen dass Russland nie wieder zum Zarismus zurückkehren konnte, war es konsequent keine Prätendenten am Leben zu lassen, keine Symbolfigur den Weißen zu überlassen. Die Erschießung der Zarenfamilie war aber trotzdem nichts, als ein gemeiner , viehischer Mord. Die Großfürstinnen Olga Tatjana, Maria und Anastasia und der an Hämophilie leidende Zarewitsch Alexej hatten niemandem etwas getan, erst recht nicht Hauslehrer und Erzieher, die ebenfalls erschossen wurden. Auch Niki und Alix hatten nicht verdient, wie tollwütige Hunde niedergeknallt zu werden. Nachdem die Zarenfamilie aber die Gelegenheit verpasste, frühzeitig zu emigrieren, nachdem es in Russland zum Bürgerkrieg kam, war eigentlich ihr Schicksal besiegelt. Es gab nur noch die Alternativen Symbol- und Galionsfigur oder Geisel.

Von da an war es auch nur noch sehr wenig, was man für die Zarenfamilie von außen tun konnte. Mehr tun, als zu protestieren, als zu appellieren, die Zarenfamilie zu verschonen, sie als Privatpersonen zu sehen, konnte an für die Romanows von außen nicht mehr tun. Nun gut, Lösegeld anbieten-ob das aber angenommen worden wäre, ist eine andere Frage.
 
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