Fragen zu Hindenburg

Den Einsatz von Giftgas z.B. das unterschiedslos auch Zivilisten, Verwundete und Sanitätspersonal tötet und damit die Genfer Konvention mit Füßen trat?

Der Einsatz chemischer Kampfstoffe war von der Haager Konferenz im Jahre 1899 verboten worden. Dessen ungeachtet wurde in Deutschland, Frankreich und Englandcan entsprechenden Kampfstoffen gearbeitet. Die französische Armee setzt zuerst einen, "harmlosen", Stoff, nämlich nur Tränengas ein. Aber der Einsatz von Tränengas beschleunigte auf deutscher Seite, angesichts der erstarrten Fronten im Westen, die Entscheidung für den Einsatz der chemischer Kampfstoffe, die eine grauenhafte Wirkung hatten.
Was ich nicht weiß, wer eigentlich letzten Endes den Einsatz dieser furchtbaren Kampfstoffe auf deutscher Seite bewilligt hatte.
 
Obwohl sie es hätten können. Die Menschen hätten nur "Mein Kampf" lesen müssen.
Nicht einmal das. Sie hätten nur schauen müssen, was auf der Straße passierte, wenn bei politischen Veranstaltungen die Braunhemden auftauchten.
Was die Lektüre von Mein Kampf anbelangt: ein höchst langweiliges Buch, die Selbstbeweihräucherung des Verfassers und seiner sozialen Rolle in seiner Kindheit und Jugend fast ennervierend peinlich. Auch heute gehört es zum guten Ton von Spitzenpolitikern, Bücher zu verfassen oder zumindest unter ihrem Namen zu veröffentlichen. Die werden dann sicherlich von Politologen, anderen Politikern, der Presse und einer handvoll interessierter Bürger mal kursorisch, mal intensiv gelesen. Dass solche Bücher aber eine Breitenwirkung entfalteten, ist wohl eher zu verneinen.
 
Der uneingeschränkte U-Bootkrieg, für den hat Wilhelm II. letzten Endes verantwortlich zu zeichnen. Er hatte diesen letztlich abgesegnet; er war formell der Oberbefehlshaber und Staatsoberhaupt. Es war seine Verantwortung. Sicher, Hindenburg hat diesen Schwachsinn nicht nur mitgetragen, sondern nachdrücklich unterstützt.

Ich würde mal sagen Hindenburg und Ludendorff haben die Sache nicht nur unterstützt, sondern sie haben KW II maßgeblich dahingehend bearbeitet, dass dieser den U-Boot-Krieg anordnete und Bedenkenträger wie Bethmann-Hollweg letztendlich fallen ließ.
Die Beiden hatten schon definitiv Aktien daran das herbei zu führen, auch wenn formal Wilhelm Oberbefehlshaber war.

Ja, Völkermord.
Wenn jemand Teile eines Volkes willentlich und kalkuliert zu Tode bringt, dann ist das Völkermord.

Und genau darauf läuft der Gedanke einer Aushungerung ja hinaus, jedenfalls nimmt er das billigend inkauf.
Erklär mir mal bitte, wo der Unterschied dazwischen ist etwa Teile der Bevölkerung der Herero kalkuliert in die Wüste zu treiben um sie dort verhungern und verdursten zu lassen oder kalkuliert eine drastische Lebensmittel-Unterversorgung in Großbritannien durch Blockade herbei zu führen und Teile der dortigen Bevölkerung verhungern zu lassen um die eigenen Forderungen durchzusetzen.

Ich sehe da nicht so viel Unterschied.
 
Der Einsatz chemischer Kampfstoffe war von der Haager Konferenz im Jahre 1899 verboten worden.
Ja, aber da hat man ja dann die Problematik von Grenzfällen, was denn dann exakt als solch ein Kampfstoff gilt.
Müsste der potentiell tötlich sein oder genügt das Auslösen vergänglicher Reizreaktionen etc.
Ich denke, da gibt es noch immer einen gewissen Spielraum.
Wenn man es aber an der Genfer Konvention fest macht, ist die Sache Eindeutig, weil diese auch das Verletzen von Gefangenen, Verwundeten und Sanitätspersonal, bzw. die Behinderung des letzteren verbietet.

Was die Bewilligung des Einsatzes der Giftgase angeht, so lag die operative Führung des Landkrieges de facto in den Händen der OHL und damit Hindenburgs und Ludendorffs.
 
Nicht einmal das. Sie hätten nur schauen müssen, was auf der Straße passierte, wenn bei politischen Veranstaltungen die Braunhemden auftauchten.
Was die Lektüre von Mein Kampf anbelangt: ein höchst langweiliges Buch, die Selbstbeweihräucherung des Verfassers und seiner sozialen Rolle in seiner Kindheit und Jugend fast ennervierend peinlich.

Sehe ich auch so.
 
Ja, Völkermord.
Wenn jemand Teile eines Volkes willentlich und kalkuliert zu Tode bringt, dann ist das Völkermord.

Und genau darauf läuft der Gedanke einer Aushungerung ja hinaus, jedenfalls nimmt er das billigend inkauf.
Erklär mir mal bitte, wo der Unterschied dazwischen ist etwa Teile der Bevölkerung der Herero kalkuliert in die Wüste zu treiben um sie dort verhungern und verdursten zu lassen oder kalkuliert eine drastische Lebensmittel-Unterversorgung in Großbritannien durch Blockade herbei zu führen und Teile der dortigen Bevölkerung verhungern zu lassen um die eigenen Forderungen durchzusetzen.

Ich sehe da nicht so viel Unterschied.
Ich muss mich da Turgot durchaus anschließen und den Vergleich mit den Herero sehe ich nicht gegeben. Gegenüber den Herero hatte es einen klaren Vernichtungswillen gegeben. Und abgesehen davon, dass das Reich dem Empire gegenüber kaum über die Mittel verfügte, Großbritannien auszuhungern, ging es gegenüber dem Empire letztlich doch darum, dessen Metropole in eine Krise zu stürzen, welche das Empire dazu zwänge, sich aus dem Krieg zurückzuziehen (wie hirnverbrannt diese Idee auch immer gewesen sein mag).
 
ch würde mal sagen Hindenburg und Ludendorff haben die Sache nicht nur unterstützt, sondern sie haben KW II maßgeblich dahingehend bearbeitet, dass dieser den U-Boot-Krieg anordnete und Bedenkenträger wie Bethmann-Hollweg letztendlich fallen ließ.
Die Beiden hatten schon definitiv Aktien daran das herbei zu führen, auch wenn formal Wilhelm Oberbefehlshaber war.

Wie groß nun wessen Anteil an der Beeinflussung Wilhelms II. war, ich weiß nicht ob sich das wirklich genau bemessen läßt. Ich persönlich neige dazu, den Herrn von der Marine den größten Anteil zuzuschieben. Allein schon diese unzutreffenden Berechnungen und hierbei die USA außer Acht zu lassen. Also wirklich.
 
Ich muss mich da Turgot durchaus anschließen und den Vergleich mit den Herero sehe ich nicht gegeben. Gegenüber den Herero hatte es einen klaren Vernichtungswillen gegeben. Und abgesehen davon, dass das Reich dem Empire gegenüber kaum über die Mittel verfügte, Großbritannien auszuhungern, ging es gegenüber dem Empire letztlich doch darum, dessen Metropole in eine Krise zu stürzen, welche das Empire dazu zwänge, sich aus dem Krieg zurückzuziehen (wie hirnverbrannt diese Idee auch immer gewesen sein mag).

Glücklicher Weise verfügte man nicht tatsächlich nicht über diese Mittel.
Aber die deutsche militärische Führung nahm an über diese Mittel zu verfügen.

Und auch wenn das letztendlich Fiktion blieb, man arbeitete damit de facto auf die Aushungerung der Zivilbevölkerung hin.
Nicht um der Vernichtung von Teilen dieser Bevölkerung selbst Willen, sondern als Mittel zum Zweck, gleichwohl strebte man es an.

Aber bitte, wir müssen uns da auch nicht an Begrifflichkeiten aufhängen.
Der Kern meiner Aussage war, dass das eine verbrecherische Handlung gigantischen Ausmaßes war bzw. hätte werden sollen und ich denke darauf kann man sich, unabhängig, ob man das als Völkermord einstufen will, einigen?
 
Ja, Völkermord.
Wenn jemand Teile eines Volkes willentlich und kalkuliert zu Tode bringt, dann ist das Völkermord.

Und genau darauf läuft der Gedanke einer Aushungerung ja hinaus, jedenfalls nimmt er das billigend inkauf.
Erklär mir mal bitte, wo der Unterschied dazwischen ist etwa Teile der Bevölkerung der Herero kalkuliert in die Wüste zu treiben um sie dort verhungern und verdursten zu lassen oder kalkuliert eine drastische Lebensmittel-Unterversorgung in Großbritannien durch Blockade herbei zu führen und Teile der dortigen Bevölkerung verhungern zu lassen um die eigenen Forderungen durchzusetzen.

Schauen wir uns die Lage an. Deutschland hatte einen weiteren Hungerwinter, den sogenannten Steckrübenwinter, Brot und Kartoffeln waren rationiert, hinter sich, die Alliierten hatten die Friedensnote der Mittelmächte von Dezember 1916zurückgewiesen, die englische Hungerblockade, nach deiner Argumentation ein gewollter Völkermord, begann immer "besser" zu greifen und die Menschen in Deutschland starben am Hunger. Auf beiden Seiten stand eben nicht "nur" der Hunger im Mittelpunkt, sondern auch und vor allem die Zufuhr von Rohstoffen wie beispielsweise von Öl zu unterbinden. In England wurde die Getreidevorräte knapp, aber dort sind keine hunderttausende von Menschen an der Folgen des unbeschränkten U-Bootkrieges gestorben. Ziel von beiden Kriegsgegnern war den Gegner mürbe zu machen, das dieser um Frieden ersucht.
 
Wie groß nun wessen Anteil an der Beeinflussung Wilhelms II. war, ich weiß nicht ob sich das wirklich genau bemessen läßt.

Ist, glaube ich auch nicht von Belang. Jedenfalls haben Hindenburg/Ludendorff sich sehr darum bemüht auf genau diesen U-Boot-Krieg hin zu arbeiten.
Selbst wenn sie das nicht befahlen, juristisch würde man das was die beiden Herren da taten als irgendwas zwischen Anstiftung und Beihilfe bezeichnen.
Mindestens.

An der Stelle haben wir dann über die Befehlsdimension gesprochen.

Vielleicht sollten wir auch noch darüber sprechen, inwiefern sie durch Rüstungspolitische Maßnahmen, die sie anstießen, diesem Treiben ganz konkret zuarbeiteten?
 
Und auch wenn das letztendlich Fiktion blieb, man arbeitete damit de facto auf die Aushungerung der Zivilbevölkerung hin.
Nicht um der Vernichtung von Teilen dieser Bevölkerung selbst Willen, sondern als Mittel zum Zweck, gleichwohl strebte man es an.

Hast du für diese harte These einen Beleg?


Glücklicher Weise verfügte man nicht tatsächlich nicht über diese Mittel.
Aber die deutsche militärische Führung nahm an über diese Mittel zu verfügen.

Die Marineleitung meinte in ihrem Größenwahn über diese Mittel zu verfügen. Alle anderen haben sich auf die Ausführungen der Marinefachleute verlassen.
 
Der Kern meiner Aussage war, dass das eine verbrecherische Handlung gigantischen Ausmaßes war bzw. hätte werden sollen und ich denke darauf kann man sich, unabhängig, ob man das als Völkermord einstufen will, einigen?

Menschen auszuhungern ist pervers! Ich verurteile das Vorgehen beider Seiten.

Vielleicht sollten wir auch noch darüber sprechen, inwiefern sie durch Rüstungspolitische Maßnahmen, die sie anstießen, diesem Treiben ganz konkret zuarbeiteten?

Worauf möchtest du konkret hinaus? Das auf deutscher Seite ein massives Aufrüstungsprogramm beschlossen worden war, um die Anzahl der verfügbaren U-Boote deutlich zu erhöhen? Die hätten ja erst einmal gebaut werden müssen.
Dann hätte man das Personal entsprechend ausbilden müssen, was auch nicht so schnell geht.

Auf deutscher Seite hatte man viel zu spät erkannt, das mit der Hochseeflotte die englische Fernblockade nicht zu knacken ist. Das man mit den paar Booten, die man zur Verfügung hatte, die größte Seemacht der Welt nicht so schnell besiegt dürfte wohl auch den deutschen Fachleuten klar gewesen sein.

Der ganze unbeschränkte U-Bootkrieg war kompletter Wahnsinn. Wenn die Herren sich in Ruhe einmal die Versenkungsstatistikten angesehen hätten, dann hätte man erkennen können, dass der U-Bootkrieg nach der Prisenordnung erfolgreich war. Der U-Bootkrieg litt an der zu geringen Zahl verfügbarer Boote und auch an der Konsequenz; ich meine die Unterbrechungen. Scheer und Konsorten hielten viel zu lange an der Hochseeflotte fest, die enorme Ressourcen fraß, allein die in Anspruch genommen Werftkapazitäten nach der Skagerrakschlacht, da litt schon der Bau von Booten, oder die gebundenen personellen Ressourcen.
 
Schauen wir uns die Lage an. Deutschland hatte einen weiteren Hungerwinter, den sogenannten Steckrübenwinter, Brot und Kartoffeln waren rationiert, hinter sich,
Ja, allerdings kann man diese Ernteausfälle schwerlich der Entente in die Schuhe schieben, für den strengen Winter konnte diese nun wirklich nichts.

Ein weiterer Unterschied liegt darin, dass es Deutschland trotz der Blockade noch möglich war, sich im neutralen Ausland, etwa die Niederlanden, der Schweiz, Skandinavien und bis 1916 auch Rumänien mit ergänzenden Nahrungsmitteln einzudecken um damit die schlimmsten Leiden der Zivilbevölkerung zu lindern.

Der Uneingeschränkte U-Boot-Krieg zielte aber darauf ab, die britischen Inseln von jeglichen Zufuhren abzuschneiden und darin liegt, würde ich meinen, dann doch noch ein qualitativer Unterschied.

Im Übrigen, du wirst in diesem Forum keine Stelle finden, an der ich mich über die britische Blockade ausgelassen und diese nicht als verbrecherisch charakterisiert habe.

In England wurde die Getreidevorräte knapp, aber dort sind keine hunderttausende von Menschen an der Folgen des unbeschränkten U-Bootkrieges gestorben.
Ja, weil sich dann herausstellte, dass man nicht genügend Boote hatte um das was man vor hatte auch umzusetzen. Hätte man die gehabt, wäre genau das die Folge gewesen.

Ziel von beiden Kriegsgegnern war den Gegner mürbe zu machen, das dieser um Frieden ersucht.
Unter bewusster Herbeiführung von Zuständen, die für Teile der Zivilbevölkerung der jeweils anderen Seite tötliche Auswirkungen hatte/gehabt hätte, wenn es funktioniert hätte.

Hast du für diese harte These einen Beleg?

Worauf, wenn nicht auf die Aushungerung der britischen Bevölkerung lief der ganze Blockadeansatz denn hinaus?

Die Marineleitung meinte in ihrem Größenwahn über diese Mittel zu verfügen. Alle anderen haben sich auf die Ausführungen der Marinefachleute verlassen.

Alle anderen haben das abgenickt und wenn die Marineleitung in ihrer Kalkulation Recht gehabt hätte, wären die Folgen davon für die britische Zivilbevölkerung äußerst hässlich geworden.
 
Möchtest du jetzt ernsthaft behaupten, das 700.000 Menschen an Ernteausfällen gestorben sind? Die englische Fernblockade lediglich ein Nadelstich war?



Ich bin der Meinung, dass ich klar ausgedrückt hatte, dass ich die britische Blockadepraxis für verbrecherisch halte.
Gleichwohl:

1. Ist sie nur für einen Teil der Versorgungslage in Deutschland verantwortlich zu machen.
Die Ernteausfälle durch den strengen Winter gab es nun einmal und die Tatsache, dass man in Sachen Lebensmitteln viel zu spät zu Rationierungen übergegangen war und in Erwartung eines kurzen Krieges als Nettoimporteur von Lebensmitteln zu lange von der Substanz gelebt hatte, machte sich ebenfalls bemerkbar.

Selbst wenn es hier keine britische Blockade gegeben hätte, hätten entsprechende Mengen von Lebensmitteln aus Übersee erstmal in hinreichender Menge bereitgestellt werden müssen.
Das hätte vorausgesetzt, dass man in der Lage gewesen wäre, relativ kurzfristig mehr Schiffsraum für den Transport bereit zu stellen, als das in Friedenszeiten üblicherweise der Fall war, das hätte weiterhin vorausgesetzt, dass man in der Lage gewesen wäre für diese größere Menge an Schiffsraum entsprechende Betriebmittel bereit zu stellen, die aber allerorts kriegsbedingt gerade anderswo benötigt wurden und das hätte vorausgesetzt, dass man auch in anderen Teilen der Welt außerhalb der direkten Nachbarschaft, bereit gewesen wäre größere Mengen an Lebensmittel auf Kredit zu verkaufen oder eine nicht mehr an das Gold gebundene Reichsmark in Zahlung zu nehmen.
Das sind alles keine Selbstverständlichkeiten.

2. Hätte eine Blockade Großbritanniens, wie sie angedacht war eine andere Qualität gehabt, als die britische Blockade, weil sie die britischen Inseln vollständig von Zufuhren abgeschnitten hätte, während man von deutscher Seite her, so zahlungsfähig, jedenfalls in den neutralen Nachbarländern noch einkaufen und dadurch Mängel teilkompensieren konnte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die englische Fernblockade war eine über den Krieg gesehen wirksame Waffe. Der Hunger wurde allgegenwärtig, zermürbend, zerstörte die körperliche und seelische Widerstandskraft der deutschen Bevölkerung. Er war die Quelle für politische Unzufriedenheit, ja Unruhe.

Vor dem Krieg erzeugte Deutschland ca. 90% des Brotgetreides selbst, dazu praktisch den ganzen Inlandsbedarf an Kartoffeln und Rüben. Die Einfuhr am Fleisch war gering. Dagegen war die Einfuhr an Milchprodukten mit über 50%, etwas 35% der Eier und fast alle Pflanzenfette hoch. Ebenfalls wurde Kraftfutter in großen Mengen eingeführt und ganz wichtig Kunstdünger.

Diese Fähigkeit Deutschland sich so weitgehend selbst zu versorgen hing vor allem vom hohen Produktionsniveau ab, das in einem längeren Krieg unmöglich gehalten werden konnte. Es fehlte beispielsweise an Personal und Transportmitteln.

Geht man von einen Index 100 für die Erträge des Jahres 1913 aus, so erbrachte beispielsweise die Ernte des Jahres 1917 bei Weizen 50, bei Roggen 58 und bei Hafer 38 und Kartoffeln 65.

Es fehlte eben Saatgut und Dünger. Als nützlich hatte sich in den späteren Kriegsjahren die Bemühungen des Kriegsamtes jeweils im Frühjahr und Herbst für die Bereitstellung von Personal, Pferden und Maschinen Sorge zu tragen.

Aber der Produktionsrückgang war letzten Endes unvermeidlich.

Als äußerst problematisch erwies sich der, durch die Blockade, der Ausfall der Futtermittelimporte. Die Militärbehörden sahen sich schon kurz nach dem Kriege gezwungen, sämtliche Hafervorräte für die Armee einzufordern. Der Landwirtschaft wurde ein vollkommen unzulänglicher Restbestand überlassen. Die Leistungsfähigkeit der Pferde, war für die Produktivität der Landwirtschaft von großer Bedeutung.

Der Krieg hatte den Import von Futtermittel, Stichwort Blockade, praktisch unmöglich gemacht. Die deutsche Landwirtschaft musste, wenn sie ihren Bestand an Vieh erhalten wollte, Kartoffeln und Getreide aus eigener Produktion verfüttern. Dazu forderte auch die Preispolitik in der ersten Phase des Krieges ja auch geradezu heraus. Schließlich ging man 1917 dazu über die Preise innerhalb eines Gesamtsystems zu staffeln.

Die Luftröhre Niederlande und die skandinavischen Staaten lieferten bis 1916 Lebensmittel in nicht unerheblichen Mengen nach Deutschland. Dann wurde der Druck der Engländer so groß, das der Handel drastisch eingeschränkt werden musste.

Die Not in Deutschland wuchs unaufhaltsam.

Sicher, die Reichsregierung hatte sich zu spät zu einem System der zwangswirtschaftlichen Maßnahmen entschlossen. Für diese Kurzsichtigkeit zeichnet der Staatssekretär des Inneren Dellbrück die Verantwortung.

Und die dies Last wurde nicht von der ganzen Bevölkerung gleichmäßig getragen. Der geradezu feindliche Gegensatz zwischen Arm und Reich, zwischen Stadt und Land begann sich herauszubilden. Die Stimmung war mies.

Dann wurde das Kriegsernäherungsamt gegründet, was aber schließlich die hohen Hoffnungen nicht erfüllen konnte. Warum? Das lag zum Teil auch an den nicht weit genug reichenden Befugnissen und dann kam er Egoismus der Bundesländer zum Tragen.

Die Brotrationen mussten Anfang 1917 auf 170g Mehl täglich runtergesetzt werden.

Es sind gewiss Fehler gemacht worden, aber an den Grundtatbestand, dass Deutschland durch die Aufgabe, unter den Bedingungen des Krieges, ganz besonders der Blockade, sich selbst zu versorgen, überfordert war, konnte keine Politik etwas ändern. Die Opfer der Hungerjahre waren nicht die Opfer einer falschen Politik, sondern Opfer der Blockade. Insgesamt starben 700.000 Menschen an den Folgen der Unterernährung, darunter besonders viele Kinder. Die Kindersterblichkeit in Deutschland stieg gegenüber 1913 um über 50%.
 
Die Opfer der Hungerjahre waren nicht die Opfer einer falschen Politik, sondern Opfer der Blockade
Zum Teil sicherlich.
Aber wie gesagt, wird man in Rechnung stellen müssen, dass man selbst ohne Blockade massive Schwierigkeiten gehabt hätte hinreichende Mengen an Lebensmitteln aus Übersee zu beziehen.

Ankäufe aus den Niederlanden der Schweiz und Skandinavien verursachten kaum zusätzlichen Transportaufwand, dass waren relativ kleine Strecken.

Für größere Ankäufe aus Übersee hätte es erstmal hinreichnd großen Schiffsraums und hinreichender Umschlagkapazitäten bedurft.
Auf zusätzlichen Schiffsraum aus den Ländern mit denen man im Krieg lag oder die von den eigenen Kriegsgegnern abhängig waren, konnte man schwerlich rechnen.

Musste bedeuten: kein zusätzlicher Schiffsraum aus Großbritannien oder dem Empire, kein zusätzlicher Schiffsraum aus Frankreich, kein Zusätzlicher Schiffsraum aus Italien, kein zusätzlicher Schiffsraum aus Russland, bedenkt man die finanziellen Abhängigkeiten von London wahrscheinlich auch große Zurückhaltung in Portugal.

Österreich- Ungarn war auf diese Situation ebenfalls nicht eingestellt und hätte seinen Schiffsraum für den eigenen Importbedarf benötigt, die Niederlande benötigten bei der Bevölkerungsdichte sicherlich ebenfalls einen ganz erheblichen Teil ihres Schiffsraums auch für eigene Importe, auch Japan und China fielen als Kriegsgegner weg.

Wenn die Exportländer die Transportlogistik in Form des Schiffsraums stellen sollten, musste man sich hier auf ein Wettbieten mit den Entente-Staaten einlassen, die ja ebenfalls auf Einfuhren angewiesen waren, sofern die entsprechenden Exportländer überhaupt über entsprechende Handelsflotten verfügten.
Die USA taten das sicherlich, im Bezug auf Lateinamerika müsste man das nachprüfen.

Wahrscheinlich hätte Deutschland mitten im Krieg seine eigene Handelsflotte massiv ausbauen müssen und dazu seine Hafenanlagen.
Der Bau von Handellschiffen im größeren Stil wäre aber schon auf Grund des Stahlbedarfs für die Waffen- und Munitionsproduktion kaum zu machen gewesen, es hätte Personal für die Seefahrt aus dem Wirtschaftsleben oder dem Krieg herausgezogen und ausgebildet werden müssen, außerdem hätte man sämtliche Werftkapazitäten dafür frei machen und den Bau von Kriegsschiffen mehr oder minder einstellen müssen.

2. Problem: Brennstoff

Nachdem ganz Europa mit sich selbst im Krieg lag, ging doch mehr oder minder die gesamte europäische Kohleproduktion umgehend entweder in die Kriegswirtschaft oder unmittelbar in das Einsenbahnsystem, dass die Fronten versorgen und musste und viel größeren Brennstoffbedarf hatte, als in Friedenszeiten, hinzu kommt der Produktionseinbruch in den umkämpften Gebieten in Belgien und Frankreich.

In Deutschland sah es in Sachen Kohlenbergbau doch mehr oder minder so aus, dass man unter Missachtung sämtlicher Sicherheitsvorschriften (zu sehen an den Unfallstatistiken) Hals über Kopf die Bergwerke erweiterte und es reichte trotzdem nicht hin um den immer größeren Anforderungen der Militärs gerecht zu werden.
Weitere Erweiterungen der Produktion wären kaum just in time möglich gewesen und erst recht nicht ohne die Belegschaften aufzustocken, was zu Lasten der übrigen Wirtschaft oder der Front hätte gehen müssen.
Das musste die Importkosten über größere Strecken ganz massiv steigern, wenn denn überhaupt ad hoc hinreichende Mengen an Kohle verfügbar waren.

3. Problem: Zahlungsmittel

Die Goldbindung der Mark war kriegsbedingt aufgegeben worden und damit die Möglichkeit zu drastischer Inflation gegeben.
Das konnte natürlich die Akzeptanz der Mark als Zahlungsmittel massiv beeinträchtigen und ist in Rechnung zu stellen.
Ankäufe auf Kredit setzten den guten Willen und das Vertrauen des Gegenüber voraus, so wie den Umstand, dass dieser selbst über die Mittel verfügte auf sofortige Zahlung verzichten zu können.

Ich möchte mal sagen, über den größten Teil des Krieges zwischen September 1914 und Herbst 1917 sieht es doch nicht unbedingt so aus, als wären die Zentralmächte tatsächlich in der Lage diesen Krieg zu gewinnen.
Diesen Eindruck konnte man ja allenfalls im August-September 1914 und dann noch mal zwischen Herbst 1917 und Sommer 1918 haben.
Wer aber ist bereit die nicht mehr stabile Währung eines potentiellen Kriegsverlierers zu akzeptieren oder diesem größere Kreditlinien einzuräumen?


Wenn du der Meinung bist, die Versorgungslage wäre ohne die Blockade signifikant besser gewesen, müssten wir uns vielleicht mit diesen technischen Problemen mal befassen um uns das näher anzusehen.
 
Du begibst dich in dem Bereich der Spekulation. Die Blockade hatte es gegeben, alles andere ist nicht real.

Ich hatte die Hoffnung gehabt, das ich die Gründe, weshalb die englische Blockade so effektiv war und deshalb die Versorgungs- insbesondere die Lebensmittelsituation in Deutschland immer schlechter wurde, in #37 hinreichend dargelegt habe.

Die Blockade verschärfte nach und nach immer mehr die bestehenden Mangelerscheinungen. Landarbeiter, Pferde, Dünger etc.etc. .Ab dem Frühjahr 1918 bereitete sich der Zusammenbruch vor, im Oktober und November 1918 war der Zeitpunkt erreicht, von dem ab die Blockade tödlich wirken musste. Die Blockade wurde noch bis in dem Sommer 1919 aufrechterhalten.

Der Krieg selbst erhöhte ja auch die Einfuhrbedürfnisse, so das die Blockade nicht nur die Einfuhr der Vorkriegsmengen verhinderte, sondern auch die notwendige Steigerung dieser Einfuhren.
 
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