Aus diesen Gründen gehe ich auch davon aus dass es Personalmäßig nicht besonders lohnenswert erschien weiter gegen Germanien zu kämpfen nach Sechzehn. Vielleicht spekulierte Arminius auch genau darauf und kannte die genauen Verhältnisse in der römischen Armee. Wir wissen ja nicht wie genau das Ganze damals ablief, aber es ist davon auszugehen dass da mehr im Spiel war als nur eine Guerillataktik, im sumpigen Nadelöhr. Das erscheint mir sehr naiv und zu simpel gedacht um den Erfolg des Arminius zu erklären. Das wird sehr viel komplexer gewesen sein. Bei Tacitus spricht Arminius ja sogar explizit über das meuternde Heer und die verwundeten Soldaten welche der Kämpfe überdrüssig seien. Es wird dort eine Situation geschildert bei welcher Varus aus dem Sumpf auftaucht und, wie in einem Horrorfilm a la Alfred Hitchcock, Caecina die hand entgegenstreckt um ihn mit in den Sumpf zu ziehen. Ich sehe das als einen starken Hinweis darauf dass Sümpfe eine entscheidende Rolle in der Strategie Arminius' gespielt haben müssen. Tacitus erwähnt im Detail wie die Soldaten im Sumpf stehend, bis zur Brust im Wasser, kaum in der Lage sind zu kämpfen weil sie auf Grund des Auftriebs einerseits und des Widerstandes des Wassers plus dem matschigen Untergrund nahezu bewegungsunfähig und vollkommen instabil sind. Das wird auch in der 1. Phase der Varusschlacht so gewesen sein, denn so lässt sich eine relativ große Menge an Soldaten mühelos beseitigen und die Legion nach und nach dezimieren bevor man sich an den Einzelnen macht, um es mal etwas kalt und lapidar zu sagen.Einen indirekten Hinweis gibt auch Tacitus (Ann I), der über die Truppenmeutereien in Pannonien und am Rhein anno 14 berichtet. Offensichtlich wurden die Veteranen, anstatt sie in den wohlverdienten Ruhestand zu schicken, Jahr für Jahr weiter dienstverpflichtet, da wird über dreißig oder sogar vierzig Dienstjahre geklagt.
Anscheinend war man schon beim Pannonischen Aufstand ans Eingemachte gegangen.
Anschließend stelle ich mir eine Situation vor in welcher Arminius' Truppen Mann gegen Mann mit einer schlecht aufgestellten und moralisch angeschlagenen Römertruppe kämpfen, welche auf Grund der geringeren Personalstärke und suboptimalen Formation angreifbarer geworden sind und wo die einen „je nach dem ob man floh oder kämpfte“ zusammen in kleinen Verbänden stehen oder in Massenpanik auf der Flucht sind. Das zeichnet sich auch an den Pontes Longi ab wo ein Truppenteil sich von den anderen absetzt und durch Angriff in Verwirrung gebracht wird. Auffallend ist auch die Tatsache (was die Nachrichtenübertragung betrifft welche oben in den Kommentaren erwähnt wurde) dass nahezu niemand von jenen welche die Niederlage überlebt hatten zurück nach Italien durfte. Da stelle ich mir die Frage warum? So lese ich oben was Sepiola schreibt und da kommt mir noch zusätzlich in diesem Zusammenhang die Frage in den Sinn wie die denn wohl die Schlacht überlebt haben? Sie müssen ja feige geflohen sein oder von den Germanen eine Art Freibrief bekommen haben. Warum auch sollte Arminius nicht ein paar Leute verschont haben deren Tötung nicht notwendig war? Könnte es sein dass einige welche die Schlacht überlebt haben und u.A. aus Aliso geflohen sind eine Rolle beim Sieg des Arminius gespielt haben? Entweder passiv oder aktiv, durch Zwang, oder frewillig und somit als Schande für Rom galten? Oder zumindest waren sie dem Kaiser suspekt da man ihnen vermutlich nichts nachweisen konnte, aber das Ganze trotzdem einen Beigeschmack hatte? Denn mir schien es schon damals, als ich noch in Germanien 9 nach Chr. Lebte, nein Spaß, als ich angefangen habe mich mit dem Thema zu befassen, merkwürdig das so viele es geschafft haben sollen vor den Germanen weg zum Rhein zu fliehen, ohne dass die Truppen des Arminius diese (sicher nicht unbeachtliche Menge an Menschen) bemerkt und eingefangen zu haben. Das ist glaube ich auch der Hauptgrund warum die einen sagen Haltern kann nicht Aliso sein sondern dieses muss näher am Schlachtort gelegen haben, denn wie wollen die alle dorthin fliehen? Wiederum andere (Albert Bömer z.B.) behaupten aus dem gleichen Grund Aliso müsse nahe am Rhein gelegen haben denn sonst hätten die Römer es nicht nach Xanten geschafft, nur dass dann eben auch der Schlachtort nahe am Rhein gelegen haben muss was absurd ercheinen mag aber die logische Konsequenz daraus ist. Wenn ich ehrlich bin kann ich mir das nicht anders erklären als dass Arminius seine Leute inmitten römischer Reihen hatte und dort die Römer auch von innen heraus, quasi wie heute bei Geheimdiensten u.Ä üblich, bekämpfte. Das würde auch erklären warum Augustus sofort seine germanische Leibwache entließ.
Entweder wusste man es oder man ahnte es zumindest, das kann ich natürlich nicht sagen und es bleibt reine Spekulation. Das Ganze ist natürlich nur reine Spekulation, aber ich meine doch Indizien dafür heute zwischen den Zeilen aus der Geschichte herauslesen zu können und mir das nicht alles nur so aus den Fingern zu saugen. Weitere Hinweise darauf das sich das so abgespielt haben könnte sehe ich zudem auch insofern dass die römische Meuterei keine wirklich spontane Ursache hatte sondern eine lange Vorgeschichte besaß, welche sicherlich einige Legionäre damals schon mehr oder minder empfänglich für Bestechungen von Seiten des Arminius gemacht haben dürfte. Ähnliches wird auch für eine spätere Zeit erwähnt. Dort geht der Cæsar inkognito im Lager umher bei Nacht um das Befinden der Legionäre zu ermitteln und dabei kommt es zu einem Zwischenfall wo ein Bote des Arminius (?) an den Lagerwall herantritt und den Legionären im Namen des Arminius fröhliche Lustbarkeiten und Geld verspricht wenn sie überliefen. Das ist schon recht kess wenn man bedenkt dass er das alles in dem Wissen gemacht haben soll dass der Cæsar das mitbekommen könnte. Auch wenn die Schilderung über die einhellige und harte Reaktion der Legionäre, egal wie glaubwürdig sie auch immer auf den 1. Blick klingen mag, gerne bezweifelt werden darf, immerhin hatten die Römer ja Interesse daran sich selber gut darzustellen, gehe ich davon aus dass diese Situation wirklich stattfand. Es wäre verunderlich wenn Arminius das zum ersten Mal so gemacht hätte und nicht auch schon vorher so gehandhabt hat. Dazu kommt eine Situation bei welcher germanische Hilfstruppem Arminius erkannt und durchgelassen haben sollen. Klingt sicher alles brutal konspirativ und ich könnte jetzt in den Augen mancher sicher auch noch einen bunten Flughasen aus dem Aluhut zaubern indem ich Germanicus selbst gemeinsamer Sache mit Arminius bezichtige, aber das wäre dann wirklich absurd und weit Abseits der Realität. Sicher werden es nur kleine Bruchteile der römischen Truppen gewesen sein die insgeheim auch für Arminius arbeiteten, aber ein paar richtige Leute an den richtigen Stellen können da schon einen riesen Unterschied gemacht haben. Also ich will nicht ausschließen dass manche der Überlebenden ganz entspannt und lässig, mit Arminius Segen, über normale Wege zurück ins römische Reich durften und dann dort von der Niederlage berichteten. Nicht weil Arminius so ein netter heldenhafter Typ war sondern weil er keinen Grund hatte anders zu handeln oder es vielleicht sogar in seinem Interesse war.
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